Medizinrecht

Mängel in einer Seniorenpflegeeinrichtung

Aktenzeichen  W 3 S 16.95

Datum:
17.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PfleWoqG PfleWoqG Art. 3 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 8, Abs. 3 Nr. 1, Art. 12 Abs. 2 S. 1, Art. 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 5
AVPfleWoqG AVPfleWoqG § 15 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Ein erheblicher Mangel in einer Einrichtung iSd Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG ist gegeben, wenn sich aus dem Mangel direkt die Gefährdung von Bewohnern ergibt, dieser also eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohner darstellt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Für die Feststellung einer ausreichenden Zahl an Pflege- und Betreuungskräften mit der erforderlichen persönlichen und fachlichen Eignung (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG iVm § 15 Abs. 1 S. 1 und § 11 Abs. 2 AVPfleWoqG) kommt es auf einen Personalbestand an, der Ausfälle durch Krankheit und Urlaub auffangen kann, ohne Überstunden aufzubauen. (redaktioneller Leitsatz)
3 Defizite hinsichtlich der Schmerzerfassung stellen einen Mangel iSd § 3 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 8 PfleWoqG dar. Eine unzureichende Dokumentation für die Schlüsselübergabe zum Betäubungsmittelschrank, ein Überbestand eines Opioids und die falsche Abgabe von Medikamenten stellen einen Mangel iSv Art. 3 Abs. 2 Nr. 5 PfleWoqG dar. Die mangelhafte Erfassung von Schmerzen sowie die fehlerhafte Medikamentenabgabe sind zudem als erhebliche Mängel iSd Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG einzuschätzen. (redaktioneller Leitsatz)
4 Diese Mängel rechtfertigen die Verhängung eines Aufnahmestopps über eine Mindestzeitdauer. Als milderes Mittel kommt die Festlegung einer absoluten Obergrenze der Bewohnerzahl nicht in Betracht, da eine solche nicht berechenbar ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 21.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin betreibt in der Stadt Schweinfurt das … Hierbei handelt es sich um eine stationäre Einrichtung für ältere Menschen und pflegebedürftige Volljährige (im Folgenden: Seniorenzentrum). Die Parteien streiten um von der Antragsgegnerin vorgenommene Maßnahmen der Heimaufsicht.
Aufgrund verschiedener Beschwerden von Angehörigen der Heimbewohner nahm die Antragsgegnerin – FQA – am 14. Juli 2015 eine unangekündigte Nachschau im Seniorenzentrum vor. In diesem Rahmen wurde festgestellt, dass formal die Fachkraftquote am Tag der Prüfung mit genau 50% erfüllt war, dass es allerdings einen sehr hohen Krankenstand bei den Mitarbeitern in der Pflege gibt. Die Pflegedienstleitung habe dies als zum Teil psychisch begründet, zum Teil als Protest gegen die neue Leitung. Aufgrund dieser Situation müssten manchmal Mitarbeiter in anderen Stationen aushelfen. Seit dem 12. Juli gebe es einen internen Aufnahmestopp für neue Bewohner. Es gebe einen Zeitplan von ca. sechs Wochen für eine Umstrukturierung. Pflegekräfte würden in der Zukunft keine Küchenarbeiten mehr verrichten. Die Pflegedienstleiterin arbeite derzeit auf der Station in der Pflege mit, um Fehler in der Pflege aufzudecken.
Aufgrund weiterer Beschwerden nahm die Antragsgegnerin am 27. August 2015 erneut eine außerordentliche Nachschau vor, bei der weiterhin anhaltende Probleme im Bereich des Personals zu Tage traten.
Am 28. Oktober 2015 nahm die Antragsgegnerin eine weitere anlassbezogene Prüfung im Seniorenzentrum vor. Hierbei wurden weitere Probleme festgestellt. Im Anschluss an die Begehung fand ein Gespräch zwischen der FQA und der Heimleitung bezüglich dieser Probleme statt.
Mit Schreiben vom 3. November 2015 hörte die Antragsgegnerin die … AG in München als Betreiberin des Seniorenzentrums wie folgt an:
Seit Mai 2015, vermehrt ab Juli 2015 seien Beschwerden über das Seniorenzentrum an die Antragsgegnerin herangetragen worden. Im Rahmen der Nachschau am 28. Oktober 2015 seien folgende Dinge festgestellt worden:
Pflegefachkräfte seien gleichzeitig für zwei Wohnbereiche zuständig, zeitweise seien in einem Wohnbereich ausschließlich Auszubildende für 31 Bewohner verantwortlich. Am Tag der Begehung habe der Krankenstand 24% betragen. In einem Wohnbereich seien Spätdienste aufgrund von Personalmangel teilweise nur mit Pflegehilfskräften besetzt worden.
Aufgrund der geringen Zeitressourcen des Personals und wegen der teilweise mangelnden Fachlichkeit infolge des Fehlens von Fachkräften sei Folgendes festgestellt worden:
Die Essenseingabe bei einem Bewohner mit Schluckstörungen, der diesbezüglich Unterstützung benötige, sei regelmäßig von Pflegehilfskräften und nicht durch Fachkräfte mit den entsprechenden notwendigen Kenntnissen übernommen worden. Bei der Durchführung der Grundpflege eines immobilen Bewohners durch eine Pflegehilfskraft seien gefährdete Hautbereiche nicht auf Rötung überprüft worden. Der Fingertest sei nicht bekannt gewesen. Es sei keine Dekubitusprophylaxe vorhanden.
Ein dementer Bewohner, der bei der Durchführung der Grundpflege deutliche Zeichen für das Vorliegen von Schmerzen gebe, sei nicht entsprechend fachlich behandelt worden. Regelmäßig auftretende Kopfschmerzen eines körperlich uneingeschränkten Bewohners seien nicht hinreichend beachtet worden. Die Schlüsselübergabe von Schichtleitung zu Schichtleitung für den Betäubungsmittelschrank sei nicht hinreichend dokumentiert worden, so dass wohl auch keine Bestandskontrolle stattfinde. Nicht bei allen Bewohnern seien die vom Hausarzt verordneten Medikamente vorhanden. Bei der Kontrolle vorgerichteter Medikamente im ersten Stock sei der Bestand nur bei vier von 10 Bewohnern richtig gewesen. Auf dieser Station sei es nicht vorhersehbar, welche Medikamente der Bewohner zu welcher Zeit erhalte. Es handele sich hierbei um einen Fall von gefährlicher Pflege.
Auf der Grundlage dieser Mängel kündigte die Antragsgegnerin im Anhörungsschreiben an, Anordnungen zu erlassen, mit denen untersagt werde, in die Einrichtung Personen zur stationären Betreuung neu aufzunehmen (Aufnahmestopp). Zudem sei beabsichtigt, entsprechende Zwangsmittel festzusetzen.
Auf dieser Grundlage nahm der Heimleiter des Seniorenzentrums mit Schreiben vom 10. November 2015 dahingehend Stellung, ab dieser Woche beginne die Verblisterung der Medikamente, dies und die entsprechende Versorgung der Bewohner werde kontrolliert. Drei Fachkräfte seien bereits eingestellt worden. Zudem wurde ein Korrekturmaßnahmeplan vorgelegt.
Mit Schreiben vom 11. November 2015 nahm die … AG zum Anhörungsschreiben vom 3. November 2015 Stellung. Mit Schreiben vom 20. November 2015 legte die … AG der Antragsgegnerin ein überarbeitetes und an den aktuellen Stand angepasstes personelles Krisenkonzept vor.
Im Rahmen einer erneuten anlassbezogenen Prüfung des Seniorenzentrums durch die Antragsgegnerin am 8. Dezember 2015 wurde hinsichtlich des Umgangs mit Medikamenten Folgendes festgestellt: Die Schlüsselübergabe für den Betäubungsmittelschrank im ersten Stock sei nur teilweise dokumentiert. Bei der Kontrolle der Medikamente habe sich im ersten Stock ergeben, dass die Medikamente bei drei von sechs kontrollierten Bewohnern falsch verabreicht worden seien. Bei der Medikamentenkontrolle im dritten Stock habe sich ergeben, dass die Schlüsselübergabe für den Schlüssel zum Betäubungsmittelschrank nur teilweise ordnungsgemäß dokumentiert worden sei. Bei der Kontrolle der Medikamente von vier Bewohnern seien die Medikamente von zwei Bewohnern nicht ordnungsgemäß vorgerichtet gewesen. Besonders schwerwiegend sei ein Fehler beim Betäubungsmittel. Trotz verbesserten Personalschlüssels und trotz Einführung der Verblisterung hätten sich wieder erhebliche Mängel beim Medikamentenumgang ergeben.
Im Bereich Pflege und Dokumentation wurde bei der Nachschau am 8. Dezember 2015 Folgendes festgestellt: Die Essenseingabe bei Bewohnern mit Schluckstörungen werde weiterhin von Pflegehilfskräften vorgenommen. Das Schmerzmanagement sei trotz Personalmehrung im Pflegefachkräftebereich aktuell fachlich nicht professionell in der Anwendung. Eine neu eingestellte Pflegefachkraft habe aufgrund der Sprachbarriere keine Auskunft hinsichtlich der Schmerzerfassung geben können. Eine andere neu eingestellte Pflegefachkraft habe keine Angaben zur allgemeinen Schmerzerfassung machen können.
Mit Datum vom 14. Dezember 2015 erließ die Antragsgegnerin gegenüber der … AG einen Bescheid, den sie aufgrund der Rüge der Unzuständigkeit der … AG zurücknahm.
Am 22. Dezember 2015 erließ die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin folgenden Bescheid:
„I.
Mit Wirkung ab dem Tag nach der Zustellung dieses Bescheides wird der … GmbH, …, untersagt, im … Seniorenzentrum …, Personen zur stationären Betreuung neu aufzunehmen (Aufnahmestopp). Dies gilt sowohl für Dauer- als auch für Kurzzeitpflegeplätze.
II.
Die … GmbH hat sicherzustellen, dass im … Seniorenzentrum … in …
– fachlich geeignete Pflege- und Betreuungskräfte in ausreichender Zahl eingesetzt werden (Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG, Art. 11 Abs. 2 AVPfleWoqG) und für kurzfristige Ausfälle von Betreuungskräften Vorsorge getroffen wird (§ 15 Abs. 4 AVPfleWoqG).
– betreuende Tätigkeiten nur von Fachpersonal oder unter angemessener Beteiligung von Fachkräften wahrgenommen werden (§ 15 Abs. 1 AVPfleWoqG).
– Leistungen nach dem jeweils anerkannten Stand fachlicher Kenntnisse erbracht werden (Art. 3 Abs. 2 Nr. 3 PfleWoqG).
– die pflegerischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner gemäß dem allgemeinen Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse erfolgt (Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 PfleWoqG).
– die gesundheitliche Betreuung (insbesondere eine den ärztlichen Vorgaben entsprechende Medikamentenversorgung) gewährleistet ist (Art. 3 Abs. 2 Nr. 5 PfleWoqG).
– der Pflegeprozess an der Person des Pflegebedürftigen orientiert umgesetzt und dessen Verlauf aufgezeichnet wird (Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 PfleWoqG).
Der Aufnahmestopp gemäß Ziffer I dieses Bescheides endet, sobald die hier genannten Verpflichtungen des Trägers einer Einrichtung wieder erfüllt sind, jedoch nicht vor Ablauf des 29.02.2016.
Der Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) der Stadt Schweinfurt ist schriftlich nachzuweisen, durch welche Maßnahmen die Wiedererfüllung der Verpflichtungen der … Seniorenzentrum … GmbH gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern des … Seniorenzentrums … erreicht wird. Vor der schriftlichen Bestätigung des Wegfalls des Aufnahmestopps durch die FQA der Stadt Schweinfurt ist eine Aufnahme von Personen zur stationären Betreuung entgegen Ziffer I dieses Bescheides nicht zulässig.
III.
Der Berechnung der „Pflege- und Betreuungskräfte in ausreichender Zahl“ sind die Personalschlüssel der aktuellen Vergütungsvereinbarung nach § 85 SGB XI für das … Seniorenzentrum … zugrunde zu legen.
IV.
Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen den Aufnahmestopp gemäß Ziffer I dieses Bescheides wird ein Zwangsgeld in Höhe von 3000,00 € je nach Zustellung dieses Bescheides aufgenommenen Bewohners/aufgenommener Bewohnerin fällig.
V.
…“
Der Bescheid wurde damit begründet, es handele sich bei den Feststellungen der Antragsgegnerin um die Nichteinhaltung von Vorgaben des Art. 3 PfleWoqG. Jede Nichterfüllung einer gesetzlichen Anforderung sei ein Mangel und zwar unabhängig von Umfang, Verursacher oder Verschulden. Gemäß Art. 15 Abs. 1 PfleWoqG habe die zuständige Behörde den Betrieb einer stationären Einrichtung zu untersagen, wenn die Anforderungen des Art. 3 PfleWoqG nicht erfüllt und Anordnungen nicht ausreichend seien. Eine Untersagung sei nach sorgfältiger Abwägung des Sachverhalts noch nicht angemessen; dies gelte insbesondere im Hinblick auf das bei der Nachschau am 28. Oktober 2015 festgestellte große Engagement der zu diesem Zeitpunkt im Einsatz befindlichen Kräfte und den erheblichen Einschnitt in der Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner, die von einer Verlegung betroffen wären. Die Anwendung des milderen Mittels Anordnungen sei noch ausreichend.
Voraussetzung einer Anordnung gemäß Art. 13 Abs. 1 bzw. Abs. 2 PfleWoqG seien zum einen festgestellte Mängel und zum anderen daraus resultierende Beeinträchtigungen des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner. Anordnungen seien auch möglich zur Sicherung der Einhaltung der Pflichten des Trägers gegenüber Bewohnerinnen und Bewohnern. Eine vorherige Beratung gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG im Hinblick auf die Medikamentenversorgung könne entfallen, da es sich bei den Fehlern bei der Medikamentenabgabe um erhebliche Mängel handele (Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG). Gleiches gelte auch für den Bereich der personellen Ausstattung. Soweit es sich im Bereich der Pflegeprobleme nicht um erhebliche Mängel handele, seien die Voraussetzungen für Anordnungen nach Art. 13 Abs. 1 PfleWoqG seit dem Abschlussgespräch vom 28. Oktober 2015 gegeben. Hier sei über die Mängel im Bereich Schmerzmanagement und Dekubitusprophylaxe informiert und zu erhöhter Sorgfalt aufgerufen worden. Eine weitergehende Beratung sei nicht möglich.
Eine reine Personal-Ist-Betrachtung zeige gegebenenfalls eine ausreichende Personaldecke. In der Praxis komme es aber durch Krankheitstage oder Abbau von Überstunden zu einem höheren Personalbedarf als bei der reinen Stellenplankalkulation. Die tatsächliche Personalanwesenheit sei ausschlaggebend. Die Qualität der pflegerischen Versorgung könne durchgehend nur bei tatsächlicher Anwesenheit und Leistungserbringung durch das Personal sichergestellt werden. Stelle sich der Personaleinsatz wie z. B. am 28. Oktober 2015 vorgefunden dar, handele es sich nicht mehr um ein Abwesenheits-, sondern um ein Krisenmanagement. Bei überlastetem Personal sei das gehäufte Auftreten von Pflegefehlern wahrscheinlich. Die festgestellten pflegerischen Mängel seien auf eine mangelhafte Personalausstattung oder die Unerfahrenheit des Personals zurückzuführen. Eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung sei erst nach einer ausreichenden Konsolidierungsphase zu erwarten. Die Probleme würden sich bei nicht reduzierter Belegung der Einrichtung noch verschärfen. Es bestehe ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen den Mängeln und der Belegungszahl. Solange die Einhaltung der Vorgaben des Art. 3 PfleWoqG nicht sichergestellt sei, führe eine Verringerung der Belegung zu einer Verbesserung der Situation. Die Festsetzung eines Aufnahmestopps sei daher ein geeignetes Mittel, die Situation in der Einrichtung zu entschärfen. Da auch der ab dem 1. Dezember 2015 verbesserte Personaleinsatz zu keiner Besserung geführt habe, sei insbesondere hinsichtlich einer vollständigen Implementierung des Systems der Medikamentenverblisterung und einer sicheren Medikamentenvorrichtung ein Aufnahmestopp für mindestens zwei Monate erforderlich.
Die im Krisenkonzept vom 20. November 2015 angekündigte „personelle Überdeckung“ von zwei Kräften sei auf acht Wochen beschränkt. Eine endgültige Konsolidierung sei aber erst nach Abzug dieser zusätzlichen Kräfte zu erwarten.
Die Antragstellerin geringer als den Aufnahmestopp belastende, die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner wahrende Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Der Aufnahmestopp sei der Situation angemessen, da die Belange der Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums die wirtschaftlichen Interessen des Trägers eindeutig überwögen.
Der Aufnahmestopp ende automatisch, soweit am 1. März 2016 die Gründe für seine Verhängung weggefallen seien und eine schriftliche Bestätigung durch die FQA erfolgt sei. Es liege somit in der Hand des Trägers, bis zum 29. Februar 2016 eine Konsolidierung der Verhältnisse in der Einrichtung nachzuweisen und damit einer Fortdauer des Aufnahmestopps entgegen zu wirken. Die Antragsgegnerin machte weitere Ausführungen zur Vorlage der entsprechenden Nachweise.
Die Zwangsgeldandrohung stütze sich auf Art. 18, 19, 29, 30 Abs. 1, Art. 31 Abs. 1 und 2 sowie Art. 36 BayVwZVG.
Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 29. Dezember 2015 zugestellt.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2016, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 18. Januar 2016, ließ die Antragstellerin gegen den Bescheid vom 22. Dezember 2015 Widerspruch einlegen.
Am 27. Januar 2016 ließ die Antragsgegnerin im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO beim Verwaltungsgericht Würzburg Folgendes beantragen:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 13. Januar 2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Dezember 2015 und hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung wird angeordnet.
Zur Begründung wurde vorgetragen, die Antragsgegnerin betreibe das Seniorenzentrum seit Jahren ohne beanstandungswürdige Probleme. Im April 2015 habe die Einrichtungsleitung gewechselt. In dieser Situation seien ein erhöhter Krankenstand und vermehrt ausgesprochene Kündigungen aufgetreten. Dies habe zu einer erheblichen organisatorischen und logistischen Herausforderung für die Einrichtungsleitung geführt. Dieser Herausforderung habe sich die Antragstellerin nach allen Kräften gestellt. Während der gesamten Kontrollphase durch die Antragsgegnerin habe mit dieser eine enge Zusammenarbeit stattgefunden.
Der vorliegende Antrag sei begründet. Die Interessenabwägung müsse ergeben, dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin gegenüber dem öffentlichen Interesse der Antragsgegnerin an dem Vollzug des Aufnahmestopps Vorrang genieße, da der Bescheid vom 22. Dezember 2015 rechtswidrig sei. Die Antragsgegnerin habe aufgrund von Prüfungen Mängel festgestellt und deren Abstellung gefordert. Daraufhin habe die Antragstellerin Maßnahmen ergriffen. Es sei ein Krisenkonzept erstellt worden. Eine Versetzung von Personal innerhalb der verschiedenen Wohnbereiche der Einrichtung finde nicht mehr statt. Seit dem 1. Dezember 2015 habe die Antragstellerin ausreichend Personal vorgehalten und die Fachkraftquote erfüllt. Der Krankenstand sei stark verringert worden. Zwar sei eine Bezugspflegekraft nicht zu jedem Zeitpunkt zugegen, die Pflege sei jedoch zu jedem Zeitpunkt sichergestellt. Der in der Vergütungsvereinbarung vom 19. April 2015 vereinbarte Personalschlüssel sei eingehalten. Ab dem 1. Dezember 2015 werde die Fachkraftquote von 50% eingehalten. Im Jahr 2015 seien verschiedene Fortbildungen angeboten worden.
Diejenige Pflegefachkraft, die zu einer Schmerzmedikation keine Auskunft habe geben können, sei zu diesem Zeitpunkt erst eine Woche in der Einrichtung beschäftigt gewesen. Ihr müsse zugestanden werden, sich einarbeiten zu können. Zudem besuche die betreffende Pflegekraft zur Verbesserung der deutschen Sprache einen Sprachkurs. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheides sei das vorzuhaltende Personal vorhanden gewesen, ein nachweisbarer Anstieg des Fachpersonals und der Fachkräftequote zu verzeichnen gewesen.
Für das Jahr 2016 seien Schulungen zum Umgang mit den Medikamenten geplant. Bereits seit dem 11. November 2015 sei eine entsprechende Qualifizierung des Personals umgesetzt worden. Hinsichtlich der ordnungsgemäßen Führung und Betreuung der Medikamentenschränke seien Belehrungen des Personals erfolgt. Eine Dienstanweisung Medikamentenversorgung sei am 21. November 2015 erstellt worden. Zum Zeitpunkt der Medikamentenkontrolle sei ein neues System der Verblisterung eingeführt worden, was anfänglich zu Problemen geführt habe. Mittlerweile habe die Apotheke die Sortierung der Medikamente und Zuordnung zu dem jeweiligen Bewohner vollständig übernommen. Dienstanweisungen „Kontrolle von Blister“ vom 20. Dezember 2015, „Bewohner mit Schluckstörung“ vom 17. Dezember 2015 und „Führen von Btm-Schlüsselübergabe-Protokoll“ vom 30. Dezember 2015 seien erstellt worden. Zudem würden die von der Apotheke zur Verfügung gestellten Medikamente vor der Verabreichung an die Bewohnerinnen und Bewohner nochmals auf deren Richtigkeit und Vollständigkeit kontrolliert. Es sei zu keinen Verwechslungen bei der Vergabe von Medikamenten mehr gekommen.
Die Essenseingabe bei Bewohnern mit Schluckstörungen sei lediglich vereinzelt von Pflegehilfskräften vorgenommen worden.
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 22. Dezember 2015 seien die Mängel, welche die Antragsgegnerin zur Begründung des Aufnahmestopps heranziehe, nicht mehr vorhanden gewesen. Damit sei der streitgegenständliche Bescheid offensichtlich rechtswidrig; die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt und die ihr vorliegenden Erkenntnisse nicht berücksichtigt. Der verhängte Aufnahmestopp verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Die Antragsgegnerin habe im streitgegenständlichen Bescheid festgestellt, dass der Personalmangel fast vollständig behoben sei und begründe den Aufnahmestopp dennoch mit einem Personalmangel. Zudem habe die Antragsgegnerin nicht erwogen, ein milderes Mittel anzuwenden. Bei jeder Nachschau sei hinsichtlich der Hauptkritikpunkte Personal, Qualifikation und Medikamentenvergabe eine Tendenz nach oben erkennbar gewesen.
Zudem sei aus dem angegriffenen Bescheid nicht erkennbar, welcher Mangel nunmehr zu welcher Sicherstellung (Ziffer II. des Bescheides) führen solle. Welche Aspekte sich hinter einer „ausreichenden Konsolidierungsphase“ im Hinblick auf den Aufnahmestopp verbergen würden, bleibe fraglich. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin einerseits eine den normativen Vorgaben entsprechende qualitative und quantitative personelle Ausstattung fordere, andererseits aber die fachliche Kompetenz neuen Personals in Abrede stelle, weil deren Geeignetheit erst bei einer durchlaufenen Konsolidierungsphase beurteilt werden könne. Zudem sei der Zusammenhang zwischen Reduzierung der Belegung und einem Aufnahmestopp nicht zahlenmäßig durch entsprechende Berechnungen belegt.
Es erschließe sich nicht, weswegen nur durch einen vollständigen Aufnahmestopp Unregelmäßigkeiten bezüglich der Medikamentenabgabe begegnet werden könne.
Rechtsfehlerhaft sei, dass der Bescheid vom 22. Dezember 2015 erst am 8. Januar 2016 zugestellt worden sei. Damit entstehe der Eindruck, als solle das Datum der Entscheidung für den Aufnahmestopp auf den 22. Dezember 2015 vorverlegt werden.
In Bezug auf die Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 12 und Art. 14 GG finde keine ordnungsgemäße Abwägung zwischen den Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner und denjenigen der Einrichtung statt.
In einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs durch das Gericht liege keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor.
Die Antragsgegnerin beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, das von der Antragstellerin vorgelegte Krisenkonzept sei eine Reaktion auf die am 28. Oktober 2015 festgestellten Mängel gewesen; die erneute Nachschau vom 8. Dezember 2015 habe aber gezeigt, dass ein Erfolg der Bemühungen nicht nachweisbar gewesen sei. Sinn und Zweck des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes sei es vor allem, zu jeder Zeit einen vollumfänglichen Schutz der pflege- und betreuungsbedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen zu gewährleisten. Hierzu gehöre u. a. eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner nach dem allgemein anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse sowie insbesondere das Vorhandensein einer ausreichenden Zahl von Pflege- und Betreuungskräften. Dies verdeutliche, dass ausreichender Personaleinsatz nur ein Aspekt der angemessenen Qualität der pflegerischen Versorgung sei. Die Einstellung weiteren Personals ab 1. Dezember 2015 habe nicht dazu geführt, dass am 8. Dezember 2015 keine Mängel mehr festzustellen gewesen seien. Die Einstellung weiteren Personals ab dem 1. Januar 2016 führe nicht weiter; die Bewertung eingeleiteter, erst in der Zukunft wirksamer Maßnahmen könne eine vorzeitige Aufhebung des Aufnahmestopps nicht rechtfertigen. Dafür erforderlich sei das im Bescheid geforderte Maßnahmenpaket. Die Antragstellerin habe nach der Abschlussbesprechung am 28. Oktober 2015 immerhin sechs Wochen lang Gelegenheit gehabt, Verbesserungen herbeizuführen. Sie habe die Gelegenheit erhalten, bei einer erneuten Nachschau am 8. Dezember 2015 die Verbesserungen nachzuweisen. Dies sei ihr nicht gelungen. Im Sinne der alten bis sehr alten, größtenteils gebrechlichen Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums, welche zur Selbsthilfe nicht mehr im Stande seien, sei ein weiteres Zuwarten bis zu einer Verbesserung der Situation ohne behördliche Anordnungen nicht mehr angezeigt.
Fehlerhaft gehe die Antragstellerin davon aus, dass ein Zurückgehen des Krankenstands positiv i. S. d. § 15 Abs. 4 AVPfleWoqG zu bewerten sei. Trotz plötzlicher Personalausfälle aufgrund von Krankheit müsse stets das erforderliche Personal auf der Station anwesend sein.
Die Antragstellerin könne den Einsatz einer fremdsprachigen Pflegekraft nicht damit rechtfertigen, diese nur im Spätdienst einzusetzen. Die adäquate Anwendung des Schmerzmanagements sei in jeder Dienstschicht sicherzustellen. Hinsichtlich der Erfassung der Schmerzsituation eines Bewohners sei dieser nicht nach seinem Befinden befragt worden.
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Personals könne nicht als Rechtfertigung für Nachteile für Bewohnerinnen und Bewohner herangezogen werden. Die Antragstellerin hätte eine ordnungsgemäße Schulung, Anweisung und Beaufsichtigung bei der Medikation sicherstellen müssen. Bereits bei der Begehung am 28. Oktober 2015 habe sich bei den Medikamentenlisten eine hohe Fehlerquote von damals 60% ergeben. Obwohl der gravierende Personalmangel am 8. Dezember 2015 nicht mehr vorgelegen habe und trotz der am 13. November 2015 begonnenen stufenweise Umstellung auf Medikamentenverblisterung habe es am 8. Dezember 2015 immer noch massive Probleme beim ordnungsgemäßen Vorrichten der Medikamente gegeben. Die Aufbringung einer erhöhten Sorgfalt durch das Heim sei bei der Nachschau am 8. Dezember 2015 gerade nicht festzustellen gewesen. Die Antragstellerin könne sich hier auch nicht mit dem Argument des hohen Zeitbedarfs rechtfertigen.
Die Antragsgegnerin habe zunächst die Notwendigkeit des Vollzugs des Art. 15 Abs. 1 PfleWoqG auszuschließen. Daraufhin habe ihr ein Ermessen zugestanden, ob und in welcher Form sie Anordnungen treffe. Spätestens seit dem Abschlussgespräch vom 28. Oktober 2015 habe der Einrichtung und der Antragstellerin klar gewesen sein müssen, dass dringender Handlungsbedarf gegeben sei. Die Nachschau vom 8. Dezember 2015 habe keine durchschlagende Verbesserung im Hinblick auf die grundrechtlich geschützten Belange der Bewohner im Hinblick auf ein menschenwürdiges Dasein und auf körperliche Unversehrtheit gezeigt. Damit sei ein weiteres Zuwarten nicht mehr angezeigt gewesen. Mit dem Bescheid vom 22. Dezember 2015 werde nur das gefordert, was der Leistungserbringer ohnedies schulde. Die Abwägung habe zum Nachteil der Antragstellerin ausfallen müssen. Bei der Medikamentenversorgung sei die Grenze zur gefährlichen Pflege bereits überschritten gewesen. Die weiteren Defizite könnten – zunehmende Tendenz vorausgesetzt – schnell ebenfalls den Bereich der gefährlichen Pflege erreichen. Eine Ermessensüberdehnung sei schon im Hinblick auf die „zweite Chance“ durch die Nachschau vom 8. Dezember 2015 nicht erkennbar.
Ein Aufnahmestopp sei ein Mittel zur Abwehr von Gefahren. Er komme in Frage bei Mängeln, die sich bei steigender Belegung noch verschärfen würden. Durch ihn werde gewährleistet, dass die vorhandenen Bewohnerinnen und Bewohner hinsichtlich Pflege, Betreuung und Versorgung nicht durch Neueingänge zusätzlich beeinträchtigt und potentielle neue Bewohner von den bestehenden Beeinträchtigungen geschützt würden. Deshalb sei auch nicht zu berechnen gewesen, bei wie vielen Bewohnerinnen oder Bewohnern weniger die Einrichtung eine angemessene Ergebnisqualität erziele. Die von der Antragstellerin vorgenommenen strukturellen Veränderungen hätten nicht zu einer Verbesserung der Ergebnisqualität geführt. Ein anderes Mittel, das in gleicher oder sogar besserer Weise geeignet sei, den Zweck zu erreichen, das die Antragstellerin aber weniger belaste, sei nicht ersichtlich. Die Schließung des Betriebs sei nicht erforderlich, weil die Gefahren auch durch den Aufnahmestopp abgewandt werden könnten. Durch den Aufnahmestopp werde dem Personal Gelegenheit gegeben, sich erst mit den bereits vorhandenen Bewohnerinnen und Bewohnern und örtlichen Gegebenheiten und Besonderheiten vertraut zu machen, ohne sich zusätzlich neuer Bewohnerinnen annehmen zu müssen. Der für den Wegfall des Aufnahmestopps erforderliche Zeitraum habe nur auf der Grundlage einer Prognose festgelegt werden können. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit in der Einrichtung sowohl Struktur- als auch Ergebnismerkmale nicht den Anforderungen entsprochen hätten. Der Zeitbedarf für den Eintritt einer Verbesserung hänge u. a. von der Art der zu bewältigenden Aufgaben, den Lernfortschritten neuer Mitarbeiter und der Qualität der Einarbeitung ab. Er könne sich nur bei einfachsten Tätigkeiten auf wenige Tage beschränken, werde sich bei komplexen Aufgaben aber über mehrere Monate erstrecken. In Anbetracht der Fülle der zu bewältigenden Aufgaben sei im vorliegenden Fall ein Zeitraum von mindestens zwei Monaten erforderlich.
Hierauf ließ die Antragstellerin erwidern, unstreitig sei es im Jahr 2015 zu Bemängelungen durch die Antragsgegnerin anlässlich der Nachschauen im Juli, August, Oktober und Dezember 2015 gekommen. Jedoch sei aufgrund der umfangreich erfolgten Behebung der Mängel im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides und der Vorlage von Nachweisen aus dem streitgegenständlichen Bescheid nicht zu erkennen, auf welche zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vermeintlich noch immer vorliegenden festgestellten Mängel die Anordnung gestützt werde. Die Antragstellerin habe bestimmte Unterlagen vorgelegt, trotzdem überprüfe die Antragsgegnerin nicht den Aufnahmestopp. Nach der Begehung am 8. Dezember 2015 sei keine weitere Beratung erfolgt. Die Antragstellerin habe im Dezember 2015 noch vor Erlass des Bescheides die gesetzlich vorgegebene Fachkraftquote erfüllt, den Krankenstand gesenkt und zahlreiche Neueinstellungen vorgenommen, Änderungen bei der Medikamentenvergabe vorgenommen und Personal vorgehalten. Damit sei der Aufnahmestopp nicht mehr erforderlich. Allerdings würden die festgestellten Mängel nicht in Zweifel gezogen.
Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
II.
Der vorliegende Antrag, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 13. Januar 2016, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 14. Januar 2016, begehrt, ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch in für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Allerdings kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen.
Im vorliegenden Fall hat der Widerspruch gegen die im Bescheid vom 22. Dezember 2015 getroffene Anordnung nach Art. 13 des Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz – PfleWoqG) vom 8. Juli 2008 (GVBl. S. 346), geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl. S. 286), aufgrund der Regelung des Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung. Damit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.
Der Antrag kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.
In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat sich in der Praxis die Heranziehung eines Stufensystems bewährt, wonach zuerst darauf abgestellt wird, ob der zu vollziehende Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist. Lässt sich schon bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgesehenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass die Hauptsacheklage mit Sicherheit Erfolg haben wird, besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 73). Gegenläufige Interessen können die offensichtliche Rechtswidrigkeit nicht überwinden. Umgekehrt kann der Adressat des Bescheides kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vollzug dringlich ist oder nicht. Kann keine eindeutige Aussage zu der Erfolgsaussicht der Klage gemacht werden, können die tendenziellen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, berücksichtigt werden. Gegebenenfalls folgt auf einer dritten Stufe eine reine Interessenabwägung (vgl. Schmidt, a. a. O., § 80 Rn. 74 bis 77). Hierbei ist allerdings die generalisierende Interessenabwägung des Gesetzgebers zu beachten, der für bestimmte Arten von Entscheidungen zunächst den Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses statuiert hat (vgl. Schmidt, a. a. O., § 80 Rn. 69; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 166).
In diesem Zusammenhang ist auf den Zeitpunkt der derzeit letzten Behördenentscheidung, hier also auf den Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vom 22. Dezember 2015 abzustellen, soweit die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs geprüft werden. Denn in dieser Hinsicht muss sich der Prüfungs- und Entscheidungszeitpunkt mit dem des Hauptsacheverfahrens decken. Da gegen den streitgegenständlichen Bescheid Widerspruch und Anfechtungsklage zulässig sind, ist also insoweit auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Soweit das Gericht wegen möglicher offener Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gegen den angegriffenen Bescheid allerdings eine eigene Interessenabwägung in den Vordergrund stellen muss, ist diesbezüglich auf die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen, das darüber zu befinden hat, ob jetzt ein öffentliches oder überwiegend privates Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht und nicht etwa, ob es früher einmal bestanden hat (vgl. zur gesamten Problematik: Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 83 bis 84).
Die summarische Überprüfung des Bescheides vom 20. Dezember 2015 ergibt, dass dieser Bescheid rechtmäßig ist und voraussichtlich der Widerspruch vom 13./14. Januar 2016 zurückzuweisen sein wird. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Der Bescheid vom 22. Dezember 2015 ist nach summarischer Prüfung formell rechtmäßig. Die gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderliche Anhörung ist mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 3. November 2015 erfolgt. Zwar ging das Anhörungsschreiben an die … AG und nicht an die Antragstellerin, allerdings hat die … AG dieses Schreiben offensichtlich an die Antragstellerin weitergeleitet; dies ergibt sich daraus, dass die Heimleitung des Seniorenzentrums auf das Schreiben vom 3. November 2015 reagiert hat. Offen bleiben kann, ob nach der Begehung am 8. Dezember 2015 erneut eine Anhörung hätte stattfinden müssen; denn spätestens im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin hinreichend Stellung nehmen können, so dass die Voraussetzungen des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG gegeben sind, zumal die Antragsgegnerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ausführungen der Antragstellerin hatte und diese Ausführungen der Antragstellerin zur Kenntnis gebracht worden sind.
Entgegen der Meinung der Antragstellerin ist ein formeller Fehler nicht darin zu sehen, dass der angegriffene Bescheid das Datum 22. Dezember 2015 trägt, dieser jedoch laut PZU erst am 29. Dezember 2015 (nicht, wie die Antragstellerin behauptet, am 8. Januar 2016) zugestellt worden ist.
Der Bescheid ist nach summarischer Prüfung auch in materieller Hinsicht rechtmäßig.
Sind in einer stationären Einrichtung i. S. d. Art. 2 Abs. 1 PfleWoqG Abweichungen von den Anforderungen des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes, hier insbesondere des Art. 3 PfleWoqG, festgestellt worden, liegen also Mängel vor, so soll die zuständige Behörde zunächst gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG den Träger über die Möglichkeiten zur Abstellung der Mängel beraten. Werden festgestellte Mängel nach einer solchen Beratung nicht abgestellt, kann die zuständige Behörde gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG gegenüber dem Träger Anordnungen erlassen, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner, zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern obliegenden Pflichten oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen dem Entgelt und der Leistung der stationären Einrichtung erforderlich sind.
Wird ein erheblicher Mangel festgestellt, so können gemäß Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG Anordnungen gemäß Abs. 1 sofort ergehen. Sind darüber hinaus die Anforderungen des Art. 3 PfleWoqG nicht erfüllt und reichen Anordnungen i. S. v. Art. 13 PfleWoqG nicht aus, hat die zuständige Behörde den Betrieb der stationären Einrichtung gemäß Art. 15 Abs. 1 PfleWoqG zu untersagen. Sie kann gemäß Art. 15 Abs. 2 PfleWoqG den Betrieb einer stationären Einrichtung zudem unter anderem dann untersagen, wenn der Träger der stationären Einrichtungen Anordnungen nach Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 nicht innerhalb einer bestimmten Frist befolgt.
Mit diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber ein dreistufiges, aus Beratung, Erlass von Anordnungen und Betriebsuntersagung bestehendes System geschaffen, das je nach Erfordernis zur Anwendung kommen muss.
Die Voraussetzungen dieser Vorschriften für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids sind erfüllt.
Im Seniorenzentrum hat die Antragsgegnerin Mängel festgestellt. Mängel i. S. d. Art. 12 Abs. 2 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG sind Abweichungen von den Anforderungen dieses Gesetzes (vgl. Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG), insbesondere Abweichungen von den Anforderungen des Art. 3 PfleWoqG (vgl. Art. 12 Abs. 1 PfleWoqG). Ein erheblicher Mangel i. S. d. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG ist aufgrund der Zielrichtung des Gesetzes (vgl. Art. 1 PfleWoqG) ein Mangel, wenn sich aus ihm direkt die Gefährdung von Bewohnern ergibt (Philipp, Pflege- und Wohnqualitätsgesetz Bayern, 2015, F, Rn. 74). Als weitere Konkretisierung des Begriffs des erheblichen Mangels kann aus der Gesetzessystematik auf die Bestimmungen des Art. 12 Abs. 4 Satz 4 und Art. 13 Abs. 3 Satz 3 PfleWoqG zurückgegriffen werden. Mit diesen Bestimmungen hat der Gesetzgeber bewusst die Wertung vorgenommen, dass bei einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohner Anordnungen stets zu erfolgen haben. Diese Wertung lässt sich für eine konkretisierende Auslegung des Begriffs des erheblichen Mangels insoweit nutzbar machen, als im Falle einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohner stets von einem erheblichen Mangel ausgegangen werden muss (Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 13 PfleWoqG Rn. 7).
Bei den Feststellungen der Antragsgegnerin geht es um folgende Mängel, die bei der Begehung am 8. Dezember 2015 vorhanden waren und trotz einer vorherigen Beratung an diesem Tag nicht abgestellt waren, bzw. um erhebliche Mängel, die im angegriffenen Bescheid vom 22. Dezember 2015 benannt sind:
Personalmangel:
Die Antragsgegnerin hat festgestellt, dass der bei den Begehungen zuvor festgestellte Personalmangel teilweise aufgrund Einstellung befristet beschäftigten oder eingesetzten Personals in der Pflege fast vollständig behoben ist. Allerdings hat sie ausgeführt, dass es in der Praxis durch die Notwendigkeit, Urlaubs- und Krankheitstage durch Überstunden oder ähnliches auffangen zu müssen, zu einem höheren Personalbedarf als bei der reinen Stellenplankalkulation kommt. Sei zwar genügend Personal auf der Station, dies aber auf der Basis von Überstunden, komme es zu Überlastungen und damit zu Fehlern in der Pflege.
Zu Recht vertritt die Antragsgegnerin damit die Haltung, dass es nicht auf die reine Erfüllung einer ohne angemessenen Ausfallzeitenaufschlag erstellten Stellenplankalkulation und die tatsächliche Besetzung einer Dienstschicht mit ausreichendem Personal ankommt, sondern auf einen Personalbestand, der unvorhergesehene Ausfälle durch Krankheit einerseits und vorhersehbare Ausfälle durch Urlaub andererseits auffangen kann, ohne Überstunden aufzubauen. Hierbei sind zudem die Ausführungen der Antragsgegnerin zu beachten, dass die „personelle Überdeckung“ von zwei Kräften auf acht Wochen beschränkt ist.
Hieraus ergibt sich, dass auf der Grundlage der Begehung vom 8. Dezember 2015 zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 22. Dezember 2015 der unbefristet einsetzbare Personalbestand noch zu gering war, um die Dienstschichten dauerhaft ohne zu Überforderungen führende Überstunden mit ausreichendem Personal zu besetzen. Dieser Sachverhalt stellt einen Mangel i. S. v. Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG i. V. m. § 15 Abs. 4 Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG) vom 27. Juli 2011 (GVBl S. 346), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Oktober 2014 (GVBl S. 450) (hiernach hat der Träger einer stationären Einrichtung durch Personaleinsatzplanung sicherzustellen, dass auch kurzfristige Ausfälle von Betreuungskräften unverzüglich ausgeglichen werden) dar. Dieser Mangel wurde bereits im Rahmen des Gesprächs nach der Begehung am 28. Oktober 2015 im Rahmen einer Beratung angesprochen.
Zu Recht hat die Antragsgegnerin als weiteren Mangel im oben genannten Sinn festgestellt, dass für die Essenseingabe bei Bewohnern mit Schluckstörungen eine Pflegehilfskraft verantwortlich ist, die gleichzeitig mehrere Bewohner mit Schluckstörungen betreut.
Nach Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG hat der Träger einer stationären Einrichtung sicherzustellen, dass Pflege- und Betreuungskräfte in ausreichender Zahl und mit der für die von ihnen zu leistende Tätigkeit erforderlichen persönlichen und fachlichen Eignung vorhanden sind. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG dürfen betreuende Tätigkeiten nur von Fachkräften oder unter angemessener Beteiligung von Fachkräften wahrgenommen werden.
Bei der Essenseingabe bei Bewohnern mit Schluckstörungen handelt es sich um eine betreuende Tätigkeit (vgl. Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, § 15 AVPfleWoqG Rn. 1). Diese wird im Seniorenzentrum der Antragstellerin nicht von einer Fachkraft i. S. d. § 16 Abs. 1 AVPfleWoqG vorgenommen. Dieser Sachverhalt stellt somit einen Mangel i. S. v. Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 AVPfleWoqG und § 11 Abs. 2 AVPfleWoqG dar (hiernach müssen Personen, die in stationären Einrichtungen tätig sind, die erforderliche persönliche und fachliche Eignung für die von ihnen ausgeübte Funktion und Tätigkeit besitzen). Dieser Mangel wurde bereits bei der Begehung am 28. Oktober 2015 festgestellt, an diesem Tag hat eine entsprechende Beratung i. S. d. Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG stattgefunden.
Schmerzproblematik:
Die Antragsgegnerin hat festgestellt, dass bei einem Bewohner Schmerzanzeichen bei der Grundpflege (Stöhnen, Körperspannung) nicht erfasst wurden. Sie hat zudem festgestellt, dass bei einem anderen auf einen Pflegerollstuhl angewiesenen Bewohner im Rahmen der Mobilisierung lautstarkes Stöhnen nicht beachtet wurde, zudem von der zuständigen Pflegekraft die Auskunft gegeben wurde, hierbei schreie er auch öfters; sie wisse nicht, ob diese Anzeichen auf Schmerz hindeuteten. Zudem hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass dieser neu eingestellten Pflegekraft Auskünfte zur allgemeinen Schmerzerfassung bei dementen bzw. kognitiv uneingeschränkten Bewohnern nicht möglich seien. Eine andere neu eingestellte fremdsprachige Pflegekraft habe aufgrund der Sprachbarriere keine Auskunft hinsichtlich der Schmerzerfassung geben können.
Dieser Sachverhalt stellt einen Mangel i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Nr. 3 PfleWoqG dar. Nach dieser Vorschrift hat der Träger sicherzustellen, dass die Leistungen nach dem jeweils allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse erbracht werden. Zudem stellt dieser Sachverhalt einen Mangel i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 PfleWoqG dar. Nach dieser Vorschrift hat der Träger sicherzustellen, dass eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner nach dem allgemein anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse gesichert ist. Darüber hinaus stellt dieser Sachverhalt einen Mangel i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 PfleWoqG dar. Nach dieser Vorschrift hat der Träger sicherzustellen, dass der an der Person des Pflegebedürftigen orientierte Pflegeprozess umgesetzt und dessen Verlauf aufgezeichnet wird.
Unabhängig von der Diskussion um den Begriff des allgemein anerkannten Standards fachlicher bzw. pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse (vgl. Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 3 PfleWoqG Rn. 3 ff. und Rn. 17 ff.) stellen diese Defizite hinsichtlich Schmerzerfassung einen Mangel dar, da ein angemessener Umgang mit Schmerzen von Bewohnern Grundvoraussetzung jeglicher fachgerechten Pflege sein muss; anders gewendet: die Ignorierung von Schmerzen bedeutet eine mangelnde Qualität der pflegerischen Versorgung.
Die von Art. 3 Abs. 2 Nr. 8 PfleWoqG geforderte Aufzeichnung des Verlaufs des Pflegeprozesses soll vorrangig die gesundheitliche Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner sichern und die erforderlichen Nachweise ermöglichen. Die Pflegedokumentation soll das individuelle und aktuelle Bild des Pflegebedürftigen widerspiegeln, so dass sich auch eine nicht in der Einrichtung beschäftigte Pflegekraft ein zutreffendes Bild über die Situation des zu Pflegenden machen und danach pflegen kann, ohne dass dadurch ein Schaden für den zu Pflegenden entsteht. Die Aufzeichnungen der Einrichtung müssen also den Pflegeprozess in seinen wesentlichen Bausteinen abbilden (Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, a. a. O., Art. 3 PfleWoqG Rn. 28). Hierzu muss auch die Dokumentation von Schmerzen gehören, ebenso von Maßnahmen, die gegen die Schmerzen vorgenommen worden sind. Dies ist ein wesentlicher Baustein für die gesundheitliche Betreuung der zu Pflegenden. Hieran fehlt es auch dann, wenn das Bestehen von Schmerzen noch nicht einmal zutreffend erkannt wird.
Hinsichtlich dieser Mängel hat auf der Grundlage der Begehung am 28. Oktober 2015 eine Beratung stattgefunden.
Zudem ist bei einer mangelhaften Erfassung von Schmerzen eine Gefahr für die Gesundheit des betroffenen Bewohners bzw. der betroffenen Bewohnerin nicht auszuschließen, da Schmerzen auch auf eine akute Erkrankung hinweisen können. Wird diesen Schmerzen nicht hinreichend nachgegangen, kann eine mögliche Erkrankung nicht angemessen erkannt und bekämpft werden. Auf dieser Grundlage ist die mangelhafte Erfassung von Schmerzen als erheblicher Mangel i. S. d. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG einzuschätzen, hinsichtlich dessen vor dem Erlass einer Anordnung nach Art. 13 PfleWoqG keine Beratung i. S. d. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG erforderlich ist.
Umgang mit Medikamenten:
Die Antragsgegnerin hat festgestellt, dass die Dokumentation für die Schlüsselübergabe zum Betäubungsmittelschrank im ersten Stockwerk und im dritten Stockwerk nicht durchgängig vorhanden war. Weiterhin wurde festgestellt, dass damit durch die neue Schichtleitung der ordnungsgemäße Bestand an Betäubungsmitteln bei manchen Schichtwechseln nicht bestätigt worden ist.
Die Antragsgegnerin hat weiter festgestellt, dass bei der Kontrolle der Betäubungsmittel ein Überbestand von einer Tablette eines stark wirkenden Opioids vorhanden war. Für die Antragsgegnerin war damit naheliegend, dass eine Medikamentengabe dokumentiert worden ist, die nicht erfolgt ist.
Zudem hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass auf der Station im ersten Stockwerk bei fünf kontrollierten vorgerichteten Medikamentengaben drei unstimmig waren, bei der Kontrolle auf der Station im dritten Stockwerk von vier kontrollierten vorgerichteten Medikamentengaben zwei.
Dieser Sachverhalt stellt einen Mangel i. S. d. Art. 3 Abs. 2 Nr. 5 PfleWoqG dar. Nach dieser Vorschrift hat der Träger sicherzustellen, dass die ärztliche und gesundheitliche Betreuung in der stationären Einrichtung selbst oder in angemessener anderer Weise gewährleistet wird, insbesondere die Arzneimittel ordnungsgemäß und bewohnerbezogen aufbewahrt werden.
Hinsichtlich dieses Mangels hat auf der Grundlage der Begehung am 28. Oktober 2015 eine Beratung stattgefunden.
Zudem stellt die falsche Abgabe von Medikamenten eine gravierende Gefahr nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner dar; die Gabe von zu viel, von zu wenig oder von falschen Medikamenten insbesondere an alte bis sehr alte, zum Teil gebrechliche oder demente Menschen kann zu deutlichen Gesundheitsschäden oder gar zum Tod des Betroffenen führen. Diese Folge tritt bei falscher Medikamentengabe bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf (Burmeister/Gaßner/Melzer/Müller, Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz, 2. Aufl. 2015, Art. 13 PfleWoqG Rn. 8).
Damit steht fest, dass die Antragsgegnerin Mängel festgestellt hat, die nach einer Beratung gemäß Art. 12 Abs. 2 PfleWoqG nicht abgestellt worden sind bzw. die sich als erhebliche Mängel darstellen.
Weitere Voraussetzung für den Erlass einer Anordnung gemäß Art. 13 Abs. 1 oder Abs. 2 PfleWoqG ist, dass diese Mängel das Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner entweder beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen bzw. gefährden. Dies liegt im vorliegenden Fall auf der Hand; sowohl der Einsatz von zu wenig, von unzureichend geschultem oder von überfordertem Personal als auch ein unzureichendes Schmerzmanagement als auch ein unzureichender Umgang mit Medikamenten führt zu einer Beeinträchtigung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums.
Damit liegen sämtliche Voraussetzungen dafür vor, dass die Antragsgegnerin eine Anordnung nach Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 PfleWoqG erlassen kann.
Auf der Grundlage dieser Tatbestandsvoraussetzungen hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass ein Aufnahmestopp verhängt wird, der mindestens bis zum 29. Februar 2016 andauert und über diesen Zeitraum hinaus erst dann endet, wenn der Antragsgegnerin schriftlich nachgewiesen wird, durch welche Maßnahmen die Antragstellerin die Wiedererfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern des Seniorenheims erreicht hat und die Antragsgegnerin auf dieser Grundlage den Wegfall des Aufnahmestopps schriftlich bestätigt. In Konkretisierung der Forderung, die Wiedererfüllung der Verpflichtungen nachzuweisen, hat die Antragsgegnerin zudem festgelegt, dass dem Nachweis hinsichtlich ausreichenden Personals der Personalschlüssel der aktuellen Vergütungsvereinbarung zugrunde zu legen ist. Diese Ausübung des Ermessens ist nicht zu beanstanden.
Die Anordnung eines Aufnahmestopps ist dafür geeignet, die festgestellten Mängel zu beseitigen.
Ein Aufnahmestopp hat zur Folge, dass die Antragstellerin keine Menschen neu als Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums aufnehmen darf. Hieraus ergibt sich, dass das zur Verfügung stehende und auf der jeweiligen Station anwesende Personal weniger Bewohnerinnen und Bewohner pflegen und versorgen muss als ohne Aufnahmestopp. Beschäftigt die Antragstellerin zu wenig Personal, wird dies durch den Aufnahmestopp dadurch ausgeglichen, dass auch weniger Personen zu pflegen und zu versorgen sind. Beschäftigt die Antragstellerin zu wenig qualifiziertes Personal (Fachkraftquote), wird dies dadurch ausgeglichen, dass weniger Arbeit vorhanden ist, die den Einsatz fachlich qualifizierten Personals erfordert. Sind Überstunden abzubauen, wird dies durch den Aufnahmestopp erleichtert. Zudem schafft der Aufnahmestopp Freiräume dafür, neueingestelltes Personal angemessen einzuarbeiten. Dies kann z. B. dadurch geschehen, dass eine erfahrene Pflegefachkraft die neueingestellte so lange begleitet, bis diese ihren Dienst in angemessener Weise allein verrichten kann. Denn die Antragstellerin kann Defizite in der Pflege nicht damit rechtfertigen, dass neueingestelltem Personal zugestanden werden muss, sich einarbeiten zu können. Gleiches gilt für vorhandene Sprachbarrieren. Auch hier schafft der Aufnahmestopp die Möglichkeit, die durch die Sprachbarriere in ihrer Arbeit nicht voll einsatzfähige Fachkraft so lange durch eine der deutschen Sprache vollständig mächtige Fachkraft begleiten zu lassen, bis die Sprachbarriere hinreichend abgebaut ist. Zudem gibt der Aufnahmestopp Raum dafür, dass genügend Fachkräfte für die Essenseingabe bei Bewohnerinnen und Bewohnern mit Schluckstörungen zur Verfügung stehen. Durch den reduzierten Arbeitsanfall infolge des Aufnahmestopps entstehen zeitliche Freiräume, die genutzt werden können, um das Schmerzmanagement zu professionalisieren. Gleiches gilt für den Umgang mit Medikamenten. Gerade in einer Situation, in der die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Gabe von Medikamenten umorganisiert werden, ist ein erhöhter Zeitaufwand für die Implementierung des neuen Systems einschließlich dessen Überwachung erforderlich. Auch dies kann besser umgesetzt werden, wenn zugleich weniger Bewohnerinnen und Bewohner zu pflegen und zu versorgen sind.
Damit ist der Aufnahmestopp ein geeignetes Mittel dafür, die Abläufe im Seniorenheim hinsichtlich Personaleinsatz, Pflege, Schmerzmanagement und Umgang mit Medikamenten konsolidieren zu können und damit die Mängel zugunsten der Bewohnerinnen und Bewohner zu beheben. Zugleich ist der Aufnahmestopp auch ein geeignetes Mittel dafür, neuaufgenommene Bewohnerinnen und Bewohner davor zu schützen, von überfordertem Personal in verschiedener Weise unzureichend gepflegt zu werden, dies insbesondere unter dem Aspekt, dass gerade neuaufgenommene Personen einen erhöhten Zeitaufwand verursachen, weil das Personal sie in ihren individuellen Besonderheiten und Bedürfnissen erst kennenlernen muss.
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse folgt das Gericht dem Argument der Antragsgegnerin, dass ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen den Mängeln und der Belegungszahl besteht und dass eine Verringerung der Belegung zu einer Verbesserung der Situation führt.
Geeignet ist auch die Dauer des Aufnahmestopps, der mindestens bis zum 29. Februar 2016 gilt und darüber hinaus erst dann endet, wenn der Antragsgegnerin die Vornahme der erforderlichen Maßnahmen zur Behebung der Mängel schriftlich nachgewiesen worden ist.
Zu Recht hat die Antragsgegnerin den Aufnahmestopp auf der Grundlage der Erkenntnis, dass es kein milderes Mittel gibt, für erforderlich zur Behebung der Mängel angesehen. Die Antragsgegnerin hat ihn zunächst als milderes Mittel gegenüber einer Untersagung des Betriebes des Seniorenzentrums auf der Grundlage von Art. 15 Abs. 1 PfleWoqG angesehen mit der Begründung, eine Untersagung sei „noch nicht“ angemessen, insbesondere in Hinblick auf das große Engagement der im Einsatz befindlichen Kräfte und in Hinblick auf den erheblichen Einschnitt in die Lebensqualität der betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner bei einer Betriebsuntersagung.
Diese Einschätzung bringt zum Ausdruck, dass die Antragsgegnerin den verhängten Aufnahmestopp „noch“ als milderes Mittel gegenüber einer Betriebsuntersagung ansieht und damit ein noch milderes Mittel nicht in Betracht kommt. Ein solches ist auch für das Gericht nicht erkennbar. Dies gilt zunächst für den Aufnahmestopp an sich. Die Antragsgegnerin hat in dem oben dargestellten abgestuften Maßnahmenkatalog aus Beratung, Erlass von Anordnungen und Betriebsuntersagung zunächst ausführlich das Instrument Beratung genutzt, dies auch bezüglich erheblicher Mängel i. S. v. Art. 13 Abs. 2 PfleWoqG, hinsichtlich welcher eine Beratung vor der Anordnung von Maßnahmen nicht erforderlich ist. Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass diese Beratungen nicht zu dem angestrebten Ziel geführt haben, hat die Antragsgegnerin sich für den Erlass einer Anordnung entschieden. Dies ist nicht zu beanstanden, zumal die Antragstellerin nicht plausibel machen konnte, dass eine bloße weitere Beratung umgehend zur Beseitigung der Mängel geführt hätte. Hierbei ist auch zu beachten, dass im Rahmen der früheren Nachschauen schon mehrere Beratungen stattgefunden haben, jedoch nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben.
Eine Anordnung, die gegenüber einem Aufnahmestopp ein milderes Mittel darstellen würde, ist weder für das Gericht erkennbar noch von der Antragstellerin benannt worden. Die Antragstellerin äußert sich lediglich dahingehend, als milderes Mittel hätte eine „Sicherstellung“ i. S. v. Ziffer II Satz 1 des Tenors des Bescheides vom 22. Dezember 2015 genügt. Hierbei verkennt die Antragstellerin, dass es sich bei den hierbei genannten Sicherstellungen um gesetzliche Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 2 PfleWoqG handelt, die einzuhalten die Antragstellerin ohnehin verpflichtet ist, ohne dass es einer entsprechenden „Sicherstellungsanordnung“ bedürfte. Ein anderweitiges milderes Mittel, das von der Antragsgegnerin effektiv zugunsten und zum Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner hätte durchgesetzt werden können, ist nicht erkennbar.
Auch die Dauer des Aufnahmestopps ist nicht zu beanstanden. Das Gericht hat erwogen, ob die zeitliche Begrenzung des Aufnahmestopps allein auf den schriftlichen Nachweis, durch welche Maßnahmen die Wiedererfüllung der Verpflichtungen erreicht wird, hinreichend gewesen wäre, ohne eine Mindestdauer bis zum 29. Februar 2016 festzulegen. Dem steht allerdings die Argumentation der Antragsgegnerin entgegen, dass als Ende des Aufnahmestopps ein Zeitpunkt zu wählen war, der nach dem Abzug der befristet zusätzlich eingesetzten Kräfte liegt. Die Wahl des konkreten Datums 29. Februar 2016 gibt nach Ansicht der Antragsgegnerin den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Zeit, sich einzuarbeiten und Defizite aufzuarbeiten. Zu beachten ist hierbei auch, dass es sich bei den vorhandenen Mängeln um komplexe Problemkreise handelt, deren Behebung kraft Natur der Sache nicht innerhalb sehr kurzer Zeit zu erwarten ist. Die Einarbeitung neuen Personals dauert zwangsläufig eine gewisse Zeit. Ein Zeitraum von drei Monaten (gerechnet ab dem 1. Dezember 2015; zu diesem Datum wurden neue Mitarbeitende eingestellt) ist hierbei angemessen, da es darum geht, die Bewohnerinnen und Bewohner in ihren Besonderheiten und individuellen Bedürfnissen kennenzulernen und die Abläufe bezüglich Pflege und Versorgung im Seniorenzentrum zu erfassen und routinemäßig umzusetzen. Dieser Zeitraum ist auch für den Abbau von Sprachbarrieren erforderlich. Es ist nicht erkennbar, wie das der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtige Pflegepersonal schneller so hinreichend Deutsch lernen könnte, dass es die Bewohnerinnen und Bewohner hinreichend versteht.
Zu beachten ist zudem, dass ein gewisser Zeitraum für die Implementierung des neuen Systems der Medikamentenversorgung erforderlich ist. Diese Umstellung hat bereits am 13. November 2015 begonnen, dies auf der Grundlage der vorangehenden Beanstandungen bzw. einer entsprechenden Beratung durch die Antragsgegnerin. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass das ab dem 13. November 2015 begonnene System der Medikamentenversorgung nicht zum erwünschten Erfolg geführt hat. Die Fehlerquote war am 8. Dezember 2015 noch immer kaum gesunken. Daraufhin hat die Antragstellerin (wie sich aus der Antragsbegründung ergibt) das System der Verblisterung dahingehend verändert, dass die Apotheke die Sortierung der Medikamente und Zuordnung zu dem jeweiligen Bewohner vollständig übernommen hat. Dies macht deutlich, dass die Umstellung der Medikamentenversorgung ein sehr komplexer Vorgang ist, der nicht innerhalb kürzester Zeit so zuverlässig abgeschlossen sein kann, dass diesbezügliche Fehler ausgeschlossen werden können. Hinzu kommt, dass die Medikamentenvorsortierung durch die Apotheke vom Personal des Seniorenzentrums nachkontrolliert werden muss. Gerade in einem Bereich, in dem es durch eine fehlerhafte Medikamentenversorgung zu massiven Gesundheitsschäden oder sogar zum Tod der Heimbewohnerinnen und -bewohner kommen kann, ist es erforderlich, dass das Medikamentenversorgungssystem über einen längeren Zeitraum nach seiner Umstellung besonders intensiv überwacht wird, bis feststeht, dass über einen längeren Zeitraum keine Fehler mehr vorkommen. Der Zeitraum bis zum 29. Februar 2016 als Mindestzeitraum ist hierfür mit Sicherheit nicht zu großzügig gewählt worden.
Insgesamt gesehen schafft die Festsetzung einer Mindestzeitdauer für den Aufnahmestopp bis zum 29. Februar 2016 Gelegenheit für die Antragstellerin, sich inhaltlich auf die Beseitigung der Mängel zu konzentrieren, bevor sie ihre Energie auf den Nachweis der Beseitigung gegenüber der Antragsgegnerin lenkt.
Ein milderes Mittel hinsichtlich des Nachweises, durch welche Maßnahmen die Wiedererfüllung der Verpflichtungen erreicht wird, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat sogar darauf verzichtet, vor einem Wegfall des Aufnahmestopps eine eigene anlassbezogene Überprüfung i. S. d. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG vorzunehmen. Insbesondere hinsichtlich des Systems der Versorgung mit Medikamenten ist es zugunsten der Antragstellerin sehr weitgehend, hierauf zu verzichten und darauf zu vertrauen, dass die vorzulegenden schriftlichen Nachweise der tatsächlichen Situation entsprechen.
Nicht zu beanstanden in dieser Hinsicht ist auch die Vorgabe, den Nachweis für eine ausreichende Zahl von Pflege- und Betreuungskräften an der aktuellen Vergütungsvereinbarung nach § 85 SGB XI auszurichten.
Als milderes Mittel kommt auch die Festlegung einer absoluten Obergrenze der Bewohnerzahl für das Seniorenzentrum nicht in Betracht. Denn es ist nicht berechenbar, bei welcher Reduzierung der Anzahl der zu Pflegenden die gewünschte Behebung der Mängel tatsächlich eintreten kann. Umgekehrt ist jedoch deutlich, dass für den Fall, dass die Antragstellerin die Behebung der Mängel nicht zeitnah nach dem 29. Februar 2016 nachweisen kann, die Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner im Seniorenzentrum zwangsläufig und kraft Natur der Sache weiter absinken wird. Je stärker diese Anzahl jedoch absinkt, umso eher hat die Antragstellerin die Möglichkeit, die Konzentration des vorhandenen Personals auf die Behebung der Mängel zu richten. Je stärker die Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner im Seniorenzentrum also sinkt, umso eher hat die Antragstellerin die Möglichkeit, die Mängel zu beheben. Dies wäre bei einer absoluten Obergrenze nicht der Fall, so dass der Aufnahmestopp in der tatsächlich angeordneten Form erforderlich ist.
Damit steht fest, dass ein milderes Mittel gegenüber der Anordnung eines Aufnahmestopps in der konkreten Form und Befristung nicht in Betracht kommt.
Die Ermessensausübung im Bescheid vom 22. Dezember 2015 ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat keine sachfremden Aspekte berücksichtigt und die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin genauso in die Abwägungen miteingestellt wie die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums an einer ordnungsgemäßen Versorgung und Pflege sowie an körperlicher Unversehrtheit. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin den Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner den Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin gibt, zumal diese ihre Interessen nicht im Einzelnen konkretisiert oder durch Zahlen pro nicht belegtem Heimplatz untermauert hat.
Die Antragstellerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie bereits Maßnahmen zur Behebung der Mängel ergriffen hat. Soweit diese Maßnahmen vor dem 8. Dezember 2015 ergriffen worden sind, haben sie sich nicht hinreichend ausgewirkt. Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, nach dem 8. Dezember 2015, jedoch vor Erlass des Bescheides vom 22. Dezember 2015 weitere Maßnahmen ergriffen zu haben, sind diese – wie sich aus den vorgelegten Behördenakten ergibt – der Antragsgegnerin nicht mitgeteilt worden. Soweit sich die Antragstellerin nun auf Maßnahmen beruft, die vor oder nach dem Erlass des Bescheides vom 22. Dezember 2015 ergriffen worden sind und nun im Rahmen des Widerspruchsverfahrens oder des vorliegenden Gerichtsverfahrens vorgetragen werden, können diese zu nichts führen. Denn das Gericht hat – wie oben ausgeführt – bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides am 22. Dezember 2015 abzustellen. Unterlagen, die die Antragstellerin nunmehr vorlegt, können lediglich bei der Prüfung durch die Antragsgegnerin Berücksichtigung finden, ob die Antragstellerin ihre Verpflichtungen wieder erfüllt und damit der Aufnahmestopp ab dem 1. März 2016 aufgehoben werden kann.
Zudem kann die Antragstellerin nicht geltend machen, die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin sei deshalb widersprüchlich, weil sie im Bescheid vom 22. Dezember 2015 einerseits festgestellt habe, dass der Personalmangel fast vollständig behoben sei und andererseits den Aufnahmestopp dennoch mit einem Personalmangel begründe. Hierbei übersieht die Antragstellerin die Argumentation der Antragsgegnerin, dass es nicht auf die reine Erfüllung der Stellenkalkulation und auf die tatsächliche Besetzung einer Dienstschicht mit ausreichendem Personal ankommt, sondern auf einen Personalbestand, der Ausfälle auffangen kann, ohne Überstunden aufzubauen. Zudem übersieht die Antragstellerin die Argumentation der Antragsgegnerin, dass bei überlastetem Personal (auch durch Überstunden) das gehäufte Auftreten von Pflegefehlern wahrscheinlich ist. Auf der Grundlage dieser Argumentation vermag das Gericht keinen Widerspruch in der Argumentation der Antragsgegnerin zu erkennen.
Auch die Argumentation der Antragstellerin, der angegriffene Bescheid lasse nicht erkennen, welcher Mangel nunmehr zu welcher Sicherstellung führen solle, dies führe zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung, vermag nicht zu überzeugen. Für den sorgfältigen Leser des Bescheides ist erkennbar, welche der im Einzelnen konkret benannten Mängel welcher Untervorschrift des Art. 3 PfleWoqG zuzuordnen ist. Die Begründung des Bescheides gibt hinreichende Anhaltspunkte dafür, welche konkreten Mängel zu beheben sind, um die Vorgaben des Art. 3 PfleWoqG sicherzustellen.
Hieraus ergibt sich, dass Ziffer I. – III. des Bescheids vom 22. Dezember 2015 nicht zu beanstanden sind. Voraussichtlich wird der Widerspruch vom 13. Januar 2016, eingegangen am 18. Januar 2016, keinen Erfolg haben, ebenso wenig ein sich möglicherweise anschließendes Gerichtsverfahren. Damit kann die Antragstellerin kein schutzwürdiges Interesse daran haben, von einer Vollziehung des offensichtlich rechtmäßigen Bescheides verschont zu bleiben.
Die Androhung des Zwangsgeldes auf der Grundlage von Art. 36 Abs. 1 und Abs. 2 VwZVG i. V. m. Art. 18, Art. 19, Art. 29, Art. 30 Abs. 1 und Art. 31 Abs. 1 und Abs. 2 VwZVG ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zur Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 3.000,00 EUR pro nach Zustellung des Bescheides aufgenommenen Bewohners/aufgenommener Bewohnerin hat die Antragstellerin sich nicht geäußert, weshalb davon auszugehen ist, dass das Zwangsgeld das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin i. S. v. Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG zumindest nicht übersteigt.
Nach alledem bleibt der Antrag ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen. Die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin ergibt sich aus der Höhe des von der Antragsgegnerin angedrohten Zwangsgeldes von 3.000,00 EUR pro aufgenommenen Bewohner/aufgenommener Bewohnerin. Diesem Zwangsgeld hat die Antragstellerin der Höhe nach nicht widersprochen, weshalb im summarischen Verfahren davon auszugehen ist, dass das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin zumindest nicht unter diesem Betrag liegt. Angesichts der von der Antragstellerin mit Schreiben vom 11. Februar 2016 mitgeteilten Tatsache, dass derzeit 14 Plätze nicht belegt sind, war der Streitwert auf 21.000,00 EUR festzusetzen. Das Gericht hat im vorliegenden Fall keinen Anlass dafür gesehen, ausnahmsweise wegen der Vorwegnahme der Entscheidung in der Sache im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entgegen der oben genannten Regel (Halbierung des Streitwertes) den Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes anzuheben.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben