Medizinrecht

Normenkontrollantrag, Einstweilige Anordnung, Maskenpflicht während des praktischen Fahrschulunterrichts

Aktenzeichen  25 NE 21.2443

Datum:
8.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30954
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 6
14. BayIfSMV § 2 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, der in Bayern eine Fahrschule betreibt, begehrt die vorläufige Außervollzugsetzung der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (14. BayIfSMV vom 1. September 2021, BayMBl. 2021 Nr. 615), zuletzt geändert mit Verordnung vom 5. Oktober 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 715), soweit § 2 der 14. BayIfSMV für den praktischen Fahrschulunterricht die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske für das Lehrpersonal sowie für die Fahrschüler anordnet.
Die angegriffene Regelung, die mit Ablauf des 29. Oktober 2021 außer Kraft tritt (§ 20 14. BayIfSMV), hat folgenden Wortlaut:
㤠2 Maskenpflicht
(1) 1In Gebäuden und geschlossenen Räumen einschließlich geschlossener öffentlicher Fahrzeugbereiche, Kabinen und Ähnlichem gilt die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske (Maskenpflicht). 2Die Maskenpflicht gilt nicht
1. innerhalb privater Räumlichkeiten,
2. am festen Sitz-, Steh- oder Arbeitsplatz, soweit zuverlässig ein Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Personen gewahrt wird, die nicht dem eigenen Hausstand angehören; diese Nummer findet keine Anwendung auf Fahrgäste im öffentlichen Personennah- und -fernverkehr sowie bei der Schülerbeförderung,
3. für Gäste in der Gastronomie, solange sie am Tisch sitzen,
4. bei Dienstleistungen, soweit die Art der Leistung sie nicht zulässt,
5. für das Personal, soweit in Kassen- und Thekenbereichen durch transparente oder sonst geeignete Schutzwände ein zuverlässiger Infektionsschutz gewährleistet ist,
6. aus sonstigen zwingenden Gründen.
3§ 13 bleibt unberührt.
(2) Unter freiem Himmel besteht vorbehaltlich speziellerer Regelung Maskenpflicht nur in den Eingangs- und Begegnungsbereichen von Veranstaltungen mit mehr als 1 000 Personen.
(3) 1Von der Maskenpflicht sind befreit:
1. Kinder bis zum sechsten Geburtstag;
2. Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Maske aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, solange dies vor Ort sofort insbesondere durch Vorlage eines schriftlichen ärztlichen Zeugnisses im Original nachgewiesen werden kann, das den vollständigen Namen, das Geburtsdatum und konkrete Angaben zum Grund der Befreiung enthalten muss.
2Die Maske darf abgenommen werden, solange es zu Identifikationszwecken oder zur Kommunikation mit Menschen mit Hörbehinderung erforderlich ist. 3Für Beschäftigte gilt die Maskenpflicht während ihrer dienstlichen Tätigkeit nur im Rahmen arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen.“
Zur Begründung des Antrags trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, er sei in seinem Recht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt. Die Maskenpflicht bestehe weder innerhalb privater Räumlichkeiten (inklusive Fahrzeugen) noch gegenüber Gästen in der Gastronomie, solange sie am Tisch säßen. Da in Fahrschulfahrzeugen ein identisches, wenn nicht sogar höheres Schutzniveau vorliege, bestehe kein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung. Weder in der Gastronomie noch während privater Fahrgemeinschaften müsste der Mindestabstand eingehalten werden oder Teilnehmer dem gleichen Haushalt angehören. In der Gastronomie und privaten Fahrzeugen sei zudem die Zusammenkunft auf Kommunikation ausgelegt, die nicht auf einzelne Gruppen des Teilnehmerkreises oder zeitlich beschränkt sei. Bei entsprechenden Anlässen sei zudem mit einem Konsum von Alkohol zu rechnen. Bei Veranstaltungen mit weniger als 100 Personen werde auf die Ausarbeitung eines Infektionsschutzkonzeptes verzichtet. Die Zusammenkunft in Fahrschulfahrzeugen sei hingegen auf zwei Personen und die Dauer einer Fahrstunde (45 Minuten) begrenzt. Die praktische Fahrschulausbildung sei durch den technischen Ablauf des Erlernens praktischer Fahrfähigkeiten und einer professionellen Distanz geprägt; eine Ansprache erfolge nicht frontal, sondern von der Seite. Auf die Einhaltung sämtlicher Hygienevorgaben werde geachtet. Der Antragsteller selbst, sein Personal und der Großteil seiner Fahrschüler seien zudem zweimal gegen das Coronavirus geimpft. Zweimal wöchentlich führe sein Personal zudem einen Corona-Schnelltest durch. Der Antragsteller wäre bereit, auf seine Kosten täglich sein Personal und seine Fahrschüler testen zu lassen. Die Kontaktflächen in den Fahrschulfahrzeugen würden nach jedem Schüler desinfiziert, jedes Fahrzeug vor und nach jedem Fahrtantritt gelüftet und die Kontaktdaten minutiös erfasst. Seiner Verpflichtung, die Schutzmaßnahmen fortlaufend zu überprüfen und zu hinterfragen, sei der Verordnungsgeber bisher nicht nachgekommen. Das aktuelle Infektionsgeschehen und die geringe Auslastung des Gesundheitssystems, die selbst der Verordnungsgeber in seiner Begründung zur Verordnung anführe, rechtfertigten nicht länger die Anordnung der Maskenpflicht bei der praktischen Fahrausbildung. Die Öffnung von Fahrschulen habe bislang zu keinem nennenswerten Anstieg der Infektionszahlen geführt. Die Inzidenzwerte im Landkreis des Antragstellers lägen unter dem bayernweiten Durchschnitt. In Österreich und anderen Bundesländern, wie Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen habe all dies zu einer Lockerung der Maskenpflicht beim praktischen Fahrschulunterricht geführt. Durch das Tragen der Masken im Fahrschulfahrzeug werde die Ausbildung erheblich erschwert. Die zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit erforderliche Kommunikation sei drastisch eingeschränkt. Aufgrund der besonderen Situation im Fahrschulfahrzeug könne dies weder durch Mimik noch Gestik ausgeglichen werden. Emotionale Bindungen zum Schüler gingen verloren. Fahrschüler und Fahrlehrer klagten nahezu täglich über gesundheitliche Beeinträchtigungen. Die Schutzmaßnahmen erhielten immer mehr öffentliche Kritik.
Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Ein Normenkontrollantrag gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 14. BayIfSMV hat unter Anwendung des geltenden Prüfungsmaßstabs (I.) bei summarischer Prüfung keinen Erfolg (II.). Auch eine hiervon unabhängige Folgenabwägung geht zulasten des Antragstellers aus (III.).
I. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen oder noch zu erhebenden Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 – 4 B 480/19.NE – NVwZ-RR 2019, 993 – juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.
Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ juris Rn. 12).
Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – juris Rn. 12; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 106).
II. Nach diesen Maßstäben sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 14) voraussichtlich nicht gegeben.
1. Der Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die Maskenpflicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 14. BayIfSMV mit § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2 (Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung) eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage hat (BayVGH, B.v. 8.12.2020 – 20 NE 20.2461 – juris Rn. 24 ff.; B.v. 9.7.2021 – 25 NE 21.1757 – juris Rn. 31). Jedenfalls bei der gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine durchgreifenden Bedenken dahingehend, dass die vorgenannten Bestimmungen eine ausreichende Verordnungsermächtigung für die durch sie erfolgenden Grundrechtseingriffe darstellen und sie insbesondere auch dem Wesentlichkeitsgrundsatz und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechen.
2. Die angegriffene Regelung ist voraussichtlich materiell rechtmäßig, weil sie mit den Ermächtigungsgrundlagen im Einklang steht.
a) Zur Begründung kann zunächst auf die bisherige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verwiesen werden. Anträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der Maskenpflicht hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zuletzt mit Beschlüssen vom 28. September 2021 (Az. 25 NE 21.2372), 4. August 2021 (Az. 25 NE 21.1958 – BeckRS 2021, 22555), 30. Juli 2021 (Az. 25 NE 21.1869 – BeckRS 2021, 22548), 12. Juli 2021 (Az. 25 NE 21.1755 – BeckRS 2021, 20946), 9. Juli 2021 (Az. 25 NE 21.1757 – juris), 5. Juli 2021 (Az. 25 NE 21.1779), 22. Juni 2021 (Az. 25 NE 21.1654), 10. Mai 2021 (Az. 20 NE 21.1328), 4. Mai 2021 (Az. 20 NE 21.1119, BeckRS 2021, 10013), 16. März 2021 (Az. 20 NE 21.627 – BeckRS 2021, 4746), 15. Februar 2021 (Az. 20 NE 21.411 – juris), 29. Januar 2021 (Az. 20 NE 21.201 – BeckRS 2021, 791), 28. Januar 2021 (Az. 20 NE 21.136 – BeckRS 2021, 970), 7. September 2020 (Az. 20 NE 20.1981 – BeckRS 2020, 21962), 8. Dezember 2020 (Az. 20 CE 20.2875 – BeckRS 2020, 34824) und vom 3. Dezember 2020 (Az. 20 CE 20.2809 – BeckRS 2020, 34848) abgelehnt.
b) Im Zeitpunkt des Erlasses der 14. BayIfSMV am 1. September 2021 wie auch der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen des § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG weiterhin vor.
aa) Der Deutsche Bundestag hat die in § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG vorgesehene Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit Blick auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 erstmals am 25. März 2020 getroffen (BT-PlPr 19/154, 19169C). Er hat diese Feststellung seither auch nicht – wie in § 5 Abs. 1 IfSG vorgesehen – aufgehoben und diese Aufhebung im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht, sondern am 18. November 2020, am 4. März 2021, am 11. Juni 2021 und zuletzt am 25. August 2021 den Fortbestand einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG für weitere drei Monate festgestellt (vgl. BT-Drs. 19/24387; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/27196; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/30398; Annahme des Entschließungsantrags BT-Drs. 19/32091, BT-PlPr 19/238 S. 21076C).
bb) Die vom Verordnungsgeber getroffene Gefährdungsprognose, dass die beanstandete Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske nach § 2 Abs. 1 Satz 1 14. BayIfSMV bei summarischer Prüfung eine geeignete, erforderliche und gemäß § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 IfSG notwendige Schutzmaßnahme darstellt, ist auch gegenwärtig nicht zu beanstanden.
(1) Nach der aktuellen Risikobewertung des hierzu berufenen Robert-Koch-Instituts (RKI), dessen Expertise der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht beimisst (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 – 1 BvQ 28/20 – NJW 2020, 1427 – juris Rn. 13; VerfGH, E.v. 26.3.2020 – Vf. 6-VII-20 – juris Rn. 16), vom 24. September 2021 (https:// www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Corona-virus/Risikobewertung.html) wird die Gefährdung für die Gesundheit der nicht vollständig geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt weiterhin als hoch, für vollständig Geimpfte als moderat eingeschätzt. Nach einem Anstieg der Fälle im ersten Quartal 2021 und deutlichem Rückgang der Sieben-Tage-Inzidenzen und Fallzahlen im Bundesgebiet im zweiten Quartal sind die Fallzahlen zuletzt in allen Altersgruppen wieder angestiegen. In Bayern liegt die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz aktuell bei 89,4 und der Sieben-Tage-R-Wert bei 1,02. Bei der für Fahrschulen besonderen Zielgruppe der 16 bis 19jährigen liegt der Inzidenzwert in Bayern derzeit bei 163 (KW 39/2021 vgl. https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/index.htm#alter_geschlecht). Dass die Inzidenzwerte im Landkreis des Antragstellers mit 72,0 (Stand: 5.10.2021 vgl. https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/page _1/) derzeit nur geringfügig unter dem bayernweiten Durchschnitt liegen, ist dabei nicht von Relevanz. In den sieben vergangenen Tagen wurden bayernweit 275 an COVID-19 erkrankte Personen in ein bayerisches Krankenhaus eingewiesen; 256 Intensivbetten sind durch an COVID-19 erkrankte Personen derzeit belegt (Stand 4.10.2021, https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/co-ronavirus/karte_coronavirus/index.htm#wKennzahlen). Es lassen sich nicht alle Infektionsketten nachvollziehen. Häufungen werden oft in Privathaushalten und in der Freizeit (z.B. im Zusammenhang mit Reisen) und größere Ausbrüche bei Veranstaltungen dokumentiert, z.B. bei Tanz-, Gesangs- und anderen Feiern, besonders auch bei Großveranstaltungen und in Innenräumen, in denen – insbesondere bei schlechter Belüftung – eine Übertragung durch Aerosole allein durch die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln nicht sicher verhindert werden kann. Neben den AHA-Regeln können Tests als ein zusätzliches Element durch frühe Erkennung der Virusausscheidung vor dem Auftreten von Krankheitszeichen die Sicherheit weiter erhöhen (RKI, Risikobewertung, a.a.O.).
Die Zahl der Todesfälle befindet sich aktuell auf niedrigem Niveau mit leicht steigender Tendenz. Die Zahl schwerer Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, steigt derzeit ebenfalls wieder an. Bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild. Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe steigt mit zunehmendem Alter und bei bestehenden Vorerkrankungen; allerdings kann es auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen zu schweren oder zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen können auch nach leichten Verläufen auftreten. Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen. Die Anforderungen an das Gesundheitssystem waren in weiten Teilen Deutschlands vorübergehend sehr hoch, so dass das öffentliche Gesundheitswesen und die Einrichtungen für die stationäre medizinische Versorgung örtlich an die Belastungsgrenze kamen. Da eine vollständige Impfung mit den verfügbaren Impfstoffen auch bei der in Deutschland nun dominierenden Delta-Variante (VOC B.1.617.2) einen guten Schutz vor der Entwicklung einer COVID-19-Erkrankung (insbesondere vor einem schweren Verlauf) bietet, ist davon auszugehen, dass mit steigenden Impfquoten auch eine Entlastung des Gesundheitssystems einhergeht (RKI, Risikobewertung, a.a.O.; vgl. auch Schuppert/Weber-Carstens/Karagiannidis, Intensivbettenbedarf für COVID-19 im Herbst/Winter 2021, abrufbar unter https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-021-00862-9.pdf). In Bayern haben bis zum 3. Oktober 2021 rund 64,9% der Bevölkerung eine Erstimpfung und 62,3% den vollständigen Impfschutz erhalten, wobei letztere Quote in der Altersgruppe der 18 bis 59-Jährigen bei 68,0% und in der Altersgruppe der über 60jährigen bei 82,1% liegt (Impfmonitoring des RKI, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquoten-Tab.html). Damit liegt die Impfquote aber noch deutlich von einer sog. Herdenimmunität entfernt (rund 85% vollständig Geimpfte in der Altersgruppe der 12 bis 59-Jährigen sowie von 90% für Personen ab dem Alter von 60 Jahren, vgl. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/27_21.pdf? blob=publicationFile).
Internationale Studien weisen darauf hin, dass die Delta-Variante, die in den letzten Wochen die dominierende Variante in Deutschland geworden ist, verglichen mit früher dominierenden Varianten zu schwereren Krankheitsverläufen mit mehr Hospitalisierungen und häufigerer Todesfolge führen kann. Aufgrund der leichteren Übertragbarkeit dieser Variante und der noch nicht ausreichenden Impfquoten muss mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen in den nächsten Wochen gerechnet werden. Nur bei einer niedrigen Zahl von neu Infizierten und einem hohen Anteil der vollständig Geimpften in der Bevölkerung können viele Menschen, nicht nur aus den Risikogruppen wie ältere Personen und Menschen mit Grunderkrankungen, gut vor schweren Krankheitsverläufen, intensivmedizinischer Behandlungsnotwendigkeit und Tod geschützt werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Vermeidung von Langzeitfolgen, die auch nach milden Krankheitsverläufen auftreten können. Zudem ist in einer Phase, in der die Infektionszahlen zwar steigen, insgesamt aber verhältnismäßig niedrig sind und die Impfungen in Deutschland und Europa fortschreiten, weltweit jedoch auf einem regional sehr unterschiedlichen Niveau sind, auch mit sogenannten Escape-Mutationen zu rechnen, das heißt Virusvarianten, die eine verringerte Sensitivität gegenüber den gegenwärtig verfügbaren Impfstoffen haben (BT-Drs. 19/32091 S. 3).
Es ist nach Einschätzung des RKI weiterhin von entscheidender Bedeutung, die Zahl der Erkrankten so gering wie möglich zu halten und Ausbrüche zu verhindern. Nur dadurch kann die Belastung im Gesundheitswesen so niedrig gehalten werden, dass einerseits eine gute medizinische Versorgung aller kranken Personen (auch unabhängig von COVID-19) möglich ist und andererseits das Infektionsgeschehen durch die Gesundheitsämter bearbeitet werden kann (RKI, Risikobewertung, a.a.O.).
(2) Vor diesem Hintergrund, namentlich der drohenden weiteren Ausbreitung von leichter übertragbaren und wohl schwerere Krankheitsverläufe verursachenden Varianten (vgl. § 28a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 IfSG), des noch nicht hinreichenden Impffortschritts in der Bevölkerung und des möglichen Beginns einer vierten Welle, spricht aus ex-ante-Sicht vieles dafür, dass das Tragen von Masken in Gebäuden und geschlossenen Räumen, worunter auch Fahrzeuge fallen, eine weiterhin geeignete, erforderliche und notwendige Schutzmaßnahme zur Kontrolle des Infektionsgeschehens im Sinne des § 28a Abs. 3 Satz 7 IfSG in der im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Regelungen und bis zum 14. September 2021 geltenden Fassung bzw. des präventiven Infektionsschutzes gemäß des zum 15. September 2021 neu gefassten § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG darstellt.
Den sowohl für die Eignung einer Maßnahme als auch für ihre Erforderlichkeit dem Gesetz- bzw. im Rahmen der Ermächtigung dem Verordnungsgeber zukommenden Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, B.v. 29.9.2010 – 1 BvR 1789/10 – juris Rn. 21; BVerwG, U.v. 16.12.2016 – 8 C 6.15 – juris Rn. 49) haben vorliegend weder der Bundesgesetzgeber noch der ihm folgende bayerische Verordnungsgeber überschritten. Mit der Aufnahme in den Katalog der Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG hat der Gesetzgeber die Entscheidung, dass es sich bei der Maskenpflicht grundsätzlich um eine notwendige und damit auch eine geeignete Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handeln kann, vorweggenommen. Die angegriffene Maßnahme dient der Vermeidung der Virusübertragung in Gebäuden und geschlossenen Räumen einschließlich geschlossener öffentlicher Fahrzeugbereiche, Kabinen und Ähnlichem.
Ob die Öffnung von Fahrschulen bislang – wie behauptet – zu keinem nennenswerten Anstieg der Infektionszahlen geführt hat, ist für die Frage der Verhältnismäßigkeit der Maskenpflicht nicht relevant. Die Durchführung des praktischen Fahrschulunterrichts geht epidemiologisch mit einer gesteigerten Gefahrensituation einher, da Mindestabstände in Fahrschulfahrzeugen nicht eingehalten werden können. Die Verpflichtung, während des praktischen Fahrschulunterrichts grundsätzlich eine Maske zu tragen, trägt dem Rechnung. Die Maßnahme soll dazu beitragen, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter den Fahrschülern und Fahrlehrern sowie deren Bezugspersonen außerhalb des Fahrschulunterrichts zumindest zu reduzieren und hierdurch die Virusausbreitung insgesamt (bis zu einer hinreichenden Immunisierung der Bevölkerung) einzudämmen bzw. zu verlangsamen. Damit wiederum sollen insbesondere Personen, die sich aus medizinischen Gründen bislang nicht impfen lassen konnten, vor einem schweren Krankheitsverlauf und Langzeitfolgen geschützt und der bei einer unkontrollierten Infektionsausbreitung weiterhin bestehenden Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems vorgebeugt werden. Der Bundesgesetzgeber sieht die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) als einen zentralen Baustein zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 an. Sie stellt eine notwendige und einfache Schutzmaßnahme dar. Wissenschaftliche Studien belegen den signifikanten Nutzen zur Verringerung der Infektionszahlen (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/23944, S. 32; vgl. etwa https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Mund_Nasen_Schutz.html; siehe auch https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/question-and-answers-hub/q-a-detail/coronavirus-disease-covid-19-masks). Dies gilt erst Recht für die Pflicht zum Tragen medizinischer Gesichtsmasken im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 1 14. BayIfSMV. Bei SARS-CoV-2 spielt nicht nur die Übertragung durch Tröpfchen, sondern auch über Aerosole eine besondere Rolle, wodurch in Innenräumen das Risiko einer Übertragung z.B. bei lautem Sprechen deutlich ansteigt. Nach Einschätzung des RKI können Masken zwar nicht sicher vor einer Ansteckung schützen, aber die Freisetzung von Aerosolen reduzieren und so einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung der Weiterverbreitung des Virus leisten (aktuelle Risikobewertung des RKI v. 24.9.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html).
Die Maskenpflicht ist auch für vollständig geimpfte Personen ein geeignetes Mittel zur Pandemiebekämpfung. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich eine als vollständig geimpfte Person weder mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren noch andere Personen damit anstecken kann, so dass die Maskenpflicht auch in diesen Fällen einen Beitrag zur Reduktion des Infektionsgeschehens leistet (vgl. hierzu NdsOVG, B.v. 15.9.2021 – 13 MN 369/21 – juris Rn. 27).
Ein milderes, gleichermaßen geeignetes Mittel, Infektionsrisiken zu begegnen, ist nicht ersichtlich und wurde von Seiten des Antragstellers auch nicht vorgetragen. In der gegenwärtigen Phase der Pandemie, in der sich in weiten Teilen Bayerns erneut ein erhöhtes Infektionsgeschehen zeigt, sich die Gesamtzahl der mit COVID-19-Patienten belegten Betten in den letzten sieben Wochen vervierfacht hat und sich die Lage in den bayerischen Krankenhäusern als zunehmend angespannt darstellt (vgl. auch Begründung vom 30.9.2021, BayMBl. 2021 Nr. 711, S. 1 f.), ist die Prognose des Verordnungsgebers, dass es vor diesem Hintergrund wichtig bleibt, die Infektionszahlen nachhaltig niedrig zu halten und auch das Tragen von Gesichtsmasken unverzichtbar sei, voraussichtlich nicht fehlerhaft.
3. Die angegriffene Maßnahme ist bei summarischer Prüfung gegenwärtig noch verhältnismäßig im engeren Sinne.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die oben (unter II.2) genannten Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Antragstellerpartei rechtfertigen keine andere Einschätzung.
a) Der angegriffenen Bestimmung liegt kein offensichtlicher Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) zugrunde.
Dabei kann dahinstehen, ob insoweit überhaupt ein Eingriff in die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit vorliegt. Der Antragsteller kann weiterhin Fahrschulunterricht anbieten. Der Verordnungsgeber wollte mit der Regelung der Maskenpflicht in Gebäuden und geschlossenen Räumen erkennbar nicht die Berufstätigkeit und -ausübung der Fahrlehrer als solche reglementieren. Nach der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 14. BayIfSMV besteht nicht nur während des praktischen Fahrunterrichts, sondern in vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Zwar können auch nicht unmittelbar auf die berufliche Betätigung abzielende Maßnahmen infolge ihrer spürbaren tatsächlichen Auswirkungen geeignet sein, den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG mittelbar erheblich zu beeinträchtigen. Dass dem Antragsteller faktische Beeinträchtigungen in Gestalt von wirtschaftlichen Einbußen drohten, z.B. aufgrund einer weniger starken Kundennachfrage als Folge der Pflicht zur Maskentragung, wurde weder vorgetragen noch ist derartiges ersichtlich.
Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit wäre jedenfalls voraussichtlich gerechtfertigt. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann die Berufsausübung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Sie kann im Wege der „Regelung“ beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen. Hier können in weitem Maße Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit zur Geltung kommen (vgl. BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – juris, Rn. 74 und 76; B.v. 10.6.2009 – 1 BvR 706/08 – juris, Rn. 165). Der Antragsgegner verfolgt den Schutz von hochrangigen, ihrerseits den Schutz der Verfassung genießenden Rechtsgütern. Die angegriffene Regelung dient der Abwehr von Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell großen Anzahl von Menschen. Sie bezweckt zugleich, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Deutschland durch eine Verlangsamung des Infektionsgeschehens sicherzustellen. Dabei folgt der Verordnungsgeber insgesamt dem nachvollziehbaren Grundsatz, dass ein Zusammentreffen in geschlossenen Räumen das Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske erfordert, während im Außenbereich grundsätzlich das Tragen von Masken nicht (mehr) erforderlich ist. Damit kommt er der ihn aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich treffenden Schutzpflicht nach. Die dadurch – wenn überhaupt – mittelbar entstehenden Umsatzeinbußen haben vor diesem Hintergrund zurückzutreten.
b) Ein verfassungswidriger Eingriff in das Recht der betroffenen Fahrschüler und Fahrlehrer auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) liegt voraussichtlich nicht vor.
Nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske aus § 2 Abs. 1 Satz 1 14. BayIfSMV in verfassungswidriger Weise in deren Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eingreifen könnte. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), dem unter den grundrechtlich verbürgten Freiheiten ein besonderes Gewicht zukommt, schützt die Gesundheit im biologisch-physiologischen Sinne und betrifft damit insbesondere den Schutz gegen die Herbeiführung von Krankheiten und Gebrechen. Es erfasst aber auch nichtkörperliche Einwirkungen, die das Befinden einer Person in einer Weise verändern, die der Zufügung von Schmerzen entspricht (vgl. BVerfG, B.v. 1.12.2020 – 2 BvR 916/11, 2 BvR 636/12 – BeckRS 202, 40592 Rn 220).
Für die Verursachung derartiger Folgen durch die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske ist nichts Hinreichendes erkennbar. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Verordnung etwaigen Gesundheitsgefahren durch die mit dem Tragen einer solchen Maske verbundenen Belastungen bereits durch die dort vorgesehenen Ausnahmen vorzubeugen sucht. So sieht § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 14. BayIfSMV Ausnahmen von der Pflicht zum Tragen einer Maske u.a. für Personen vor, denen die Verwendung wegen einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 26.1.2021 – 20 NE 21.171 – BeckRS 2021, 796 Rn. 24; B.v. 8.9.2020 – 20 NE 20.1999 – COVuR 2020, 718).
Ein von Antragstellerseite ungeachtet dessen geltend gemachter Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist auf Grundlage der hier nur möglichen summarischen Prüfung nicht feststellbar. Insofern kann vollumfänglich auf den Beschluss des Senats vom 22. Juni 2021 (Az. 25 NE 21.1709 – juris Rn. 46 ff.) verwiesen werden.
c) Auch der verbleibende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) der davon betroffenen Fahrschüler und -lehrer ist nach vorläufiger Einschätzung verhältnismäßig im engeren Sinne.
Den mit dem Tragen einer Maske verbundenen Beeinträchtigungen steht – wie ausgeführt – das mit der beanstandeten Regelung verfolgte Ziel gegenüber, einer durch eine schnelle Ausbreitung ansteckenderer Mutationen möglicherweise drohenden erneuten Beschleunigung des Infektionsgeschehens, einer Zunahme schwerer und auch tödlicher Krankheitsverläufe bei Menschen, die bislang noch nicht vollständig geimpft werden konnten, und letztlich einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken. Die Maskenpflicht leistet aus Sicht des Verordnungsgebers, dem hierbei eine Einschätzungsprärogative zukommt, einen unverzichtbaren Beitrag im Rahmen seines Gesamtkonzepts.
An der Angemessenheit der Maßnahme bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Das Maß, in dem die in Rede stehende Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Maske in Gebäuden und geschlossenen Räumen voraussichtlich zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beiträgt, steht zu dem Gewicht der sich für diese ergebenden Beeinträchtigungen in einem angemessenen, die Grundrechtseingriffe rechtfertigenden Verhältnis. Denn bei den Schutzmaßnahmen handelt es sich um ein Gesamtpaket, dessen Effizienz von der Funktionsfähigkeit aller Bestandteile abhängt. Die sich aus der angegriffenen Regelung ergebenden besonderen Belastungen werden zudem durch die bereits genannten Ausnahmen (vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 2 14. BayIfSMV) abgemildert. Durch die Befristung der Verordnung bis zum 29. Oktober 2021 (§ 20 14. BayIfSMV) wird der Verpflichtung des Antragsgegners, die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Schutzmaßnahme, insbesondere vor dem Hintergrund des Impffortschritts, der Infektionslage und der Erkenntnisse zur Ausbreitung und Morbidität der Varianten, fortlaufend zu überprüfen, derzeit hinreichend Rechnung getragen.
4. Schließlich vermag der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Antragsschrift keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) festzustellen.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, B.v. 7.2.2012 – 1 BvL 14/07 – BVerfGE 130, 240, 252 – juris Rn. 40; B.v. 15.7.1998 – 1 BvR 1554/89 u.a. – BVerfGE 98, 365, 385 – juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 18.7.2012 – 1 BvL 16/11 – BVerfGE 132, 179, 188 – juris Rn. 30; B.v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, 69 – juris Rn. 65; B.v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07 u.a. – BVerfGE 126, 400, 416 – juris Rn. 79).
Im Bereich des Infektionsschutzes – als besonderem Gefahrenabwehrrecht (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 32) – darf der Verordnungsgeber im Hinblick auf Massenerscheinungen, die sich (wie das gegenwärtige weltweite Infektionsgeschehen) auf eine Vielzahl von Lebensbereichen auswirken, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. In diesem Zusammenhang kommt daher neben der Entwicklung des Pandemiegeschehens dem Gesamtkonzept bzw. Maßnahmenbündel, mit dem der Verordnungsgeber dem Infektionsgeschehen begegnet, eine maßgebliche Bedeutung zu, wobei dem Normgeber nicht zuletzt im Falle komplexer und wissenschaftlich nicht abschließend geklärter Zusammenhänge (wie hier) ein weiter Einschätzungsspielraum zuzubilligen ist (OVG Saarl, B.v. 26.5.2021 – 2 B 136/21 – juris Rn. 15).
Dies zugrunde gelegt vermag der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes einen Verstoß der Verordnungsregelung gegen den Gleichheitssatz nicht festzustellen. Soweit die Verordnung innerhalb privater Räumlichkeiten (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 14. BayIfSMV) und für Gäste in der Gastronomie, solange sie am Tisch sitzen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 14. BayIfSMV), eine Ausnahme von der Maskenpflicht vorsieht, liegt ein nachvollziehbarer sachlicher Differenzierungsgrund darin, dass in diesen Situationen typischerweise der Kreis der Kontaktpersonen stabil bleibt. Während des praktischen Fahrschulunterrichts findet hingegen ein relativ häufiger Wechsel – in der Regel nach jeder Unterrichtsstunde (45 Minuten) ggf. -doppelstunde (90 Minuten) – von Fahrschülern statt. Damit setzt sich ein Fahrlehrer über den Tag verteilt typischerweise sehr vielen Infektionsgelegenheiten aus und stellt umgekehrt – für den Fall, dass er infiziert sein sollte – ebenfalls wiederholt ein Infektionsrisiko dar.
Gerade im Inneren eines Kraftfahrzeugs besteht zudem ein hohes Übertragungsrisiko, da die Luftmenge gering ist. Gleiches gilt für die Abstände zueinander. Aufgrund der engen räumlichen Verhältnisse dürfte keine wesentliche Verringerung der Infektionsgefahr dadurch eintreten, dass eine Ansprache nicht frontal, sondern von der Seite erfolgt. Eine Kommunikation zwischen Fahrschüler und Fahrlehrer ist auch während des praktischen Fahrschulunterrichts notwendig. So gehören Anleitung und Hinweise vor, während und nach der Durchführung der Fahraufgaben durch den Fahrlehrer zum praktischen Fahrschulunterricht (§ 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Fahrschüler-Ausbildungsordnung). Dass der Antragsteller stets die Fenster geöffnet haben will, erscheint in vielen Fahrsituationen, beispielsweise bei schnellerer Fahrt, bei schlechter Witterung oder bei Kälte kaum nachvollziehbar. Soweit der Antragsgegner den praktischen Fahrschulunterricht in gewisser Hinsicht als mit körpernahen Dienstleistungen vergleichbar einschätzt, bei welchen es ebenfalls nicht möglich ist, den nötigen Abstand von 1,5 m einzuhalten, überschreitet er damit nicht offensichtlich seinen Einschätzungsspielraum. Auf die Regelungen in anderen Bundesländern zu einer Lockerung der Maskenpflicht beim praktischen Fahrschulunterricht kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Da nach § 32 Satz 1 IfSG die Länder für den Erlass von Rechtsverordnungen zuständig sind, die Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten enthalten, bindet der Grundsatz der Gleichbehandlung jeden Träger öffentlicher Gewalt nur in dessen Zuständigkeitsbereich.
III. Eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung geht nach den eingangs dargestellten Maßstäben zulasten der Antragstellerpartei aus. Denn die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm wiegen deutlich schwerer als die Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs, die die von der Regelung Betroffenen hinzunehmen haben. Diesbezüglich gelten die bereits zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne angestellten Erwägungen entsprechend. Soweit der Antragsteller vorträgt, durch das Tragen der Masken im Fahrschulfahrzeug werde die Kommunikation und Ausbildung erheblich erschwert und gegebenenfalls die allgemeine Verkehrssicherheit beeinträchtigt, handelt es sich nicht um individuelle Nachteile des Antragstellers. Die Geltendmachung einer „dringenden Notwendigkeit“ aus anderen „wichtigen Gründen“ gemäß § 47 Abs. 6 VwGO dient ungeachtet des objektiven Charakters eines in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollverfahrens vor allem dem Individualrechtsschutz beziehungsweise einer Sicherstellung seiner Effektivität (Art. 19 Abs. 4 GG). Daher kann sich das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen nur aus einer negativen Betroffenheit eigener Interessen konkret des jeweiligen Antragstellers ergeben, hingegen nicht aus der Beeinträchtigung sonstiger Belange oder Interessen Dritter mit Blick auf deren mögliche Betroffenheit in ihren Grundrechten durch die Rechtsverordnung hergeleitet werden (vgl. OVG Saarl, B.v. 26.5.2021 – 2 B 136/21 – juris Rn. 6).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die von der Antragstellerpartei angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 29. Oktober 2021 außer Kraft tritt (§ 20 14. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 hier nicht angebracht erscheint.
V. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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