Medizinrecht

Popularklage gegen Regelungen zur Zwangsbehandlung im bayerischen Maßregelvollzug mangels Substantiierung unzulässig

Aktenzeichen  Vf. 12-VII-15

Datum:
12.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2017, 478
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayMRVG BayMRVG Art. 3 Abs. 1 S. 2, Art. 6, Art. 11 Abs. 2, Art. 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 S. 2, Art. 21, Art. 22 Abs. 2 Nr. 2, 26
BV BV Art. 55 Abs. 1 S. 2, Art. 100, Art. 101, Art. 102 Abs. 2, Art. 104, Art. 118 Abs. 1
StVG StVG § 109

 

Leitsatz

1. Zugunsten eines Antragstellers, der sich zur Begründung seiner Popularklage allein auf Normen des Grundgesetzes beruft, ist davon auszugehen, dass er damit auch die Verletzung inhaltlich übereinstimmender Grundrechte der Bayerischen Verfassung rügen will. (amtlicher Leitsatz)
2. Unzulässigkeit einer gegen Vorschriften des Bayerischen Maßregelvollzugsgesetzes gerichteten Popularklage, weil den Ausführungen des Antragstellers keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verletzung von Grundrechten der Bayerischen Verfassung zu entnehmen sind. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.
Gegenstand der Popularklage sind Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 6, 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 Satz 2, Art. 21, 22 Abs. 2 Nr. 2 und Art. 26 des Gesetzes über den Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie der einstweiligen Unterbringung (Bayerisches Maßregelvollzugsgesetz – BayMRVG) vom 17. Juli 2015 (GVBl S. 222, BayRS 312A). Die angegriffenen und die damit in Zusammenhang stehenden Normen lauten wie folgt:
Art. 2
Ziele und Grundsätze
(1) 1Ziel der Unterbringung ist, die Allgemeinheit vor der Begehung weiterer Straftaten zu schützen. 2Weitere Ziele sind bei der Unterbringung
1. gemäß § 63 des Strafgesetzbuchs (StGB), die untergebrachte Person zu heilen oder ihren Zustand soweit zu bessern, dass sie keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellt,
2. gemäß § 64 StGB, die untergebrachte Person von ihrem Hang zu heilen und die zugrunde liegende Fehlhaltung zu beheben.
(2) 1Die Unterbringung soll den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich angeglichen werden und die untergebrachte Person auf ein straffreies Leben vorbereiten. 2Die familiäre, soziale und berufliche Eingliederung soll gefördert werden.
(3) Bei allen Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes soll auf das Alter, das Geschlecht, die ethnische Herkunft, den Gesundheitszustand und die Lebensumstände der untergebrachten Person Rücksicht genommen werden.
(4) Die Maßregelvollzugseinrichtungen sollen mit Behörden, Gerichten, Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung sowie sonstigen Stellen und Personen zusammenarbeiten, soweit diese die Ziele der Unterbringung fördern können.
Art. 3
Stellung der untergebrachten Person
(1) 1Der untergebrachten Person ist Gelegenheit zu geben, an der Gestaltung ihrer Behandlung und der weiteren Maßnahmen, die der Verwirklichung der in Art. 2 genannten Ziele und Grundsätze dienen, mitzuwirken. 2Ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an der Gestaltung ist zu wecken und zu fördern.
Art. 4
Aufnahme
(1) 1Die untergebrachte Person ist bei der Aufnahme schriftlich über ihre Rechte und Pflichten während der Unterbringung zu unterrichten; sie hat den Erhalt schriftlich zu bestätigen. …
Art. 6
Behandlung psychischer Erkrankungen
(1) Die untergebrachte Person erhält die nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst zur Erreichung der Ziele der Unterbringung gebotene Behandlung ihrer psychischen Erkrankung.
(2) 1Behandlungsmaßnahmen, die in die körperliche Unversehrtheit eingreifen, bedürfen der schriftlichen Einwilligung der untergebrachten Person. 2Die Einwilligung muss auf der Grundlage einer ärztlichen Aufklärung der untergebrachten Person erfolgen und auf deren freien Willen beruhen.
(3) Ohne Einwilligung sind Behandlungsmaßnahmen im Sinn des Abs. 1 nur zulässig,
1. wenn die untergebrachte Person krankheitsbedingt zur Einsicht in die Schwere ihrer Krankheit und der Behandlungsbedürftigkeit oder zum Handeln gemäß dieser Einsicht nicht fähig ist,
2. soweit sie erforderlich sind
a) zur Erreichung der Entlassungsfähigkeit oder
b) bei einer konkreten Gefahr für das Leben oder einer konkreten schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person
3. und wenn
a) zuvor frühzeitig, ernsthaft und ohne Druck auszuüben versucht wurde, die Zustimmung der untergebrachten Person zu erhalten,
b) ärztlich über Art, Dauer, Erfolgsaussichten und Risiken der beabsichtigten Maßnahme aufgeklärt wurde,
c) die Maßnahme der untergebrachten Person unter Mitteilung, dass gegen deren Durchführung eine gerichtliche Entscheidung nach
§ 109 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) herbeigeführt werden kann, rechtzeitig, mindestens aber 48 Stunden vorher, angekündigt wurde,
d) die Maßnahmen geeignet sind, das Behandlungsziel zu erreichen,
e) mildere Mittel keinen Erfolg versprechen,
f) der zu erwartende Nutzen den möglichen Schaden einer Nichtbehandlung sowie die mit der Maßnahme verbundene Beeinträchtigung deutlich überwiegt,
g) Art und Dauer auf das zwingend erforderliche Maß beschränkt werden sowie
h) die Maßnahmen nicht mit einer erheblichen Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der untergebrachten Person verbunden sind.
(4) 1Willigt die untergebrachte Person in die Behandlung nicht ein, hat die Maßregelvollzugseinrichtung den Vorgang der nach §§ 110 und 138 Abs. 3 StVollzG zuständigen Strafvollstreckungskammer vorzulegen. 2Für das gerichtliche Verfahren gelten §§ 109 bis 121 StVollzG entsprechend, ohne dass es eines Antrags der untergebrachten Person bedarf. 3Die Maßnahme darf eine Behandlungsdauer von zwölf Wochen nicht über- schreiten. 4Für die Verlängerung der Anordnung gelten die Vorschriften für die erstmalige Anordnung entsprechend. 5Die Maßnahmen sind durch einen Arzt oder eine Ärztin durchzuführen, zu überwachen und in regel- mäßigen Abständen auf ihre Eignung, Notwendigkeit und Angemessenheit zu überprüfen. 6Eine wirksame Patientenverfügung der untergebrachten Person nach § 1901 a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist zu beachten.
(5) 1 Bei Maßnahmen nach Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b kann bei Gefahr in Verzug von den Vorgaben gemäß Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a bis c und Abs. 4 Satz 1 abgesehen werden. 2Die Aufklärung nach Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ist nachzuholen, sobald es der Gesundheitszustand der untergebrachten Person zulässt. 3Die Vorlage nach Abs. 4 Satz 1 ist unverzüglich nachzuholen.
(6) 1Ohne Einwilligung sind Behandlungsmaßnahmen bei Gefahr in Verzug für das Leben oder die Gesundheit einer anderen Person unter den Voraussetzungen des Abs. 3 Nr. 3 Buchst. d, e, g und h zulässig. 2Abs. 4 Satz 5 gilt entsprechend.
Art. 7
Behandlung anderer Erkrankungen
(1) Die untergebrachte Person hat Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen, medizinische Vorsorgeleistungen, Krankenbehandlung und Versorgung mit Hilfsmitteln nach Maßgabe der Art. 59 bis 61, 63 und 64 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG).
(2) Kann die erforderliche Behandlungsmaßnahme in der Maßregelvollzugseinrichtung nicht durchgeführt werden, ist die untergebrachte Person in eine andere Maßregelvollzugseinrichtung, in ein geeignetes Krankenhaus oder zu einem ambulanten Leistungserbringer außerhalb des Maßregelvollzugs zu verbringen.
(3) 1Für Behandlungsmaßnahmen nicht psychischer Erkrankungen gelten Art. 6 Abs. 2, 3 Nr. 3 und Abs. 4 Satz 5 mit der Maßgabe, dass sie
1. durch einen Arzt oder eine Ärztin anzuordnen sowie
2. ohne Einwilligung nur zur Abwehr einer konkreten Gefahr für das Leben oder konkreten schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person oder einer anderen Person zulässig sind. 2Unbeschadet bleibt das Recht der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt oder eine Ärztin nicht rechtzeitig erreichbar und mit dem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. 3Eine wirksame Patientenverfügung der untergebrachten Person nach § 1901 a Abs. 1 BGB ist zu beachten.
(4) 1Auf Anordnung eines Arztes oder einer Ärztin sind ohne Einwilligung der untergebrachten Person körperliche Untersuchungen und Maßnah- men, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind, Entnahmen von Haarproben, Blutentnahmen, Röntgenuntersuchungen ohne Kon- trastmittelabgabe sowie die Gewinnung einer Urinprobe zulässig. 2Voraussetzung dafür ist, dass die Untersuchung oder Maßnahme der Kontrolle und Überwachung von Behandlungsmaßnahmen, dem Gesundheitsschutz oder der Hygiene dienen.
Art. 11
Freizeitgestaltung
(2) Der untergebrachten Person ist täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien zu ermöglichen.
Art. 15
Hausordnung
(1) 1Die Maßregelvollzugseinrichtungen erlassen im Benehmen mit dem Bezirk oder von diesem mit dem Vollzug der Unterbringung betrauten Unternehmen (Träger) eine Hausordnung, die die Rechte und Pflichten der untergebrachten Personen näher regelt. 2Die Hausordnung ist den untergebrachten Personen in geeigneter Weise bekannt zu geben; Art. 4 Abs. 1 Satz 1 bleibt unberührt.
Art. 16
Vollzugslockerungen (1) 1Der Vollzug der Unterbringung ist zu lockern, sobald
1. zu erwarten ist, dass dadurch die Behandlung und die soziale Wiedereingliederung gefördert werden, und
2. nach allen aus der bisherigen Behandlung gewonnenen Erkenntnissen davon auszugehen ist, dass die untergebrachte Person die ihr eingeräumten Vollzugslockerungen nicht missbrauchen wird.
Bei der Entscheidung über die Gewährung von Vollzugslockerungen wird insbesondere auch berücksichtigt, ob eine Entlassung der untergebrachten Person absehbar ist.
(2) Vollzugslockerungen sind
1. das Verlassen der Maßregelvollzugseinrichtung oder des gesicherten Bereichs der Maßregelvollzugseinrichtung für eine bestimmte Tageszeit in Begleitung von Beschäftigten (begleiteter Ausgang) oder ohne Aufsicht (unbegleiteter Ausgang),
2. die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Maßregelvollzugseinrichtung unter Aufsicht von Beschäftigten der Einrichtung (begleitete Außenbeschäftigung) oder ohne deren Aufsicht (unbegleitete Außenbeschäftigung).
Art. 21
Ausführung und Vorführung
(1) ”Ausführungen können aus wichtigen Gründen zugelassen werden, obwohl die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 nicht erfüllt sind. 2Die Maßregelvollzugseinrichtung trifft die erforderlichen Sicherungsvorkehrungen.
(2) 1Auf Ersuchen eines Gerichts ermöglicht die Maßregelvollzugseinrichtung die Vorführung der untergebrachten Person. 2Die Maßregelvollzugseinrichtung unterrichtet das Gericht über das Veranlasste.
(3) 1Die Kosten von Ausführungen und Vorführungen, die auf Wunsch der untergebrachten Person oder überwiegend in ihrem Interesse durchgeführt werden, trägt die untergebrachte Person. 2Dies gilt auch, soweit der untergebrachten Person hinsichtlich der Kosten von Ausführungen und Vorführungen ein Erstattungsanspruch zusteht. 3Von der Geltendmachung der Kosten gegenüber der untergebrachten Person kann abgesehen werden, wenn dies die Behandlung oder die Eingliederung behindern würde.
Art. 22
Disziplinarmaßnahmen
(1) Verstößt die untergebrachte Person schuldhaft gegen eine Pflicht, die ihr durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt wurde, können gegen sie Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden.
(2) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind
2. unter Wahrung der Regelung in Art. 11 Abs. 2 der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
Art. 25
Besondere Sicherungsmaßnahmen
(1) Gegen eine untergebrachte Person können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres Gesundheitszustands in erhöhtem Maße Fluchtgefahr, die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr einer Selbsttötung oder Selbstverletzung besteht.
(2) Zulässige besondere Sicherungsmaßnahmen sind
1. die ständige Beobachtung, auch mit technischen Mitteln,
2. die Verabreichung notwendiger Medikamente; Art. 6 und 7 bleiben unberührt,
3. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
4. die nächtliche Nachschau,
5. die Trennung von anderen untergebrachten Personen,
6. der Entzug oder die Beschränkung des gemeinschaftlichen Aufenthalts im Freien,
7. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände,
8. die Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch unmittelbaren Zwang.
(3) Maßnahmen nach Abs. 2 Nrn. 3 bis 8 sind auch zulässig, wenn die Ge- fahr eines Ausbruchs, einer Befreiung oder einer erheblichen Störung des geordneten Zusammenlebens in der Maßregelvollzugseinrichtung nicht anders abgewendet werden kann.
Art. 26
Fixierungen
(1) 1Die untergebrachte Person darf mechanisch fixiert werden, wenn und solange die gegenwärtige Gefahr besteht, dass sie gegen Personen gewalttätig wird oder sich selbst verletzt oder tötet. 2Sie ist auf gefährliche Gegenstände zu durchsuchen und ständig durch einen Beschäftigten zu betreuen und zu überwachen.
(2) Eine Fixierung darf nur befristet angeordnet werden, längstens für 24 Stunden.
(3) 1Eine Fixierung ist der untergebrachten Person durch die Maßregelvollzugseinrichtung anzukündigen. 2Willigt die untergebrachte Person in die Fixierung nicht ein, legt die Maßregelvollzugseinrichtung den Vorgang der nach §§ 110, 138 Abs. 3 StVollzG zuständigen Strafvollstreckungskammer zur gerichtlichen Entscheidung vor. 3Wenn mit dem Aufschub der Maßnahme Gefahr verbunden ist, kann die Fixierung durchgeführt werden, bevor die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ergangen ist. 4Hat sich die Fixierung vor der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer erledigt, gilt § 115 Abs. 3 StVollzG.
II.
Der Antragsteller macht geltend, er sei als Untergebrachter im Maßregelvollzug von den Bestimmungen des Bayerischen Maßregelvollzugsgesetzes persönlich betroffen.
1. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG, wonach die Bereitschaft der Patienten zur Mitwirkung an der Gestaltung ihrer Behandlung zu wecken und zu fördern sei, schränke seine Rechte nach Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 GG ein. Sollte es beispielsweise ein Therapeut nicht schaffen, einen Behandlungsplan aufzustellen, den der Antragsteller überzeugend finde, dürfe der Therapeut nach dieser Vorschrift die Gestaltung des Behandlungsplans auf ihn abwälzen. Falls ein Therapeut auf die Frage nach den Erfolgsaussichten des von ihm gewählten Behandlungsansatzes keine Auskunft geben könne, verlange der Glaube des Antragstellers an die Zweckmäßigkeit empirischer Wissenschaft, diesen als Scharlatan einzustufen. Statt gesetzlich die Mitwirkung der Gefangenen zu fordern, wäre es zweckmäßiger, in Art. 6 Abs. 1 BayMRVG statt der Behandlung nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst die Behandlung nach dem Stand der Wissenschaft zu fordern. Die unglückliche Formulierung könne nicht durch die Bereitschaft zur Mitwirkung in Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG berichtigt werden.
2. Art. 6 BayMRVG sei um die Pflicht zu ergänzen, Zwangsbehandlungen immer gerichtlich prüfen zu lassen. Zwangsbehandlungen seien nach Art. 6 Abs. 6 BayMRVG bei Gefahr in Verzug, nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayMRVG zur Abwehr einer konkreten Gefahr und nach Art. 25 Abs. 1 und 3 BayMRVG bei Fluchtgefahr, der Gefahr von Gewalttätigkeiten oder der Gefahr einer Selbsttötung oder Selbstverletzung jeweils ohne gerichtliche Prüfung des behaupteten Grundes und der Notwendigkeit der Zwangsbehandlung erlaubt. Die fehlende Pflicht zur gerichtlichen Überprüfung sei umso unverständlicher, weil dasselbe Gesetz eine entsprechende Verpflichtung bei Zwangsbehandlungen ohne Gefahr in Verzug vorschreibe. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 1, 2 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1 und 3, Art. 101 Abs. 1 und Art. 104 Abs. 2 GG dar. Art. 6 Abs. 6 Satz 2 BayMRVG sehe einen Arzt als Richter vor; Art. 7 BayMRVG fordere keine Prüfung. Im Bayerischen Maßregelvollzugsgesetz sei nicht geregelt, wer Behandlungsmaßnahmen ohne Einwilligung nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayMRVG anordnen und durchführen dürfe. Das Bayerische Maßregelvollzugsgesetz erlaube Zwangsbehandlungen ohne richterliche Überprüfung bereits, wenn der Arzt, der die Zwangsbehandlung vornehme, außer der Notwendigkeit zur Zwangsbehandlung auch Gefahr in Verzug diagnostiziere. Damit verstoße es gegen Art. 104 GG.
3. Die Regelungen zur Hausordnung in Art. 15 Abs. 1 BayMRVG blieben hinter Art. 184 BayStVollzG zurück. Hieraus ergebe sich eine Ungleichbehandlung der Personen, die in einer Maßregelvollzugseinrichtung untergebracht seien, gegenüber den Gefangenen in einer Strafvollzugsanstalt.
Im Bezirkskrankenhaus Bayreuth sei anscheinend eine Aushändigung von Stations- und Hausordnung nicht vorgesehen, falls sich ein Gefangener weigere, ein persönliches Gespräch zu ertragen. Die Vermeidung des Wortes „Hausordnung“ in Art. 4 BayMRVG sei problematisch. Wie das Personal diese Regelung auslege, wäre jedoch weitgehend unkritisch, wenn nach Art. 15 BayMRVG ebenso wie nach Art. 184 BayStVollzG die Hausordnung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfte und geregelt wäre, wie die Hausordnung bekannt zu machen sei.
Art. 184 Abs. 1 Satz 2 BayStVollzG fordere die Zustimmung der Aufsichtsbehörde zur Hausordnung, was die Hoffnung zulasse, dass jemand außerhalb der Institution einen kritischen Blick darauf werfe. In der Station FP-4 hingen lose Blätter aus, von denen eines mit „Vorläufige Hausordnung der Klinik für Forensische Psychiatrie beim Bezirkskrankenhaus Bayreuth“ beschriftet sei, wonach beispielsweise kein Anspruch auf Ausstattung der Zimmer mit eigenen Kleinmöbeln bestehe. Es sei fraglich, ob das eine Aufsichtsbehörde genehmigt hätte.
4. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG, wonach bei der Entscheidung über die Gewährung von Vollzugslockerungen insbesondere auch berücksichtigt werde, ob eine Entlassung der untergebrachten Person absehbar sei, sei unklar. Falls Lockerungen für Gefangene ohne Entlassungsaussichten wahrscheinlicher sein sollten, verstoße diese Regelung gegen Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayMRVG; wichtigstes Unterbringungsziel sei danach, die Allgemeinheit vor der Begehung weiterer Straftaten zu schützen. Falls Lockerungen für Gefangene mit guten Entlassungsaussichten wahrscheinlicher sein sollten, verstoße die Norm gegen Art. 2 und 3 GG. Die Freiheit dürfe nur so weit eingeschränkt werden, wie es der Unterbringungszweck erfordere. Die Einschränkung könne also nicht von der geplanten Dauer der Freiheitsentziehung abhängen, sondern nur von der Gefährlichkeit für die Allgemeinheit. Eine solche Gefährlichkeit müsse verneint werden, wenn ein Gefangener beispielsweise keine Symptome zeige, aber nicht entlassen werde, weil man befürchte, dass er seine Psychopharmaka nicht zuverlässig einnehme. Es stelle sich die Frage, warum ein solcher Gefangener keine Lockerungen bekomme.
5. Art. 21 Abs. 3 BayMRVG wälze die Kosten für Ausführungen – auch zu Fachärzten – auf die Untergebrachten ab. Art. 7 BayMRVG regle zwar einen Anspruch auf Behandlung anderer als psychischer Erkrankungen, aber keine Kostenübernahme. Für Gefangene der Justizvollzugsanstalt Bayreuth sei die Zahnbehandlung innerhalb der Anstalt möglich. Deshalb verstoße Art. 21 BayMRVG gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
6. Art. 22 Abs. 2 Nr. 2 BayMRVG, wonach der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien eine zulässige Disziplinarmaßnahme sei, stehe in Konflikt mit Art. 11 Abs. 2 desselben Gesetzes. Unklar sei, wie der Aufenthalt im Freien entzogen und dennoch mindestens eine Stunde gewährt werden könne. Wegen der fehlenden Eindeutigkeit sei ein Verstoß gegen Art. 2 GG möglich.
7. Fixierungen seien nach Art. 26 BayMRVG ohne gerichtliche Prüfung möglich. Es dürfe jedoch niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Die Pflicht zur gerichtlichen Prüfung sei für Fälle ohne Gefahr in Verzug ohnehin vorgeschrieben. Auch eine nachträgliche Prüfung sei sinnvoll. Dabei sollte die Beweislast beim Gewaltanwender liegen. Man brauche nicht zu hoffen, dass alle Gefangenen des Maßregelvollzugs in der Lage seien, sich gegen Willkürmaßnahmen zu wehren. Werde ein Gefangener über Nacht gefesselt, könne offenbar kein Gericht sofort entscheiden. Sei die Maßnahme am Folgetag beendet, müsse der (psychisch kranke) Gefangene gemäß Art. 26 Abs. 3 Satz 4 BayMRVG i. V. m. § 115 StVollzG auch noch beweisen, dass er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Fesselung habe. Der Gefangene habe vor allem ein berechtigtes Interesse, nicht gefesselt zu werden. Jede überzogene Maßnahme stelle einen Verstoß gegen Art. 2 GG dar, weshalb zum Schutz der Insassen in Maßregelvollzugseinrichtungen auf richterliche Überprüfung (Art. 101 Abs. 1, Art. 104 Abs. 1 und 2 GG) nicht verzichtet werden könne.
III.
1. Der Bayerische Landtag erachtet die Popularklage teilweise für unzulässig, jedenfalls für unbegründet. Es fehle an der nötigen Substanziierung. Zusammenfassend werde auf die Ausführungen der Bayerischen Staatsregierung verwiesen.
2. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage teilweise für unzulässig und insgesamt für unbegründet.
a) Der Antragsteller lege nicht dar, inwiefern Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG die Rechte nach Art. 107 Abs. 1 und 2 BV (Art. 4 Abs. 1 GG) und Art. 110 Abs. 1 BV (Art. 5 Abs. 1 GG) einschränke. Er nenne lediglich die Normen des Grundgesetzes ohne Ausführungen dazu, wodurch sich untergebrachte Personen im Hinblick auf die Förderung und Erweckung der Bereitschaft zur Mitwirkung in der Behandlungsgestaltung in ihrer Glaubens-, Gewissens- oder Bekenntnisfreiheit oder dem Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt sehen könnten. Die Religionsfreiheit sei nicht betroffen.
Der Schutzbereich der Meinungsfreiheit sei zwar eröffnet, Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG stelle jedoch keinen Eingriff dar. Untergebrachte Personen könnten sich danach an der Gestaltung der Behandlung beteiligen. Es werde weder eine Pflicht zur Mitwirkung begründet noch würden an eine Nichtmitwirkung Sanktionen geknüpft. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG biete gerade die Möglichkeit, die Meinung zu äußern.
b) Im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6, Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Art. 25 Abs. 1 und 3 BayMRVG führe der Antragsteller lediglich aus, inwiefern diese Vorschriften den Richtervorbehalt aus Art. 3 Abs. 1 BV i. V. m. Art. 104 Abs. 2 GG möglicherweise verletzen könnten. Zu den verbleibenden gerügten Grundrechten lasse der Antragsteller Ausführungen vermissen. Jedenfalls liege kein Verstoß vor.
Nach Art. 6 Abs. 6 BayMRVG sei eine Behandlung ohne Einwilligung nur gerechtfertigt bei Gefahr in Verzug für das Leben oder die Gesundheit einer anderen Person. Die Vorschrift diene dem Ausgleich widerstreitender Interessen der untergebrachten Person und Dritter. Art. 6 Abs. 6 BayMRVG stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 23.3.2011 BVerfGE 128, 282/303 f.). Es gehe dabei um akute Notfälle, bei denen von einem unmittelbaren Schadenseintritt auszugehen sei, wenn nicht sofort die Leitung der Maßregelvollzugseinrichtung (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayMRVG) oder bei Gefahr in Verzug andere Beschäftigte mit Zustimmung eines Arztes oder einer Ärztin (Art. 49 Abs. 3 Satz 2 BayMRVG) anstelle des zuständigen Gerichts handelten. In einem solchen Fall könne von einem Richtervorbehalt ausnahmsweise abgesehen werden; für alle anderen Fälle, in denen Behandlungen ohne Einwilligung der untergebrachten Person durchgeführt würden, sei dieser Vorbehalt in Art. 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BayMRVG geregelt.
Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayMRVG sei verfassungsgemäß. Danach sei eine Behandlungsmaßnahme nicht psychischer Erkrankungen ohne Einwilligung der untergebrachten Personen nur zur Abwehr einer konkreten Gefahr für das Leben oder einer konkreten schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person oder einer anderen Person zulässig.
Das in Art. 6 Abs. 6 und Art. 7 Abs. 3 BayMRVG geregelte Verfahren sei verfassungsgemäß. Verfahrensrechtlich fordere das Bundesverfassungsgericht, dass bei planmäßigen Behandlungen, die trotz des Fehlschlags der gebotenen aufklärenden Zustimmungswerbung durchgeführt werden sollten, eine Ankündigung gegenüber dem Betroffenen geboten sei, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, rechtzeitig Rechtsschutz zu suchen. Ausnahmen kämen lediglich in akuten Notfällen in Betracht, in denen es ausreiche, wenn die Unterbringungseinrichtung über Zwangsmaßnahmen entscheide. Art. 6 Abs. 6 BayMRVG umfasse nur Fälle, bei welchen Gefahr in Verzug gegeben sei. Mithin regle er keine planmäßigen Behandlungen, sondern als Notfall zu qualifizierende Situationen, bei welchen eine Ausnahmeregelung zulässig sei. Im Gegensatz dazu sei bei Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayMRVG von einer plangemäßen Behandlung auszugehen. Das Bayerische Maßregelvollzugsgesetz erfülle insoweit die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, als es nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c BayMRVG anordne, dass die Maßnahme der untergebrachten Person unter Mitteilung, dass gegen deren Durchführung eine gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG herbeigeführt werden könne, rechtzeitig, mindestens aber 48 Stunden vorher angekündigt werden müsse.
Art. 6 Abs. 6 und Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayMRVG seien mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar. Als Vergleichsgruppe kämen nur Gefangene im bayerischen Strafvollzug in Betracht. Untergebrachte Personen seien wie auch Strafgefangene u. a. mit dem Ziel untergebracht, die Allgemeinheit vor der Begehung von weiteren Straftaten zu schützen. Art. 6 Abs. 6 und Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayMRVG sowie Art. 108 BayStVollzG stimmten weitgehend überein und stellten keine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem dar.
Art. 25 Abs. 1 und 3 BayMRVG beträfen besondere Sicherungsmaßnahmen. Anders als bei Zwangsmaßnahmen gehe es hierbei nicht um eine Behandlung der untergebrachten Person. Die Anwendung von Sicherungsmaßnahmen sei für Situationen vorgesehen, die durch die Behandlung der untergebrachten Person und ihre Unterbringung in einer Maßregelvollzugseinrichtung allein nicht zu beherrschen seien. Art. 25 BayMRVG sei hinreichend konkret und bestimmt gefasst. Art. 25 Abs. 2 Nr. 2 BayMRVG erlaube die Verabreichung notwendiger Medikamente nur unter den Voraussetzungen der Art. 6 und 7 BayMRVG. Art. 25 Abs. 1 und 3 BayMRVG verstießen auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Die Regelung entspreche weitestgehend Art. 96 BayStVollzG.
c) Soweit sich der Antragsteller auf die konkrete Hausordnung im Bezirkskrankenhaus Bayreuth und deren Bekanntmachung beziehe, sei der Antrag unzulässig; die Hausordnung sei kein tauglicher Prüfungsgegenstand.
Eine Hausordnung werde nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayMRVG nicht allein von der Maßregelvollzugseinrichtung erlassen, sondern im Benehmen mit dem Bezirk oder von diesem mit dem Vollzug betrauten Unternehmen. Somit sei auch hier ein objektiver Dritter in den Erlass der Hausordnung eingebunden, wie in Art. 184 Abs. 1 Satz 2 BayStVollzG die Aufsichtsbehörde. Im Rahmen der Fachaufsicht könne ebenfalls anlassbezogen eine Überprüfung der Hausordnungen erfolgen. Damit sei der verfassungsgemäße Schutz der Untergebrachten ausreichend gewährleistet. Auch die Regelungen zur Bekanntgabe der Hausordnung führten zu keiner Ungleichbehandlung. Sinn und Zweck einer Bekanntmachung sei es, dass die Betroffenen in verlässlicher und zumutbarer Weise von dem Inhalt Kenntnis erlangten. Es stehe dem Gesetzgeber frei, die Art der Bekanntgabe zu regeln, so lange das Ziel der Kenntnisnahme erreicht werde. Dies könne sowohl durch eine Aushändigung erfolgen (Art. 184 Abs. 3 BayStVollzG) als auch auf sonstige geeignete Weise (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG), wie z. B. durch einen Aushang.
d) Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG verstoße weder gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) noch gegen ein materielles Freiheitsrecht (Art. 101 i. V. m. Art. 100 und 102 BV). Die Voraussetzungen, wann eine Vollzugslockerung zu gewähren sei, seien in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMRVG verankert und nicht in Satz 2. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG bestimme keinen erweiterten Maßstab für Vollzugslockerungen, sondern fordere die Leitung der Maßregelvollzugseinrichtung lediglich auf, bei ihrer Entscheidung insbesondere die Erfolgsaussichten einer Entlassung zu berücksichtigen. Dies betreffe Fälle, in denen eine Entlassung der untergebrachten Person aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (§ 67 d Abs. 3 und 4 StGB) absehbar sei. Hier könne die Notwendigkeit bestehen, die untergebrachte Person durch Lockerungen auf das Leben außerhalb der Maßregelvollzugseinrichtung vorzubereiten.
e) Soweit sich der Antragsteller auf die Ausführung zu einer zahnmedizinischen Behandlung beziehe, liege ein untauglicher Prüfungsgegenstand vor.
Art. 21 Abs. 3 Satz 2 BayMRVG verstoße nicht gegen Art. 118 Abs. 1 BV. Der Antragsteller, der in einer Einrichtung des Maßregelvollzugs untergebrachte Personen mit Strafgefangenen in einer bayerischen Justizvollzugsanstalt vergleiche, verkenne, dass Art. 21 Abs. 3 BayMRVG nur eine eventuelle Kostenübernahme von Ausführungen betreffe, die keine Behandlungen nach Art. 7 Abs. 2 BayMRVG seien. Die Behandlung von anderen als psychischen Krankheiten richte sich nach Art. 7 BayMRVG, dabei seien zur Behandlung auch Ausführungen möglich. Die Kostentragung sei in diesem Fall durch Art. 7 Abs. 1 BayMRVG i. V. m. Art. 63 BayStVollzG geregelt. Ebenso wenig benachteilige die Kostentragungspflicht für nichtmedizinische Ausführungen untergebrachte Personen im Vergleich zu Strafgefangenen, denn auch Art. 37 Abs. 3 Satz 2 BayStVollzG lege die Kosten auf die Betroffenen um.
f) Der Antragsteller lege unzureichend dar, inwiefern Art. 22 Abs. 2 Nr. 2 BayMRVG das Recht aus Art. 2 GG bzw. der entsprechenden Norm der Bayerischen Verfassung verletzen sollte.
Im Übrigen liege kein Verstoß gegen Art. 101 i. V. m. Art. 100 und 102 BV vor. Art. 22 BayMRVG erfülle die rechtlichen Anforderungen einer Ermächtigungsgrundlage und sei deshalb mit Art. 3 Abs. 1 BV vereinbar. Art. 22 Abs. 2 Nr. 2 BayMRVG bestimme konkret und präzise, dass der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien nur unter Maßgabe des Art. 11 Abs. 2 BayMRVG erfolgen dürfe. Danach müsse der untergebrachten Person täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht werden. Dies entspreche auch Art. 66 BayStVollzG.
g) Bei der vom Antragsteller beschriebenen Praxis einer Fixierung zur Nachtzeit handle es sich um eine Maßnahme, die nicht mit einer Popularklage angegriffen werden könne.
Art. 26 BayMRVG verstoße weder gegen Art. 86 Abs. 1 noch gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV. In Art. 26 Abs. 3 Satz 2 BayMRVG sei ein Richtervorbehalt normiert. Nach Art. 26 Abs. 3 Satz 3 BayMRVG könne nur dann von einer gerichtlichen Entscheidung vor Durchführung einer Fixierung abgesehen werden, wenn mit dem Aufschub der Maßnahme Gefahr verbunden sei. Art. 26 Abs. 3 Satz 4 BayMRVG stelle zudem sicher, dass auch nach Erledigung der Maßnahme die Strafvollstreckungskammer noch entscheide, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse ein berechtigtes Interesse angenommen werden, wenn ein tiefgreifender Grundrechtseingriff in Betracht komme. Darunter fielen vornehmlich solche Eingriffe, die schon das Grundgesetz unter den Richtervorbehalt stelle, wie die Freiheitsentziehung. Dem Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz sei damit Genüge getan.
IV.
Die Popularklage ist unzulässig.
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts; dazu zählen auch die angegriffenen Regelungen des Bayerischen Maßregelvollzugsgesetzes.
2. Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört gemäß Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller substanziiert darlegen muss, inwiefern die angegriffene Rechtsvorschrift nach seiner Meinung in Widerspruch zu einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung steht (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.8.2008 VerfGHE 61, 205/209 f.; vom 4.5.2012 VerfGHE 65, 73/81 f.). Auf Normen des Grundgesetzes kann die Popularklage nicht gestützt werden. Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren ist nur die Bayerische Verfassung (VerfGH vom 12.1.2005 VerfGHE 58, 1/14; vom 19.6.2009 VerfGHE 62, 113/117).
Zwar beruft sich der Antragsteller zur Begründung seiner Popularklage allein auf Verstöße gegen Normen des Grundgesetzes. Zu seinen Gunsten ist jedoch davon auszugehen, dass er damit auch die Verletzung inhaltlich übereinstimmender Grundrechte der Bayerischen Verfassung rügen will, nicht aber eine – außerhalb der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs liegende – Prüfung am Maßstab des Bundesverfassungsrechts begehrt (vgl. zu entsprechenden Rügen bei Verfassungsbeschwerden VerfGH vom 17.1.1969 – Vf. 74-VI-68 – amtl. Umdruck S. 6; vom 28.4.1972 – Vf. 64-VI-71 – amtl. Umdruck S. 8).
3. Die Popularklage ist unzulässig, weil den Ausführungen des Antragstellers keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verletzung von Grundrechten der Bayerischen Verfassung zu entnehmen sind.
Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn ein Antragsteller lediglich behauptet, dass die angegriffene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Der Verfassungsgerichtshof muss anhand von substanziiert bezeichneten Tatsachen und Vorgängen beurteilen können, ob der Schutzbereich der Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 61, 205/209; 65, 73/81; VerfGH vom 21.3.2016 – Vf. 21-VII-15 – juris Rn. 25). Greift der Antragsteller mehrere Rechtsvorschriften an, so muss dies grundsätzlich für jede von ihnen ersichtlich sein (VerfGH vom 4.3.2009 VerfGHE 62, 30/35).
Diesen Anforderungen genügt die Popularklage nicht.
a) Ihr sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, inwiefern Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG den Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 107 Abs. 1 BV) sowie der Meinungsfreiheit (Art. 110 Abs. 1 BV) berühren könnte. In der angegriffenen Vorschrift wird geregelt, dass die Bereitschaft der untergebrachten Person zur Mitwirkung an der Gestaltung ihrer Behandlung und der weiteren Maßnahmen im Rahmen der Unterbringung zu wecken und zu fördern ist. Dies trägt der Überlegung Rechnung, dass gerade die soziale Rehabilitation eines Menschen ohne seine Bereitschaft zur Mitarbeit kaum erfolgversprechend durchgeführt werden kann. Die untergebrachte Person ist jedoch nicht verpflichtet, aktiv an ihrer Behandlung mitzuwirken, da eine entsprechende Pflicht mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kollidieren würde (LT-Drs. 17/4944 S. 29). Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG ermöglicht es der untergebrachten Person, ihre Sichtweise einzubringen, und dient damit der Berücksichtigung ihrer Belange. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit wird so auf einfachgesetzlicher Ebene umgesetzt und nicht etwa verletzt. Ein möglicher Verstoß gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist ebenfalls schon ansatzweise nicht erkennbar.
b) Soweit der Antragsteller rügt, Art. 6 BayMRVG sei um die Pflicht zu ergänzen, Zwangsbehandlungen immer gerichtlich überprüfen zu lassen, ist sein Vorbringen auszulegen, um festzustellen, was der eigentliche Gegenstand seiner Popularklage ist (vgl. VerfGH vom 21.4.1993 VerfGHE 46, 104/108; vom 13.5.2009 VerfGHE 62, 61/65; vom 11.11.2015 – Vf. 2-VII-15 – juris Rn. 36).
Art. 6 BayMRVG betrifft die Behandlung psychischer Erkrankungen; er enthält u. a. Regelungen dazu, inwieweit die Maßregelvollzugseinrichtung im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung eine gerichtliche Prüfung von Behandlungsmaßnahmen, in die die untergebrachte Person nicht einwilligt, zu veranlassen hat. Dabei ist vor allem von Bedeutung, ob die Behandlungsmaßnahme wegen Gefahr in Verzug für das Leben oder die Gesundheit der untergebrachten oder einer anderen Person erforderlich ist. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist gemäß Art. 6 Abs. 4 BayMRVG eine vorherige Überprüfung durch die zuständige Strafvollstreckungskammer zu veranlassen. Hiervon kann dagegen bei Gefahr in Verzug für das Leben oder die Gesundheit der untergebrachten Person abgesehen werden; dann ist die Vorlage an die Strafvollstreckungskammer jedoch unverzüglich nachzuholen (Art. 6 Abs. 5 BayMRVG). Betrifft die – vom Untergebrachten ausgehende – Gefahr in Verzug nicht diesen selbst, sondern das Leben oder die Gesundheit einer anderen Person, ist eine Vorlage von Amts wegen an die Strafvollstreckungskammer weder vorab noch nachträglich vorgesehen (Art. 6 Abs. 6 BayMRVG). Dann greifen allerdings § 138 Abs. 3 i. V. m. §§ 109 ff. StVollzG, die das gerichtliche Verfahren für den Straf- und Maßregelvollzug bundesrechtlich normieren. Nach § 109 StVollzG kann gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Vollzugs freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Eine Überprüfung findet daher in diesem Fall (nur) auf Antrag der untergebrachten Person statt.
aa) Im Zusammenhang mit seiner auf Art. 6 BayMRVG bezogenen Rüge erwähnt der Antragsteller auch Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayMRVG zur Behandlung anderer als psychischer Erkrankungen sowie Art. 25 Abs. 1 und 3 BayMRVG zur Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen. Diese Bestimmungen werden vom Antragsteller zwar zur Begründung herangezogen, aber nicht selbst angegriffen. Nach seinem Vorbringen will er im Hinblick auf Art. 6 BayMRVG erreichen, dass Zwangsbehandlungen immer gerichtlich zu prüfen sind. Seinen Darlegungen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass und gegebenenfalls inwieweit er eine Streichung oder Ergänzung der Art. 7 und 25 BayMRVG verfassungsrechtlich für geboten hält. Diese Normen sind somit nicht Gegenstand der Popularklage.
bb) Das Vorbringen des Antragstellers könnte auf eine Streichung der Ausnahmeregelung in Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayMRVG zielen, wonach bei Gefahr in Verzug für das Leben oder die Gesundheit der untergebrachten Person von der vorherigen Vorlage zur Prüfung durch die Strafvollstreckungskammer abgesehen werden kann. Dagegen spricht jedoch, dass er diese Norm nicht explizit erwähnt und auch ihren Inhalt nicht näher thematisiert. Es ist daher nicht erkennbar, dass sich die Popularklage gegen Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayMRVG richten würde.
cc) Dagegen erwähnt der Antragsteller ausdrücklich Art. 6 Abs. 6 BayMRVG, wonach Behandlungsmaßnahmen ohne Einwilligung bei Gefahr in Verzug für das Leben oder die Gesundheit einer anderen als der untergebrachten Person unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind. Es ist nicht ersichtlich, dass das Vorbringen des Antragstellers auf eine Streichung dieser Norm zielen würde. Möglicherweise will er aber beanstanden, dass insoweit keine Verpflichtung der Maßregelvollzugseinrichtung zur Vorlage an die Strafvollstreckungskammer besteht; eine Prüfung der jeweiligen Behandlungsmaßnahme von Amts wegen ist weder vorab noch nachträglich vorgesehen. Damit würde sich der Antragsteller gegen ein gesetzgeberisches Unterlassen wenden.
Auch ein Unterlassen des Normgebers kann Gegenstand einer Popularklage sein. Hierzu muss aber in substanziierter Weise dargelegt werden, dass der Normgeber aufgrund eines bindenden Verfassungsauftrags oder einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung zum Erlass einer bestimmten Regelung verpflichtet ist (VerfGHE 62, 61/66; VerfGH vom 25.9.2015 BayVBl 2016, 81 Rn. 115 m. w. N.; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 98 Satz 4 Rn. 14; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 98 Rn. 25).
Das Vorbringen des Antragstellers genügt diesen Anforderungen nicht.
Ihm lässt sich schon nicht eindeutig entnehmen, auf welche Norm der Bayerischen Verfassung er sich stützen will und um welche Regelung Art. 6 BayMRVG ergänzt werden soll. Er zitiert Art. 104 GG und verweist damit auf den Richtervorbehalt, der bei der Freiheitsentziehung ausdrücklich durch Verfassungsnormen (Art. 102 Abs. 2 BV, Art. 104 Abs. 2 GG) vorgeschrieben ist. Diese Verfassungsnormen durchbrechen den Grundsatz, dass der Richter die Exekutive erst nachträglich und auf Anrufung kontrolliert. Primärzuständigkeiten des Richters stellen Ausnahmen im Recht der Gefahrenabwehr dar. Die Verfassung gebietet nicht, diese Ausnahmen über die verfassungsrechtlich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus zu verallgemeinern (VerfGH vom 19.10.1994, VerfGHE 47, 241/263). Art. 6 BayMRVG regelt keine Fälle der Freiheitsentziehung, sondern der medizinischen Behandlung.
Die medizinische Behandlung eines Untergebrachten gegen seinen natürlichen Willen greift in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein (Art. 101 i. V. m. Art. 100 BV), zu dessen traditionellem Gehalt der Schutz vor staatlicher Zwangsbehandlung gehört (vgl. BVerfG vom 30.11.1988 BVerfGE 79, 174/201; vom 23.03.2011 BVerfGE 128, 282/300). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich daraus auch Anforderungen in Bezug auf das Verfahren der Behörden und Gerichte (BVerfGE 128, 282/311 m. w. N.). Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit fordert spezielle verfahrensmäßige Sicherungen gegen die besonderen situationsbedingten Grundrechtsgefährdungen, die sich ergeben, wenn über die Anordnung einer Zwangsbehandlung außerhalb akuter Notfälle allein die jeweilige Unterbringungseinrichtung entscheidet (BVerfGE 128, 282/315). Art. 6 Abs. 6 BayMRVG betrifft jedoch nur akute Notfälle. Der Antragsteller legt nicht hinreichend dar, warum es verfassungsrechtlich geboten wäre, dass einer Behandlungsmaßnahme bei Gefahr in Verzug für das Leben oder die Gesundheit einer anderen Person eine von der Unterbringungseinrichtung unabhängige Prüfung vorausgeht.
Soweit der Antragsteller meint, die fehlende Pflicht zur gerichtlichen Überprüfung bei Gefahr in Verzug sei unverständlich, da das Gesetz sonst eine Überprüfung vorschreibe, legt er nicht substanziiert dar, inwieweit sich aus dem Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Ergänzung des Art. 6 BayMRVG ergeben sollte. Der Gleichheitssatz und das darin verankerte Willkürverbot untersagen dem Gesetzgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln. Die in Art. 6 Abs. 4, 5 und 6 BayMRVG enthaltenen Regelungen betreffen indes unterschiedliche Fallgestaltungen; auf eine Vorabprüfung durch die Strafvollstreckungskammer hat der Gesetzgeber nur bei Gefahr in Verzug verzichtet. Für die Differenzierungen lassen sich daher sachliche Erwägungen anführen. Im Übrigen ist eine nachträgliche Prüfung gemäß § 109 StVollzG auf Antrag des Betroffenen unabhängig von der angegriffenen Regelung statthaft.
c) Auch das Vorbringen des Antragstellers, Art. 15 Abs. 1 BayMRVG, der den Erlass und die Bekanntgabe der Hausordnungen durch die Maßregelvollzugseinrichtungen normiert, bleibe hinter Art. 184 BayStVollzG zurück und die Vermeidung des Wortes „Hausordnung“ in Art. 4 BayMRVG sei problematisch, bedarf der Auslegung.
Da nach Meinung des Antragstellers die Auslegung des Art. 4 BayMRVG durch das Personal „weitgehend unkritisch“ wäre, wenn nach Art. 15 BayMRVG ebenso wie nach Art. 184 BayStVollzG die Hausordnung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfte und geregelt wäre, wie die Hausordnung bekannt zu machen ist, erstreckt sich die Popularklage insoweit auf Art. 15 BayMRVG. Demgegenüber wird weder Art. 4 BayMRVG als solcher angegriffen noch die konkrete Hausordnung, gegen die eine Popularklage im Übrigen schon deshalb nicht statthaft wäre, weil die Hausordnung keine Rechtsnorm darstellt.
Mit dem Vergleich der Regelungen des Art. 15 BayMRVG einerseits und des Art. 184 BayStVollzG andererseits rügt der Antragsteller eine Verletzung des Gleichheitssatzes beim Erlass und bei der Bekanntgabe der Hausordnungen. Art. 118 Abs. 1 BV verlangt jedoch keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Der Normgeber darf grundsätzlich nach seinem Ermessen entscheiden, in welcher Weise den Gesichtspunkten der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn er die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschreitet, wenn für die getroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt und sie deshalb mit dem Gedanken der Gerechtigkeit unverträglich ist, ist Art. 118 Abs. 1 BV verletzt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 25.2.2013 VerfGHE 66, 6/17; vom 16.6.2015 BayVBl 2015, 707 Rn. 65). Die Darlegungen des Antragstellers lassen nicht erkennen, inwiefern der in Art. 15 Abs. 1 BayMRVG geregelte Erlass einer Hausordnung im Benehmen mit dem Bezirk oder von diesem mit dem Vollzug betrauten Unternehmen und die dort vorgesehene Bekanntgabe der Hausordnung in geeigneter Weise den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überschreiten könnte.
d) Soweit der Antragssteller geltend macht, die Vorschrift des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG zur Gewährung von Vollzugslockerungen widerspreche Art. 2 Abs. 1 BayMRVG, ist die Popularklage bereits deshalb unzulässig, weil mit der Popularklage nur Verstöße gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung, nicht aber gegen andere Bestimmungen des einfachen Rechts gerügt werden können.
Im Übrigen fehlt es an einer substanziierten Grundrechtsrüge. Der Einwand des Antragstellers, die Freiheit dürfe nur so weit eingeschränkt werden, wie es der Unterbringungszweck erfordere, die Einschränkung könne also nicht von der geplanten Dauer der Freiheitsentziehung abhängen, sondern nur von der Gefährlichkeit für die Allgemeinheit, zeigt eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 100 i. V. m Art. 101 oder aus Art. 118 Abs. 1 BV nicht auf.
Die Voraussetzungen des Anspruchs der im Maßregelvollzug untergebrachten Personen auf Vollzugslockerungen sind nicht in der angegriffenen Norm, sondern in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMRVG geregelt; nach dessen Nr. 2 muss davon auszugehen sein, dass die untergebrachte Person die ihr eingeräumten Vollzugslockerungen nicht missbrauchen, insbesondere die Allgemeinheit nicht durch rechtswidrige Taten gefährden wird (LT-Drs. 17/4944 S. 41 f.). Der vom Antragsteller angesprochene Gesichtspunkt der Gefährdung der Allgemeinheit ist damit nicht Gegenstand des mit der Popularklage angegriffenen Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG. Diese Norm betrifft lediglich einen weiteren Aspekt, der bei der Entscheidung über die Gewährung von Vollzugslockerungen ebenfalls zu berücksichtigen ist. Sie hat vor allem die Fälle im Blick, in denen eine Entlassung der untergebrachten Person aufgrund gerichtlicher Erledigterklärung der Unterbringung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (§ 67 d StGB) absehbar ist. Hier kann eine erhöhte Notwendigkeit bestehen, die untergebrachte Person durch Lockerungen auf das Leben außerhalb des Maßregelvollzugs vorzubereiten (LT-Drs. 17/4944 S. 42).
Nach der ständigen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte verpflichtet das Grundrecht der Menschenwürde in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlichen Strafens (Art. 100, 101 BV) den Staat, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, dem Inhaftierten ein künftiges straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen (VerfGH vom 12.5.2009 VerfGHE 62, 45/52; vom 9.8.2010 VerfGHE 63, 133/139; BVerfG vom 31.5.2006 BVerfGE 116, 69/85 f. m. w. N.). Im Hinblick auf dieses Resozialisierungsziel kommt der Möglichkeit der Gewährung von Vollzugslockerung besondere Bedeutung zu. Dies gilt auch für den Vollzug von Maßregeln, der nicht anders als der Strafvollzug im engeren Sinn auf das verfassungsrechtlich vorgegebene Ziel der sozialen Wiedereingliederung ausgerichtet sein muss (BVerfG vom 20.6.2012 – 2 BvR 865/11 – juris Rn. 15). Dem trägt Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayMRVG Rechnung.
Er schließt andererseits aber Lockerungen für Untergebrachte, deren Entlassung noch nicht absehbar ist, nicht aus. Auch einem langjährig Untergebrachten kann nicht jede Lockerung mit der Begründung versagt werden, eine konkrete Entlassungsperspektive stehe noch aus (BVerfG vom 20.6.2012 – 2 BvR 865/11 – juris Rn. 14 f.; vom 4.5.2015 – 2 BvR 1753/14 – juris Rn. 23 m. w. N.). Im Übrigen können Ausführungen aus wichtigen Gründen nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayMRVG zugelassen werden, obwohl die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 BayMRVG nicht erfüllt sind. Vor diesem Hintergrund lassen die Darlegungen des Antragstellers auch keine auf sachfremden Kriterien beruhende Ungleichbehandlung erkennen.
e) Soweit sich der Antragsteller gegen Art. 21 BayMRVG wendet, stellt er nicht die gesamte Vorschrift zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung. Nach ihrer Begründung beschränkt sich die Popularklage auf die in Art. 21 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BayMRVG enthaltene Regelung, nach der die Kosten von Ausführungen, die auf Wunsch der untergebrachten Person oder überwiegend in ihrem Interesse durchgeführt werden, die untergebrachte Person trägt.
Art. 21 BayMRVG ermöglicht nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 17/4944 S. 46) begleitete Ausführungen aus wichtigen Gründen und Vorführungen zu gerichtlichen Terminen „in Anlehnung“ an Art. 37 und 38 BayStVollzG. Auch die Gefangenen tragen nach Art. 37 Abs. 3 Satz 2 BayStVollzG grundsätzlich die Kosten einer Ausführung. Da die Regelung zur Kostentragung für Untergebrachte somit der für Strafgefangene entspricht, ist eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 118 Abs. 1 BV) insoweit nicht ersichtlich.
Art. 21 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BayMRVG haben zudem schon nicht den Regelungsgehalt, von dem der Antragsteller offenbar ausgeht. Zur Begründung seiner Rüge bringt er lediglich vor, in der Justizvollzugsanstalt Bayreuth seien Zahnbehandlungen innerhalb der Anstalt möglich, nicht aber in der Maßregelvollzugsanstalt, in der er untergebracht sei. Art. 21 Abs. 3 BayMRVG sagt jedoch nichts darüber aus, inwieweit innerhalb der Einrichtungen für den Maßregelvollzug eine ärztliche Behandlung anderer als psychischer Erkrankungen möglich ist. Nach Art. 7 Abs. 1 BayMRVG haben untergebrachte Personen Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen, medizinische Vorsorgeleistungen, Krankenbehandlung und Versorgung mit Hilfsmitteln nach Maßgabe der Art. 59 bis 61, 63 und 64 BayStVollzG. Kann die erforderliche Behandlungsmaßnahme in der Maßregelvollzugseinrichtung nicht durchgeführt werden, ist die untergebrachte Person nach Art. 7 Abs. 2 BayMRVG in eine andere Maßregelvollzugseinrichtung, in ein geeignetes Krankenhaus oder zu einem ambulanten Leistungserbringer außerhalb des Maßregelvollzugs zu verbringen. Nach der Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 3. Dezember 2015 auf eine Schriftliche Anfrage wird die allgemeinmedizinische Basisversorgung in jeder der Maßregelvollzugseinrichtungen auf unterschiedliche Weise fachärztlich unterstützt. Es werde u. a. auf Vertragsärzte zurückgegriffen, die zum Teil auch feste Sprechstunden in einzelnen Einrichtungen anböten (LT-Drs. 17/9350). Die vom Antragsteller angesprochenen Kosten, die gegebenenfalls durch medizinisch notwendige Ausführungen entstehen, gehören zu den Aufwendungen für die Behandlung und werden durch Art. 21 BayMRVG nicht erfasst.
f) Auch im Hinblick auf die Beanstandung des Art. 22 Abs. 2 Nr. 2 BayMRVG, wonach der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien zu den zulässigen Disziplinarmaßnahmen gehört, fehlt es an einer nachvollziehbaren Grundrechtsrüge. Der Antragsteller meint, das Verhältnis dieser Regelung zu Art. 11 Abs. 2 BayMRVG, der täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien vorsehe, sei unklar; darin liege möglicherweise ein Verstoß gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Freiheit der Person.
Zwar könnten sich verfassungsrechtliche Bedenken ergeben, wenn die angegriffene Vorschrift den Umfang des erlaubten Eingriffs nicht in einer dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechenden Weise festlegen würde (vgl. VerfGH vom 12.7.2013 VerfGHE 66, 125/135; BVerfG vom 12.11.2007 DVBl 2008, 38/39). Art. 22 Abs. 2 Nr. 2 BayMRVG setzt jedoch ausdrücklich die Wahrung der Regelung in Art. 11 Abs. 2 BayMRVG voraus; dass der dort vorgesehene Mindestaufenthalt im Freien gewährleistet werden muss, ist der angegriffenen Vorschrift eindeutig zu entnehmen. Das Vorbringen des Antragstellers lässt die von ihm angesprochene Grundrechtsverletzung daher nicht als möglich erscheinen.
g) Schließlich greift der Antragsteller mit seiner Popularklage Art. 26 BayMRVG an, der sich mit Fixierungen befasst. Unter Hinweis auf den Richtervorbehalt macht er geltend, auf richterliche Überprüfung könne nicht verzichtet werden. Regelungen zur gerichtlichen Überprüfung von Fixierungen enthält Art. 26 Abs. 3 BayMRVG in den Sätzen 2 bis 4. Aus den Darlegungen des Antragstellers ist durch Auslegung zu ermitteln, dass sich die Popularklage (nur) auf Art. 26 Abs. 3 Satz 4 BayMRVG erstreckt; sie ist insoweit jedoch nicht statthaft.
aa) Willigt die untergebrachte Person in die Fixierung nicht ein, legt die Maßregelvollzugseinrichtung nach Art. 26 Abs. 3 Satz 2 BayMRVG den Vorgang der Strafvollstreckungskammer zur gerichtlichen Entscheidung vor. Grundsätzlich ist mit dieser gerichtlichen Vorabprüfung dem Anliegen des Antragstellers Rechnung getragen.
bb) Allerdings kann gemäß Art. 26 Abs. 3 Satz 3 BayMRVG die Fixierung durchgeführt werden, bevor die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ergangen ist, wenn mit dem Aufschub der Maßnahme Gefahr verbunden ist. Von einem Angriff des Antragstellers auf diese Regelung ist ebenfalls nicht auszugehen; denn er räumt in der Begründung seiner Popularklage ein, es könne offenbar kein Gericht sofort entscheiden, wenn ein Gefangener über Nacht gefesselt werde. Jedenfalls hat er nicht nachvollziehbar dargelegt, inwiefern durch diese Rechtsvorschrift ein in der Bayerischen Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird.
cc) Letztendlich wendet sich der Antragsteller gegen Art. 26 Abs. 3 Satz 4 BayMRVG, der auf § 115 Abs. 3 StVollzG verweist. Hat sich die Fixierung vor der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer erledigt, spricht das Gericht demnach auf Antrag aus, dass die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. In diesem Zusammenhang beanstandet der Antragsteller, dass die untergebrachte Person ihr Feststellungsinteresse beweisen müsse.
Das gerichtliche Verfahren für den Straf- und Maßregelvollzug ist bundesrechtlich geregelt (§ 138 Abs. 3 i. V. m. §§ 109 ff. StVollzG). Art. 26 Abs. 3 Satz 4 BayMRVG verweist deklaratorisch auf die nach einer Erledigung der Fixierung geltende Verfahrensvorschrift des § 115 Abs. 3 StVollzG. Diese bundesrechtliche Regelung kann wegen ihres höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden. Im Übrigen ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes vereinbar, die Rechtsschutzgewährung vom Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses abhängig zu machen. Dabei dürfen die Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse jedoch nicht in einer der Effektivität des Rechtsschutzes zuwiderlaufenden Weise überspannt werden. So ist ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Rechtslage unter anderem bei einer fortwirkenden Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff anzunehmen (BVerfG vom 30.6.2015 – 2 BvR 1857/14, 2 BvR 2810/14 – juris Rn. 39).
V.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


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