Medizinrecht

Rentenanpassungsmitteilung:

Aktenzeichen  L 19 R 632/20

Datum:
5.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 24331
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 14 Abs. 1
SGB IV § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
SGB IV § 18b Abs. 5 Satz 1 Nr. 8
SGB V § 228
SGB V § 237 Satz 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Bei der Rentenanpassungsmitteilung handelt es sich zwar um einen Verwaltungsakt, doch beschränkt sich dieser inhaltlich lediglich auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte.

Verfahrensgang

S 3 R 587/20 2020-11-30 SGBAYREUTH SG Bayreuth

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 30.11.2020 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 30.11.2020 ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.2020 gerichtete Klage abgewiesen.
Die Klägerin begehrt mit ihrer gegen die Rentenanpassung gerichteten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nicht nur die Auszahlung eines höheren Hinterbliebenenrentenbetrages – eine unrichtige Rentenanpassung macht sie nicht geltend -, sondern vielmehr die Zuerkennung eines ohne Einkommensanrechnung berechneten Werts der Hinterbliebenenrente.
Bereits mit Urteil vom 26.08.2020 (L 19 R 272/20) hat der Senat ausgeführt, dass die Klage unzulässig ist, soweit die Klägerin eine rückwirkende Abänderung des Rentenbewilligungsbescheides vom 19.10.2017 begehrt. Dieser Bescheid ist bindend geworden und damit unanfechtbar. Denkbar wäre die Anfechtung einer ablehnenden Entscheidung der Beklagten, den Bewilligungsbescheid im Wege des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abzuändern. Eine solche Entscheidung hat die Beklagte aber erkennbar nicht getroffen, so dass hierüber der Klageweg auch nicht eröffnet ist.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2020 ist darüber hinaus auch insgesamt unzulässig. Insoweit kann nach erneuter Überprüfung auf das Urteil des Senats vom 26.08.2020 verwiesen werden: Der gegen die Rentenanpassungsmitteilung gerichteten Klage fehlt es an der notwendigen Beschwer der Klägerin. Denn bei der Rentenanpassungsmitteilung handelt es sich zwar um einen Verwaltungsakt, doch beschränkt sich dieser inhaltlich lediglich auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.1999 – B 4 RA 41/98 R – juris; BSG, Urteil vom 31.07.2002 – B 4 RA 120/00 R – juris; BSG, Urteil vom 10.04.2003 – B 4 RA 41/02 R – juris; BSG, Beschluss vom 17.10.2017- B 13 R 11/15 BH – juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.11.2016 – L 8 R 469/16 – juris). Insoweit hat dieser Verwaltungsakt nur einen begrenzten Regelungsgehalt (Änderung der wertmäßigen Bestimmung des Rentenrechts nach Änderung der Bemessungsgrundlage bzw. des aktuellen Rentenwerts). Eine erneute Regelung des Rentenanspruchs dem Grunde nach enthält er nicht: weder wiederholt er inhaltlich die bisherige Regelung noch begründet er das anzupassende Recht neu. Eine Überprüfung im Rechtsmittelverfahren kann somit allein in Hinblick auf den tatsächlichen Regelungsgehalt, der zukunftsgerichteten wertmäßigen Neubestimmung des Rentenwerts, in Betracht kommen. Diesen Inhalt greift die Klägerin jedoch nicht an.
Ohne das es darauf ankommt ist zu ergänzen, dass die Anrechnung der Erwerbsminderungsrente als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von §§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 18b Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nach Abzug eines Freibetrages in dem von § 97 SGB VI vorgeschriebenen Umfang auf die Witwenrente rechnerisch richtig erfolgt ist.
Auch darauf, dass die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, hat der Senat im Urteil vom 26.08.2020 hingewiesen und auf die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichtes vom 10.06.1998 – 1 BvR 1485/86 – und 18.02.1998 – 1 BvR 1318/86 – Bezug genommen (vgl. zuvor schon BSG, Urteil vom 16.08.1990 – 4 RA 27/90 – juris). Wiederholend ist nochmals auszuführen: Die Rechtfertigung für die Anrechnung von Einkommen ist die Unterhaltsersatzfunktion dieser Renten. Es ist daher zu berücksichtigen, ob und inwieweit eigenes Erwerbseinkommen oder Erwerbsersatzeinkommen des leistungsberechtigten Hinterbliebenen vorliegt. Eine Verletzung des Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist hierin nicht zu sehen. Bei dem Anspruch auf Hinterbliebenenrente handelt es nicht um ein eigenständig erworbenes Recht des Hinterbliebenen aus seiner eigenen Versicherung, sondern um einen aus der Versicherung des Verstorbenen abgeleiteten Anspruch. Grundsätzlich unterfallen nur solche Rentenanwartschaften dem Eigentumsrecht, die auf eigenen Beitragsleistungen beruhen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 – 1 BvL 9/00 – juris). Der verstorbene Ehemann der Klägerin hat zwar eigene Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, daraus folgt aber kein geschütztes Eigentumsrecht für die Witwe im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG.
Im Übrigen wäre auch die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung von der Witwenrente nicht zu beanstanden. Nach §§ 228, 237 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gehört bei versicherungspflichtigen Rentnern der Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu den beitragspflichtigen Einnahmen, die der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zugrunde gelegt werden. Nach den §§ 228, 237 SGB V sind alle Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen, also auch abgeleitete Renten, wie z. B. hier die Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin. Nicht zutreffend ist allerdings das Vorbringen der Klägerin, ihr Ehemann zahle „nach seinem Tod Sozialabgaben aufgrund der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge“. Die Beiträge werden nicht für eine Kranken- und Pflegeversicherung des verstorbenen Ehemannes, sondern für die Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin erhoben.
Der Senat ist dem Begehren auf Weiterleitung an den „Gesetzgeber-Bundesregierung“ nicht gefolgt.
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.


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