Medizinrecht

Sofortvollzug der Entlassung einer Beamtin auf Widerruf wegen fehlender gesundheitlicher Eignung

Aktenzeichen  B 5 S 18.376

Datum:
14.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28277
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 37 Abs. 1, Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 5
VwVfG § 43 Abs. 1 S. 1
VwZG § 3

 

Leitsatz

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist; daher ist das besondere Vollziehbarkeitsinteresse bezogen auf die Umstände des konkreten Einzelfalls gesondert darzulegen und zu begründen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Liegen nicht unerhebliche Zweifel an der Aussagekraft des medizinischen Gutachens und damit am Fehlen der gesundheitlichen Eignung der Polizeibeamtin auf Widerruf vor und können diese im Rahmen der summarischen Prüfung des Eilverfahrens nicht abschließend ausgeräumt werden, sondern bleiben der Klärung in einem späteren Hauptsacheverfahren vorbehalten, überwiegt das Interesse der Beamtin, die Ausbildung zunächst weiter fortsetzen zu können, gegenüber dem im Wesentlichen nur wirtschaftlichen Interesse des Dienstherrn an der Beendigung der Ausbildung und der damit verbundenen Alimentierung. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Bundespolizeiakademie vom 21. März 2018 wird wiederhergestellt.
Die Aufhebung der Vollziehung des Bescheides der Bundespolizeiakademie vom 21. März 2018 wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 3.506,97 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf sowie die Rückgängigmachung des bereits erfolgten Vollzugs.
Die Antragstellerin wurde zum 1. September 2016 in ein Ausbildungsverhältnis zur Polizeibeamtin auf Widerruf als Polizeimeisteranwärterin bei der Antragsgegnerin eingestellt. Die Ausbildung fand beim Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrum … statt.
Mit Schreiben vom 23. August 2017 wandte sich der Leiter des Lehrbereichs 2 des Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrums … an den Sozialmedizinischen Dienst … des Bundespolizeipräsidiums und bat um Überprüfung der gesundheitlichen Eignung der Antragstellerin für den Polizeivollzugsdienst. Die Antragstellerin habe im Laufe des ersten Dienstjahres mehrfach auffälliges Verhalten gezeigt und sei wiederholt schriftlich und mündlich belehrt worden, so etwa wegen verbaler Aggressivität unter Alkoholeinfluss gegenüber Sicherheitskräften, wegen Ruhestörungen unter Alkoholeinfluss und wegen starker Unordnung in den gemeinschaftlichen Zimmern. Während der mündlichen Zwischenprüfung am 25. Juli 2017 habe die Antragstellerin ein autoaggressives Verhalten gezeigt, indem sie sich während des Prüfungsverlaufes mit ihren Fingernägeln die Unterarme oberflächlich verletzt habe; die Prüfung habe deshalb abgebrochen werden müssen. Ihrem Lehrgruppenleiter habe die Antragstellerin mehrfach zwischenmenschliche Probleme mit ihrem Partner berichtet, welche nach ihren Angaben inzwischen gerichtliche Entscheidungen nach sich gezogen hätten.
Mit Schreiben vom 18. September 2017 wandte sich der Leiter des Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrums …mit der gleichen Bitte an den Sozialmedizinischen Dienst … des Bundespolizeipräsidiums.
Die Antragstellerin wurde daraufhin mit Schreiben vom 19. September 2017 zur polizeiärztlichen Untersuchung am 27. September 2017 beim Sozialmedizinischen Dienst …geladen.
In seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 29. September 2017 (Bl. 42 ff. der Behördenakte) kommt der mit der Begutachtung betraute Medizinaloberrat J. zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin aus fachpsychiatrischer Sicht bei deutlich reduzierter psychosozialer Belastbarkeit und selbst berichteten sozialen Phobien (Prüfungsangst mit inhaltlichen Amnesien) ein selbstverletzendes Verhalten bei Belastung zeige; sie habe sich eine selbst nach zwei Monaten noch nicht ausreichend verheilte Wunde zugefügt. Bei der körperlichen Untersuchung sei zum einen eine große, livide verfärbte Narbe über dem ersten Mittelhandknochen rechts ersichtlich gewesen, die nicht nur durch ein Kratzen (Übersprunghandlung) entstanden sein könne. Zum anderen seien großflächige Tätowierungen der Antragstellerin und diverse Tunnel in Ober- und Unterlippe, ein Bauchnabelpiercing und ein großes Zungenpiercing in der hinteren Zungenregion aufgefallen. Die Antragstellerin sei zudem im Mai 2017 Opfer einer vermuteten Straftat geworden, die sie zur Anzeige gebracht habe; hierzu habe sie sich aber auf Befragen ebenso wie zu den im Gutachtensauftrag geäußerten Partnerschaftsproblemen nicht näher geäußert. Im Selbstauskunftsbogen habe die Antragstellerin nichts zu den Erkrankungen (Ekzem Hand und Fuß, antibiotisch behandelte Sinubronchitiden und Tonsillitis, unklares Abdomen, etc.), wegen derer sie seit ihrer Einstellung 2016 häufig den polizeiärztlichen Dienst und andere Ärzte aufgesucht habe, erwähnt. Sie habe zudem dem Gutachter bei ihrer Befragung und Untersuchung mehrfach unaufgefordert erklärt, dass sie kein „Bordie“, also keine Patientin mit einer Borderline-Störung sei. Aus fachpsychiatrischer Sicht bestehe bei ihr eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, am ehesten vom Borderline-Typ, mit selbstverletzendem Verhalten sowie teilweise fremdaggressiven Impulsdurchbrüchen. Sie weise zudem eine nicht ausreichende Krankheits- und Behandlungseinsicht auf. Aus fachpsychiatrischer und sozialmedizinischer Sicht sei die Antragstellerin daher gesundheitlich nicht uneingeschränkt geeignet für den Vorbereitungs- und Polizeivollzugsdienst, da sie eine erhöhte Vulnerabilität gegenüber polizeidiensttypischen Stressoren (Entscheidungen bezüglich Schusswaffengebrauch, Anwendung körperlicher Gewalt und Ausübung unmittelbaren Zwanges gegen das polizeiliche Gegenüber, Einsätze mit Leichenfunden, Wiedergabe von Ermittlungsergebnissen, etc.) verfüge. Im Rahmen einer psychischen Überlastung könne es bei der Antragstellerin jederzeit erneut zu selbstschädigendem Verhalten kommen, weshalb sie nicht mehr dazu in der Lage sei, eine Schusswaffe mit der hierfür notwendigen Sicherheit zum Ausschluss einer Eigen- oder Fremdgefährdung zu führen. Das im Gutachtensauftrag geschilderte Fehlverhalten habe die Antragstellerin in der Befragung bagatellisiert und angegeben, sie sei zu Unrecht beschuldigt worden. Insgesamt mache sie einen psychiatrieerfahrenen und dissimulierenden Eindruck.
Die Antragstellerin wurde daraufhin mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 zur beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf wegen fehlender gesundheitlicher Eignung für den Polizeivollzugsdienst angehört.
Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 22. November 2017 ließ die Antragstellerin ausführen, im Anhörungsschreiben werde lediglich pauschal auf die beigefügte ärztliche Mitteilung des Gutachters verwiesen. Die Antragstellerin könne nur Vermutungen darüber anstellen, welcher Sachverhalt dieser ärztlichen Stellungnahme zu Grunde liege oder ob diese (weitere) Fehler aufweise. Bei der Untersuchung durch den Sozialmedizinischen Dienst … habe die Antragstellerin, um bereits im Vorfeld Missverständnisse zu vermeiden, das Thema Borderline angesprochen. Hintergrund sei gewesen, dass sie sich bei der mündlichen Prüfung aufgrund ihrer Prüfungsangst am rechten Handgelenk durch nervöses Kratzen an der Hornhaut verletzt habe und es zu einer kleinen Blutung gekommen sei. Der Gutachter habe nach kurzer Zeit gegenüber der Antragstellerin festgestellt, dass diese nicht am Borderline-Syndrom leide. Der Gutachter habe weiter die Befürchtung geäußert, dass die Antragstellerin mit Stresssituationen nicht zurechtkommen werde. Die Frage, ob sie bereits beim Polizeiärztlichen Dienst vorstellig geworden sei, habe die Antragstellerin wahrheitsgemäß mit ja beantwortet. Während der Untersuchung sei sie mit dem Sachverhalt konfrontiert worden, sie habe eine Mitarbeiterin einer Sicherheitsfirma beleidigt. Nach der Untersuchung habe sie den Gutachter am 4. Oktober 2017 angerufen, um sich nach dem Ergebnis zu erkundigen. Ihr sei vom Gutachter mitgeteilt worden, dass sie aufgrund des Gutachtens nicht zum Dienst an der Waffe zugelassen werde, dass sie entweder an einer Borderline-Störung erkrankt oder suizidgefährdet sei. Dies habe der Gutachter damit begründet, dass die Antragstellerin ihm verschwiegen habe, bereits vor einigen Monaten wegen eines „mysteriösen“ Ausschlages in dermatologischer Behandlung gewesen zu sein.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Prüfungsangst, welche einmalig bei der mündlichen Zwischenprüfung aufgetreten sei, zur Polizeidienstunauglichkeit führen solle. Die Antragstellerin habe sich wegen dieses Vorfalls aus eigenem Antrieb an einen Coach gewandt, mit dessen Hilfe sie inzwischen die Prüfungsangst überwunden und den mündlichen Teil der Zwischenprüfung bestanden habe. Der Umgang mit Stresssituationen werde von der Antragstellerin ohne weiteres gemeistert, was die erfolgreiche Teilnahme am Einsatz- und Situationstraining belege. Dies sei bereits vor der Konsultation eines privaten Coaches der Fall gewesen, der lediglich zur Bewältigung der Prüfungsangst eingeschaltet worden sei. Es sei unzulässig gewesen, die Antragstellerin bei der Untersuchung mit dem tatsächlich nicht begründeten Vorwurf einer Beleidigung zu konfrontieren; ein Disziplinarverfahren sei insoweit nicht eingeleitet worden. Für eine Suizidgefahr lägen bei der Antragstellerin keinerlei objektive Anhaltspunkte vor. Dass die Antragstellerin gegenüber dem Gutachter etwas verschwiegen habe, sei deplatziert. Sie habe im Gegenteil eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht unterschrieben. Die telefonisch vom Gutachter mitgeteilte Begründung sei nicht nachvollziehbar. Im Untersuchungsgespräch habe dieser zunächst eine Borderline-Erkrankung ausgeschlossen, komme nun aber zum gegenteiligen Ergebnis und begründe dies mit dem angeblichen Verschweigen einer Vorerkrankung. Insoweit bestehe aber keinerlei Zusammenhang. Zudem seien die direkten Dienstvorgesetzten der Antragstellerin nicht dahingehend befragt worden, ob bei dieser Verhaltensauffälligkeiten vorlägen. Es werde um ein neues sozialmedizinisches Gutachten gebeten.
Mit Schreiben an die Bundespolizeiakademie vom 1. Februar 2018 bat der Antragstellerbevollmächtigte um eine Darlegung der vom Ausbilder der Antragstellerin gewonnenen Eindrücke, insbesondere, ob die gegen sie gerichteten Vorwürfe anhand objektiver Fakten nachvollziehbar seien. Der Leiter des Lehrbereichs 2 des Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrums … nahm hierzu mit E-Mail vom 12. Februar 2018 Stellung und führte aus, dass er bereits zahlreiche Darstellungen zum Leistungsbild der Antragstellerin abgegeben habe. Ohne eine Konkretisierung der Frage des Antragstellerbevollmächtigten könne dessen Anfrage nicht beantwortet werden.
Medizinaloberrat J. äußerte sich mit E-Mail vom 8. März 2018 (Bl. 51 der Behördenakte) zum Schreiben des Antragstellerbevollmächtigten vom 22. November 2017 dahingehend, dass der Antragstellerin in dem angesprochenen Telefonat erläutert worden sei, dass bei ihr aus fachpsychiatrischer Sicht eine Neigung zu selbstverletzendem Verhalten bei psychosozialer Überforderung und eine Störung der Impulskontrolle bestehe. In der Zusammenschau mit den während der körperlichen Untersuchung erhobenen Befunden (Tätowierungen mit einer Flächenausdehnung von über 0,7 m², die nach der Einstellung zum Vorbereitungsdienst angefertigt worden seien, mehrere Tunnel an Ober- bzw. Unterlippe und an atypischer Stelle der Zunge, Verhalten während der Anamneseerhebung und Aufsuchverhalten des polizeiärztlichen Dienstes vor Ort) deute dies auf eine emotional instabile Persönlichkeit hin. Eine Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ oder vom impulsiven Typ könne aber nur nach einem mehrwöchigen Beobachtungszeitraum erfolgen. Das Vorhandensein einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung sei gegenüber der Antragstellerin aber nicht ausgeschlossen worden.
Mit Bescheid vom 21. März 2018, dem Bevollmächtigten der Antragstellerin gegen Postzustellungsurkunde am 11. April 2018 zugestellt, wurde die Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen und die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung angeordnet. Gemäß § 37 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) könne ein Beamter auf Widerruf jederzeit entlassen werden. Dabei rechtfertige jeder sachliche Grund die Entlassung. Ein solcher liege insbesondere dann vor, wenn die gesundheitliche Eignung für den Vorbereitungsdienst sowie für das angestrebte Berufsbild nicht mehr gegeben sei. Auf Grundlage des eingeholten sozialmedizinischen Gutachtens sei die Antragstellerin gesundheitlich nicht für den Polizeivollzugsdienst geeignet. Die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung, die sich aus der Polizeidienstvorschrift (PDV) 300 ergäben, könne die Antragstellerin danach nicht erfüllen. Polizeibeamte sollten ausgeglichen, aufgeschlossen, kontaktfähig, ausdauernd, zielstrebig und leistungsbereit sein sowie eine ihrem Alter entsprechende Reife besitzen. Da der Polizeivollzugsdienst besondere Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie an die seelische Belastbarkeit stelle, müsse die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Beamten insbesondere die Verwendung im Außendienst und Schichtdienst, den körperlichen Einsatz gegen Personen, die Anwendung unmittelbaren Zwangs und den Gebrauch von Waffen zulassen. Das Tätigkeitsfeld von Polizeivollzugsbeamten sei von sozialen Situationen geprägt, in denen der Beamte im Zentrum der Aufmerksamkeit stehe und sein Handeln direkt und ungefiltert durch die Zivilbevölkerung bewertet werde. Das Zeigen von Nervosität oder gar Angst könne den Beamten, seine Kollegen und im schlimmsten Fall den Erfolg des gesamten Einsatzes gefährden. Im Rahmen der Dienstausübung sei es unmöglich, solchen belastenden Situationen aus dem Weg zu gehen. Bei der Antragstellerin sei deshalb zu befürchten, dass sich die bei ihr diagnostizierten Störungen verstärken oder sich gar eine weitere Angststörung oder sogar eine Depression entwickeln könne. Der Beruf des Polizisten erfordere absolute psychische Stabilität, Stressresistenz und ein sicheres und selbstbewusstes Auftreten. Belastungsstörungen, Angst- und Anpassungsstörungen oder eine geringe Frustrationstoleranz bzw. eine individuell erhöhte Vulnerabilität gegenüber potenziell belastenden Ereignissen stünden einer Polizeidiensttauglichkeit entgegen. Dem vom Sozialmedizinischen Dienst der Bundespolizei erstellten Gutachten komme dabei ein höherer Beweiswert zu als privatärztlichen Bewertungen. Die weitere Belassung der Antragstellerin im Vorbereitungsdienst sei angesichts ihrer gesundheitlichen Nichteignung rechts- und ermessensfehlerhaft. Die Fürsorgepflicht gebiete zudem, keinen langwierigen Schwebezustand zuzulassen, sondern der Antragstellerin durch eine klare Entscheidung eine berufliche Neuorientierung zu ermöglichen. Es sei zudem ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die Personalhoheit des Dienstherrn, wenn Bewerber nicht in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden könnten, weil nur begrenzt zur Verfügung stehende Ausbildungsplätze durch Anwärter besetzt würden, bei denen in Ermangelung der gesundheitlichen Eignung feststehe, dass sie diesen Beruf niemals ausüben würden.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im öffentlichen Interesse, das es nicht erlaube, einen für den Polizeiberuf gesundheitlich ungeeigneten Anwärter weiter auszubilden, zu alimentieren und gegebenenfalls in ein weiterführendes Beamtenverhältnis zu übernehmen. Als für den Polizeivollzugsdienst gesundheitlich ungeeignete Polizeiamtsanwärterin könne die Antragstellerin nicht bis zum Abschluss eines Rechtsstreits sinnvoll in einer Polizeidienststelle eingesetzt werden.
Unter dem Datum vom 11. April 2018 ließ die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid von 21. März 2018 erheben.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 16. April 2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, ließ die Antragstellerin beantragen,
1.die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11. April 2018 unter Aufhebung der Vollziehungsanordnung der Antragsgegnerin im Bescheid vom 21. März 2018 gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wiederherzustellen,
2.die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Folgen des Vollzugs der Entlassungsverfügung vom 21. März 2018 rückgängig zu machen.
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen. Es handele sich schlicht um die Wiedergabe von Gesetzesfolgen und eine formelhafte Begründung. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung durch ein Verbleiben im öffentlichen Dienst während der Prozessdauer infrage gestellt sei. Es werde auch nicht ausgeführt, weshalb eine vorübergehende, weitere Ausbildung der Antragstellerin nicht sinnvoll sei. Zudem sei die Antragstellerin bereits vor der Entlassung aus dem Dienstverhältnis von den Ausbildungsabschnitten ausgeschlossen worden, die nach Auffassung der Antragsgegnerin eine besonders hohe Gefahr der Eigen- und Fremdgefährdung in sich trügen. Die Begründung, es sei dem Steuerzahler nicht vermittelbar, eine Beamtin weiter aus Steuergeldern zu alimentieren, deren Entlassung bereits verfügt worden sei, treffe bei jeder Entlassungsverfügung zu. Es sei außerdem unzutreffend, dass die Antragstellerin anderen Bewerbern einen Ausbildungsplatz versperre. Das Tatbestandsmerkmal der gesundheitlichen Nichteignung werde nochmals zur Begründung für die sofortige Vollziehung herangezogen; dabei verkenne die Antragsgegnerin, dass insoweit eine Abwägung im Einzelfall zu treffen gewesen wäre. Das Interesse der Antragstellerin am Suspensiveffekt des Hauptsacherechtsbehelfs sei aber in die Abwägung überhaupt nicht einbezogen worden.
Der Antragstellerin sei die mit Schreiben vom 1. Februar 2018 erbetene Stellungnahme ihres Ausbilders zu Unrecht verwehrt worden. Damit sei das Recht der Antragstellerin, erweiterte Informationen darüber einzuholen, welche konkreten Sachverhalte ihr vorgeworfen würden, ebenso unzulässig beschnitten worden wie ihre Möglichkeit, sich gegen die Entlassungsverfügung zu wehren. Es sei nicht auszuschließen, dass der Inhalt einer entsprechenden Stellungnahme die Ausgangsbehörde zur Einholung eines zweiten fachärztlichen Gutachtens bewogen hätte.
Die der Entlassungsverfügung zugrunde gelegte sozialmedizinische Begutachtung begegne erheblichen Zweifeln. Die Angaben und späteren Einwendungen der Antragstellerin seien vollkommen unberücksichtigt geblieben bzw. verfremdet dargestellt worden. Neben den bereits im Schreiben vom 22. November 2017 angeführten Gründen verwies der Antragstellerbevollmächtigte insbesondere darauf, dass es unzutreffend sei, dass die bei der Untersuchung am 27. September 2017 festgestellte Narbe nicht vom Aufkratzen kommen könne. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Arzt zu der Annahme gelangen könne, es handele sich um eine „neue“, nicht von der mündlichen Prüfung stammende Narbe. Ebenso könne nicht nachvollzogen werden, dass die „Wunde“ nicht ausreichend verheilt sei. Es handele sich um eine Narbe, die üblicherweise erst nach mehreren Monaten verblasse; auch habe die Antragstellerin nichts unternommen, um die Wundheilung zu beeinträchtigen. In Bezug auf die Amnesien habe die Antragstellerin auf die Aufforderung, Angaben dazu zu machen, wie sich ihre ehemalige Prüfungsangst manifestiert habe, lediglich geäußert, dass sie sich am Anfang einer Prüfung teilweise nicht mehr an das Erlernte erinnern könne. Die Antragstellerin habe auch nicht im Rahmen der Untersuchung mehrfach verlautbart, dass sie kein „Bordie“ sei. Da ihr aber mitgeteilt worden sei, dass der Sozialmedizinische Dienst … ein Schreiben von der Dienststelle erhalten werde, sei sie davon ausgegangen, dass darin die genannte Borderline-Situation geschildert werde. Deshalb habe sie einmalig zu Beginn der Untersuchung gegenüber dem Gutachter geäußert, dass sie kein „Bordie“ sei. Dieser Begriff sei ihr bis dahin auch nicht bekannt gewesen. Die unterstellte Neigung zu selbstverletzenden Verhalten könne die Antragstellerin nicht nachvollziehen, da es sich dabei um ein einmaliges Aufkratzen während der ersten mündlichen Prüfung gehandelt habe. Sie habe sich sonst nie selbst verletzt. Ebenso sei die Behauptung fremdaggressiver Impulsausbrüche nicht nachvollziehbar. Der Vorwurf einer nicht ausreichenden Krankheits- bzw. Behandlungseinsicht werde zurückgewiesen, da die Antragstellerin seit der ersten mündlichen Prüfung ein privates Coach-Training gegen Prüfungsangst absolviert und selbst bezahlt habe. Dass die Antragstellerin unter einer weiteren Angststörung leide, sei dadurch widerlegt, dass sie bei der Wiederholung der mündlichen Prüfung nicht mehr unter Prüfungsangst gelitten habe. Die Antragstellerin habe auch keine psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen oder hierzu Angaben gemacht. Das sozialmedizinische Gutachten sei daher nicht schlüssig, es beinhalte Widersprüche und haltlose Aussagen. Zudem habe die Antragsgegnerin keinerlei Ermessenserwägungen angestellt. Es sei nicht zu erkennen, dass die Interessen der Antragstellerin in den Abwägungsprozess Eingang gefunden hätten.
Für die Beklagte erwiderte die Bundespolizeiakademie mit Schriftsatz vom 20. April 2018 und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie sei inhaltlich ausreichend begründet, habe das individuelle Interesse der Antragstellerin an einem Verbleib in einem Dienstverhältnis bis zu einer endgültigen Entscheidung mit dem an einem Sofortvollzug bestehenden öffentlichen Interesse abgewogen und lasse erkennen, aus welchen Gründen die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung angeordnet habe. Die Begründung sei auch hinreichend auf den Einzelfall bezogen. Dieser Einzelfallbezug entfalle nicht dadurch, dass eine Behörde solche konkreten Vollziehungsanordnungen in einer Vielzahl gleich oder ähnlich gelagerter Fälle erlasse. Zudem verweise die Begründung darauf, dass es keine sinnvolle anderweitige Verwendungsmöglichkeit für die Antragstellerin bis zum Abschluss eines Rechtsstreits gebe. Auch wenn sie zuvor bereits vorübergehend in der Wirtschaftsverwaltung eingesetzt worden sei, sei es nicht zweckdienlich, sie dort weiter zu beschäftigen. Eine Ausbildung zur Polizeivollzugsbeamtin könne nicht in der Wirtschaftsverwaltung unter Ausklammerung der gefahrenträchtigen Ausbildungsinhalte erfolgen.
Die auf § 37 Abs. 1 Satz 1 BBG gestützte Entlassung der Beamtin auf Widerruf sei jederzeit möglich, erforderlich sei lediglich ein sachlicher Grund. Ein solcher liege vor, wenn begründete Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Beamten auf Widerruf bestünden. Welche Anforderungen an die gesundheitliche Eignung zu stellen seien, bestimme der Dienstherr, dies sei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. § 37 Abs. 2 BBG, wonach Beamten auf Widerruf Gelegenheit gegeben werden solle, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Anstellungsprüfung abzulegen, bedeute lediglich eine Einschränkung des in § 37 Abs. 1 Satz 1 BBG eingeräumten weiten Ermessens dahin, dass die Entlassung nur aus Gründen statthaft sei, die mit dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf in Einklang stünden. Eine Entlassung könne aber insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn begründete Zweifel an der gesundheitlichen und persönlichen Eignung des Beamten für die angestrebte Beamtenlaufbahn bestünden. Bei der gesundheitlichen Eignung sei in erster Linie auf die Anforderungen des Vorbereitungsdienstes und auf die des angestrebten Berufes abzustellen. Die Antragsgegnerin habe auf Grundlage des eingeholten polizeiärztlichen Gutachtens davon ausgehen können, dass die Antragstellerin mangels gesundheitlicher Eignung für den Beruf einer Polizeivollzugsbeamtin nicht geeignet sei. Zudem sei die Antragstellerin seit ihrer Einstellung an über 20 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt und an 24 Arbeitstagen von körperlichen Aktivitäten wie Sport, Einsatztraining und Schwimmen teildienstbefreit gewesen. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin ihre Prüfungsangst durch ein privates Coaching überwunden und zwischenzeitlich die Zwischenprüfung erfolgreich absolviert habe, stelle keine aussagekräftige Beurteilung ihrer psychischen Belastbarkeit dar. Die Einwendungen der Antragstellerin seien im Verfahren ausreichend gewürdigt worden. Es bestehe aber kein Anlass, die Angaben des Polizeiarztes in Zweifel zu ziehen. Das sozialmedizinische Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar, sodass seitens der Antragsgegnerin keine weitere Sachverhaltsaufklärung veranlasst gewesen sei. Der Antragstellerin sei in dem Gutachten nicht unterstellt worden, dass sie bereits in psychiatrischer Behandlung war. Der Gutachter habe lediglich festgestellt, dass sie einen psychiatrieerfahrenen Eindruck mache. Dies habe er unter anderem daraus gefolgert, dass sie den überwiegend in Patientenkreisen verwendeten Begriff „Bordie“ benutzt habe. Die Antragsgegnerin habe ihr Ermessen ausgeübt und sei insbesondere ihrer Fürsorgepflicht dadurch nachgekommen, dass sie die Antragstellerin frühzeitig entlassen hat, um ihr eine berufliche Umorientierung zu erleichtern. Hinsichtlich der einzelnen Einwendungen bezüglich des Gesprächs der Antragstellerin mit dem Gutachter während der Untersuchung fehle es an einer Glaubhaftmachung.
Der Antragstellerbevollmächtigte erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018 insbesondere, dass die Antragstellerin die Aussage, sie mache einen psychiatrieerfahrenen Eindruck zurückweise. Die Mutter der Antragstellerin sei seit Jahrzehnten im medizinischen Bereich tätig. Daher seien der Antragstellerin medizinische Begriffe nicht unbekannt, dies lasse aber nicht auf eine psychiatrische Behandlung in der Vergangenheit schließen. Die Antragstellerin sei vom Gutachter mittels einer Suggestivfrage („dazu möchten Sie wahrscheinlich nicht sagen“) bezüglich der Strafanzeige befragt worden; sie habe dies bestätigt und hinzugefügt, dass dies nichts mit dem Anlass der Untersuchung zu tun habe. Von angeblichen Partnerschaftsproblemen habe die Antragstellerin schon vor dem Termin beim Sozialmedizinischen Dienst erfahren. Man habe ihr telefonisch aber keine Auskunft geben können, was es damit auf sich haben solle. In der Untersuchung sei dieses Thema nicht angesprochen worden. Die Antragstellerin habe sich am 15. August 2013 und damit weit vor Beginn der Ausbildung von ihrem Partner getrennt und führe seitdem keine Beziehung mehr. Die Antragstellerin habe bei der Untersuchung keine näheren Angaben zur früheren Inanspruchnahme des polizeiärztlichen Dienstes gemacht, weil ihr auf die Schnelle außer unter anderem einer Erkältung und einer Mandelentzündung nichts Weiteres eingefallen sei. Gleichwohl habe sie zuvor eine Schweigepflichtsentbindung unterschrieben, so dass ihr nicht der Vorwurf eines vorsätzlichen Verschweigens gemacht werden könne. Wenn der Gutachter davon ausgehe, dass eine konkrete Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung einer mehrwöchigen Beobachtung bedürfe, die aber nicht durchgeführt worden sei, zeige dies, dass das Gutachten auf Vermutungen basiere. Die angesprochenen 22 Tage Dienstunfähigkeit seien kein außergewöhnlicher Wert; zudem würden die Hintergründe der Dienstunfähigkeit nicht berücksichtigt. Es werde außerdem suggeriert, die Antragstellerin habe gegen Dienstpflichten verstoßen, weil sie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht vorgelegt habe. Ebenso werde ihr vorgehalten, sie habe im Juli an zehn Tagen den Arzt besucht, ohne aufzuzeigen, weshalb diese Arztbesuche erforderlich waren bzw. ob damit ein Fernbleiben vom Dienst verbunden gewesen wäre. Ebenso sei es nicht sachdienlich, der Antragstellerin vorzuhalten, sie habe eine dauernde Überweisung zum Dermatologen und Gynäkologen verschwiegen. Zum einen habe die Antragstellerin ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden, zum anderen könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie nicht bereitwillig Auskunft über ihre Intimsphäre gebe, zumal sie von einem diesbezüglichen Wissen des Begutachtenden ausgehen habe dürfen. Das Gutachten stelle außerdem keine Verknüpfung zwischen den ausgewerteten Fremdbefunden und den festgestellten Krankheitstagen und häufigen Arztbesuchen her. Die Diagnose „emotional instabile Persönlichkeitsstörung, vom Borderline-Typ“ überrasche vor dem Hintergrund der Kürze der Begutachtung. Dagegen sei die diagnostizierte Dissimulation bei drohendem Ausbildungsplatzverlust wenig überraschend. Wenn der Antragstellerin vorgeworfen werde, sie bagatellisiere ihr Fehlverhalten, stelle sich die Frage, welche gewünschte Reaktion zu ihrer Entlastung geführt hätte. Die zusammenfassende Beurteilung beschränke sich überwiegend darauf, der Antragstellerin ein Unterlassen vorzuwerfen, ohne darauf einzugehen, ob dies nachvollziehbar gewesen sei. Eine Darstellung, wie sich die emotional instabile Persönlichkeitsstörung im Verhalten der Antragstellerin wiederspiegele, fehle größtenteils, es werde lediglich auf die einmalige Selbstverletzung und von der Antragstellerin bestrittenes Verhalten verwiesen. In der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters werde außerdem der unzutreffende Eindruck vermittelt, dass körperliche Krankheit und die damit verbundenen Arztbesuche sich auf den emotionalen Zustand der Antragstellerin auswirkten und ihre Tätowierungen bzw. Tunnel an Ober- und Unterlippe Ausdruck dieses Zustandes seien. Jegliches Verhalten oder Persönlichkeitsmerkmal der Antragstellerin werde herangezogen, um die voreilig getroffene Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung zu stützen, ohne Einwendungen zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin habe zudem kein Ermessen ausgeübt. Es sei zu vermuten, dass die Antragsgegnerin aufgrund der irrigen Annahme einer einzig zulässigen Rechtsfolge eine Entlassung verfügt habe. Eine mit der Zustellung der Entscheidung wirksam werdende Entlassung sei zudem unverhältnismäßig. Es sei zudem unzulässig, den Zeitpunkt des Wirksamwerdens einem Dritten, nämlich den Versanddienstleister, zu überlassen.
Die Bundespolizeiakademie führte hierzu unter dem Datum vom 14. Mai 2018 insbesondere aus, es könne dahinstehen, ob die Antragstellerin den Begriff „Bordie“ einmal oder mehrfach verwendet hätte. Inwiefern der Umstand, dass die Antragstellerin keine näheren Angaben zu der vermutlich im Mai 2017 verübten Straftat gemacht habe, sich auf die Polizeidiensttauglichkeit und insbesondere ihre Psyche auswirke, obliege der Beurteilung des Gutachters. Wenn die Antragstellerin einwende, sie habe keinen Partner und dementsprechend keine Partnerschaftsprobleme, sei es nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund sie solche gegenüber ihrem Lehrgruppenleiter geschildert habe. Der Antragstellerin werde kein vorsätzliches Verschweigen einer Erkrankung vorgeworfen. Es sei aber nicht glaubhaft, dass die Antragstellerin eine Erkrankung, wegen derer sie lange Zeit in Behandlung gewesen sei, nicht eingefallen sei. Insoweit erscheine es plausibel, zu dem Ergebnis zu kommen, ihr fehle eine ausreichende Krankheits- oder Behandlungseinsicht. Letzteres obliege im Übrigen der Einschätzung des Gutachters. Dessen Gutachten basiere nicht auf einer Vermutung. Er habe eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung diagnostiziert und dabei lediglich die konkrete Art dieser Persönlichkeitsstörung offen gelassen, weil diese spezielle Differenzierung erst nach einer mehrwöchigen Beobachtung festgestellt werden könne. Für die Beurteilung der psychischen Belastbarkeit der Antragstellerin könne das Bestehen des Trainings nicht ausreichen. Erforderlich sei vielmehr eine umfassende Würdigung aller Einzelumstände. In der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung vom 21. März 2018 sei weder die Rede davon, dass die Antragstellerin in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, noch, dass sie einen psychiatrieerfahrenen Eindruck mache. Weder aus dem streitgegenständlichen Bescheid noch aus dem zugrunde liegenden sozialmedizinischen Gutachten ergebe sich, dass der Gutachter bzw. die Antragsgegnerin von mehreren Selbstverletzungen der Antragstellerin ausgegangen seien. Soweit auf Seite drei des Gutachtens von “Selbstverletzungen“ die Rede sei, handele es sich um ein Versehen. Das Gutachten vermittele auch nicht den Eindruck, die Antragstellerin sei an besonders vielen Tagen dienstunfähig krank oder von bestimmten Tätigkeiten freigestellt gewesen, es werde lediglich die Zahl dieser Tage festgestellt. Insoweit sei auch nicht nachvollziehbar, inwiefern die Hintergründe der Dienstunfähigkeit entscheidend sein könnten, zumal die Antragstellerin diese auch nicht erläutert habe. Hinsichtlich der Nichtvorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liege tatsächlich ein Dienstvergehen vor, soweit diese bei Erkrankungen von mehr als drei Tagen nicht vorgelegt worden seien. Die unzureichende Krankheits- und Behandlungseinsicht beziehe sich auf die diagnostizierte Persönlichkeitsstörung. Auch werde der Antragstellerin kein Verschweigen einer dauerhaften Überweisung zum Dermatologen und Gynäkologen vorgeworfen. Die Antragstellerin habe aufgrund der Schweigepflichtsentbindung davon ausgehen dürfen, dass der Gutachter hiervon Kenntnis hat. Dass sie diese Überweisungen beim Untersuchungsgespräch nicht erwähnte, könne jedoch für den Gutachter relevant sein. Der Gutachter stelle zudem nicht infrage, dass die Krankheiten und Arztbesuche der Antragstellerin in einem vernünftigen Zusammenhang stünden. Inwieweit dies Auswirkungen auf die Beurteilung der Psyche der Antragstellerin habe, könne aber nicht nachvollzogen werden. Der Gutachter sei aufgrund der Angaben im Gutachtensauftrag, der ihm vorliegenden ärztlichen Befunde und des Begutachtungsgesprächs durchaus in der Lage gewesen, eine Diagnose zu stellen. Er habe dabei auch die belastende Situation für die Antragstellerin berücksichtigt, was sich aus der Diagnose „Dissimulation bei drohendem Ausbildungsplatzverlust“ ergebe. Auch wenn der Gutachter zu dem Ergebnis komme, dass keine akute Eigen- oder Fremdgefährdung vorliege, spreche dies nicht gegen eine instabile Persönlichkeitsstörung, die sich auch auf andere Weise äußern könne. Der Antragstellerin stehe selbstverständlich das Recht zu, Vorwürfe abzustreiten. Ebenso könne aber auch der Gutachter das Verhalten der Antragstellerin bei der Begutachtung nach wissenschaftlichen Methoden deuten und bewerten. Es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern der Antragstellerin in der zusammenfassenden Beurteilung vor allem ein Unterlassen vorgeworfen werde, zumal darin kein Vorwurf enthalten sei. Aus der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters vom 8. März 2018 ergebe sich eindeutig, dass die Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung gestellt worden sei; lediglich die genaue Ausformung habe nicht ohne einen mehrwöchigen Beobachtungszeitraum festgestellt werden können. Dass vor allem längere körperliche Erkrankungen auch zu psychischen Belastungen führten, sei eine logische Konsequenz. Die Antragsgegnerin habe das ihr eingeräumte Ermessen ausgeübt. Die Antragstellerin sei mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 zur beabsichtigten Entlassung angehört worden, die Entscheidung sei für sie also nicht unvermittelt gekommen und habe ihr ausreichend Zeit gelassen, sich hierauf einzustellen.
Der Antragstellerbevollmächtigte führte hierzu mit Schriftsatz vom 25. Mai 2018 ergänzend aus, die Antragstellerin habe zu keiner Zeit mit ihrem Lehrgruppenleiter über private Probleme oder gar über Probleme mit einem vermeintlichen Partner gesprochen. Ein gerichtliches Kontaktverbot sei der Antragstellerin weder bekannt noch habe sie sich dahingehend gegenüber anderen Personen geäußert. Die Antragstellerin habe in keiner Unterrichtseinheit Probleme gehabt, dies gelte auch für die Wiederholungsprüfung. Die Würdigung der Antragsgegnerin beschränke sich auf einen einmaligen Vorfall bei der ersten mündlichen Prüfung. Aus einer Gesamtschau werde ersichtlich, dass die Antragsgegnerin beharrlich und ohne Darlegung überzeugender Tatsachen versuche, das Bild einer psychisch kranken Antragstellerin zu zeichnen. Der Antragstellerin sei nicht bekannt, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vorgelegt zu haben, soweit diese erforderlich gewesen wäre. Die Antragsgegnerin könne nicht darauf verweisen, dass Hintergründe der Arztbesuche der Antragstellerin nicht von Belang seien, wenn der Antragstellerin das Verschweigen einer Krankheit sowie mangelnde Krankheits- und Behandlungseinsicht vorgeworfen würden. Die Antragstellerin verweise zudem darauf, dass sie keine dauerhafte Überweisung zu einer Gynäkologin gehabt habe, sondern dort lediglich wegen zweier Untersuchungstermine gewesen sei. Von einem kleinen Ausschlag, dessen Behandlung vom Polizeiärztlichen Dienst angeordnet worden und der die Antragstellerin nicht beeinträchtigt habe, könne nicht auf eine psychische Störung geschlossen werden. Die Antragstellerin habe außerdem entgegen der Darstellung des Gutachters nie ein Oberlippenpiercing getragen. Angesichts dessen, dass eine konkrete Aussage gegenüber einem potentiellen neuen Arbeitgeber bezüglich des Anfangsdatums einer neuen Beschäftigung nicht habe getroffen werden können, sei es der Antragstellerin im Zeitraum zwischen Anhörung und Entlassung auch nicht möglich gewesen, ihr Einkommen durch das Ergreifen eines anderen Berufes zu sichern.
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.
a) Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei dieser Entscheidung hat es entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Maßgeblich ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 20. Aufl. 2014, § 80, Rn. 147 m.w.N.). Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass ein Widerspruch oder eine Klage wohl Erfolg haben werden, kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Kann im summarischen Verfahren noch keine eindeutige Antwort auf die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts gegeben werden, bedarf es einer Abwägung der öffentlichen Interessen am Sofortvollzug gegenüber den Interessen des Betroffenen an der eigentlich von Gesetzes wegen grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs. Zeigt sich im Rahmen der Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für oder gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, kann auch dies zur Gewichtung der betroffenen Interessen herangezogen werden. Nach der insoweit gebotenen summarischen Prüfung ist zwar weder die Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges noch das Wirksamwerden mit der Bekanntgabe des Bescheids zu beanstanden (dazu unter b und c), allerdings bestehen begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides im Hinblick auf das zugrundeliegende sozialmedizinische Gutachten, die sich im Verfahren des Eilrechtsschutzes nicht ausräumen lassen (dazu unter d), eine Interessenabwägung führt hier aber nicht zu einem Überwiegen des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerseite (dazu unter e). Dementsprechend war auch die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen (dazu unter f).
b) Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzuges im streitgegenständlichen Bescheid genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die sich aus dieser Norm ergebende besondere Begründungspflicht dient dazu, die Behörde dazu anzuhalten, sich den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung klar zu machen, den Betroffenen über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, zu unterrichten und dem Gericht durch die Darlegung der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle zu ermöglichen. Ausgehend von diesen Funktionen sind formelhafte, für beliebige Fallgestaltungen passende Wendungen, formblattmäßige oder pauschale Argumentationsmuster oder die bloße Wiederholung des Gesetzestextes nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts, die Vollziehbarkeitsanordnung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist. Das besondere Vollziehbarkeitsinteresse ist dabei gesondert zu begründen (vgl. Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 33. EL Juni 2017, § 80, Rn. 245, 247 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der streitgegenständliche Bescheid, da er – wenn auch teilweise mit Formulierungen, die in einer Vielzahl von Fällen zutreffend sein mögen – auf die besondere Eilbedürftigkeit des Vollzuges im konkreten Fall eingeht. Insbesondere wird dargelegt, welche wirtschaftlichen Folgen ein Abwarten einer rechtskräftigen Entscheidung in einem eventuellen Rechtsbehelfsverfahren für die Antragsgegnerseite im Hinblick auf die Weiterbeschäftigung und Ausbildung der Antragstellerin hätte. Angesichts des großen Personalkörpers der Antragsgegnerseite ist zu erwarten, dass eine entsprechende Konstellation in vielen Fällen auftreten wird. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aber auch darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (BayVGH, B.v. 9.2.2010 – 11 CS 09.1486 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
c) Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die für sofort vollziehbar erklärte Entlassung der Antragstellerin mit Zustellung des Bescheides vom 21. März 2018 wirksam werden sollte. Dass damit der Wirksamkeitszeitpunkt von einem Dritten, nämlich dem Postdienstleister, der die Zustellung übernimmt, abhängt, ist unbedenklich. Dies entspricht vielmehr der gesetzlichen Konzeption in § 43 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Unklarheiten über den Wirksamkeitszeitpunkt können sich hieraus bei der hier gewählten Zustellung per Postzustellungsurkunde nach § 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) ebenfalls nicht ergeben.
d) Die auf § 37 Abs. 1 BBG gestützte Entlassung der Antragstellerin als Beamtin auf Widerruf muss von sachlichen Erwägungen getragen sein, sie darf nicht willkürlich erfolgen. Grundsätzlich ist insoweit ein an den Besonderheiten des Einzelfalls zu messendes sachgerechtes Entlassungsmotiv ausreichend, dabei genügen bereits berechtigte Zweifel der Entlassungsbehörde, ob der Beamte die persönliche oder fachliche Eignung für sein Amt besitzt (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1981 – 2 C 48/78 – BVerwGE 62, 267; Sauerland in: BeckOK Beamtenrecht Bund, 11. Edition, Stand 1.1.2018, § 37 BBG, Rn. 5 m.w.N.). Ein grundsätzlich ausreichender Grund für die Entlassung kann dabei insbesondere die – hier von Antragsgegnerseite herangezogene – fehlende gesundheitliche Eignung des Beamten sein (vgl. bereits BVerwG, U.v. 29.10.1964 – II C 219.62 – BVerwGE 19, 344).
Diese fehlende gesundheitliche Eignung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin maßgeblich auf das sozialmedizinische Gutachten vom 29. September 2017 gestützt. Zwar mag der Gutachter darin auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen zu einem medizinisch zutreffenden Ergebnis gekommen sein. Das Gutachten begegnet nach Überzeugung der Kammer aber nicht unerheblichen Bedenken hinsichtlich seiner Tatsachengrundlage.
Das Ergebnis seiner Beurteilung, dass bei der Antragstellerin eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung mit selbstverletzendem Verhalten und teilweise fremdaggressiven Impulsdurchbrüchen sowie mangelnder Krankheits- und Behandlungseinsicht vorliege, die sie ungeeignet für den Vorbereitungs- und Polizeivollzugsdienst mache, stützt der Gutachter im Wesentlichen auf eine Gesamtschau der ihm mit dem Gutachtensauftrag mitgeteilten Informationen sowie die Befragung und körperliche Untersuchung der Antragstellerin. Bei letzterer hat der Gutachter eine „große, livide verfärbte Narbe nach Selbstverletzung“ festgestellt, die „deutlich über dem ersten Mittelhandknochen rechts ersichtlich“ gewesen sei; es liege eine „nach zwei Monaten noch nicht ausreichend verheilte Wunde“ vor. Im Gutachtensauftrag des Bundespolizeiaus- und fortbildungszentrums … war dagegen geschildert, die Antragstellerin habe sich bei der mündlichen Zwischenprüfung am 25. Juli 2017 die Unterarme „oberflächlich“ verletzt; der Antragstellerbevollmächtigte verortete die Selbstverletzung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 22. November 2017 am rechten Handgelenk. Weder im Gutachten noch in den schriftsätzlichen Ausführungen der Antragsgegnerseite wird dieser Widerspruch hinsichtlich der Lokalisation der Narbe sowie der Schwere der Verletzung hinreichend erklärt. Es bleibt damit schon unklar, ob die bei der Untersuchung durch den Gutachter am 27. September 2017 festgestellte Narbe überhaupt in Zusammenhang mit der Selbstverletzung am 25. Juli 2017 steht. Feststellungen zu Spuren einer Verletzung an den Unterarmen oder am Handgelenk enthält das Gutachten jedenfalls nicht. Nur am Rande sei erwähnt, dass die Antragstellerin auch das Vorhandensein des vom Gutachter festgestellten Oberlippenpiercings bestreitet.
Bei der Beschreibung des psychischen Verhaltens führt der Gutachter aus, die Antragstellerin habe das in den Unterlagen ersichtliche Fehlverhalten bagatellisiert und angegeben, zu Unrecht beschuldigt worden zu sein. Dem dürfte offenbar die Schilderung im Gutachtensauftrag zugrunde liegen, die Antragstellerin sei wegen verbaler Aggressivität unter Alkoholeinfluss gegenüber Sicherheitskräften, wegen Ruhestörungen unter Alkoholeinfluss sowie wegen starker Unordnung in den gemeinschaftlichen Zimmern belehrt bzw. ermahnt worden. Hierzu werden aber keine weiteren Einzelheiten wie etwa Zeitpunkt, Anlass und Konkretisierung des Fehlverhaltens, festgestellter Alkoholkonsum, Einlassung der Antragstellerin zu den Vorwürfen, weitere Konsequenzen etc. genannt. Gleichwohl wertet der Gutachter diese Angaben als „teilweise fremdaggressive Impulsdurchbrüche“ und führt in seiner E-Mail vom 8. März 2018 aus, dies stelle eine Störung der Impulskontrolle dar, die eine der Grundlagen seiner Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung gewesen sei. Eine nähere Beschreibung des der Antragstellerin vorgeworfenen Fehlverhaltens ergibt sich aber auch nicht aus den dem Gericht vorgelegten Behördenakten oder dem Vorbringen der Antragsgegnerseite. Für den Gutachter wie für das Gericht bleibt damit zumindest offen, ob die der Antragstellerin gemachten Vorwürfe zu Recht erhoben wurden bzw. wie schwerwiegend das Fehlverhalten überhaupt einzuschätzen ist. Auf dieser Grundlage dürfte eine sinnvolle Bewertung des Verhaltens der Antragstellerin bei der Befragung, in der sie die Vorwürfe bestritten und – nach Einschätzung des Gutachters – „bagatellisiert“ hat, kaum möglich sein.
Seiner zusammenfassenden Beurteilung legt der Gutachter unter anderem auch zugrunde, dass die Antragstellerin im Mai 2017 Opfer einer vermutlichen Straftat geworden sei, die sie auch zur Anzeige gebracht habe, zu der sie aber in der Befragung keine näheren Angaben gemacht habe. Angesichts dessen, dass insoweit völlig unklar bleibt, was die eigentlichen Hintergründe dieser – zudem nur vermuteten – Straftat sind, ist nicht nachvollziehbar, in welchem Zusammenhang dieses Vorkommnis mit der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Antragstellerin stehen soll. Dafür, dass die Antragstellerin dem Gutachter hierzu keine näheren Angaben machte, sind die verschiedensten Gründe denkbar, die auch ohne jeglichen Zusammenhang mit der gesundheitlichen Eignung der Antragstellerin sein können.
Der Gutachter führt in seiner zusammenfassenden Beurteilung weiter aus, die Antragstellerin habe sich zu den im Gutachtensauftrag geschilderten Partnerschaftsproblemen nicht geäußert. Die Antragstellerin hat hierzu eingewandt, sie habe sich bereits im Jahr 2013 von ihrem Partner getrennt und habe seitdem keine Beziehung; sie habe über derartige private Dinge auch nicht mit ihrem Lehrgruppenleiter gesprochen. Dies als richtig unterstellt, hätte die Antragstellerin auch keinen Anlass gehabt, dieses Thema bei der Untersuchung anzusprechen. Ob die entsprechenden Angaben im Gutachtensauftrag zutreffend sind oder nicht, ist im Rahmen eines Verfahrens des Eilrechtsschutzes nicht abschließend zu klären. Angesichts der von Antragstellerseite vorgetragenen detaillierten Einwände gegen die im Gutachtensauftrag eher allgemein gehaltene Schilderung bestehen aber zumindest Zweifel, ob dem Gutachten insoweit zutreffende Angaben zugrunde gelegt wurden.
Auch den Umstand, dass die Antragstellerin „mehrfach“ erklärt habe, kein „Bordie“ zu sein und es sich hierbei einen in der Patientenklientel gebräuchlichen Begriff handele, legt der Gutachter seiner zusammenfassenden Beurteilung zugrunde. Zum einen ist hier aber bereits unklar, ob entsprechende Angaben von der Antragstellerin nur einmal, oder wie vom Gutachter betont, mehrfach gemacht habe; die Antragsgegnerin hat dies zuletzt dahingestellt (Schriftsatz vom 14. Mai 2018). Gleichwohl erscheint es angesichts der besonderen Betonung der mehrfachen Wiederholung dieser Äußerung durch den Gutachter, der dies – auch – zur Grundlage seiner Einschätzung machte, der Antragstellerin mangele es an einer ausreichenden Krankheits- und Behandlungseinsicht, gerade nicht ohne Belang, ob die Antragstellerin diese Angabe lediglich einmal oder tatsächlich mehrfach machte. Darüber hinaus ist auch nach den Ausführungen des Gutachters die Verwendung des Begriffs „Bordie“ kein zwingender Grund für die Annahme, die Antragstellerin gehöre selbst zur entsprechenden „Patientenklientel“. Er geht vielmehr davon aus, dass der Begriff „überwiegend“ von Patienten verwendet werde.
Soweit der Gutachter seine zusammenfassende Beurteilung auch darauf stützt, dass die Antragstellerin sich anlässlich ihrer Untersuchung nicht näher zu den Erkrankungen geäußert habe, die seit ihrer Einstellung 2016 zu häufigen Arztbesuchen geführt hätten, ist darauf zu verweisen, dass die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 14. Mai 2018 ausgeführt hat, dass der Antragstellerin vor dem Hintergrund der vorliegenden Schweigepflichtsentbindung kein Verschweigen von Erkrankungen vorgeworfen werde, auch wenn es plausibel sei, aus der Nichtangabe erheblicher Erkrankungen auf eine fehlende Krankheits- und Behandlungseinsicht zu schließen. Gleichzeitig führt die Antragsgegnerin im selben Schriftsatz aber aus, die fehlende Krankheits- und Behandlungseinsicht beziehe sich lediglich auf die vom Gutachter festgestellte Persönlichkeitsstörung, derentwegen aber bislang keine ärztliche Behandlung erfolgt ist. Zudem verweist auch der Gutachter in seiner E-Mail vom 8. März 2018 darauf, dass in der Zusammenschau das „Aufsuchverhalten des polizeiärztlichen Dienstes vor Ort“ – also offenbar bereits die Häufigkeit der Arztbesuche – einen Hinweis auf die diagnostizierte emotional instabile Persönlichkeitsstörung gegeben habe. Es bleibt damit unklar, ob insoweit bereits die Zahl der festgestellten Arztbesuche an sich oder vielmehr der Umstand, dass die Antragstellerin zu den zugrunde liegenden Erkrankungen keine (ausreichenden) Angaben machte, Grundlage der Bewertung des Gutachters war. Aus der bloßen Anzahl von Arztbesuchen dürfte sich aber ohne nähere Kenntnis der zugrunde liegenden Erkrankungen nichts für die Polizeidiensttauglichkeit der Antragstellerin ableiten lassen.
Angesichts der geschilderten Ungewissheiten hinsichtlich der – ausweislich der zusammenfassenden Beurteilung – wesentlichen Tatsachengrundlage des maßgeblichen Gutachtens vom 29. September 2017 ergeben sich für die Kammer nicht unerhebliche Zweifel an dessen Aussagekraft und damit am Fehlen der gesundheitlichen Eignung der Antragstellerin, die Grundlage einer Entlassung nach § 37 Abs. 1 BBG sein könnte. Im Rahmen der im Verfahren des Eilrechtsschutzes nur gebotenen summarischen Prüfung können diese Zweifel aber nicht abschließend ausgeräumt werden, eine entsprechende Klärung muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Gleiches gilt für die damit verbundene Frage, ob die Antragsgegnerin ihrer Ermessensausübung einen zutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind damit als offen anzusehen.
e) Erforderlich ist daher eine Abwägung der öffentlichen Interessen am Sofortvollzug gegenüber den Interessen des Betroffenen an der eigentlich von Gesetzes wegen grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs. Insoweit ist maßgeblich, ob bei einer Abwägung das private Interesse des Betroffenen, vom Sofortvollzug verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin am Sofortvollzug überwiegt. Dabei ist zugunsten der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, dass kein öffentliches Interesse daran besteht, einen Ausbildungsplatz mit einer Beamtin auf Widerruf zu besetzen und diese weiter auszubilden und zu alimentieren, obwohl ihr die gesundheitliche Eignung für den angestrebten Beruf fehlt. Sollte sich im Hauptsacheverfahren ergeben, dass die Antragstellerin tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen nicht für den Vorbereitungs- bzw. Polizeivollzugsdienst geeignet ist, wäre die Antragsgegnerin lediglich auf die – gegebenenfalls schwierig durchzusetzende – Rückforderung der zu Unrecht bezahlten Bezüge verwiesen. Umgekehrt wäre aber im Falle eines Obsiegens der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren eine sofortige Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf und der damit verbundene Abbruch der Ausbildung für die Antragstellerin mit nachträglich kaum wieder auszugleichenden Nachteilen verbunden. Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass das Interesse der Antragstellerin, die weitere Ausbildung – zunächst – fortsetzen zu können und damit eine spätere Tätigkeit im angestrebten Beruf nicht von vornherein auszuschließen, das im Wesentlichen nur wirtschaftliche Interesse der Antragsgegnerin überwiegt.
f) Da somit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin wiederherzustellen war, war nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO auch antragsgemäß die Aufhebung der bereits erfolgten Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides anzuordnen. Liegen die Voraussetzungen des § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO vor, muss die Aufhebung der Vollziehung grundsätzlich angeordnet werden; zum „Ob“ dieser Entscheidung gibt es kein Ermessen (Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 33. EL Juni 2017, § 80, Rn. 446 m.w.N.).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Anzusetzen war insoweit die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Anwärterbezüge nach §§ 59 ff. des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) i.V.m. Anlage VIII des BBesG (Anwärtergrundbetrag für Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 7 – Polizeimeisterin – von 1.168,99 €); dieser Betrag war für das Verfahren des Eilrechtsschutzes nochmals zu halbieren.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben