Medizinrecht

Vertragsarztrecht: Beschränkung einer Sonderbedarfszulassung

Aktenzeichen  L 12 KA 22/18

Datum:
26.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 25763
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB V § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 4 S. 5, § 103 Abs. 4
BedPlRL § 25, § 36, § 37
GG Art. 12 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Beschränkung einer Sonderbedarfszulassung auf Leistungen, die in Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stehen, entfiel in analoger Anwendung von § 37 Abs. 1 S. 2 BedPlRL a.F. auch bei Nichterfüllung der Quoten nach § 101 Abs. 4 S. 5 SGB und Feststellung von Zulassungsmöglichkeiten nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 BedPLRl a.F. für psychotherapeutisch tätige Leistungserbringer. (Rn. 38 – 46)
2. Werden durch den Wegfall einer Sonderbedarfszulassung die Mindestquoten nach § 101 Abs. 4 S. 5 SGB V für psychotherapeutisch tätige Leistungserbringer nicht mehr erfüllt und müsste eine Zulassungsmöglichkeit nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 BedPlRL festgestellt werden, bedarf die zu erteilende Nachfolgezulassung nach § 103 Abs. 4 SGB V keiner Beschränkung nach § 36 Abs. 6 und 7 BedPlRL. (Rn. 50)

Verfahrensgang

S 43 KA 557/16 2018-04-13 Urt SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.04.2018 und der Beschluss des Beklagten vom 10.06.2015 werden aufgehoben und der Beklagte wird verurteilt, über den Widerspruch der Klägerin vom 01.08.2015 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig und begründet.
1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig.
Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) fehlt der Klägerin nicht die Klagebefugnis für das Klagebegehren der Erteilung einer unbeschränkten Zulassung. Sie wendet sich gegen einen an sie gerichteten Bescheid des Beklagten. Gegenstand des Zulassungsverfahrens war nach der Antragstellung der Klägerin vom 21.04.2019 die Erteilung einer Zulassung zur vertragsärztl./-psychotherapeutischen Versorgung mit vollem Versorgungsauftrag als KJP in den Richtlinienverfahren Analytische Psychotherapie und Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie am Vertragsarztsitz C-Straße, C-Stadt. Mit dem Beschluss des ZA vom 10.06.2015 wurde dem Antrag nur teilweise stattgegeben, weil eine Sonderbedarfszulassung mit diversen Einschränkungen erteilt wurde, aufgrund der u.a. für die Dauer der Zulassung nur Leistungen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie abrechenbar sein sollen und die Zulassung gemäß § 36 Abs. 2 BedPlRL an den Ort der Niederlassung gebunden war. Damit wurde dem Antrag der Klägerin nicht in vollem Umfang stattgegeben, was die Klagebefugnis der Klägerin als Adressatin des Bescheides begründet. Die Klägerin macht mit ihrer Klage auch nicht Rechte der Praxisvorgängerin geltend, sondern verfolgt ihren eigenen Anspruch auf eine Zulassung in dem von ihr beantragten Umfang.
Die Klagebefugnis der Klägerin ist auch nicht durch die Erweiterung der Zulassung auf analytische Psychotherapie mit Beschluss des ZA vom 07.11.2018 entfallen. Denn unabhängig davon, dass das von der Zulassung umfasste Leistungsspektrum nun dem Zulassungsantrag der Klägerin entspricht, verfügt diese nach wie vor nur über eine Sonderbedarfszulassung mit Einschränkungen durch die Bindung der Zulassung an den genehmigten Sitz und in einem späteren Nachbesetzungsverfahren. Hinsichtlich der Bindung der Zulassung an den genehmigten Sitz wird die Auffassung vertreten, dass jede Verlegung des Sitzes einen erneuten Antrag auf Sonderbedarfszulassung erfordern würde, weil einer bloßen Verlegung nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV stets Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen würden (Ladurner, Ärzte-ZV, 2017, § 24 Rn. 110). Bereits diese fortbestehende Beschränkung der Möglichkeit der Sitzverlegung ist geeignet, die Klägerin in ihren Rechten zu verletzen.
2. Die Berufung ist begründet, weil das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München und der angefochtene Bescheid des Beklagten rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen. Der Beklagte hat nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend geprüft und dargelegt, warum bei der bestehenden Versorgungssituation im Planungsbereich nur eine Sonderbedarfszulassung und keine unbeschränkte Zulassung erteilt wurde.
a) Die der Klägerin vom ZA erteilte Zulassung beruht auf § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. §§ 36, 37 BedPlRL. Nach § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken. Auf dieser Grundlage beruht die BedPlRL.
Gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 BedPlRL darf der ZA unbeschadet der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss dem Zulassungsantrag eines Arztes der betreffenden Arztgruppe auf Sonderbedarf nach Prüfung entsprechen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind und die ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes unerlässlich ist, um die vertragsärztliche Versorgung in einem Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf zu decken.
Nach § 36 Abs. 6 BedPlRL hat die Zulassung wegen qualifikationsbezogenem Sonderbedarf mit der Maßgabe zu erfolgen, dass für den zugelassenen Vertragsarzt nur die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stehen, abrechnungsfähig sind.
Die Nachfolgebesetzung nach § 103 Abs. 4 SGB V bedarf gemäß § 36 Abs. 7 BedPlRL der erneuten Zulassung und kann nur bei Fortbestand der Sonderbedarfsfeststellungen mit Festsetzung einer erneuten Beschränkung erteilt werden. Bei der Nachfolgebesetzung ist also erneut zu prüfen, ob der festgestellte Sonderbedarf weiter besteht.
b) Der Beklagte hätte prüfen und feststellen müssen, dass die Beschränkung der Zulassung der Praxisvorgängerin bereits nach § 36 Abs. 1 S. 2 BedPlRL entfallen war und § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. §§ 36, 37 BedPlRL im Verfahren der Nachfolgebesetzung nicht mehr anzuwenden war. Auf die Prüfung und Feststellung eines Sonderbedarfs kam es nicht mehr an, weshalb Beschränkungen nach § 36 Abs. 7 BedPlRL nicht zulässig waren.
Die Beschränkungen der Zulassung der Praxisvorgängerin sind aufgrund § 37 Abs. 1 S. 2 BedPlRL (in der bis 03.07.2013 geltenden Fassung – a.F.) weggefallen. Nach § 37 Abs. 1 S. 1 BedPlRL a.F. war die Zulassung gemäß § 36 im Falle der Buchstaben a und b an den Ort der Niederlassung gebunden und hat in den Fällen der Buchstaben b bis d mit der Maßgabe zu erfolgen, dass für den zugelassenen Vertragsarzt nur die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stehen, abrechnungsfähig sind. Auf dieser Grundlage war die Zulassung der Praxisvorgängerin auf Leistungen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie beschränkt und an den Ort der Niederlassung gebunden. Nach § 37 Abs. 1 S. 2 BedPlRL a.F. endeten die Beschränkungen nach S. 1, wenn der Landesausschuss für den entsprechenden Planungsbereich feststellt, dass eine Überversorgung gemäß § 103 Abs. 1 und 3 SGB V nicht mehr besteht.
Der Landesausschuss hat mit dem Beschluss vom 10.06.2013 zwar nicht festgestellt, dass eine Überversorgung für die Gruppe der Psychotherapeuten und der überwiegend psychotherapeutisch tätigen Ärzte nicht mehr besteht, aber wegen der Nichterfüllung der Quote nach § 101 Abs. 4 S. 5 SGB V auf der Grundlage von § 25 Abs. 1 Nr. 5 BedPLRl a.F. Zulassungsmöglichkeiten für Leistungserbringer festgestellt, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandeln. Nach dem Wortlaut des § 37 Abs. 1 S. 2 BedPlRL a.F. würde die Feststellung weiterer Zulassungsmöglichkeiten wegen nicht erfüllter Mindestquoten nach § 25 Abs. 4 S. 1 BedPlRL damit nicht zum Ende von Beschränkungen von Sonderbedarfszulassungen führen. Der Wortlaut steht einer analogen Anwendung jedoch nicht entgegen.
Voraussetzung der analogen Anwendung einer Norm sind eine unbewusste planwidrige Regelungslücke und eine Gleichartigkeit der zu regelnden Sachverhalte (BSG, Urteil vom 27.06.2007, Az. B 6 KA 24/06 R, Rn. 18 und Verweis auf BVerfGE 82, 6, 11 f; 116, 69, 83, 84; BSG SozR 4-1300 § 63 Nr. 3 RdNr. 14 mwN). Eine Regelungslücke liegt vor, da die BedPlRL a.F. keine Regelungen zum Fortbestand oder Wegfall von Beschränkungen der Sonderbedarfszulassung nach § 37 Abs. 1 S. 1 BedPLRL a.F. bei der Feststellung weiterer Zulassungsmöglichkeiten wegen Nichterfüllung einer Mindestquote enthielt. Von der Planwidrigkeit der Regelungslücke ist auszugehen, denn das in Art. 12 GG verbürgte Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG und das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG hätten eine solche Regelung erforderlich gemacht. Die mit der Sonderbedarfszulassung nach § 37 Abs. 1 S. 1 BedPlRL verbundenen Beschränkungen der vertragsärztlichen Tätigkeit greifen in das Recht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ein. Zwar handelt es sich bei der Tätigkeit als Vertragsarzt nicht um einen eigenen Beruf, sondern nur um eine Ausübungsform des Berufs des frei praktizierenden Arztes (vgl. BVerfGE 12, 144, 147). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist aber anerkannt, dass ein Ausschluss von der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht nur die Berufsausübung des Arztes beeinträchtigt, sondern im Hinblick auf die Anzahl der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten und die daher mit einem Ausschluss von der vertragsärztlichen Tätigkeit verbundenen Auswirkungen auf die Möglichkeit, ärztlich tätig zu sein, einer Beschränkung der Berufswahlfreiheit gleichkommt (vgl. BVerfGE 11, 30, 42 ff.; 12, 144, 147 f.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 1998 – 1 BvR 2167/93, 1 BvR 2198/93 -, juris, Rn. 28). Auch der teilweise Ausschluss von der vertragsärztlichen oder vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit – hier von den Leistungen Verhaltenstherapie – oder die Bindung der Zulassung an den Ort der Niederlassung, ist eine Beschränkung der Berufsfreiheit.
In das durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Grundrecht der Berufsfreiheit darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (stRspr; vgl. nur BVerfGE 135, 90, 111 m.w.N.). Diesem Gesetzesvorbehalt kann nicht nur durch Normen des staatlichen Gesetzgebers genügt werden, vielmehr sind Beschränkungen innerhalb gewisser Grenzen auch in Gestalt von Satzungen und Rechtsverordnungen zulässig (vgl. BVerfGE 33, 125, 156; 76, 171, 185). Die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen und die Beschränkung zu erteilender Sonderbedarfszulassung auf Leistungen des festgestellten Sonderbedarfs sind im Hinblick auf die Sicherung der finanziellen Stabilität und der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als überragendem Gemeinwohlbelang grundsätzlich gerechtfertigt (vgl. BVerfGE, Nichtannahmebeschluss vom 27.04.2001, 1 BvR 1282/99, Orientierungssatz 2). Die Beschränkungen müssen jedoch auch verhältnismäßig im engeren Sinne sein und für alle Teilnehmer an der vertragsärztlichen/-psychotherapeutischen Versorgung in gleicher Weise angewendet werden. Das Gebot der Gleichbehandlung ergibt sich aus Art. 3 GG. Der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (Burghart, in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, 77. Lieferung 10.2018, Art. 3 GG, Rn. 21 mit zahlreichen Nachweisen).
Hintergrund der in § 37 Abs. 1 S. 2 BedPlRL a.F. geregelten Beendigung von Beschränkungen der erteilten Sonderbedarfszulassungen ist, dass selbst unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit erteilten Sonderbedarfszulassungen der Landesausschuss zu der Feststellung gelangt, dass Überversorgung nicht mehr besteht (§ 26 Abs. 1 BedPlRL a.F.) und somit Zulassungsmöglichkeiten bestehen, die keiner Beschränkung der abrechenbaren Leistungen bedürfen. Die bereits erteilten, beschränkten Sonderbedarfszulassungen decken den nach den festgestellten Verhältniszahlen bestehenden Versorgungsbedarf überdies nur unzureichend, weil nicht alle Leistungen des Gebietes der Arztgruppe, für die die Sonderbedarfszulassung erteilt wurde, erbracht bzw. abgerechnet werden dürfen. In dieser Situation ist es nur folgerichtig, die bereits angeordneten Beschränkungen der erteilten Sonderbedarfszulassungen zu beenden und so das gesamte Leistungsspektrum der Arztgruppe für die Versorgung verfügbar zu machen. Nur dann kann der nach den Verhältniszahlen bestehende Versorgungsbedarf auch real in der gesamten Breite des Leistungsspektrums der Arztgruppe abgedeckt werden. Für eine Fortdauer der nach § 37 Abs. 1 S. 1 BedPlRL auferlegten Beschränkung der erteilten Sonderbedarfszulassungen besteht überdies auch kein rechtfertigender Grund mehr.
Nicht anders ist die Situation, wenn Zulassungsmöglichkeiten aufgrund Nichterfüllung der Mindestquote ärztlicher Psychotherapeuten oder Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, bestehen. Auch dann wurde die vom Landesausschuss festgestellte Quote im Planungsbereich unter Berücksichtigung der bereits erteilten (ggf. beschränkten) Sonderbedarfszulassung ermittelt und sind die aufgrund einer beschränkten Sonderbedarfszulassungen teilnehmenden Leistungserbringer gehindert, das gesamte Leistungsspektrum zu erbringen. Einen rechtfertigenden Grund für den Fortbestand der Beschränkung nach § 37 Abs. 1 S. 1 BedPlRL a.F. gibt es dann aber ebenso wenig, weil eben gerade noch Zulassungsmöglichkeiten bestehen, die in unbeschränkten Zulassungen münden würden.
Die Gleichartigkeit der Zulassungsmöglichkeiten aufgrund einer (Teil-)entsperrung des Planungsbereichs nach § 26 Abs. 1 BedPlRL und aufgrund Nichterfüllung der Mindestquote nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 BedPlRL ergibt sich auch aus den Regelungen über das Zulassungsverfahren. Im Rahmen der vom Landesausschuss nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 BedPlRL a.F. festgestellten Zulassungsmöglichkeiten durfte der ZA gemäß § 25 Abs. 4 S. 1 BedPlRL a.F. Zulassungen erteilen. Nach § 25 Abs. 4 S. 2 BedPlRL a.F. hatte der ZA dabei nach Maßgabe von § 26 BedPlRL a.F. zu entscheiden. Das Zulassungsverfahren nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen gemäß § 26 BedPlRL findet damit auch auf das Zulassungsverfahren bei Ausweisung von Zulassungsmöglichkeiten aufgrund nicht erfüllter Mindestquote Anwendung.
Eine entsprechende Anwendung von § 37 Abs. 1 S. 2 BedPlRL a.F. auf den Fall der Feststellung von Zulassungsmöglichkeiten nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 BedPlRL a.F. bei weiterhin fortbestehender Überversorgung ist daher geboten. Die Beschränkung der Sonderbedarfszulassung der Praxisvorgängerin der Klägerin hat damit zum 01.07.2013 geendet. Für das Nachbesetzungsverfahren war § 36 Abs. 7 BedPlRL nicht anwendbar, so dass eine erneute Feststellung von Sonderbedarf nicht erforderlich war und auch Beschränkungen der Zulassung nach § 36 Abs. 6 BedPlRL nicht erforderlich waren.
c) Unabhängig davon, ob die Beschränkungen der Sonderbedarfszulassung der Praxisvorgängerin bereits zum 01.07.2013 entfallen waren, hätte der Klägerin eine Zulassung ohne Beschränkungen erteilt werden müssen. Denn die Beschränkung auf tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (nachträglich erweitert auf analytische Psychotherapie) und die Bindung an den Ort der Zulassung war aus bedarfsplanerischen Gründen nicht erforderlich.
Die Praxisvorgängerin hatte den Verzicht auf die ihr erteilte Sonderbedarfszulassung erklärt unter der Bedingung, dass eine Nachfolgerin für ihre Praxis zugelassen wird. Der Beklagte hätte im Rahmen der erforderlichen Bedarfsprüfung berücksichtigen müssen, dass mit dem Verzicht der Praxisvorgängerin auf ihre Sonderbedarfszulassung die Mindestquote nach § 101 Abs. 4 S. 5 SGB V von mindestens 20% Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandeln, nicht mehr erfüllt wird.
Die Beigeladene zu 1) hatte in ihrer Stellungnahme zum Nachbesetzungsantrag vom 02.03.2015 dargelegt, dass der Planungsbereich C-Stadt/C. mit 119,4% überversorgt und damit gesperrt ist. Die Mindestquote nach § 101 Abs. 4 S. 5 SGB V war bei 7,1 Zulassungen erfüllt, wobei im Planungsbereich unter Einbeziehung der Praxisvorgängerin 7,5 Therapeuten ausschließlich Kindern und Jugendlichen zur Verfügung standen.
Vom Beklagten und der Beigeladenen zu 1) wurde nicht berücksichtigt, dass die Mindestquote bei einem Wegfall der Zulassung der Praxisvorgängerin der Klägerin nicht mehr erfüllt wäre und der Landesausschuss dann nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 BedPlRL eine Zulassungsmöglichkeit für Leistungserbringer, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln, hätte ausweisen müssen. Mit dem Wegfall der Zulassung würde also eine Zulassungsmöglichkeit nicht aufgrund eines Sonderbedarfs, sondern eine reguläre Zulassungsmöglichkeit bestehen. Aus den oben dargelegten Gründen – Art. 12 GG und Art. 3 GG – war es daher nicht gerechtfertigt, nur eine Sonderbedarfszulassung zu erteilen. Aufgrund des nach den Verhältniszahlen bestehenden Versorgungsbedarfs und den bestehenden Zulassungen hatte die Klägerin Anspruch auf eine unbeschränkte Zulassung.
Zu dieser tatsächlichen Versorgungssituation im Planungsbereich hat der Beklagte keine Feststellungen getroffen und insbesondere in seine Entscheidung nicht einbezogen, dass mit dem Wegfall der Zulassung der Praxisvorgängerin eine reguläre Zulassungsmöglichkeit entstehen würde.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.


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