Medizinrecht

Weisung zur Vorlage ärzlicher Atteste

Aktenzeichen  M 5 E 16.2120

Datum:
10.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG BayBG Art. 65 Abs. 2 S. 1, Art. 95 Abs. 1
BayUrlV BayUrlV § 21 Abs. 2
VwGO VwGO § 123

 

Leitsatz

In der beamtenrechtlichen Weisung zur Vorlage eines ärztlichen Attests ab dem ersten Krankheitstag und zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests ab dem vierten Krankheitstag ist der Dienstherr nicht verpflichtet, sich mit den Umständen der vergangenen krankheitsbedingten Fehlzeiten detailliert aueinanderzusetzen.  (redaktioneller Leitsatz)
Die Voraussetzungen für die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung als Vorbereitung zur Versetzung in den Ruhestand (Art. 65 Abs. 2 S. 1 BayBG) sind jedenfalls dann nicht auf die Weisung zur Vorlage (amts-)ärztlicher Atteste im Krankheitsfall übertragbar, wenn die privatärztlichen Krankschreibungen aus verschiedenen Erkrankungen unterschiedlicher medizinischer Fachgebiete resultieren (Parallelentscheidung VG Bayreuth BeckRS 2015, 44672).  (redaktioneller Leitsatz)
Der Widerspruch zwischen amtsärztlichen Festellungen und privatärztlichen Bescheinigungen begründet Zweifel an der Dienstunfähigkeit und rechtfertigt die Forderung nach einem Nachweis durch amtsärztliche Untersuchung. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der 1960 geborene Antragsteller steht als Vermessungsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) in den Diensten des Antragsgegners.
Der Antragsteller leidet seit Jahren unter gesundheitlichen Beschwerden aus verschiedenen medizinischen Fachgebieten. Allein im Jahr 2015 erlitt er unter anderem einen Muskelfaserriss, einen Bandscheibenvorfall bei zwei Halswirbeln, einen Zahnabszess, er litt unter Tinnitus, grippalen Infekten sowie Magen-Darm-Grippe. Im Jahr 2013 fehlte er krankheitsbedingt im Dienst 94 Tage, 2014 waren es 184 Tage und im Jahr 2015 waren es 159 Tage.
Der Antragsgegner ließ den Antragsteller mehrfach amtsärztlich untersuchen. Diese Untersuchungen fanden am 12. Dezember 2013, 13. Mai 2015 und 24. November 2015 statt und kamen allesamt zu dem Ergebnis, dass keine dauernde Dienstunfähigkeit festgestellt werden könne.
Am 21. Januar 2016 wurde anlässlich der Langzeiterkrankungen in den Jahren 2013 bis 2015 ein Personalgespräch mit dem Antragsteller geführt. Hierbei wurde dem Antragsteller auferlegt, künftig bei weiteren Erkrankungen sofort ein amtsärztliches Attest vorzulegen. Eventuelle privatärztliche Atteste müssten umgehend durch einen Amtsarzt überprüft werden. Er wurde angehalten, selbstständig den nächsten Amtsarzt in München, Dachauer Straße 90, zu kontaktieren. Mit Schreiben vom 1. Februar 2013 wurde der Inhalt dieses Personalgesprächs noch einmal schriftlich mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 3. März 2016 forderte der Bevollmächtigte des Antragstellers den Dienstherrn auf, von der Weisung Abstand zu nehmen. Die Maßnahme sei rechtswidrig, da sie zu unbestimmt sei und nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz genüge. Zudem würden jegliche Ermessenserwägungen fehlen. Weder die inhaltlichen noch die formellen Anforderungen an eine derartige Anordnung seien erfüllt.
Der Antragsgegner änderte die Weisung mit Schreiben vom 21. März 2016, dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugegangen am 29. März 2016, teilweise ab. Es sei nunmehr bei Dienstunfähigkeit ab dem ersten Tag ein ärztliches Attest vorzulegen. Dies sei erforderlich, damit der Dienstherr überprüfen könne, ob ein Beamter in berechtigter Weise wegen Erkrankung dem Dienst fernbleibe, wobei die Anordnung im Ermessen des Dienstherrn liege. Bei längerer Dienstunfähigkeit wegen Erkrankung sei spätestens ab dem vierten Tag ein amtsärztliches Zeugnis beizubringen. Aufgrund erheblicher Zweifel aus der Vergangenheit werde dem Beamten die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses auferlegt. Der Antragsteller sei drei Mal durch die medizinische Untersuchungsstelle untersucht und für uneingeschränkt dienstfähig begutachtet worden, ignoriere die Ergebnisse jedoch. Er habe trotz Aufforderung den Dienst nicht angetreten, sondern weitere privatärztliche Krankmeldungen vorgelegt. Der Dienstvorgesetzte sei aufgrund der Vorkommnisse nicht mehr in der Lage, bei dem Beamten eine „echte“ Erkrankung zu erkennen. Aus Fürsorgegründen sei für eine sachgerechte Entscheidung die Begutachtung durch einen Amtsarzt notwendig, zumal der Beamte in der Vergangenheit seine Erkrankungen nicht immer umgehend dem Dienstvorgesetzten mitgeteilt habe. Je zweifelhafter ein Fall sei, umso höhere Anforderungen seien an die zur Sachverhaltsaufklärung erforderlichen Mitwirkungspflichten zu stellen. In die Entscheidung mit eingeflossen seien Zumutbarkeit und Vollziehbarkeit der auferlegten Weisungen. Dem Beamten dürfte aufgrund der Vorfälle seit August 2011, auch ohne Angabe weiterer Einzelheiten, inhaltlich ohne weiteres erkennbar gewesen sein, welches Ereignis – fortdauerndes krankheitsbedingtes Fernbleiben vom Dienst – zur Begründung der Aufforderung herangezogen worden sei.
Ein Schreiben des Antragsgegners vom 18. April 2016, das im Wesentlichen den gleichen Inhalt aufweist wie das Schreiben vom 21. März 2016, wurde dem Antragsteller direkt ausgehändigt.
Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2016 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt,
einstweilen die dienstliche Weisung vom 21. Januar 2016, schriftlich mitgeteilt mit Schreiben vom 1. Februar 2016, in Gestalt der Modifizierung mit Schreiben vom 21. März 2016, zugegangen am 29. März 2016, sowie vom 18. April 2016, zugegangen am 20. April 2016, mit der gegenüber dem Antragsteller angeordnet wird,
– bei Dienstunfähigkeit wegen Erkrankung ist ab dem ersten Tag ein ärztliches Attest vorzulegen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 UrlV) sowie
– bei längerer Dienstunfähigkeit wegen Erkrankung ist spätestens ab dem vierten Tag ein ärztliches Zeugnis beizubringen (§ 21 Abs. 2 Satz 2 UrlV) und
– der Antragsteller angehalten wird, selbstständig den nächsten Amtsarzt in München, Dachauer Straße 90, zu kontaktieren
auszusetzen.
Eine Ermessensabwägung sei nicht ersichtlich, es finde keine nähere Auseinandersetzung mit den erfolgten Begutachtungen und den Ergebnissen sowie den bereits vorgelegten Attesten statt. Die Gesundheitszeugnisse der Untersuchungen von Mai und November 2015 würden die Dienstfähigkeit nicht ohne Einschränkungen attestieren. Die Grundsätze der Rechtsprechung zur Problematik der Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung wegen möglicher Versetzung in den Ruhestand seien vorliegend übertragbar, weshalb der Dienstherr nicht nach der Devise handeln könne, „der Beamte wisse schon, worum es geht“. Der in der Weisung enthaltene Verweis auf die Vorfälle „seit August 2011“ sei zu unbestimmt, da die einzelnen Vorfälle nicht benannt würden. Auch seien konkret diejenigen privatärztlichen Atteste zu benennen, die im Widerspruch zu den amtsärztlichen Gutachten stünden.
Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2016 hat das Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Das Schreiben des Antragsgegners vom 21. März 2016 an den Bevollmächtigten des Antragstellers sei als Vorschlag zur Abänderung der Attestpflicht zu verstehen gewesen. Mangels Beantwortung durch den Bevollmächtigten sei schließlich die partielle Abänderung der früheren Weisung ergangen, wodurch diese abgemildert worden sei. Da eine Bewertung der Atteste seitens des Vorgesetzten nicht erfolgen könne, bleibe dem Dienstherrn nur die Beiziehung eines Amtsarztes. Amtsärztliche Gutachten hätten auch einen höheren Beweiswert als privatärztliche. Die Erkrankungen des Antragsstellers seien in den amtsärztlichen Gutachten inhaltlich eingeflossen, hätten jedoch zu einer anderen fachärztlichen Bewertung geführt. Gerade aus diesem Grund sei die Beiziehung eines Amtsarztes notwendig.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 123 VwGO der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist unbegründet.
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d. h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist statthaft, da es sich bei der streitgegenständlichen Anordnung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, sondern um eine dienstliche Weisung ohne unmittelbare rechtliche Außenwirkung (BVerwG, B. v. 19.6.2000 – 1 DB 13/00 – juris Rn. 25; BayVGH, B. v. 22.4.2005 – 15 CS 05.806 – juris Rn. 13; VG Bayreuth, B. v. 13.3.2015 – B 5 E 15.35 – juris Rn. 23; VG Augsburg, U. v. 1.2.2006 – Au 2 K 04.716 – juris Rn. 13; a.A. Summer in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2016, Art. 95 BayBG, Rn. 33).
2. Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn die streitgegenständliche Weisung ist rechtmäßig ergangen.
a) Rechtsgrundlagen für die Anordnung, bei einem krankheitsbedingten Fernbleiben vom Dienst bereits ab dem ersten Krankheitstag ein die Dienstunfähigkeit bestätigendes ärztliches Attest und ab dem vierten Krankheitstag ein amtsärztliches Attest vorzulegen, sind Art. 95 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) und § 21 Verordnung über den Urlaub der bayerischen Beamten und Richter (Urlaubsverordnung – UrlV). Nach Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BayBG ist eine Dienstunfähigkeit wegen Krankheit auf Verlangen nachzuweisen. Dauert die Dienstunfähigkeit länger als drei Kalendertage, so regelt § 21 Abs. 2 Satz 1 UrlV, dass spätestens am vierten Kalendertag ein ärztliches Zeugnis vorzulegen ist, auf Verlangen des Dienstvorgesetzten auch früher. Nach Satz 2 der Vorschrift ist auf Anordnung des Dienstvorgesetzten ein amtsärztliches Zeugnis beizubringen. Sowohl die Anordnung der Vorlage eines Attests zu einem früheren Zeitpunkt nach Satz 1 der Vorschrift als auch der Beibringung eines amtsärztlichen Attests nach Satz 2 steht im Ermessen des Dienstherrn (Summer in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Februar 2016, Art. 95 BayBG Rn. 32 f.). Tatbestandlich setzt die Weisung zur Attestvorlage voraus, dass der Beamte nach eigener Einschätzung infolge Krankheit dienstunfähig ist und dass der Dienstherr Zweifel an dieser (Selbst-)Einschätzung hat. Diese Zweifel dürfen nicht aus der Luft gegriffen, sondern müssen durch konkrete Umstände veranlasst sein (BVerwG, B. v. 23.3.2006 – 2 A 12/04 – juris Rn. 3; B. v. 28.5.1984 – 2 B 205.82 – juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.7.2008 – 3 ZB 07.2138 – juris Rn. 4).
b) Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 21. März 2016 aufgegeben, ab dem ersten Tag ein ärztliches Attest vorzulegen, bei längerer Krankheit ab dem vierten Tag ein amtsärztliches Attest. Eine Weisung nach § 21 Abs. 2 UrlV liegt daher vor.
In den Blick zu nehmen ist dabei vorliegend ausschließlich die Anordnung vom 21. März 2016. Denn diese modifiziert bzw. ersetzt die ursprüngliche Weisung vom 21. Januar 2016 und stellt somit eine neue Weisung dar. Aus diesem Grund kommt es auf die vom Antragsteller aufgeworfene Frage, ob bei der Weisung vom 21. Januar 2016 ordnungsgemäßes Ermessen ausgeübt wurde, nicht an.
c) Die Weisung genügt in formaler Hinsicht den Anforderungen. Der Dienstherr ist insbesondere nicht verpflichtet, sämtliche Vorfälle detailliert zu benennen. In der streitgegenständlichen Weisung wird auf Seite zwei im letzten Absatz, fortgesetzt auf Seite drei, erläutert, worauf er seine Zweifel stützt. Für den Beamten war auch klar erkennbar, dass mit dem Verweis auf „Vorfälle seit August 2011“ im Zusammenhang mit den Erkrankungen seine erheblichen – angeblich krankheitsbedingten – Fehlzeiten gemeint sind, zumal diese auf Seite zwei in der Mitte auch explizit angesprochen sind.
Die Grundsätze, die die Rechtsprechung in den Fällen einer Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG entwickelt hat (vgl. BVerwG, U. v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – juris), sind auf die Weisung zur Vorlage (amts-)ärztlicher Atteste im Krankheitsfall nicht übertragbar. Die weitgehenden, besonderen Anforderungen begründen sich mit den dem Beamten drohenden erheblichen Nachteilen, da er im Falle dauernder Dienstunfähigkeit durch den Dienstherrn in den Ruhestand versetzt werden kann. Bereits die Anordnung muss detailliert sein und es dem Beamten erlauben, deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Denn einer rechtswidrigen Anordnung muss er nicht nachkommen. Dem steht gegenüber, dass dem Beamten bei der vorliegend streitgegenständlichen Weisung keine derart schwerwiegenden Nachteile drohen.
Dies gilt auch mit Blick auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth (B. v. 13.3.2015 – B 5 E 15.35 – juris). Zwar bemängelt das Gericht in seiner Entscheidung die unzureichende Würdigung der Umstände des konkreten Falles durch den Dienstherrn, da eine nähere Auseinandersetzung sowohl mit den erfolgten Begutachtungen und deren Ergebnissen als auch mit den vorgelegten privat- und amtsärztlichen Attesten nicht stattgefunden habe. Dem Fall lag jedoch ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, da der dortige Antragsteller unter einer einzelnen Krankheit litt, dem Zervikalsyndrom. Die daher immer wieder auftretenden Dienstunfähigkeitsphasen würden laut dem VG Bayreuth nicht zusammenhangslos nebeneinander stehen, sondern sämtlich auf dem bekannten Beschwerdebild beruhen (VG Bayreuth, a. a. O., Rn. 31). Der Dienstherr habe zu Unrecht pauschal auf das vermehrte Auftreten von Dienstunfähigkeitszeiträumen mit kurzer Dauer abgestellt. Im vorliegend zu entscheidenden Fall resultieren die privatärztlichen Krankschreibungen demgegenüber gerade nicht aus einer einzelnen Krankheit, sondern aus verschiedenen Erkrankungen aus den unterschiedlichsten medizinischen Fachgebieten. Auch begründet der Dienstherr seine Zweifel vorliegend mit den extrem langen Krankheitszeiten, und nicht pauschal mit dem Auftreten von Dienstunfähigkeitszeiträumen mit kurzer Dauer. Aus dem Beschluss des VG Bayreuth lassen sich daher keine Rückschlüsse für den vorliegenden Fall ziehen.
d) Die Weisung vom 21. März 2016 entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen. Der Dienstherr hat berechtigte Zweifel an der – auf privatärztliche Atteste gestützten – (Selbst-)Einschätzung des Antragstellers hinsichtlich seiner Dienstunfähigkeit. Denn der Antragsteller weist seit dem Jahr 2013 erhebliche und weit über dem Durchschnitt liegende Fehlzeiten auf. Bei mehreren amtsärztlichen Untersuchungen wurde er demgegenüber stets als dienstfähig bewertet. Unerheblich ist dabei, ob die Gesundheitszeugnisse eine uneingeschränkte Leistungsfähigkeit bescheinigten. Denn die Gesundheitszeugnisse haben im Ergebnis alle attestiert, dass der Beamte seinen Dienstpflichten nachkommen kann und keine Dienstunfähigkeit vorliegt. Somit besteht ein offensichtlicher Widerspruch zwischen der dreimaligen amtsärztlichen Bescheinigung der Dienstfähigkeit und den mehrfachen privatärztlichen Krankschreibungen über einen längeren Zeitraum. Denn alle amtsärztlichen Zeugnisse gelangen zum Ergebnis der Dienstfähigkeit, hingegen ausnahmslos alle privatärztlichen Atteste zu dem einer Dienstunfähigkeit. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers ist es daher nicht notwendig, dass der Dienstherr konkret diejenigen privatärztlichen Atteste benennt, die im Widerspruch stehen.
Der Widerspruch zwischen amtsärztlichen Feststellungen und privatärztlichen Bescheinigungen gibt auch ausreichend Anlass, an einer privatärztlich bescheinigten Dienstunfähigkeit zu zweifeln und einen Nachweis in entsprechender Form zu fordern (vgl. BVerwG, B. v. 23.3.2006 a. a. O., Rn. 3). Einer aus diesem Grund angeordneten amtsärztlichen Beurteilung der Dienstfähigkeit kommt in der Regel ein höherer Beweiswert zu als einer privatärztlichen Bescheinigung. Denn der Amtsarzt ist verpflichtet, seine Feststellungen nur unter ärztlichen Gesichtspunkten, wahrheitsgemäß und unparteiisch zu treffen. Neben dem speziellen Sachverstand bei der Beurteilung dienstlicher Anforderungen verleiht diese Neutralität und Unabhängigkeit der Beurteilung durch den Amtsarzt ein höheres Gewicht (BVerwG, B. v. 17.11.1998 – 1 DB 14.98 – juris Rn. 10; B. v. 23.3.2006 – 2 A 12/04 – juris Rn. 6; U. v. 11.10.2006 – 1 D 10/05 – NVwZ-RR 2008, 190).
e) Die Weisung ist nach § 114 Satz 1 VwGO durch das Gericht nur eingeschränkt auf Ermessensfehler hin überprüfbar, welche vorliegend nicht ersichtlich sind. Der Dienstherr hat die Weisung begründet und die verschiedenen Belange miteinander abgewogen, insbesondere sind laut dem Schreiben vom 18. April 2016 die Zumutbarkeit und Vollziehbarkeit in die Entscheidung eingeflossen.
3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens anzusetzen ist.

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