Medizinrecht

Zurückverweisung, Gerichtsbescheid, Heilbehandlung

Aktenzeichen  L 17 U 208/17

Datum:
12.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 153133
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VII § 102
SGG § 109
SGG § 159 Abs. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen einer Zurückverweisung wegen Verzögerung bei Anträgen nach § 109 SGG; Verfahrensmängel.

Verfahrensgang

S 11 U 175/15 2017-05-22 GeB SGBAYREUTH SG Bayreuth

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 22.05.2017 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Bayreuth zurückverwiesen.
II. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der endgültigen Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Senat konnte nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 05.10.2017 bzw. vom 06.10.2017 ihr Einverständnis hierzu erteilt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).
Die Berufung ist im Sinne einer Aufhebung des angegriffenen Gerichtsbescheids vom 22.05.2017 und einer Zurückverweisung der Sache an das SG auch begründet.
Der im Tatbestand formulierte Antrag des Klägers ergibt sich aus den erstinstanzlich gestellten Anträgen in Verbindung mit dem Berufungsschriftsatz vom 23.06.2017 und – soweit es um die hilfsweise beantragte Zurückverweisung an das SG geht – aus dem Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, das mit Schriftsatz vom 05.10.2017 nach dem gerichtlichen Hinweis vom 26.09.2017 erklärt wurde (§ 123 SGG).
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Bescheide vom 12.06.2015 und vom 08.09.2015 (Widerspruchsbescheid). Was den Streitgegenstand betrifft, geht das SG ausweislich des im Tatbestand des Gerichtsbescheids wiedergegebenen Antrags des Klägers davon aus, dass dieser die Anerkennung eines Gelenkknorpelabnutzungsschadens am linken Kniegelenk als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 14.02.2015 sowie die Feststellung einer Behandlungsbedürftigkeit über den 19.02.2015 hinaus begehrt. Insofern ist darauf hinzuweisen, dass für den Senat nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte in den verfahrensgegenständlichen Bescheiden eine auf § 102 SGB VII beruhende Entscheidung über die Ablehnung oder Anerkennung von Unfallfolgen im Sinne einer Regelung nach § 31 SGB X getroffen hätte (vgl. dazu grundlegend BSG vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R juris Rn 15-17). Problematisch ist ferner, ob eine Verwaltungsentscheidung über den vom Kläger begehrten Anspruch auf Heilbehandlung vorliegt. Denn die Beklagte hat in den genannten Bescheiden ausdrücklich lediglich über ein Element dieses Anspruchs (Behandlungsbedürftigkeit) entschieden. Nach Auffassung des Senats ergibt hier die Auslegung des Bescheides vom 12.06.2015 jedoch, dass die Beklagte für den Kläger erkennbar einen Anspruch auf Heilbehandlung über den 19.02.2017 hinaus ablehnen wollte, da in den Gründen des Bescheides ausgeführt wird, dass keine unfallbedingten Funktionsstörungen mehr vorlegen, welche einen unfallbedingten Behandlungsbedarf begründet hätten. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die Entscheidungsgründe des SG zum eigentlichen Streitgegenstand „Heilbehandlung über den 19.02.2015 hinaus“ nur die kurze Feststellung enthalten, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe, und im Übrigen nur Ausführungen dazu, dass der „Knorpelschaden am Kniegelenk“ nicht Unfallfolge sei. Bei vorgenannter Auslegung der verfahrensgegenständlichen Bescheide wäre seitens des SG unter Beachtung des § 121 Abs. 2 S. 2 SGG auf einen Antrag des Klägers hinzuwirken, der mit Blick auf die verfahrensgegenständlichen Bescheide zu einer zulässigen Klage führt, das heißt auf einen Antrag im Sinne der Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung von Heilbehandlung (und nicht von Behandlungsbedürftigkeit) über den 19.02.2015 hinaus, verbunden mit dem Hinweis, dass eine Klage auf Anerkennung von Unfallfolgen mangels entsprechender Verwaltungsentscheidung unzulässig wäre.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung, das Urteil des SG aufzuheben und zurückzuverweisen, ist § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Hiernach kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
Das Verfahren vor dem SG leidet an einem wesentlichen Mangel. Denn das SG hat das Recht des Klägers auf gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG (zu § 109 SGG als Sonderregelung zu § 103 S. 2 SGG für das Recht der Beweiserhebung durch Sachverständige siehe BSG, Urteil vom 20.04.2010, B 1/3 KR 22/08 R, juris Rn 16) nicht beachtet. Der Kläger hat erstinstanzlich mit Schreiben vom 27.03.2017 die Einholung eines Gutachtens des K gemäß § 109 SGG beantragt. Dem Antrag hat das SG zu Unrecht nicht entsprochen.
Nach § 109 Abs. 1 S. 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (S. 2).
Der Kläger hat als bei der Beklagten Versicherter mit Schreiben vom 27.03.2017 die gutachtliche Anhörung des Arztes K beantragt. Ein Grund für die Ablehnung des Antrags nach § 109 Abs. 2 SGG lag nicht vor. Danach kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Durch die Zulassung des Antrags wäre die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert worden. Dabei geht der Senat – wie das SG – davon aus, dass der Antrag erst als mit Schreiben vom 27.03.2017 (eingegangen beim SG am 30.03.2017) und nicht – wie der Kläger meint – schon als mit Schreiben vom 17.01.2017 (eingegangen beim SG am 18.01.2017) als gestellt anzusehen ist, weil der Kläger erst in jenem Schreiben einen bestimmten Arzt benannt hat (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer / Schmidt, SGG 12. Aufl. 2017 § 109 Rn 4; Müller in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Auflage § 109 Rn 10; Kolmetz, SGb 2004, 83, 86). Dennoch ist unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Verfahrensverlaufs nicht erkennbar, dass die Zulassung des am 30.03.2017 gestellten Antrags nach § 109 SGG auf Anhörung des K zu einer Verzögerung des Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 dieser Vorschrift geführt hätte. Dabei kann dahinstehen, ob der relative Verzögerungsbegriff gilt, bei dem zu fragen ist, ob bei früherem Antrag der Prozess eher entschieden würde (vgl. Müller in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer / Schmidt, SGG 12. Aufl. 2017 Rn 11), oder der absolute Verzögerungsbegriff, bei dem es – mit den nachfolgenden Maßgaben – darauf ankommt, ob der Rechtsstreit sich durch das Zulassen des Beweises verzögern würde (vgl. Müller, a.a.O., Rn 23). Denn eine Verzögerung im Sinne des § 109 Abs. 2 SGG setzt in jedem Falle voraus, dass sich wegen der Beweisaufnahme nach § 109 SGG der durch eine erfolgte oder bevorstehende Terminierung bereits ins Auge gefasste Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung verschieben würde (LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.01.2010, L 2 KN 212/09 U), wobei denknotwendig auf den Zeitpunkt der (nachgeholten) Mitwirkungshandlung, hier also auf die Benennung des K am 30.03.2017, abzustellen ist. Zu diesem Zeitpunkt war nach der Aktenlage eine Terminierung noch nicht erfolgt. Vielmehr hat das SG die Beteiligten erst mit Schreiben vom 19.04.2017 darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach Ablauf des 17.05.2017 zu entscheiden. Eine Terminierung stand für den Kläger erkennbar auch noch nicht bevor.
Vielmehr sprach die Zustellung des Beschlusses vom 07.03.2017 betreffend den Befangenheitsantrag gegen H erst am 09.03.2017 ohne weitere gerichtliche Ankündigungen oder Fristsetzungen dagegen, dass eine Terminierung bereits ins Auge gefasst war, zumal das SG im Beschluss vom 07.03.2017 noch ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass das Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit nicht der vorweggenommenen inhaltlichen Würdigung des Gutachtens auf seine fachliche Richtigkeit dienen würde. Vor Bekanntgabe des den Befangenheitsantrag gegen H betreffenden Beschlusses bestand für den Kläger auch keine Veranlassung, einen Arzt zu benennen. Wäre nämlich der Befangenheitsantrag erfolgreich gewesen, hätte das SG auf der Grundlage des § 106 SGG von Amts wegen einen anderen Arzt mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Vor diesem Hintergrund musste das SG nach gestelltem Befangenheitsantrag und Ankündigung des Antrags gemäß § 109 SGG im Schreiben vom 17.01.2017 davon ausgehen, dass der Kläger nunmehr – nach Ablehnung des Befangenheitsantrags – einen wirksamen Antrag mit Benennung eines konkreten Arztes stellen würde. Es wäre daher nahe gelegen, die Zustellung des Beschlusses vom 07.03.2017 mit einer Fristsetzung für die Benennung eines Arztes zu verbinden (vgl. zur Hinweispflicht des Gerichts Keller, a.a.O., Rn 9 a; Müller, a.a.O., Rn 14). Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass der Kläger nach Zugang des Beschlusses vom 07.03.2017 auch ohne eine solche Fristsetzung erkennen konnte, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht mehr durchgeführt werden, durfte er nach Auffassung des Senats davon ausgehen, dass ihm für die Suche nach einem geeigneten Arzt des Vertrauens, der in der Lage und bereit ist, das erforderliche Gutachten zu erstellen, ein Zeitraum von einem Monat zur Verfügung steht (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen vom 08.02.2007, L 2 KN 236/06 juris Rn 30; Keller, a,a,O., Rn 11). Die am 30.03.2017, also 3 Wochen nach Zugang des am 09.03.2107 zugestellten Beschlusses vom 07.03.2017, erfolgte Benennung des K liegt nach alledem in jedem Fall in einem angemessenen zeitlichen Rahmen.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht wegen des Schreibens des SG vom 28.12.2016. Denn dieses Schreiben enthielt keine Fristsetzung für die Stellung eines Antrags gemäß § 109 SGG. Das Schreiben des SG vom 28.12.2016 erging im Zusammenhang mit dem von H erstellten und dem SG am 22.12.2016 zugegangenen Gutachten vom 23.12.2016. Es führt lediglich aus, es werde eine Abschrift des Gutachtens zur Kenntnis und Stellungnahme bis zum 25.01.2017 übersandt. Maßgeblich für die Auslegung des Schreibens ist wie bei allen Willenserklärungen der objektive Sinngehalt der Erklärung des SG, d.h. wie die Erklärung aus der Sicht des Adressaten zu verstehen ist bzw. wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste (vgl. zur Auslegung von Verwaltungsakten BSG vom 08.02.2007, B 9b AY 1/06 R juris Rn 12; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 31 Rn 26 m.w.N.). Der Kläger und auch dessen anwaltliche Vertretung mussten nach der Formulierung des gerichtlichen Schreibens davon ausgehen, dass es zunächst nur um eine Würdigung des vorgelegten Gutachtens geht. Von einer Frist für die Abgabe einer Erklärung hinsichtlich eines zu stellenden Antrags gemäß § 109 SGG oder gar zur Benennung eines entsprechenden konkreten Gutachters ist in dem Schreiben des SG nicht die Rede. Gegen eine Fristsetzung für einen Antrag nach § 109 spricht auch, dass das gerichtliche Schreiben vom 28.12.2016 nicht zugestellt worden ist, obwohl es sich bei einer Fristsetzung zur Benennung eines Gutachters gemäß § 109 SGG um eine Anordnung im Sinne des § 63 Abs. 1 SGG handeln würde (vgl. zur Pflicht zur Zustellung solcher Schreiben Keller, a.a.O., § 63 Rn. 3; Müller, a.a.O., Rn 25; LSG Nordrhein-Westfalen vom 08.02.2007, L 2 KN 236/06 juris Rn 30). Einen Hinweis auf abgeschlossene Ermittlungen von Amts wegen enthielt das gerichtliche Schreiben vom 28.12.2016 ebenfalls nicht.
Der Antrag ist auch nicht in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden (§ 109 Abs. 2 2. Halbsatz SGG). Verschleppungsabsicht erfordert einen böswilligen Verstoß gegen Treu und Glauben in der Prozessführung.
Verspätung aus grober Nachlässigkeit liegt vor, wenn jede zur sorgfältigen Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen ist, d.h. wenn nicht getan wurde, was jedem einleuchten muss (Keller, a.a.O., juris Rn 11 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen – wie sich aus dem Vorstehenden ergibt – ganz offensichtlich nicht vor. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf eine Obliegenheitsverletzung des Klägers oder seiner Bevollmächtigten schließen lassen, die zu einer Verzögerung im Sinne des § 109 Abs. 2 SGG geführt hätte. Das SG stützt seine Entscheidung zwar ausdrücklich auf die 2. Alternative des § 109 Abs. 2 SGG. Es stellt inhaltlich aber nur auf die Versäumung einer angeblich gesetzten Frist ab, ohne sich zu einer Verschleppungsabsicht oder einer groben Nachlässigkeit zu äußern. Das SG macht auch nicht deutlich, welcher der beiden Unterfälle des § 109 Abs. 2 2. Halbsatz SGG gegeben sein soll.
Der beschriebene Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil die Entscheidung des SG auf ihm beruhen kann (zur Wesentlichkeit des Mangels siehe Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 159 Rn. 3a; zur unberechtigten Ablehnung eines Antrags nach § 109 SGG als wesentlichem Verfahrensmangel siehe u.a. BSG v. 21.01.1960 – 8 RV 1277/58, juris). Hätte das SG dem Antrag des Klägers entsprochen, hätte es entgegen seiner getroffenen Entscheidung im Wege der Beweiswürdigung zu dem Ergebnis kommen können, dass unfallbedingte Gesundheitseinschränkungen des Klägers die Bewilligung von Heilbehandlung über den 19.02.2015 hinaus begründen. Der Kläger hat die Nichtbeachtung seines Rechts nach § 109 SGG auch ausdrücklich gerügt.
Es ist beim gegenwärtigen Sachstand davon auszugehen, dass der vorliegende Verfahrensmangel eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich macht. Denn die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Bewilligung von Heilbehandlung hat, kann nicht ohne weitere Sachverhaltsaufklärung entschieden werden. Das SG hat durch Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG und gegebenenfalls weiterer ärztlicher Unterlagen weiteren Beweis zu erheben. Dabei stellt schon allein die Einholung eines weiteren Gutachtens eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme dar, da sie einen erheblichen Einsatz von personellen und sächlichen Mitteln erfordert (vgl. u.a. LSG Berlin-Brandenburg v. 09.03.2017 – L 13 SB 273/16, juris Rn. 21, u. v. 14.01.2016 – L 27 R 824/15, juris Rn. 14; Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern v. 27.08.2014 – L 5 U 6/14, juris Rn. 82; a.A. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 159 Rn. 3a). Zudem zieht ein solches Gutachten erfahrungsgemäß weitere Stellungnahmen der Beteiligten nach sich und macht häufig auch eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme des zunächst von Amts wegen gehörten ärztlichen Sachverständigen erforderlich.
Bei seiner Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG hat der Senat sein Ermessen dahingehend auszuüben, ob er die Sache selbst entscheiden oder zurückverweisen will. Die Zurückverweisung soll zwar in der Regel vermieden werden (Keller, a.a.O., § 159 Rn. 5a). In Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie einerseits sowie dem Verlust einer Instanz andererseits hält es der Senat jedoch vorliegend für angezeigt, den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Berufung des Klägers erst seit 23.06.2017 und somit seit relativ kurzer Zeit in der Berufungsinstanz anhängig ist. Dem Kläger entsteht durch die Zurückverweisung somit kein wesentlicher zeitlicher Nachteil. Auch ist der Rechtsstreit aus den genannten Gründen nicht entscheidungsreif. Vielmehr ist zunächst der medizinische Sachverhalt von Amts wegen umfassend aufzuklären, um abschließend prüfen zu können, ob (nunmehr) die Voraussetzungen für die Gewährung weiterer Heilbehandlung beim Kläger vorliegen. Ferner hat das SG in den Entscheidungsgründen keine Ausführungen zu dem Anspruch auf Heilbehandlung gemacht und das Problem eines fehlenden Verwaltungsakts betreffend Unfallfolgen (§ 102 SGB VII, § 31 SGB X) nicht erkannt. Insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Zudem kann nicht außer Acht bleiben, dass der Kläger bereits erstinstanzlich die Nichtbeachtung seines Rechts nach § 109 SGG gerügt und sich das SG über seinen Vortrag ohne Angabe von überzeugenden Gründen hinweggesetzt hat. Die hierzu angehörten Beteiligten haben im Übrigen gegen eine Zurückverweisung keine Einwendungen erhoben.
Nach alledem fällt für den Senat der Umstand, dass dem Kläger durch eine Zurückverweisung an das SG eine Instanz zurückgegeben wird, wesentlich stärker ins Gewicht als die durch die Zurückverweisung eintretende kurze zeitliche Verzögerung im gerichtlichen Verfahren.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 SGG), sind nicht ersichtlich.


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