Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Anspruch des Eigentümers auf Herstellung eines Zugang zu seinem Sondereigentum

Aktenzeichen  36 S 12603/16 WEG

Datum:
27.9.2019
Fundstelle:
ZMR – 2020, 51
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 21
ZPO § 91a, § 938

 

Leitsatz

Wird beantragt, die Wohnungseigentümer zur Vornahme einer bestimmten Maßnahme nach gerichtlichem Ermessen zu verpflichten, so ist nicht nur die begehrte konkrete Regelung, sondern auch jede andere sachgerechte Regelung Verfahrensgegenstand, die dem Wortlaut des Antrags zwar nicht entspricht, aber als ein dem Interesse aller Wohnungseigentümer berücksichtigendes Aliud oder Minus von ihm erfasst wird. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 21.06.2016, Aktenzeichen 483 C 24018/15 ist wirkungslos.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen sowie der Antragsstellungen erster Instanz wird zunächst Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts München vom 16.06.2016 (Bl. 72/79 d.A.).
Mit Endurteil vom 16.06.2016 hat das Amtsgericht die Anfechtungsklage bezüglich des Negativbeschlusses der Eigentümerversammlung vom 08.09.2015 zu TOP 17 betreffend die Schaffung eines ebenerdigen Ostzugangs zum Sondereigentum Nr. 2 durch Beseitigung des sich derzeit dort befindlichen Fensters und den Einbau einer zweiflügligen Türe sowie die Klage gem. § 21 Abs. 8 WEG auf Beschlussersetzung abgewiesen.
Das Amtsgericht war der Auffassung, dass der streitgegenständliche Negativbeschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche und die Kläger keinen Anspruch auf Umbau des Fensters im Osten der Einheit Nr. 2 zu einer Türe und eine Neugestaltung des Zugangs zu dieser Türe von der Ostseite her haben. Die Kläger seien hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf erstmalige Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Der Aufteilungsplan gemäß Anlage K 4 b stelle zugleich den Ist- als auch den Sollzustand des Anwesens dar. Es sei von einer baulichen Veränderung nach der Begründung von Wohnungseigentum auszugehen. Soweit diese auf einem entsprechenden Eigentümerbeschluss beruhte, seien die Kläger hieran gebunden. Im Übrigen wären etwaige Rückbauansprüche verjährt, denn die Veränderung sei in jedem Falle vor dem Jahr 2011 vorgenommen worden.
Gegen dieses der Klägervertreterin am 27.06.2016 zugestellte Endurteil hat diese mit Schriftsatz vom 26.7.2016, beim Berufungsgericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt und die Berufung mit Schriftsatz vom 26.09.2016 (Bl. 105/117 d.A.) innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist begründet.
Zur Begründung führen die Kläger im Wesentlichen aus, dass als Zugang für die Wohnung Nr. 2 ein Eingang von der G. straße aus in der Teilungserklärung und Bauplanung vorgesehen gewesen sei. Dieser sei jedoch nicht ausgeführt worden, da die Wohnung zwischenzeitlich über die Wohnung Nr. 4 zugänglich gemacht worden sei. Es handele sich jedoch weiterhin um zwei rechtlich getrennte Einheiten. Das Amtsgericht habe insoweit die Darlegungs- und Beweislast verkannt, da es bei der vom Amtsgericht vermuteten nachträglichen Veränderung des baulichen Zustands der Sache nach um anspruchsvernichtende Einwendungen gegenüber dem Anspruch auf plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums gehe. Zum Zeitpunkt der Invollzugsetzung der Gemeinschaft sei eine Türe nicht vorhanden gewesen. Das Amtsgericht habe rechtsfehlerhaft die hierzu von der Klagepartei angebotenen Beweise nicht erholt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 26.09.2016 Bezug genommen.
Die Kläger haben zunächst im Berufungsverfahren beantragt,
1. Unter Abänderung des an 21.06.2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts München, Aktenzeichen 483 C 24018/15 WEG wird beantragt, den Negativ-Beschluss zu TOP 17 der Eigentümerversammlung von 8. September 2015 mit dem Wortlaut:
In Anlehnung an das Protokoll der mündlichen Verhandlung aus dem Verfahren Az.: 483 C 30162/14 WEG vor dem Amtsgericht München beschließt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Maßnahme der erstmaligen Herstellung des plangemäßen Zustands, die Schaffung des ebenerdigen Ostzugangs zum Sondereigentum mit der Nummer 2 durch Beseitigung des sich derzeit dort befindlichen Fensters und den Einbau der im beigefügten Teilungsplan bereits vorhandenen zweiflügligen Türe.
Über Umfang, Durchführung, optische und technische Gestaltung beschließt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unter Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften. Die Gemeinschaft der Miteigentümer beschließt auch über die erforderliche Gartengestaltung von der Werkstatttüre bis zum bereits vorhandenen Gartentor zum Ausgang G…straße, um die Nutzung als Zugang möglich zu machen. Die Verwaltung wird vorher hierzu mindestens drei Angebote über Art und Durchführung erholen.
Die Kosten der Maßnahme nämlich Planung, Ausführung, Material und Werklohn sowie Kosten einer ggfs. erforderlichen Eintragung ins Grundbuch trägt entgegen der gesetzlichen Kostenverteilung der jeweilige Eigentümer der Wohneinheit mit der Nummer 2 jedoch unter dem Vorbehalt, dass eine Kostenübernahme nur erfolgt, wenn eine Gestattung der unter TOP 2 zu beschließenden Errichtung einer Kirschlorbeerhecke und die Maßnahmen umgesetzt werden. Bei nicht Zustandekommen einer Mehrheit bzw. der Anfechtung des Beschlusses unter TOP 2 – Kirschlorbeerhecke/Gartengestaltung – werden die Kosten durch die Gemeinschaft nach dem in der Gemeinschaft herrschenden Kostenverteilungsschlüssel getragen. Bauherrin und Auftraggeberin ist die Gemeinschaft. Den Zeitpunkt der Maßnahme bestimmt der jeweilige Eigentümer der Wohneinheit mit der Nummer 2. Die Wohnungseigentümer verpflichten sich, wenn zur nachhaltigen Sicherung des Anspruchs auf Durchführung der Maßnahme eine Ergänzung des Grundbuchs erforderlich sein sollte, diesen Nachtrag nach Aufforderung durch die Verwaltung zu gestalten und ihm zuzustimmen.
für ungültig zu erklären.
2. Außerdem wird abändernd beantragt, das Gericht möge im Wege der Beschlussersetzung gemäß § 21 Abs. 8 WEG, § 938 ZPO analog wie folgt entscheiden:
a) Die Wohnungseigentümergemeinschaft …str. in … beschließt die Schaffung des ebenerdigen Ost-Zugangs zum Sondereigentum mit der Nr. 2 durch Beseitigung des sich derzeit dort befindlichen Fensters und den Einbau der im Bauplan mit Genehmigungsdatum vom 29.10.1985 zur Teilungserklärung vom 13. Dezember 1985 bereits vorbezeichneten vorhandenen Türe, sowie die Gestaltung des Zugangs der neugeschaffenen schaffenen Tür zum Sondereigentum Nr. 2 durch den gemeinschaftlichen gärtnerischen Außenbereich (Grundbeschluss).
b) Die Wohnungseigentümergemeinschaft …str. in … beschließt, dass über die Durchführung, optische und technische Gestaltung und Anlage des Zuganges von der Ostseite zur neugeschaffenen Türe hin, gesondert wein weiterer Beschluss gefasst werden soll/muss, der auch nach Vorlage von mindestens drei Vergleichsangeboten die Beauftragung von Handwerkern umfasst (Ausführungsbeschluss).
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, dass das Erstgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass die 2-flügelige Tür zum Zeitpunkt der Aufteilung vorhanden gewesen ist und die Klagepartei entgegen ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht darlegen und beweisen konnte, dass zum Zeitpunkt der Aufteilung statt einer 2-flügeligen Tür ein Fenster in der Einheit im Kellergeschoss eingebaut gewesen ist. Die spätere Änderung im Rahmen der Verbindung der ursprünglich getrennten Einheiten Nr. 2 und Nr. 4 sei eine bauliche Maßnahme im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, welche der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedurfte. Etwaige Rückbauansprüche seien jedenfalls verjährt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 4.11.2016 Bezug genommen.
Nach dem Tod des ursprünglichen Klägers zu 1) wurde der Rechtsstreit durch die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 5) als Erben fortgesetzt.
Nach dem Verkauf der betroffenen Einheiten wurde zunächst die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Erwerber C. A. erklärt. Nachdem hierzu durch die Beklagten kein Einverständnis erklärt wurde, wurde die Übernahmeerklärung wieder zurückgenommen.
Die Kammer hat am 01.06.2017 und am 08.11.2018 verhandelt.
Die Klagepartei erklärte mit Schriftsatz vom 31.05.2019 den Rechtsstreit für erledigt (Bl. 196/197) d.A. Die Beklagten schlossen sich mit Schriftsatz vom 16.07.2019 der Erledigterklärung der Klagepartei an (B. 201/202 d.A.). Mit Schriftsatz vom 30.07.2019 erklärten die Beklagten Hans-Georg Z., Jin W. und Takako W. den Widerruf der abgegebenen Erledigterklärung.
II.
Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Eine übereinstimmende Erledigterklärung in der Berufungsinstanz war möglich, weil die Berufung der Klägerin zulässig gewesen ist (zu diesem Erfordernis Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91 a Rz. 20).
Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 31.05.2019 den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Die hierin enthaltene Prozesshandlung ist nach allgemeinen Grundsätzen auszulegen, wobei die Auslegung – wie allgemein im Prozessrecht – nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften darf, sondern den wirklichen Willen der Partei zu erforschen hat. Die in dem Schriftsatz vom 31.05.2019 enthaltene prozessuale Erklärung geht hier unzweifelhaft dahin, dass der Rechtsstreit für erledigt erklärt wird und die Klageanträge nur für den Fall der Nichtzustimmung der Beklagten hilfsweise aufrechterhalten werden sollen. Der Vorbehalt einer Rückkehr zum ursprünglichen Klageantrag für den Fall, dass das Gericht eine Erledigung aus Rechtsgründen verneint, ist unschädlich, da diese eine – solange der Gegner nicht zugestimmt hat – stets zulässige Klageänderung ist.
Soweit man hierin eine aufschiebend bedingte Erledigungserklärung der Kläger für den Fall der Zustimmung der Beklagten sehen würde, wäre dies ebenfalls unschädlich. Es handelt sich um eine innerprozessuale Bedingung, die nicht in der Entscheidung über den Sachantrag besteht (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. Dezember 1977, Az. 17 W 46/77, zitiert nach juris).
Mit Schriftsatz vom 16.07.2019 haben sich die Beklagten der Erledigerklärung angeschlossen. Damit wäre auch die Bedingung eingetreten.
Analog § 269 III 1 BGB ist mit der übereinstimmenden Erledigterklärung das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts insoweit wirkungslos geworden, als über die erledigten Klageansprüche entschieden worden ist (BGH, MDR 1976; 379). Dies war durch den entsprechenden Ausspruch im Tenor klarzustellen (BGH, MDR 1976, 379; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 91 a Rz. 25).
Durch die einverständlichen Erledigungserklärungen der Parteien ist die Rechtshängigkeit des in die Berufungsinstanz gelangten Klageanspruchs beendet worden. Der später erklärte Widerruf der Erledigterklärung durch einzelne Beklagte konnte die Rechtshängigkeit nicht wieder aufleben lassen. Die Beklagten sind an die erteilte Zustimmung ebenso wie die Kläger an die Erledigterklärung gebunden. Die freie Widerruflichkeit entsprechender Erklärungen endet, wenn die Rechtshängigkeit des Anspruchs auf Grund übereinstimmender Erklärungen entfallen ist (vgl. BGH, Urteil vom 07. Juni 2001, Az: I ZR 157/98, zitiert nach juris).
III.
Gemäß § 91 a ZPO war daher nur noch hinsichtlich der erledigten Klageansprüche nach billigem Ermessen über die Kosten beider Instanzen zu entscheiden (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 91 a Rz. 30).
Das Gericht hat deshalb unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang. Die Entscheidung ist dabei an den Grundgedanken des Kostenrechts, wie sie sich insbesondere aus §§ 91-97 ZPO ergeben, auszurichten (OLG Stuttgart NJW-RR 1999, 147; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 91 a Rz. 48; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91 a Rz. 24). Auch der Rechtsgedanken des § 93 ZPO ist gegebenenfalls zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91 a Rz. 24). Maßgeblich ist der bisherige Sach- und Streitstand. Das Gericht hat sich also auf eine summarische Prüfung zu beschränken (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 91 a Rz. 46 a), eine Beweisaufnahme ist grundsätzlich nicht mehr zulässig (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 91 a Rz. 46 a).
Nach diesen Grundsätzen erscheint eine Kostenaufhebung als sachgerecht.
1. Hinsichtlich der Anfechtung des Negativbeschlusses zu TOP 17 hat das Amtsgericht die Klage zu Recht ab gewiesen, weil der angefochtene Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung nicht widerspricht. Selbst wenn dem Grunde nach ein Anspruch auf ordnungsgemäße Erstherstellung bestanden haben sollte, war das den Wohnungseigentümern zustehende Verwaltungsermessen nicht dahingehend auf Null reduziert, dass es allein ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätte, dem auf der Eigentümerversammlung vom 08.09.2015 zu TOP 17 gestellten Antrag zuzustimmen. Ein Anspruch auf die konkret begehrte Beschlussfassung scheidet bereits wegen der Regelung zur Kostentragung aus. Insbesondere erscheint der Vorbehalt einer Zustimmung zu TOP 2 problematisch. Ein Anspruch auf Zustimmung zu einer Kirschlorbeerhecke ist nicht ersichtlich. Auch ist nicht ersichtlich, warum der Eigentümer der Einheit 2 einen Anspruch auf Bestimmung des Zeitpunkts der Durchführung einer gemeinschaftlichen Maßnahme hat.
Zudem hat die Kammer Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit. Was mit der „nachhaltigen Sicherung des Anspruchs auf Durchführung der Maßnahme“ (letzter Absatz) gemeint ist, ist bereits unklar. Weiterhin bestehen Bedenken im Hinblick auf eine Verpflichtung zur Änderung der Teilungserklärung im Beschlusswege. Hierfür fehlt es bereits an einer Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer.
Nach alledem hätte die Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg gehabt.
2. Soweit die Klage auf Beschlussersetzung gem. § 21 Abs. 8 WEG im Hinblick auf die Schaffung eines ebenerdigen Ost-Zugangs zum Sondereigentum mit der Nr. 2 gerichtet war, erscheinen die Erfolgsaussichten der Klage zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung jedenfalls insoweit gegeben, als ein grundsätzlicher Anspruch auf Zustimmung zur Schaffung eines eigenständigen Zugangs zur Einheit Nr. 2 bestand. Im Übrigen erscheinen die Erfolgsaussichten angesichts der schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Konstellation als durchaus offen.
a) Zunächst ist vorauszuschicken, dass das Gericht im Rahmen eines Antrags gem. § 21 Abs. 8 WEG nicht an den exakten Antragswortlaut gebunden ist. Maßgeblich ist vielmehr das hinreichend deutlich angegebene Rechtsschutzziel des Klägers (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Mai 2013 – V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 Rn. 23). Wird beantragt, die Wohnungseigentümer zur Vornahme einer bestimmten Maßnahme nach gerichtlichem Ermessen zu verpflichten, so ist nicht nur die begehrte konkrete Regelung, sondern auch jede andere sachgerechte Regelung Verfahrensgegenstand, die dem Wortlaut des Antrags zwar nicht entspricht, aber als ein dem Interesse aller Wohnungseigentümer berücksichtigendes Aliud oder Minus von ihm erfasst wird (vgl. Merle in Bärmann, WEG, 14. Aufl., § 28 Rn. 208). Das Begehren der Klagepartei ist hier auf die Ersetzung einer Ermessensentscheidung der Wohnungseigentümer im Sinne eines Grundlagenbeschlusses über das „Ob“ der plangerechten Herstellung der Türe sowie die Herstellung eines Zugangs zur Türe (Gartengestaltung)gerichtet. Eine explizite Kostentragungsregelung enthält der klägerische Antrag nicht. Insoweit legt die Kammer das Klagebegehren so aus, dass das Rechtschutzbegehren hinsichtlich der Frage der Kostentragung keine Einschränkung beinhaltet, zumal der Beschlussantrag zu TOP 17 der ETV vom 08.09.2015 von einer (wenn auch bedingten) Kostentragung des (jeweiligen!) Eigentümers ausgeht. Soweit hier eine Kostentragungsregelung veranlasst wäre, wäre diese jedenfalls vom Rechtschutzziel des Klägers abgedeckt, so dass das Fehlen eines expliziten Antrags hierzu einer Beschlussersetzung nicht entgegensteht.
b) Ein Anspruch der Kläger auf Schaffung eines ebenerdigen Ost-Zugangs zur Einheit Nr. 2 könnte sich sowohl unter dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Erstherstellung als auch aus dem Recht auf ordnungsgemäße Verwaltung ergeben.
Wie die Kammer bereits in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, scheitern die Erfolgsaussichten der Klage insoweit nicht bereits daran, dass die Klagepartei ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht hinreichend nachgekommen ist. Die Klage hatte insoweit zunächst lediglich die jetzige Abweichung des Ist- vom Sollzustand sowie das Fehlen einer genehmigenden Beschlussfassung im Falle einer nachträglichen Änderung darzulegen.
Eine Abweichung des Ist- vom Sollzustand und damit einen Mangel des gemeinschaftlichen Eigentums hat die Klagepartei dargelegt; dies genügt zunächst für die inmitten stehende Frage der Instandsetzung. Sodann greifen die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast ein und die Beklagten hätten – im Falle einer nachträglichen Änderung – den Untergang der klägerischen Ansprüche durch entsprechende Genehmigungsbeschlüsse darzulegen und zu beweisen. Insoweit erscheint der Verfahrensausgang im Hinblick auf den angestrebten ebenerdigen Ost-Zugang nach Planlage durchaus als offen, soweit es um Ansprüche aus erstmaliger Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums geht.
Hiervon zu trennen ist jedoch der Anspruch jedes Eigentümers auf ordnungsgemäße Verwaltung. Der Eigentümer einer rechtlich selbständigen Einheit hat einen Anspruch auf Errichtung eines eigenständigen Zugangs zu der betreffenden Einheit. Als Vorbedingung der eigenständigen Nutzbarkeit des Eigentums fließt dieses direkt aus seinen Rechten aus dem Eigentum. Soweit die Beklagten einwenden, dass die Annahme eines fortbestehenden Anspruchs auf Schaffung eines Zugangs zur Einheit letztlich dazu führen würde, dass Ansprüche auf Beseitigung einer baulichen Veränderung nicht mehr verjähren würden, kann dem nicht gefolgt werden. Der Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung richtet sich gegen den Störer und verjährt nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften innerhalb von drei Jahren. Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs führt jedoch nicht zur Legalisierung des nicht ordnungsgemäßen Zustands und führt nicht dazu, dass der Eigentümer sein Recht auf bestimmungsgemäße Nutzung der Einheit verliert, was – wie bereits ausgeführt – einen eigenständigen Zugang zur Einheit voraussetzt.
Nach alledem steht gegen die Beklagten gemäß § 21 Abs. 4 WEG in Verbindung mit §§ 21 Abs. 5 Ziffer 2 WEG ein Anspruch dahingehend zu, dass die Beklagten der Herstellung eines Zugangs zur Einheit Nr. 2 zustimmen. Dieser Anspruch ist auch nicht verjährt, da es sich Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Instandsetzung und Instandhaltung, wozu auch die erstmalige Herstellung eines ordnungs- und planmäßigen Zustandes gehört, um eine täglich neu entstehende Dauerverpflichtung zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Zustands für die Zukunft handelt. Der Anspruch des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung ist grundsätzlich unverjährbar (BGH, Urteil vom 27.04.2012, Az.: V ZR 177/11; vgl. auch AG Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 07. Juli 2016 – 407a C 5/15 -, juris).
Soweit ein Anspruch auf ordnungsgemäße Erstherstellung bzw. Instandsetzung eines Mangels am gemeinschaftlichen Eigentum in Rede steht, würde dies grundsätzlich eine Maßnahme der Gemeinschaft nach sich ziehen, deren Kosten nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen wären. Einen expliziten Antrag zur Kostenverteilung enthält der Klageantrag insoweit nicht.
Nach Auffassung der Kammer wäre vorliegend jedoch im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung auch eine Kostenverteilungsregelung zu treffen gewesen. Grundsätzlich trifft das sowohl das Risiko einer fehlerhaften Erstherstellung als auch einer späteren Mangelhaftigkeit des gemeinschaftlichen Eigentums alle Wohnungseigentümer gemeinschaftlich.
Der vorliegende Einzelfall erscheint jedoch besonders gelagert. Die Klagepartei selbst und auch ihre Rechtsvorgänger haben das bislang statt der Türe vorhandene Fenster über einen langen Zeitraum beanstandungsfrei genutzt. Das alleinige Interesse an der Türe hat die Klagepartei, die insoweit auch eine exklusive Gebrauchsmöglichkeit besitzt. Vor diesem Hintergrund wären die Kosten wohl gem. § 16 Abs. 4 WEG der Klagepartei aufzuerlegen gewesen. Die Kammer hat wie ausgeführt das Rechtschutzziel der Klagepartei insoweit durchaus als offen verstanden.
Unter Berücksichtigung der dargestellten Erfolgsaussichten und der wirtschafltichen Teilidentität der Streitgegenstände erschien dem Berufungsgericht eine Kostenaufhebung als angemessen.
3. Eine gesonderte Entscheidung über die Kosten der zurückgenommenen Erklärung zur Übernahme des Rechtsstreits hatte nicht zu erfolgen. Mangels Zustimmung der Beklagtenpartei, welche durch das Gericht nicht auf Grund Sachdienlichkeit ersetzt werden konnte, ist der Erwerber nicht als Partei in den Rechtsstreit eingetreten. Die §§ 91 ff. ZPO sind insoweit mangels Prozessrechtsverhältnis nicht anwendbar. Ein Streitbeitritt ist nicht erfolgt, so dass auch eine Anwendung von § 101 ZPO nicht in Betracht kommt. Ansprüche auf Kostenerstattung wären mithin jeweils als materielle Kostenerstattungsansprüche geltend zu machen.
IV.
1. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Da es nicht Zweck der nur anhand einer summarischen Prüfung zu treffenden Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären bzw. das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht (vgl. nur BGHZ 197, 147, Tz. 13 = MDR 2014, 814; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Auflage 2018, § 91 a, Rn. 27 m.w.N.), darf das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zulassen (BGH, NJW-RR 2009, 422; BGH, WuM 2011, 242; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 39. Auflage 2018, § 91 a, Rn. 52; Zöller/Althammer, a.a.O., § 91 a, Rn. 29). So liegt der Fall hier. Prozessuale Fragen grundlegender Bedeutung stellten sich vorliegend nicht.
Die in § 91 a ZPO erwähnte sofortige Beschwerde findet gemäß § 567 ZPO nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte statt (so ausdrücklich BGH, NJW-RR 2006, 566). Um eine solche handelt es sich hier nicht, nachdem das Landgericht als Berufungsgericht entschieden hat.
2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 48, 49 a GKG und folgt der zutreffenden und unbeanstandet gebliebenen amtsgerichtlichen Wertfestsetzung.


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