Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Berufung, Drittwiderklage, Anspruch, Auslegung, Aufhebung, Widerklage, Berufungsfrist, Zinsen, Auszahlung, Zustellung, Schriftsatz, Anwaltskosten, Hemmung, Ablauf, vorgerichtliche Anwaltskosten, Ablauf der Berufungsfrist, Aufhebung des Urteils

Aktenzeichen  14 U 5748/19

Datum:
24.2.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 42303
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

13 O 1409/17 2019-08-30 Endurteil LGKEMPTEN LG Kempten

Tenor

1. Die Berufungen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 30.08.2019, Aktenzeichen 13 O 1409/17, werden verworfen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 3/4 und der Drittwiderbeklagte 1/4 zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 81.120,32 € festgesetzt.

Gründe

I.
Beklagten gegen die Klägerin und den Drittwiderbeklagten erhobenen Wider- bzw. Drittwiderklage über die Herausgabe von beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S. in den Hinterlegungsverfahren HL 3/16, HL 4/16 und HL 1/17 hinterlegten Geldern.
Die Klägerin hatte insofern erstinstanzlich zuletzt folgende Anträge gestellt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, in die Auszahlung der beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S. unter der Geschäfts-Nummer HL 3/16 hinterlegten EUR 7.086,32 an die Klägerin einzuwilligen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, in die Auszahlung der beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S. unter der Geschäfts-Nummer HL 4/16 hinterlegten EUR 58.500,00 an die Klägerin einzuwilligen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, in die Auszahlung der beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S. unter der Geschäfts-Nummer HL 1/17 hinterlegten EUR
15.534,60 an die Klägerin einzuwilligen.
4. Der Beklagte wird verurteilt, Zinsen i. H. v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz
für HL 3/16 aus EUR 7.086,32 seit dem 22.09.2016,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 27.10.2016,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 16.02.2017,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 29.05.2017,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 21.08.2017,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 16.11.2017,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 20.02.2018,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 22.05.2018,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 20.08.2018,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 19.11.2018,
für HL 1/17 aus EUR 7.767,30 seit dem 06.07.2017 und
für HL 1/17 aus EUR 7.767,30 seit dem 15.08.2018
zu zahlen.
Der Beklagte hat in erster Instanz zuletzt die Abweisung der Klage und im Wege der Wider- und Drittwiderklage beantragt,
1.Die Klägerin wird verurteilt, die Freigabe des beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S., Az.: HL 3/16 hinterlegten Betrages von EUR 7.086,32 an den Beklagten zu bewilligen.
2.Die Klägerin wird verurteilt, die Freigabe des beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S., Az.: HL 4/16 hinterlegten Betrages von EUR 26.000,00 an den Beklagten zu bewilligen.
3.Die Klägerin wird verurteilt, die Freigabe des beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S., Az.: HL 1/17 hinterlegten Betrages von EUR 7.767,30 an den Beklagten zu bewilligen.
4.Es wird festgestellt, der Drittwiderbeklagte hat keinen Anspruch auf den beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S., Az.: HL 3/16 hinterlegten Betrag von EUR 7.086,32.
5.Es wird festgestellt, der Drittwiderbeklagte hat keinen Anspruch auf den beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S., Az.: HL 4/16 hinterlegten Betrag von EUR 26.000,00.
6.Es wird festgestellt, der Drittwiderbeklagte hat keinen Anspruch auf den beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S., Az.: HL 1/17 hinterlegten Betrag von EUR 7.767,30.
7.Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten die Kosten des Herausgabeverfahrens vor dem Amtsgericht S. in Höhe von EUR 731,85 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
8.Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 40.853,62 seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
9.Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten die Kosten des Herausgabeverfahrens vor dem Amtsgericht S. in Höhe von EUR 168,39 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte haben bezüglich der Widerklage bzw. Drittwiderklage erstinstanzlich die Abweisung der Widerklage bzw. Drittwiderklage beantragt.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 30.08.2019 (Bl. 161/167 d. A.) Bezug genommen.
Mit dem angefochtenen Endurteil hat das Landgericht
die Klage abgewiesen,
den Widerklageanträgen gegen die Klägerin gemäß Ziffern 1. bis 3. und 8. stattgegeben, den Drittwiderklageanträgen gegen den Drittwiderbeklagten gemäß Ziffern 4. bis 6. stattgegeben
und im Übrigen die Widerklage und die Drittwiderklage abgewiesen.
Wegen der Begründung dieser Entscheidung und der vom Landgericht insoweit getroffenen Feststellungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils (Bl. 167/177 d. A.) verwiesen.
Das angefochtene Endurteil wurden der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten, die beide erstinstanzlich durch Rechtsanwälte M. & M. vertreten worden sind, am 04.09.2019 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 04.10.2019, per Fax beim Oberlandesgericht an diesem Tag eingegangen, erklärte Rechtsanwalt M. (wörtlich):
In dem Rechtsstreit
… ./. …
AZ LG Kempten: 13 O 1409 / 17
legen wir gegen das Urteil des Landgerichts Kempten vom 30.08.2019, zugegangen am 04.09.2019
Berufung
ein.
Die Begründung bleibt einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Das vollständige Urteil ist beigefügt (beim Fax lediglich der Tenor).
(s. Bl. 192 d. A.)
Wegen der Begründung der Berufung wird auf den Schriftsatz zur Berufungsbegründung vom 03.12.2019 (Blatt 197/202 der Akten) verwiesen.
Im Berufungsverfahren wird vom anwaltlichen Vertreter der Klägerin und des Drittwiderbeklagten beantragt,
1. Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Kempten vom 30. August 2019, 13 O 1409/17, wird der Beklagte verurteilt, in die Auszahlung beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S. unter der Geschäfts-Nummer HL 4/16 hinterlegten EUR 58.500,00 an die Klägerin einzuwilligen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, in die Auszahlung der beim Amtsgericht – Hinterlegungsstelle – S. unter der Geschäfts-Nummer HL 1/17 hinterlegten EUR 15.534,60 an die Klägerin einzuwilligen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, Zinsen i. H. v. 5 Punkten über dem Basiszinssatz
für HL 3/16 aus EUR 7.086,32 seit dem 22.09.2016,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 27.10.2016,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 16.02.2017,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 29.05.2017,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 21.08.2017,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 16.11.2017,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 20.02.2018,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 22.05.2018,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 20.08.2018,
für HL 4/16 aus EUR 6.500,00 seit dem 19.11.2018,
für HL 1/17 aus EUR 7.767,30 seit dem 06.07.2017 und
für HL 1/17 aus EUR 7.767,30 seit dem 15.08.2018 zu zahlen.
4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. EUR 1.474,89 zuzüglich Zinsen i.H.v. 5% Punkten aus EUR 1.474,89 seit dem 10.08.2017 aus Verzug zu zahlen.
5. Die Widerklage wird abgewiesen.
Der Beklagte beantragt in der Berufung:
Die Berufung wird abgewiesen.
Für den Fall, dass die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit verworfen werden sollte, stellt er im Weg der Anschlussberufung folgende Anträge:
Das Urteil des Landgerichts Kempten wird mit der Maßgabe geändert,
a. Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten die Kosten des Herausgabeverfahrens vor dem Amtsgericht S. in Höhe von EUR 731,85 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
b. Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten die Kosten des Herausgabeverfahrens vor dem Amtsgericht S. in Höhe von EUR 168,39 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Wegen der Begründung dieser Anträge wird auf den Schriftsatz vom 16.12.2019 (Bl. 204/208 d. A.) verwiesen.
Nach Hinweis des Senats gemäß Verfügung vom 20.12.2019 (Blatt 209/210 der Akten), dass beabsichtigt sei die Berufungen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen, weil die Berufung unzulässig sei, da dem Schriftsatz vom 04.10.2019 nicht zu entnehmen sei, ob die Berufung namens der Klägerin, des Drittwiderbeklagten oder beiden von ihnen eingelegt werden sollte, haben die Klägerin und der Drittwiderbeklagte mit Schriftsatz vom 14.02.2020 (Blatt 213/215 der Akten) geltend gemacht, dass die Berufung sowohl für die Klägerin als auch für den Drittwiderbeklagten eingelegt worden sei. Auch wenn beide im Text der Berufungsschrift nicht namentlich erwähnt worden seien, ergebe sich jedoch in der Gesamtbetrachtung, dass sich die Einlegung der Berufung auf beide Beteiligte bezogen habe. Die Klägerin sei im Rubrum als „S., D.“ bezeichnet worden. Es sei auch der Zusatz „u. a.“ verwendet worden, was darauf hinweise, dass sich die Berufung auch auf den Drittwiderbeklagten bezogen habe. Es gehe aus der Berufungsschrift jedenfalls klar hervor, dass für die Klägerin Berufung eingelegt während sollte. Allenfalls könne man zu der Auffassung gelangen, dass die Berufung nicht für den Drittwiderbeklagten eingelegt werden sollte. In diesem Fall hätte die Formulierung aber tatsächlich gelautet, dass die Berufung sich nur auf diese bezogen hätte. Die Auslegung ergebe daher, dass für beide von Rechtsanwalt M. vertretene Parteien Berufung eingelegt werden sollte.
Insoweit müsse auch Berücksichtigung finden, dass zwischen sämtlichen Parteien die (erstmals mit Schriftsatz vom 14.02.2020 als Anlage K 17) vorgelegte Verzichtsvereinbarung getroffen worden sei. Auch wenn diese dem Gericht nicht bekannt gewesen sei, habe sich dem Beklagten erschlossen, dass beide von Rechtsanwalt M. vertretenen Mandanten Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten einlegen wollten. Wörtlich wird insofern ausgeführt: „In den Vergleichsverhandlungen und der Abschluss der Verzichtserklärung erkennen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte die Hemmung der Berufungsfrist, die durch die Berufungsbegründungsschrift eine etwaige fehlende Erklärung darüber, wer die Berufung eingelegt hat, geheilt hätte.“
II.
Die Berufungen der Klägerin und des Drittwiderbeklagten sind als unzulässig zu verwerfen.
1. Jedenfalls angesichts der ausdrücklichen Erklärung mit Schriftsatz vom 14.02.2020 ist davon auszugehen, dass sowohl die Klägerin als auch der Drittwiderbeklagte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 30.08.2019 eingelegt haben, da dort ausdrücklich erklärt worden ist, dass die Berufung sowohl für die Klägerin als auch für den „Widerbeklagten“ eingelegt worden sei. Auch wenn die mit Schriftsatz vom 03.12.2019 gestellten Berufungsanträge bezüglich der Drittwiderklage zumindest unklar sind, nachdem nur die Abweisung der Widerklage beantragt worden ist, ist durch den Schriftsatz vom 14.02.2020 klar geworden, dass die eingelegte Berufung auch für den Drittwiderbeklagten eingelegt werden sollte.
2. Die Berufung ist aber unzulässig, weil innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist gemäß § 517 ZPO, die mit Zustellung des angefochtenen Endurteils am 04.09.2019 zu laufen begonnen hat, und dementsprechend gemäß § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 1. Alt. BGB am 04.10.2019 geendet hat, nur der Schriftsatz des anwaltlichen Vertreters der Klägerin und des Drittwiderbeklagten vom 04.10.2019 (Bl. 192 d. A.) beim Oberlandesgericht eingegangen ist. In diesem hat der anwaltliche Vertreter zwar erklärt, gegen das Urteil des Landgerichts vom 30.08.2019 Berufung einzulegen, ohne hierbei zu deutlich zu machen, ob diese Erklärung namens der Klägerin, des Drittwiderbeklagten oder beider von ihm auch in erster Instanz vertretenen Parteien erfolgt ist. Dies kann dem Schriftsatz vom 04.10.2019 auch nicht im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der dem Berufungsgericht bis zum Ablauf der Berufungsfrist ersichtlichen Umstände entnommen werden.
2.1. Die Bezeichnung des Berufungsklägers ist im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit notwendiger Bestandteil der Berufungserklärung (s. MüKoZPO / Rimmelspacher, 5. Aufl. 2016, ZPO § 519 Rn. 12). An die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers sind strenge Anforderungen zu stellen; bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss jeder Zweifel über die Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein. Dabei sind alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 – VIII ZB 93/09, NJW-RR 2011, 281 Rn. 10; Urteil vom 15. Dezember 2010 – XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359 Rn. 11). Das bedeutet allerdings nicht, dass die Person des Rechtsmittelklägers wirksam nur ausdrücklich und nur in der Berufungsschrift selbst angegeben werden kann. Vielmehr ist die Rechtsmitteleinlegung einer Auslegung zugänglich. Den Belangen der Rechtssicherheit wird deshalb auch dann genügt, wenn eine verständige Würdigung des Aktes der Berufungseinlegung jeden Zweifel über die Person des Rechtsmittelklägers ausschließt (BGH, Beschluss vom 20. Februar 2018 – II ZB 2/17 -, Rn. 10, juris). Ist unklar, ob Berufung nur für einen, mehrere oder alle Streitgenossen eingelegt wurde, ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (s. MüKoZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl. 2016, ZPO § 519 Rn. 13 wie auch Beck in Kern/Diehm, ZPO, 1. Aufl., 2017, § 519 ZPO, Rn 13).
2.2. Auch mit Hilfe des der Berufungsschrift beigefügten erstinstanzlichen Urteils, das vollständig erst nach Ablauf der Berufungsfrist beim Oberlandesgericht eingegangen ist, war bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht eindeutig zu erkennen, wer Berufungskläger sein sollte.
2.2.1. Zwar ist die Klägerin im Rubrum des Schriftsatzes benannt. Auch wurde durch die Beifügung der Abkürzung „u.a.“ auf der Seite der Klägerin auf die Beteiligung des Drittwiderbeklagten an dem Rechtsstreit hingewiesen. Allerdings diente die Nennung der Parteien offensichtlich nur der näheren Bezeichnung des Rechtsstreits, in dem Berufung eingelegt werden sollte, nachdem diese mit dem Worten „In dem Rechtsstreit“ eingeleitet worden ist. Den einleitenden Worten In dem Rechtsstreit … ./. … ist daher nicht zu entnehmen, ob die Berufung nur für eine oder für beide von Rechtsanwalt M. vertretene Parteien eingelegt werden sollte. Auch ansonsten enthält der Schriftsatz keine diesbezüglichen Erklärungen.
2.2.2. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Berufungseinlegung ist nicht erkennbar, wer Berufungsführer sein sollte. Mit der am Tag des Ablaufs der Berufungsfrist per Fax eingegangenen Berufungsschrift wurde nur das Rubrum und der Tenor des angefochtenen Urteils übersandt. Die Akten der Vorinstanz wurden erst aufgrund des Eingangs des Schriftsatzes vom 04.10.2019 beim Landgerichts angefordert. Aufgrund des Rubrums und Tenors des angefochtenen Endurteils ist aber (wie im Übrigen auch aufgrund des vollständigen Endurteils und der Akten der Vorinstanz) nicht eindeutig zu erkennen, wer Berufungsführer sein sollte. Sowohl die Klägerin wie auch der Drittwiderbeklagte sind durch das angefochtene Endurteil beschwert, und kommen daher beide als Berufungsführer in Betracht. Sie wurden und werden beide durch Rechtsanwalt M. vertreten. Weder aus Rechtsgründen noch aus Gründen der Logik konnte die Berufung nur von beiden von Rechtsanwalt M. vertretenen Parteien eingelegt werden, oder lag es auch nur nahe, dass eine Berufungseinlegung durch beide von ihm vertretene Parteien erfolgen sollte. Genauso wenig bestanden Hinweise darauf, dass die Berufung nur für eine der beiden von Rechtsanwalt M. vertretenen Parteien eingelegt werden sollte.
Eine dahingehende Regel oder Vermutung, dass ein Rechtsanwalt ein Rechtsmittel im Zweifel namens aller von ihm vertretenen Parteien einlegt, besteht nicht.
2.2.3. Eine Berücksichtigung der als Anlage K 17 vorgelegten „Verzichtsvereinbarung“ bei der Auslegung der Berufungsschrift scheidet bereits deswegen aus, weil diese erst mit Schriftsatz vom 14.02.2020 vorgelegt worden ist. Es muss aber bis zum Ablauf der Berufungsfrist feststehen, wer Rechtsmittelkläger ist.
Bei der Berufungsfrist handelt es sich gemäß § 517 ZPO um eine Notfrist, die unabänderlich ist (Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, 40. Aufl., 2019, § 224 ZPO, Rn. 2). Die ZPO kennt keine „Hemmung“ prozessualer Fristen. Werden Notfristen unverschuldet versäumt, findet vielmehr die Wiedereinsetzung statt (Thomas/Putzo-Hüßtege a. a. O.). Eine unverschuldete Versäumnis der Berufungsfrist wird aber nicht geltend gemacht; es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine solche vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte sind in Höhe eines Wertes von 40.853,62 € (Wert der Widerklage bzw. Drittwiderklage) jeweils in gleichem Umfang unterlegen. Im Übrigen betrifft der Streitwert in Höhe von insgesamt 81.120,32 € ausschließlich das Streitverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten.
Es bedarf keines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit. Für Verwerfungsbeschlüsse nach § 522 Abs. 1 ZPO ist nicht § 708 Nr. 10 ZPO maßgeblich; ihre Vollstreckbarkeit richtet sich nur nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (s. Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 708 ZPO, Rn. 12).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.
Die Klägerin verfolgt in der Berufung in der Hauptsache ihre Anträge auf Einwilligung zur Auszahlung hinterlegten Beträgen in Höhe von 58.500,00 € im Verfahren HL 4/16 und von 15.534,60 € im Verfahren HL 1/17 weiter, was zu einem Streitwert in Höhe von 74.034,00 € für die weiterverfolgten Klageanträge führt. Soweit die Klägerin und der Drittwiderbeklagte in der Berufung die Abweisung der Widerklage bzw. der Drittwiderklage weiter verfolgen, führt dies betreffend der in den Verfahren HL 4/16 und HL 1/17 hinterlegten Beträgen gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 GKG zu keiner Streitwerterhöhung, da insoweit die weiterverfolgten Klageanträge und die Widerklage dieselben hinterlegten Beträge betreffen. Zu einer Erhöhung des Streitwerts führen aber die erstinstanzlich erfolgreichen Widerklage und Drittwiderklage betreffend den im Verfahren HL 3/17 hinterlegten Betrag in Höhe von 7.086,32 €, weswegen der Streitwert für das Berufungsverfahren insgesamt auf 81.120,32 € festzusetzen war.


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