Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Fälligkeitsmitteilung und Zwangsgeldandrohung bei Zweckentfremdung von Wohnraum

Aktenzeichen  M 9 K 18.4612

Datum:
13.3.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21996
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZwEWG Art. 1
ZeS § 4
VwGO § 43
VwZVG Art. 18, Art. 31, Art. 36

 

Leitsatz

1 Die Fälligkeit eines Zwangsgeldes wegen Zweckentfremdung von Wohnraum durch Fremdenbeherbergung (Art. 1 S. 2 Nr. 3 ZwEWG) kann festgestellt werden, wenn zwar dem aktuellen Mieter gekündigt, das Nutzungskonzept der gewerblichen kurzfristigen Untervermietung zu Zwecken der Fremdenbeherbergung aber noch nicht endgültig aufgegeben wurde. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Androhung eines erneuten Zwangsgeldes wegen Zweckentfremdung von Wohnraum erledigt sich, wenn die Wohnung an den Eigentümer zurückgegeben und damit die Zweckentfremdung endgültig beendet wurde. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Die gegen Ziff. I des verfahrensgegenständlichen Schreibens vom 2. August 2018 gerichtete Feststellungsklage, § 43 Abs. 2 VwGO, ist zulässig, aber unbegründet. Das mit dem Grundbescheid vom 24. April 2018 bestandskräftig angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 7.500,- Euro ist fällig geworden, da der Kläger die Wohneinheit nach Ablauf der Frist weiterhin fortgesetzt zweckfremd nutzte.
Der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand des Art. 1 Satz 2 Nr. 3 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) wurde fortgesetzt verwirklicht. Dies ist ausreichend belegt. Das Vorgehen der Beklagten, den Nachweis des Tatbestands durch Ortseinsichten mit dokumentierten Beobachtungen und Ermittlungen zu führen, ist nach ständiger Rechtsprechung nicht zu beanstanden (Statt aller: BayVGH, B.v. 7.12.2015 – 12 ZB 15.2287; VG München U.v. 15.2.2017 – M 9 K 16.4641). Danach wurde die Wohnung noch am 31. Juli 2018 zu Zwecken der Fremdenbeherbergung genutzt. Das Ergebnis der Ortsermittlung wird bestätigt durch die Erkenntnisse der Polizei vom 23. Mai 2018 und 7. Juni 2018, der Strafanzeige des Mieters Al. gegen den Kläger, der auch die Polizei geholt hatte, um wieder die Wohnung zu nutzen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger eine auf den 21. Mai 2018 datierte Kündigung der Familie Al. vorlegte und Räumungsklage erhob. Zum einen ist auf Grund der durch eine Vielzahl von Verfahren dieses Klägers wegen der zweckentfremdungsrechtlich unzulässigen Vermietung anderer Wohnungen an Medizintouristen bekannt, dass dieser gewerblich tätig wird. Zum anderen ist aus dem Polizeibericht der PI 11 vom 28. Februar 2018, vorgelegt in anderen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ebenfalls Strafanzeige gegen Herrn R. und Herrn Gh. A. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrug, besonders schwerer Erpressung und Hausfriedensbruch erstattet worden. Anzeigenerstatter waren ebenfalls zwei Herren mit dem Nachnamen Al., die als Medizintouristen ebenfalls in der S. Straße eine andere Wohnung angemietet hatten und angaben, sie hätten die Miete bezahlt und wären von den Herren R. und Gh. A. aus der Wohnung geworfen worden, nachdem diese sich mit einem Zweitschlüssel Zutritt verschafft hatten und behaupteten, die Miete sei nicht bezahlt worden.
Nach dieser Sachlage geht die Kammer davon aus, dass die Familie Al. entweder als (Schein) Mieter immer dann auftritt, wenn die Beklagte tätig wird. Dabei schließt die Kammer allerdings nicht aus, dass es sich bei der Familie Al. um wechselnde Personen einer sehr großen Großfamilie handelt, die möglicherweise als Mietnomaden auftreten und tatsächlich die Miete nicht zahlen. Dies ist im Ergebnis unerheblich, da jedenfalls zum Zeitpunkt der hier verfahrensgegenständlichen Fälligkeitsmitteilung das allein maßgebliche Nutzungskonzept einer kurzfristigen Untervermietung zu Zwecken der Fremdenbeherbergung an Medizintouristen durch den Kläger nicht aufgegeben worden war. Da das Nutzungskonzept durch den Kläger gewerbsmäßig ausgeübt wurde, genügt eine Kündigung des jeweiligen Untermieters ebenso wenig wie die Räumung einer Wohnung, die offenbar bereits leer stand. Die Aufgabe des Nutzungskonzepts ist vorliegend erst die Zurückgabe an die Eigentümerin zum 30. Oktober 2018, nachdem diese ihrerseits den Kläger gekündigt hatte.
Die Anfechtungsklage gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 15.000,- Euro durch Bescheid vom 2. August 2018 ist unzulässig, da zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Erledigung der Hauptsache eingetreten war. Trotz der diesbezüglich klaren Vorgabe durch die Beklagte, dass einer Hauptsacheerledigung zugestimmt werde, hat der Bevollmächtigte des Klägers weder den Klageantrag umgestellt noch die Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Bescheid über die Androhung eines erneuten Zwangsgelds hat sich im vorliegenden Fall auf andere Weise im Sinne von Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt, da vorliegend der Zweck erreicht wurde. Eine solche Erledigung wegen Zweckerreichung liegt immer dann vor, wenn der Regelungszweck deswegen vollständig entfällt bzw. erfüllt wird (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 43 Rn. 217 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Durch die Rückgabe der Wohnung an den Eigentümer ist Erledigung durch Erfüllung der Verpflichtung aus Ziff. I des Grundbescheids vom 24. April 2018 eingetreten, deren Durchsetzung die Zwangsgeldandrohung vom 2. August 2018 diente. Durch Erfüllung der Verpflichtung ist Erledigung der Zwangsgeldandrohung eingetreten. Diese ist gegenstandslos geworden, da sie weder gegenwärtig noch in Zukunft Wirkung entfalten kann. Die Wohnung wurde durch die Eigentümerin wieder untervermietet und der Kläger hat keinen Zugriff mehr. Die Vollstreckungsandrohung entfaltet keine Regelungswirkungen mehr.
Ungeachtet dessen bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die erneute Zwangsgeldandrohung, so dass die dagegen erhobene Klage auch unbegründet gewesen wäre. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen, Art. 18 f. VwZVG, waren im Erlasszeitpunkt durchgehend bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses, der Rückgabe der Wohnung an die Eigentümer, gegeben. Die Grundverfügung war in Ziff. I des Bescheids vom 24. April 2018 auf Nutzungsuntersagung und damit auf ein Unterlassen gerichtet, Art. 18 Abs. 1 VwZVG. Diese ist bestandskräftig, Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG. Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen vor, Art. 31, 36 VwZVG. Mit der erneuten Androhung eines weiteren, höheren Zwangsgelds hat die Beklagte gewartet, bis fest stand, dass die vorausgegangene Androhung erfolglos geblieben war; das zunächst angedrohte Zwangsgeld war fällig geworden und die frühere Androhung blieb ohne Erfolg. Der Kläger wurde zu Recht als Pflichtiger herangezogen, da er Vermieter war, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG. Bedenken gegen die Höhe des Zwangsgelds und einer Verdoppelung des Betrags bestehen im Hinblick auf die Höhe der Mieteinnahmen und dem wirtschaftlichen Interesse an der zweckfremden Nutzung nicht.
Die Klage war insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 f. Zivilprozessordnung (ZPO).


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