Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Münchner Konzept für eine angemessene Wohnraummiete

Aktenzeichen  L 7 AS 267/18

Datum:
23.11.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43101
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 22 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Das vom BSG als schlüssig anerkannte Münchner Konzept für eine angemessene Wohnraummiete ist auch in seinen Fortschreibungen für die Folgejahre schlüssig (hier: 2015 und 2016). (Rn. 29 – 31)

Verfahrensgang

S 52 AS 3014/15 2018-02-06 Urt SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Februar 2018, berichtigt durch Beschluss vom 8. März 2018, wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
1. Streitig ist in der Berufungsinstanz das Urteil des Sozialgerichts München vom 6.2.2018, berichtigt durch Beschluss vom 8.3.2018, mit dem die Klage gegen den Bescheid vom 23.7.2015 idG des Widerspruchsbescheides vom 4.12.2015 auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum August 2015 bis Januar 2016 abgewiesen wurde. Darüber hinaus ist – nach § 86 SGG bereits Gegenstand des Verfahrens geworden – streitig der Änderungsbescheid vom 29.11.2015, mit dem vom Beklagten die Regelbedarfsanpassung für den Monat Januar 2016 verfügt wurde. Im Ergebnis zu Recht ist das Sozialgericht dabei davon ausgegangen, dass vor dem Sozialgericht streitig allein die genannten Entscheidungen bzw höhere Leistungen für den genannten Zeitraum waren. Denn die zunächst im Wege der Klageerweiterung vom Kläger schriftsätzlich einbezogenen Bewilligungsentscheidungen für die Folgezeiträume wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht nicht weiterverfolgt. Damit wurde vor dem Sozialgericht der Rechtsstreit bezüglich aller von dem in der mündlichen Verhandlung zuletzt für den Kläger gestellten Anträge nicht mehr umfassten Entscheidungen bzw Zeiträume durch eine (teilweise) Klagerücknahme erledigt. Eine Entscheidung durch das Sozialgericht durfte insoweit im Hinblick auf das Verbot des „ne ultra petita partium“ nicht mehr ergehen (vgl BSG, Urteil vom 23.6.1998 – B 4 RA 31/97 R – RdNr. 30 zitiert nach juris). Entsprechendes gilt hinsichtlich der im Berufungsverfahren im Vorfeld der mündlichen Verhandlung erklärten Klageerweiterungen, nachdem diese im Rahmen des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags unberücksichtigt geblieben sind.
2. Die Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger stehen über die im Bescheid vom 23.7.2015, geändert durch Bescheid vom 29.11.2015, idG des Widerspruchsbescheides vom 4.12.2015 festgesetzten Leistungen hinausgehende Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht zu.
a) Der Kläger ist leistungsberechtigt iS des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, da er im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hatte, ohne jegliches Einkommen und Vermögen und damit hilfebedürftig iS des § 9 Abs. 1 SGB II war, sich Anhaltspunkte für das Fehlen seiner Erwerbsfähigkeit nicht ergaben und der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in A-Stadt hatte. Auch der Beklagte ging im streitigen Zeitraum davon ausgegangen, dass der Kläger vollumfänglich hilfebedürftig war. Anhaltspunkte für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II finden sich nicht.
b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung, nachdem weder die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II noch die des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II erfüllt sind.
aa) Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II).
bb) Der Kläger kann seinen Anspruch auf Übernahme weiterer Unterkunftskosten nicht auf § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II stützen, da diese nicht angemessen waren.
(1.) Die tatsächlichen Unterkunftskosten iS des § 22 Abs. 1 Abs. 1 SGB II betrugen zumindest 887,23 Euro. Das ist die Hälfte der für das vom Kläger und seiner Mutter im streitigen Zeitraum bewohnte Reihenmittelhaus geschuldeten sog Bruttokaltmiete ohne Kosten für Wasser und Abwasser, wie sie der Kläger durch entsprechende Unterlagen iHv 1.774,45 Euro nachgewiesen hat. Die hälftige Aufteilung der mietvertraglich geschuldeten Unterkunftskosten folgt der sog Kopfteilmethode, nach der die gesamten Unterkunftsbedarfe idR unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen sind, wenn Leistungsberechtigte eine Unterkunft gemeinsam benutzen (vgl BSG, Urteil vom 22.8.2013 – B 14 AS 85/12 R mwN). Dies gilt unabhängig davon, ob der Leistungsberechtigte mit Mitbewohnern eine Bedarfs-, Haushalts- oder Wohngemeinschaft bilden (vgl bereits BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 1/06 R), so dass die insoweit vom Kläger immer wieder geäußerte Sorge, der Beklagte gehe vom Vorliegen einer Bedarfs- bzw Haushaltsgemeinschaft und nicht von der nach seiner Auffassung vorliegenden Wohngemeinschaft aus, hier nicht zu Tragen kommen kann. Umstände, aufgrund derer vorliegend von der Anwendung der sog Kopfteilmethode abzusehen wäre, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. An dieser Stelle keine Berücksichtigung finden kann schließlich, dass der Kläger im streitigen Zeitraum als Journalist selbstständig tätig war. Insbesondere können die Kosten für das Büro im Keller des Reihenmittelhauses keinen zusätzlichen Unterkunftsbedarf nach § 22 Abs. 1 SGB II begründen (vgl BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 3/05 R – RdNr. 15). Die ggf insoweit in Betracht kommenden Eingliederungsleistungen sind nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidungen und damit nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
(2.) Bereits die dem Vermieter geschuldete monatliche Bruttokaltmiete iHv 887,23 Euro war im streitigen Zeitraum für einen Ein-Personen-Haushalt nicht angemessen, so dass es auf die darüber hinaus geschuldeten Kosten für Wasser und Abwasser nicht weiter ankommt. Die Höhe der vom Beklagten insoweit für einen Ein-Personen-Haushalt als angemessen festgesetzten Kosten iHv 610 Euro monatlich bruttokalt ist nicht zu beanstanden. Nachdem der Beklagte vorliegend für den Kläger die Kosten für einen Ein-Personen-Haushalt (und nicht die Hälfte der Angemessenheitsgrenze für einen Zwei-Personen-Haushalt) berücksichtigte, kam auch hier die Sorge des Klägers, man würde ihn und seine Mutter nicht als Wohn-, sondern als Haushalts- oder Bedarfsgemeinschaft werten, nicht zum Tragen.
(a) Das BSG hat seine Rechtsprechung zur Prüfung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der abstrakten „Angemessenheit“ in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zuletzt dahin zusammengefasst und konkretisiert, dass zunächst die (abstrakt) angemessene Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte Person sowie der angemessene Wohnungsstandard zu bestimmen ist. In der Folge ist die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept zu ermitteln. Zuletzt sind die angemessenen kalten Betriebskosten einzubeziehen.
(b) Diese Anforderungen an die abstrakte „Angemessenheit“ sind vorliegend erfüllt.
(aa) Das vom Beklagten der Bestimmung der Mietobergrenze zugrunde gelegte Konzept geht von einer angemessenen Wohnungsgröße für alleinstehende Personen iHv 50 qm aus. Dies entspricht der bundesobergerichtlichen Rechtsprechung, wonach zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückzugreifen ist, welche die Länder auf Grund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R – RdNr. 14 ff). Dies sind in Bayern nach Nr. 22.2 WFB 2012 bzw Nr. 5.8. VVWoBindR für alleinstehende Personen bis zu 50 qm (vgl hierzu auch BSG, aaO). Dieser Wert ist auch für die Landeshauptstadt A. maßgeblich (vgl BSG, aaO, RdNr. 17 und 19).
(bb) Es ist weiter nicht zu beanstanden, dass der Beklagte in seinem Konzept als Vergleichsraum vom Gebiet der Landeshauptstadt A. ausging. Insbesondere ist – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht eine eigene Mietobergrenze für den Stadtteil, in dem der Leistungsberechtigte wohnt, festzulegen (vgl konkret zu A-Stadt BSG, Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R – RdNr. 22; noch offengelassen in BSG, Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R – RdNr. 20ff).
(cc) Das auf dieser Grundlage vom Beklagten erstellte Konzept ist schlüssig.
Das Konzept geht auf die Entscheidung des Landessozialgerichts vom 11.7.2012 – L 16 AS 127/10 bzw das im dortigen Verfahren streitige Konzept zurück, wie es im Berufungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr K. vom 15.3.2012 zum Mietspiegel 2007 (bzw Korrekturen vom 3.4.2012 und vom 22.5.2012 zu den Bruttokaltmieten) nachvollzogen wurde. Dabei wurde auf Daten aus dem Mietspiegel 2007 zum Stichtag 1.7.2007 und zum Stichtag 1.7.2008 zurückgegriffen. Die gegen die Entscheidung des 16. Senats erhobene Revision blieb ohne Erfolg, da auch das Revisionsgericht zu dem Ergebnis kam, dass das vom Landessozialgericht gewählte Verfahren zur Überprüfung der vom Beklagten angemessenen Angemessenheitsgrenze in 2007 und 2008 den Vorgaben der bundesobergerichtlichen Rechtsprechung zum schlüssigen Konzept entspricht (vgl BSG, Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R – RdNr. 28).
Der Beklagte hat dieses Konzept in der Folge in eigener Zuständigkeit von Prof. Dr K. nach denselben wissenschaftlich anerkannten statistischen Verfahren fortschreiben lassen. Dabei wurde nunmehr zwischen Neuvertragsvermietungen (Neuvermietungen innerhalb der letzten vier Jahre) und Bestandsmieten (Mietanpassungen innerhalb der letzten vier Jahre) differenziert. Im Gutachten vom 6.8.2014 wurde parallel zur Erstellung des Mietspiegels für das Jahr 2015 die Mietobergrenze für 2014 erstellt. Für das Jahr 2015 empfahl der Gutachter die Beibehaltung der Werte aus 2014, da die Verbraucherpreisindizes mit den Stichtagen 1.1.2014 und 1.1.2015 annähernd identisch waren (Steigerungsrate: – 0,003%) und die sich hieraus ergebende Reduzierung zu vernachlässigen sei. So ergaben sich für 2014 und 2015 für Ein-Personen-Haushalte bzw Wohnungen um 50 qm Bestandsmieten iHv 484,09 Euro, Mieten für Neuvermietungen iHv 586,54 Euro bzw bei einem 95%-Konfidenzintervall von 563,73 Euro bis 609,35 Euro monatlich bruttokalt.
Es ist zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden, dass nunmehr zwischen Neuvertrags- und Bestandsmieten differenziert und auf den höheren Mittelwert der Neuvertragsmieten zurückgegriffen wird, da der Wert der Neuvertragsmieten noch näher das tatsächliche Mietangebot der letzten Jahre abbildet und für den Leistungsberechtigten günstiger ist, als der Mittelwert ohne Differenzierung zwischen Neuvertrags- und Bestandsmieten, der für 2014 und 2015 535,03 Euro betrug. Entsprechendes gilt, soweit der Beklagte ab 1.1.2014 und damit auch im streitigen Zeitraum auf den statistisch errechneten, für die Leistungsberechtigten günstigeren oberen Wert des Konfidenzintervalls zurückgriff (vgl Urteil des Senats vom 19.12.2016 – L 7 AS 477/15), wenn er die Mietobergrenze auf 610 Euro bruttokalt monatlich festlegte.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass ein Rückgriff auf die Daten für die Erstellung des Mietspiegels für die Stadt A. nicht zu beanstanden ist (vgl BSG, Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R – RdNr. 26 f mwN). Insoweit kann der Kläger folglich nicht mit seinem Einwand gehört werden, dort seien Daten zu Mieten in Reihenmittelhäusern unberücksichtigt geblieben.
Es ist schließlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Rahmen seines Konzepts auf Daten zurückgreift, die nicht zwischen einer Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten differenzieren, sondern unmittelbar Daten zu Bruttokaltmieten nutzt. Dies ist hier nicht zu beanstanden, da statistische Daten zur Bestimmung der kalten Nebenkosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen (vgl BSG, Urteil vom 10.9.2013 – B 4 AS 77/12 R – RdNr. 31 mwN).
Gegen das Konzept des Beklagten kann schließlich nicht der sinngemäße Vortrag des Klägers durchgreifen, für den vom Beklagten festgesetzten Bruttokaltmietpreis sei es tatsächlich nicht möglich, in A-Stadt eine Wohnung 50 qm-Wohnung anzumieten. Nachdem die Mietobergrenze auf einem qualifizierten Mietspiegel beruht (vgl BSG, Urteil vom 10.9.2009 – B 4 AS 77/12 R – RdNr. 38 mwN) und mit der dargelegten Fokussierung auf Neuvertragsmieten verstärkt auf das tatsächliche Mietangebot abstellt, ist davon auszugehen, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt.
(c) Die nach der Kopfteilmethode auf den Kläger entfallenden tatsächlichen Unterkunftskosten übersteigen die nach dem als schlüssig zu bewertenden Konzept des Beklagten angemessenen Kosten erheblich. Da der Beklagte die angemessenen Unterkunftskosten iHv 610 Euro und die tatsächlichen Heizkosten iHv 50,50 Euro monatlich (1/2 von 101 Euro monatlich) bei der streitgegenständlichen Leistungsberechnung berücksichtigte, kommt eine Übernahme weiterer Kosten nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht in Betracht.
cc) Ein höherer Leistungsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II. Es ist nicht festzustellen, dass es dem Kläger im Zeitraum von Oktober 2014 bis Juli 2015 subjektiv nicht möglich oder nicht zuzumuten war, seine Unterkunftskosten auf einen angemessenen Umfang zu reduzieren.
(1.) Nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II).
(2.) Es ist nicht festzustellen, dass es dem Kläger subjektiv unmöglich war, seine Unterkunftskosten zu senken. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 8.10.2014 vom Beklagten darauf hingewiesen, dass seine Unterkunftskosten als unangemessen bewertet und 610 Euro als angemessen betrachtet werden. Weiter wurde der Kläger aufgefordert, seine Kosten zu senken und dies monatlich zu belegen. Soweit der Beklagte seinen Hinweis auf die aus seiner Sicht angemessene Bruttokaltmiete beschränkte und keine Angaben zur Angemessenheit der Heizkosten machte, ist dies vorliegend unerheblich, da die Heizkosten (auch hier unter Berücksichtigung der sog Kopfteilmethode) in tatsächlicher Höhe als Bedarf berücksichtigt wurden. Ergänzend wurde vom Beklagten bestätigt, dass der Kläger sich zusammen mit seiner Mutter eine günstigere Unterkunft suchen könne.
Auf dieser Grundlage war der Kläger in die Lage versetzt, in der Zeit von Oktober 2014 bis Juli 2015 seine Unterkunftskosten auf einen angemessenen Umfang zu senken. Es sind keine Gründe vorgetragen oder anderweitig ersichtlich, aufgrund derer dies dem Kläger subjektiv unmöglich war.
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Kläger keine hinreichenden Bemühungen zur Kostensenkung entfaltete. Aktenkundig ist insoweit lediglich eine Bewerbung um eine konkrete Wohnung, nämlich um eine Neubauwohnung in B.. Darüber hinaus hat sich der Kläger spät, nämlich erst im Juli 2015, um eine Sozialwohnung bemüht. Selbst wenn man die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der für das Reihenmittelhaus geschuldeten Miete als geeignete Bemühung um Kostensenkung ansehen wollte, finden sich insgesamt über einen Zeitraum von mehr als neun Monaten lediglich drei Bemühungen. Dies bleibt weit hinter den Anforderungen zurück, die an Leistungsberechtigte iR des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II zu stellen sind.
Es ist schließlich nicht festzustellen, dass der Kläger aufgrund der durch entsprechende Bescheinigungen über weite Strecken ab November 2014 belegten Arbeitsunfähigkeit daran gehindert war, seine Unterkunftskosten zu senken. Soweit die vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen entsprechende Kodierungen enthielten, litt der Kläger an Infektionen der oberen Atemwege, einer essentiellen Hypertonie ohne hypertensive Krise, einem Magen-Darm-Infekt sowie an einer Endzündung der Speiseröhre aufgrund Reflux. Dass keine dieser Erkrankungen den Kläger durchgehend ans Bett band oder auch nur an der Kontaktaufnahme mit Dritten hinderte, ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger sich in der insoweit maßgeblichen Zeit von Oktober 2014 bis Juli 2015 fortgesetzt mit dem Beklagten, dem kommunalen Träger und Dritten schriftlich über seine Probleme im Leistungsbezug mit dem Beklagten sowie über die Probleme seiner Mutter mit dem zuständigen Sozialhilfeträger schriftlich auseinandersetzte. Nichts anderes ergibt sich schließlich aus den im Laufe des Berufungsverfahrens vorgelegten Attesten zum Gesundheitszustand des Klägers und seiner Mutter, nachdem diese bereits nicht den hier maßgeblichen Zeitraum zwischen der Kostensenkungsaufforderung und der Absenkung der Kosten auf den angemessenen Umfang betreffen. Das Attest, wonach der Kläger schwere Lasten nicht heben dürfe, kann nicht von Kostensenkungsbemühungen, sondern lediglich von der Verpflichtung, den Umzugs selbst durchzuführen, entbinden. Insoweit verweist der Beklagte zu Recht darauf, dass in diesem Fall Hilfe beim Umzug zur Verfügung gestellt würde.
(3.) Gründe, aus denen eine Senkung der Unterkunftskosten dem Kläger im Zeitraum von Oktober 2014 bis Juli 2015 unzumutbar gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. So wurde der Kläger bereits vom Beklagten darauf hingewiesen, dass er sich zusammen mit seiner Mutter eine günstigere Unterkunft suchen könne. Dass die Mutter des Klägers im Herbst 2014 bzw bis Juli 2015 nicht in der Lage gewesen sein sollte umzuziehen, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Dies ergibt sich insbesondere weder aus dem damaligen Alter der Mutter mit knapp über 70 Jahren noch aus deren aktenkundigem Gesundheitszustand. Allein die Tatsache, dass es sich bei dem Reihenmittelhaus um das langjährige Familienheim des Klägers und seiner Mutter handelte, kann eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung nicht begründen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.


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