Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Rückforderungsanspruch wegen erfolgter Schenkung

Aktenzeichen  30 U 1796/17

Datum:
27.3.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 54792
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BGB § 525, § 812

 

Leitsatz

Verfahrensgang

31 O 512/16 2017-04-11 Urt LGAUGSBURG LG Augsburg

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 11.04.2017, Az.: 031 O 512/16, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 107.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.10.2015 an die Klägerin zu zahlen und die Klägerin von außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.348,94 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.10.2015 freigestellt wird.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Augsburg, Az.: 031 O 512/16, zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin 36 % und der Beklagte 64 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 167.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über Rückforderungsansprüche der Klägerin aufgrund unter einer Auflage erfolgter Schenkungen an den Beklagten – den Sohn der Klägerin.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird mit folgenden Ergänzungen auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Augsburg Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO):
Die Klägerin war zusammen mit ihrem geschiedenen Ehemann – U. B. – Miteigentümerin der im Grundbuch des Amtsgerichts M., Gemarkung M., Bl. …27, Flur …39, Flurstück …55, vorgetragenen bebauten Grundstückes. Durch Notarurkunde vom 10.07.2014, Ur.-Nr. …29/2014, Notar S., A., veräußerte der geschiedene Ehemann der Klägerin seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Klägerin; die Klägerin übertrug ihren Miteigentumsanteil in dieser Notarurkunde an ihren Sohn – den hiesigen Beklagten. In Abteilung III waren unter Nr. 3 eine Grundschuld ohne Brief über 15.000,00 €, unter Nr. 5 eine Grundschuld über 10.000,00 € und unter Nr. 6 eine Grundschuld über 15.000,00 € je für die V.bank M. eG eingetragen, wobei diese Grundpfandrechte ausschließlich der Sicherung von Verbindlichkeiten des geschiedenen Ehemanns der Klägerin dienten und das unter der laufenden Nr. 4 eingetragene Grundpfandrecht in Höhe von 55.000,00 € (Grundschuld ohne Brief) ausschließlich der Sicherung der Verbindlichkeiten der Klägerin diente. Die Belastungen in Abt. III Nr. 3, 5 und 6 sollten mit Vollzug der Urkunde gelöscht und die Gläubigerin aus dem vom hiesigen Beklagten , zu bezahlenden Kaufpreis befriedigt werden. Das Grundpfandrecht zu 55.000,00 € zugunsten der M. eG übernahmen beide Erwerber – die hiesige Klägerin und der hiesige Beklagte – in dinglicher Weise. Der Beklagte verpflichtete sich zur Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 140.000,00 € bezüglich des von seiner Mutter erworbenen Miteigentumsanteils; die Klägerin verpflichtete sich in dieser Urkunde zur Bezahlung eines Kaufpreises in Höhe von 85.000,00 € an ihren geschiedenen Ehemann U. B. Aus dem Kaufpreiszahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten trat diese einen Teilbetrag in Höhe von 85.000,00 € an ihren geschiedenen Ehemann ab; U. B. verpflichtete sich aus dem ihm zustehenden Kaufpreis die Darlehensverbindlichkeiten, welche durch die in Abt. III laufende Nr. 3, 5 und 6 eingetragenen Grundpfandrechte gesichert waren, abzulösen. Die in Abt. III Nr. 4 eingetragene Grundschuld war zum 02.07.2014 in Höhe von ca. 50.245,00 € valutiert.
Bereits mit Vertrag vom 18.02.2015, URNr. …4/2015, Notar O. S., M., veräußerten die Klägerin und der Beklagte das Anwesen M. an die Eheleute B. für einen Kaufpreis in Höhe von 260.000,00 €, wobei in Abt. III, laufende Nr. 4, nach wie vor die Buchgrundschuld über 55.000,00 € für die V.bank M. eG und unter der laufenden Nr. 7 eine Buchgrundschuld über 140.000,00 € für die C.bank AG in F. eingetragen waren und diese Rechte gelöscht werden sollten. Von dem von den Erwerbern zu zahlenden Verkaufspreis hat die Klägerin ausweislich der Notarurkunde 60.000,00 € abzüglich des Ablösebetrages für die V.bank M. eG und der Beklagte einen Kaufpreisanteil von 200.000,00 € abzüglich des Ablösebetrages für die C.bank AG erhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Notarurkunde verwiesen.
Der Beklagte hat während des erstinstanzlichen Verfahrens nach Schluss der mündlichen Verhandlung (07.02.2017) in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21.02.2017 erstmals mit Ansprüchen, die er aus der Anlage B 2 und der Anlage B 4 herleitet, die Aufrechnung erklärt, wobei er die Forderung über 37.201,02 € mit offenen Mieten und verauslagten Rechnungen gemäß Anlage B 2 und die Forderung über 15.319,40 € mit der Aufstellung der Kaufnebenkosten, sowie Vorfälligkeitsentschädigung zur Ablösung eines Finanzierungsdarlehens gemäß Anlage B 4 und einem Betrag von weiteren 10.000,00 € begründet hat. Die Forderung in Höhe von 10.000 EUR, die er an die Klägerin gezahlt hat, setzt sich aus zwei Einzelzahlungen über jeweils 5000 EUR zusammen.
Das Landgericht Augsburg hat durch Endurteil vom 11.04.2017 den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 167.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.10.2015 zu zahlen und den Beklagten weiterhin verurteilt, die Klägerin von außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.611,93 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.10.2015 freizustellen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Herausgabe der an den Beklagten bezahlten Beträge von 160.000,00 € sowie Wertersatz für die Einbauküche in Höhe von 7.500,00 € habe.
Nach der Beweisaufnahme – so das Landgericht weiter – stehe fest, dass die Klägerin an den Beklagten die genannten Geld- und Sachleistungen unter der Auflage geschenkt habe, dass der Beklagte diese zum Erwerb einer Eigentumswohnung für die Klägerin verwende, in der diese lebenslänglich unentgeltlich wohnen könne. Dies – so das Landgericht – hätten alle vier vernommenen Zeugen übereinstimmend und glaubhaft ausgesagt. Zwar hätten diese nicht ausdrücklich die Einräumung eines Wohnrechts für die Klägerin bestätigt; diese seien jedoch davon ausgegangen, dass die anzuschaffende Wohnung der Klägerin habe gehören sollen. Der Klägerin sei es lediglich darum gegangen, zeit ihres Lebens unentgeltlich in der Wohnung wohnen zu können. Maßgeblich sei vielmehr das Ergebnis, dass die Wohnung der Klägerin dergestalt hätte zustehen sollen, dass sie diese lebenslang unentgeltlich nutzen könne. Es widerspräche auch der Lebenserfahrung, wenn die Klägerin ihr gesamtes Vermögen an den Beklagten übertrage, um anschließend von einer geringen Erwerbsunfähigkeitsrente zu leben, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. Das Gericht sei deshalb – so das Landgericht weiter – davon überzeugt, dass die Parteien vereinbart hätten, dass die Klägerin die Wohnung lebenslang unentgeltlich nutzen könne. Die Geld- und Sachzuwendungen der Klägerin an den Beklagten seien als Schenkung unter Auflage gemäß § 525 BGB zu qualifizieren, da die Auflage aus dem Wert der Zuwendung hätte erfolgen sollen; angesichts des Kaufpreises der Wohnung von 199.300,00 € sei das lebenslange Wohnrecht der Klägerin deutlich niedriger zu bewerten als der geschenkte Betrag. Die Einräumung des Wohnrechts könne aus dem Betrag der Schenkung bestritten werden. Für ein Wohnrecht spreche ferner, dass die Klägerin sogar selbst ein Darlehen aufgenommen habe, um die Wohnung zu finanzieren. Hierfür spreche auch, dass in der mündlichen Verhandlung die Spannungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten offensichtlich geworden seien.
Nachdem die Auflage nicht erfüllt worden sei – der Beklagte habe der Klägerin einen Wiedereinzug in die Wohnung in A. verweigert – käme an sich ein Anspruch auf Herausgabe des Geschenks gemäß § 527 Abs. 1 i.V.m. §§ 812 ff. BGB in Frage. Nachdem jedoch die Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB auch für die Auflage gelte, sei die Schenkung wegen Nichtbeachtung der Form in vollem Umfang nichtig. Die Klägerin könne damit den vollen Betrag in Höhe von 167.500,00 € vom Beklagten gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative, 818 Abs. 2 BGB zurück verlangen.
Eine Verrechnung mit Mietansprüchen könne der Beklagte nicht vornehmen, weil der Mietvertrag für die Wohnung in A. nach Überzeugung des Gerichts lediglich zum Schein geschlossen worden sei und eine Zahlung durch die Klägerin nicht habe erfolgen sollen. Hinsichtlich der Miete für das Anwesen in M. habe der Beklagte über die von der Klägerin geschenkten 60.000,00 € hinaus bereits eine Verrechnung mit dem Kaufpreis der Wohnung vorgenommen in der Weise, dass der Beklagte mehr als die ihm zustehende Hälfte des Kaufpreises erhalten habe. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht verjährt, da die Verjährungsfrist für die Ansprüche der Klägerin vielmehr erst ab Verweigerung des Wiederbezugs der Wohnung in A. durch den Beklagten im Jahr 2015 zu laufen begonnen habe.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 25.04.2017 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 24.05.2017, eingegangen am 26.05.2017, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 26.07.2017, eingegangen am selben Tag, nach Verlängerung der Begründungsfrist um einen Monat durch gerichtliche Verfügung vom 26.06.2017, begründet.
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Verurteilung zur Bezahlung des Betrages von 167.500,00 € und begehrt insgesamt die Klageabweisung.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, dass der Vortrag der Parteien zur Frage, ob eine Schenkung unter Auflagen erfolgt sei, konträr sei. Die Klägerin sei beweispflichtig für alle Tatbestandselemente, die den von ihr geltend gemachten Rückforderungsanspruch begründen. Die Klägerin müsse auch für die unstreitigen Schenkungen im Jahr 2010 und 2011 nachweisen, dass diese unter Auflage der Wohnrechtsbestellung erfolgt seien; nachzuweisen sei auch, dass eine etwaige Auflage verbindlich habe sein sollen. Die vom Landgericht einvernommenen Zeugen könnten zu Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten nichts sagen, da sie bei solchen Vereinbarungen nicht zugegen gewesen seien. Der Beklagte habe dem Zeugen L. gegenüber lediglich geäußert, dass seine Mutter – die Klägerin – so lange in der A. Wohnung wohnen könne, wie sie wolle; von Unentgeltlichkeit sei allerdings nicht die Rede gewesen. Zu berücksichtigen sei auch, dass zwischen den Parteien Mietverträge bestanden hätten; das Landgericht habe nicht begründet, warum es bezüglich der Mietverträge von Scheinverträgen ausgehe und habe es fehlerhaft unterlassen, acht Zeugen einzuvernehmen bezüglich der abgeschlossenen Mietverträge. Bezüglich der Zahlungen der Klägerin an den Beklagten seien vier Themenbereiche zu unterscheiden. Im Jahr 2010 und 2011 sei eine Zahlung am 23.07.2010 über 9.000,00 €, eine solche über 1.000,00 € am 30.07.2010 und eine Zahlung über 50.000,00 € am 14.04.2011 erfolgt, mithin Zahlungen in Höhe von 60.000,00 €; diese Zahlungen seien erfolgt, da der Beklagte scheidungsbedingte Ansprüche seiner ehemaligen Frau habe erfüllen müssen und die Klägerin dazu habe einen Beitrag leisten wollen; der Beklagte müsse diesen Betrag aber nicht zurückzahlen; eine Auflage „lebenslanges Wohnrecht“ habe es bezüglich der Zahlung der 60.000,00 € nicht gegeben. Bezüglich der Einbauküche mit einem unstreitigen Wert von 7.500,00 € sei festzuhalten, dass der Beklagte hiervon die Hälfte bezahlt habe.
Die Zahlungen vom 25.08.2014 über insgesamt 40.000,00 €, gezahlt in Teilbeträgen von 15.400,00 € und 24.600,00 € würden ebenfalls keine Schenkung der Klägerin an den Beklagten darstellen. Diese Zahlungen seien zum Ausgleich der aufgelaufenen Verbindlichkeiten in Höhe von 37.201,02 € gemäß Anlage B 2 erfolgt, die der Klägerin übersandt worden sei; die Klägerin habe diesen Betrag aufgerundet. Auf Wunsch des Beklagten sei der Betrag in Höhe von 40.000,00 € in zwei Teilbeträgen in Höhe von 15.400,00 € und 24.600,00 € erfolgt; eine Schenkung liege nicht vor. Auch bezüglich des Betrages über 60.000,00 € aus dem Verkauf des Hauses in M. liege keine Schenkung vor. Er – der Beklagte – habe auf Wunsch der Klägerin den Hälfteanteil am Anwesen in Montabaur gemäß Notarvertrag vom 10.07.2014 erworben, da sich die Klägerin auch hinsichtlich des bestehenden Miteigentums ihres geschiedenen Ehemanns vertraglich habe lösen wollen. Der Beklagte habe den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils mit einem auf drei Jahre angelegten Kredit finanziert. Völlig überraschend habe die Klägerin das Haus kurz darauf verkaufen wollen. Die Urkunde des Notars weise aus, dass an ihn – den Beklagten – 200.000,00 € ausbezahlt werden sollten. Dies stelle keine Schenkung dar, sondern sei dem Umstand geschuldet, dass der Wert der Immobilie nach seiner Überzeugung nicht dem erzielten Kaufpreis entsprochen habe. Wenn man von einem Rückforderungsanspruch ausgehe, könne sie – die Klägerin – zwar Geschenktes zurückverlangen, maximal aber den Wert des Wohnrechts; hinzu komme, dass von einem etwaigen Rückzahlungsanspruch in jedem Fall der Wert der Nutzung (Mieten), die verauslagten Rechnungen, die Kaufnebenkosten und die Finanzierungskosten abzuziehen seien, soweit sie nicht durch die Zahlung (vgl. vorstehend) erledigt seien. Insoweit sei auf den Schriftsatz des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 21.02.2017 Bezug zu nehmen. Ebenfalls anzurechnen sei, dass der Beklagte an die Klägerin im Jahr 2015 zweimal 5.000,00 € Beihilfe zum Lebensunterhalt geleistet habe. Da die Klage hinsichtlich Haupt- und Nebenforderung unbegründet sei, bestehe auch kein Anspruch auf Verzinsung.
Der Beklagte beantragt:
I. Das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 11.04.2017 wird aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge. Ferner beantragt der Beklagte für den Fall einer die Berufung zurückweisenden Entscheidung Vollstreckungsschutz ohne Sicherheitsleistung (hilfsweise gegen Sicherheitsleistung).
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, dass ihr ein Nutzungsrecht in Form eines Wohnrechts bezüglich der Wohnung in Augsburg habe zustehen sollen. Ihr geschiedener Ehemann habe in der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2017 ausgesagt, dass es zwischen den Parteien abgesprochen gewesen sei, dass nach dem Verkauf des Hauses der Klägerin die Eigentumswohnung gehören solle; der Zeuge habe auch angegeben, dass der Beklagte einmal persönlich in M. gewesen sei und ihm – dem Zeugen B. – dies mitgeteilt habe. Aus der Aussage dieses Zeugen ergebe sich eindeutig, dass die Klägerin entweder ein Nutzungsrecht haben oder sogar Eigentum habe erwerben sollen; da dies nicht eingetreten sei und die Klägerin trotz der vielen Zahlungen an den Beklagten nichts erhalten habe, sei ein Rückforderungsanspruch gegeben. Die Berufungsbegründung setze sich nicht damit auseinander, warum diese Angaben des Zeugen B. falsch gewesen sein sollten. Auch aus der Aussage des Zeugen J. L. ergebe sich, dass die Klägerin ein Nutzungsrecht habe erhalten sollen und hierfür keine Gegenleistung hätte erbringen müssen. Ebenso ergebe sich aus den Aussagen der Eheleute N., dass die Klägerin in Augsburg eine Wohnung unentgeltlich habe bewohnen sollen. Die Berufungsbegründung enthalte auch keine Hinweise darauf, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts gegen Denkgesetze verstoße, in sich widersprüchlich oder fernab von jeglichen logischen Zusammenhängen sei. Der Beklagte selbst könne zu keinem Zeitpunkt angenommen haben, dass ihm die Klägerin 170.000,00 € überlasse, hierdurch selbst bedürftig werde und keinerlei Gegenleistung habe erwarten dürfen. Die Klägerin beziehe nur eine kleine Erwerbsminderungsrente und sei mittlerweile verarmt. Auch dies rechtfertige den Rückforderungsanspruch. Nicht zu beanstanden sei die Annahme des Landgerichts, dass es sich bei dem abgeschlossenen Mietvertrag lediglich um einen Scheinvertrag handele, da die Klägerin aus der ihr zustehenden monatlichen Erwerbsminderungsrente in Höhe von 930,00 € einen Mietzins in Höhe von monatlich 730,00 € gar nicht habe bezahlen können; der Beklagte habe den Mietvertrag auch nicht ernsthaft durchgeführt, da er die Klägerin weder zur Zahlung aufgefordert noch ihr aufgrund der Nichtzahlung der Mieten gekündigt habe. Es sei auch unzutreffend, dass die Klägerin dem Beklagten 60.000 € wegen der scheidungsbedingten Ansprüche der damaligen Ehefrau überlassen habe.
Auch aus dem Darlehensvertrag, Anlage K 4, ergebe sich, dass die Klägerin diesen Betrag bezüglich der Finanzierung bzw. Restfinanzierung der vom Beklagten für sie erworbenen Eigentumswohnung aufgenommen habe. Die Eintragung des Wohnrechts zugunsten der Klägerin habe erst erfolgen sollen, nachdem die Grundschuld erloschen gewesen sei, da die finanzierende Bank auf ein eingetragenes Wohnrecht ablehnend reagiert hätte. Die vom Beklagten erstinstanzlich vorgelegte Anlage B 2 sage nichts darüber aus, was der Beklagte und aus welchem Rechtsgrund von der Klägerin habe verlangen wollen. Das dort aufgeführte Zahlenwerk werde dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Unbehelflich sei auch die Argumentation des Beklagten, dass der Kaufvertrag bezüglich des Anwesens M. an die Eheleute B. nicht erwähne, dass eine Schenkung vorliege. Da es sich um den Vertrag der Parteien mit den Käufern des Anwesens in M. handele, sei dieser Umstand, der das Vertragsverhältnis mit den Erwerbern nicht tangiere, auch nicht in den notariellen Vertrag aufzunehmen. Nachdem der Kaufpreis eindeutig 250.000,00 € betragen habe und sowohl die Klägerin als auch der Beklagte zum Zeitpunkt des Verkaufs des Anwesens jeweils Miteigentümer zu 1/2 gewesen seien, habe jeder Partei ein Betrag von 125.000,00 € zugestanden. Da der Beklagte noch eine Verpflichtung gegenüber der Bank in Höhe von 140.000,00 €, die auch dinglich durch eine Grundschuld gesichert gewesen sei, hatte, sei ein Betrag in Höhe von 200.000,00 € an den Beklagten geflossen unter Abweichung der hälftigen Kaufpreiszahlung.
Der Senat hat mit Beschluss vom 02.10.2011 einen Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erteilt.
Hierauf und auf die zum Hinweisbeschluss abgegebene Stellungnahme des Beklagten vom 14.11.2017 wird Bezug genommen.
Ergänzend verwiesen wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 06.02.2018 und die Angaben der Klägerin und des Beklagten.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 06.02.2018 einen widerruflichen Vergleich geschlossen, durch den sich der Beklagte verpflichtet hat, an die Klägerin zur Abgeltung der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 115.000,00 € zu bezahlen, wodurch sämtliche streitgegenständlichen Ansprüche einschließlich der zur Verrechnung gestellten Ansprüche des Beklagten abgegolten sein sollten. Die Klägerin hat diesen Vergleich durch Schriftsatz vom 19.02.2018 fristgerecht widerrufen.
Ergänzend wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Unterlagen und die Protokolle, auch bezüglich der darin enthaltenen Beweisaufnahmen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Bezahlung von 107.500,00 € gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB, 818 Abs. 2 BGB i.V.m. § 518 Abs. 1 BGB.
1. Soweit der Beklagte durch Zahlung der Klägerin vom 23.07.2010 einen Betrag von 9.000,00 €, durch Zahlung vom 30.07.2010 einen solchen von 1.000,00 € und durch Zahlung vom 14.04.2011 einen Betrag in Höhe von 50.000,00 €, mithin in Höhe von insgesamt 60.000,00 € erhalten hat, ist ein Rückforderungsanspruch ausgeschlossen.
Bezüglich dieses Gesamtbetrages in Höhe von 60.000,00 € hat die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 06.02.2018 nunmehr erstmals eingeräumt (vgl. Protokoll vom 06.02.2018), dass sie diesen Betrag ihrem Sohn – dem Beklagten – gegeben habe, damit er die infolge der Scheidung von seiner Frau entstandenen Verpflichtungen in Höhe von ca. 70.000,00 € habe erfüllen können. Ein etwaiges Wohnrecht stand damit nicht in Rede. Von einer Schenkung der Klägerin an den Beklagten unter Auflage kann bei diesem Teilbetrag daher nicht ausgegangen werden.
2. Bezüglich der übrigen Geldbeträge im Gesamtbetrag von 107.500,00 € ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin diese Geld- und Sachleistungen unter der Auflage gemäß § 525 BGB geschenkt hat, dass der Beklagte diese zum Erwerb einer Eigentumswohnung für die Klägerin verwendet, in der diese lebenslänglich unentgeltlich wohnen kann.
Die Klägerin wohnte in der Zeit von Juli 2011 bis Juli 2014 auch unstreitig in der vom Beklagten am 23.03.2010 erworbenen Eigentumswohnung im Anwesen O.-S.-Straße 58 (Bezugsfertigkeit ca. Mai 2011); anschließend für ca. 1 Jahr im Haus in M. (vgl. oben).
Zutreffend ist das Landgericht von der Formunwirksamkeit der vereinbarten Auflage (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Auflage, § 525 Rdnr. 2) und davon ausgegangen, dass die Rückforderungsanspüche gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB, 818 Abs. 2 BGB nicht verjährt sind. Wegen der Begründung wird auf die erstinstanzlichen Ausführungen Bezug genommen. Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:
2) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen seiner Entscheidung zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Auch wenn gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme einer umfassenden Rechtsfehlerkontrolle zu unterziehen ist, so sind dennoch keine Anhaltspunkte für Rechtsfehler ersichtlich. Insbesondere war die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts weder unvollständig noch in sich widersprüchlich; sie verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und lässt auch nicht wesentliche Teile des Beweisergebnisses unberücksichtigt. Das Landgericht hat weder eine unvollständige noch eine in sich widersprüchliche Beweiswürdigung vorgenommen.
2) Aus der Aussage des geschiedenen Ehemannes der Klägerin – dem Zeugen B. – ergibt sich eindeutig, dass der Beklagte dem Zeugen B. kommuniziert hat, dass die vom Beklagten in A. erworbene Wohnung der Klägerin „gehören solle“. Auch aus der Aussage des Zeugen L. ergibt sich eindeutig, dass die Klägerin die A. Wohnung unentgeltlich bewohnen können sollte, solange sie – die Klägerin – lebt.
2) Auch aus den Angaben des Zeugen N. geht klar hervor, dass die Klägerin davon ausgegangen ist, dass der Erlös aus dem Verkauf des Hauses in M. zum Erwerb der Wohnung in A. dienen sollte. So hat der Zeuge N. auch angegeben, dass die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen habe, dass sie über eine kleine Rente verfüge.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 06.02.2018 angegeben, dass sie im Februar 2010 oder 2011 mit ihrem Sohn – dem Beklagten – darüber gesprochen habe, dass sie ein Wohnrecht bekommen solle; sie sei im November davor geschieden worden. Sie sei für das Gespräch nach A. gekommen; dieses Gespräch sei zeitlich vor der Kreditaufnahme der 55.000,00 € [Darlehensvertrag vom 11.04.2011 (Anlage K 4)] gewesen, durch den sie zur „Restfinanzierung Eigentumswohnung in A.“ ein Darlehen in Höhe von 55.000,00 € aufgenommen habe, das durch eine Buchgrundschuld an dem an ihrem Miteigentum stehenden Anwesen in … M. abgesichert worden ist.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin, die von einer kleinen Erwerbsunfähigkeitsrente ihren Lebensunterhalt bestreiten muss, im wesentlichen ihr gesamtes Vermögen dem Beklagten überlassen hat. Es widerspricht jeglicher Lebenswirklichkeit, dass die Klägerin diese Beträge dem Beklagten überlassen hat, um im Alter für eine im Eigentum des Beklagten stehende Eigentumswohnung eine für ihre Einkommensverhältnisse viel zu hohe Miete zu bezahlen. Die Wertung der Aussagen der Zeugen durch das Landgericht als Schenkung unter Auflage ist schlüssig, allerdings mit der Einschränkung, dass der dem Beklagten durch die Klägerin unstreitig zur Verfügung gestellte Betrag in Höhe von 60.000,00 € (Zahlungen von 9.000,00 €, 1.000,00 € und 50.000,00 €) den Zweck hatte, dass der Beklagte in die Lage versetzt wird, seine aus der Ehescheidung entstandenen Verpflichtungen gegenüber der geschiedenen Ehefrau zu erfüllen.
Soweit der Beklagte vorträgt, der Verkauf des Anwesens M. sei zur Unzeit und unter Wert erfolgt, sind diese Angaben unbehelflich. Es erschließt sich dem Senat nicht, warum der Beklagte, der Miteigentümer dieser Immobilie zu 1/2 gewesen ist, der Veräußerung zugestimmt hat, wenn für die Immobilie tatsächlich ein weit höherer Marktwert bestanden hätte. Eine Ausgleichsverpflichtung der Klägerin gegenüber dem Beklagten ist rechtlich nicht darstellbar. Der Beklagte hat allein aus der Veräußerung des Anwesens M. eine Schenkung in Höhe von 60.000,00 € erhalten, die nach der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung des Landgerichts und nach der Überzeugung des Senats – auch nach Auswertung der Notarurkunden – nur zu dem Zweck erfolgt ist, dass der Klägerin im Alter ein kostenfreies Wohnen in der im Eigentum des Beklagten stehenden Eigentumswohnung O.-S.-Straße 58, A., gesichert wird.
2) Die Zahlungen der Klägerin an den Beklagten in Höhe von 15.400,00 € und 24.600,00 € am 25.08.2014 sind nachgewiesen. Auch insoweit ist das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung zutreffend davon ausgegangen, dass es sich um Zuwendungen an den Beklagten zur Finanzierung der Eigentumswohnung mit der Auflage, der Klägerin ein kostenfreies Wohnen im Alter zu ermöglichen, handelte. Die vom Beklagten bereits erstinstanzlich vorgelegte E-Mail-Korrespondenz lässt keinen anderen Schluss zu. Soweit der Beklagte einwendet, dass der Gesamtbetrag in Höhe von 40.000,00 € dem Ausgleich der „angefallenen Verbindlichkeiten“ in Höhe von 35.201,02 € gedient habe und der Beklagte sich auf eine von ihm selbst gefertigte Aufstellung (Anlage B 2) beruft, ist diese Bezugnahme nicht geeignet, nachzuweisen, dass die Klägerin dem Beklagten überhaupt irgendetwas schuldet und aus welchem Rechtsgrund. Der Zivilprozess ist zum einen kein Anlagenprozess, zum anderen fehlt es zu den angeblichen Forderungen des Beklagten an einem substantiierten Vortrag.
3. Der Senat teilt auch die Einschätzung des Landgerichts, dass bezüglich der Mietverträge von Scheinverträgen auszugehen ist, da zum einen dem Beklagten bekannt war, dass die im Rentenalter befindliche Klägerin den in diversen Mietverträgen aufgeführten Mietzins nicht bezahlen kann und zum anderen, das Einfordern einer Miete der vereinbarten Schenkung unter Auflage des kostenfreien Wohnens widerspricht und daher als treuwidrig einzustufen ist. Die Tatsache, dass der Beklagte die Mieten nicht konsequent eingefordert hat, zeigt überdies, dass die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung, dass es sich um Scheinverträge handelt, nicht zu beanstanden ist. Das Landgericht hat auch zu Recht von der Einvernahme der weiteren Zeugen abgesehen, da es nicht darauf ankommt, ob die Klägerin dritten Personen gegenüber erwähnt hat, sie habe mit dem Beklagten – ihrem Sohn – einen Mietvertrag abgeschlossen.
4. Letztendlich bedarf es keines näheren Eingehens auf die Frage, ob dem Beklagten gegenüber der Klägerin Gegenforderungen zustehen, da die Beschränkung des § 533 ZPO eingreift. Im erstinstanzlichen Verfahren wurden Gegenforderungen lediglich kursorisch angesprochen, hieraus aber keine Rechte hergeleitet.
Erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21.02.2017 die Aufrechnung mit den offenen Mieten und verauslagten Rechnungen gemäß Anlage B 2 in Höhe von 35.201,02 € und mit den Kaufnebenkosten sowie Vorfälligkeitsentschädigungen zur Ablösung eines Finanzierungsdarlehens gemäß Anlage B 4 sowie mit zwei Unterhaltszahlungen an die Klägerin in Höhe von jeweils 5.000,00 €, erklärt. Da die Aufrechnung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt ist, handelt es sich hierbei um eine neue Einwendung im Sinn des § 533 ZPO (vgl. Wieczorek/Schütze, ZPO, 2014, § 533 Rn. 22 und MüKo-Rimmelspacher, ZPO, 5. Aufl., § 533 Rn. 25). Hinzu kommt, dass die in dem nachgelassenen Schriftsatz erklärte Aufrechnung zwar erklärt worden, inhaltlich jedoch unsubstantiiert war, so dass sie nicht Grundlage einer rechtskraftfähigen Entscheidung nach § 322 Abs. 2 ZPO hätte sein können (vgl. MüKo-Rimmelspacher a.a.O.). Es kam daher nicht darauf an, dass in der Berufungsbegründung hilfsweise die Aufrechnung mit vom Beklagten angeführten Gegenforderungen erfolgt ist, da einer Berücksichtigung der Aufrechnung § 533 ZPO entgegensteht.
5. Auch bezüglich der dem Kläger zugeflossenen 7.500,00 € für die Einbauküche, die in die Eigentumswohnung in die O.-S.-Straße eingebaut worden ist, geht das Landgericht zu Recht von einer Schenkung unter der vorstehend wiedergegebenen Auflage aufgrund der Wertung und Gesamtschau der Zeugenaussagen aus.
6. Der Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten beruht auf § 286 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Soweit Vollstreckungsschutzantrag gestellt worden ist, sind die Voraussetzungen des § 712 ZPO weder ausreichend dargetan noch glaubhaft gemacht worden.
V.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
VI.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47, 48 GKG.


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