Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zustimmung zur Freigabe eines hinterlegten Geldbetrages nach Zwangsversteigerung einer Wohnung

Aktenzeichen  15 U 6353/19

Datum:
30.3.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 34945
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 812 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Für die Frage, an wen im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens der Übererlös auszukehren ist,  kommt es allein auf den (formal) im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Berechtigten an. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

8 O 14977/18 2019-10-10 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 10.10.2019, Az.: 8 O 14977/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 87.302,31 €.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über einen beim Amtsgericht Freising infolge der Zwangsversteigerung einer Wohnung hinterlegten Geldbetrag. Der Kläger ist gemäß Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Landshut vom 15.10.2015, Aktenzeichen IN 654/15 Insolvenzverwalter über das Vermögen der I. Immobilien GmbH, … .
Hinsichtlich des streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagten verurteilt, der Auszahlung des beim Amtsgericht Freising hinterlegten Geldbetrages von 87.302,31 € an den Kläger zuzustimmen; die Widerklage hat es abgewiesen.
Die Klage sei begründet, dem Kläger stehe gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zustimmung zur Freigabe des hinterlegten Geldbetrages in Höhe von 87.302,31 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Die Beklagten hätten die Position unter Buchstabe E ohne Rechtsgrund in sonstiger Weise erlangt, was auf Kosten des Klägers geschehen sei, da dieser nach materiellem Recht Forderungsinhaber sei. Bezüglich der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf Seiten 7 ff des Ersturteils.
Die Beklagten verfolgen ihr Klagebegehren mit der Berufung weiter. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 13.01.2020 (Bl. 78/81 der Akte) Bezug genommen.
Die Beklagten beantragen,
1.Das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.10.2019, Aktenzeichen 8O14997/18 wird aufgehoben.
2.Die Klage wird abgewiesen.
3.Der Kläger wird auf die Widerklage hin verurteilt, der Freigabe des beim Amtsgericht Freising zu Aktenzeichen 42 HL/18 zustimmen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 29.01.2020 (Bl. 84/91 d.A.) darauf hingewiesen, dass er eine Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.
Hierzu haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 26.02.2020 (Bl. 92/93 d.A.) und vom 04.03.2020 (94/95 d.A.), auf die Bezug genommen wird, Stellung genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurück, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Gesichtspunkte, die gleichwohl eine mündliche Verhandlung als geboten erscheinen ließen, liegen nicht vor.
1. Der Senat hat im vorangegangenen Hinweisbeschluss vom 29.01.2020 ausführlich dargelegt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Hierauf wird – auch in der geänderten Besetzung – zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
2. Die Stellungnahmen der Beklagten rechtfertigen keine andere Entscheidung:
2.1. Die Beklagten berufen sich in ihrem Schriftsatz vom 26.02.2020 darauf, dass – nachdem die streitgegenständliche Wohnung nicht entstanden sei – auch die Grundschuld an einer Nicht-Wohnung eingetragen und damit ebenfalls nicht wirksam entstanden sei, sodass das Verfahren von Anfang an an einem Mangel gelitten habe, der nicht durch den Gutglaubensschutz des Erstehers abgedeckt gewesen sei.
Hierzu hat der Senat in seinem Beschluss vom 29.01.2020 (auf Seite 5, Ziffer 2.2.2.) ausgeführt, dass es für die Frage, an wen der Übererlös auszukehren ist, im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens allein auf den (formal) im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Berechtigten ankommt. Daran hält der Senat fest.
2.2. Inwieweit die Vorschrift des § 37 Nr. 5 ZVG beachtet worden ist, spielt im vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle, da jedenfalls die Beklagten mangels entsprechender Rechtsposition nicht berechtigt sind, eine eventuelle Verletzung dieser Vorschrift zu rügen.
2.3. Mit Schriftsatz vom 04.03.2020 berufen sich die Beklagten auf eine erstmals vorgelegte Abtretungserklärung, aus der sich ergebe, dass ein Herr H. seine betroffenen Ansprüche an die Beklagten abgetreten habe und meinen, damit seien die Beklagten Inhaber der materiellrechtlichen Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, die sich aus dem rechtswidrigen Zugriff der Gemeinschuldnerin auf die im Gemeinschaftseigentum stehenden Räume ergeben würden. Es sei offenkundig, dass die Ansprüche des Geschädigten H. weit über dem jetzt umstrittenen Hinterlegungsbetrag liegen würden, wie es sich aus der Höhe des Versteigerungserlöses ergebe.
Die Abtretungserklärung spielt jedoch – Abtretung der Ansprüche von Herbert H. an die Beklagten unterstellt – aus mehreren Gründen im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits keine Rolle:
2.3.1. Zum einen bleibt völlig unklar, aufgrund welchen Sachverhalts und Rechtsgrundes überhaupt Ansprüche des Herrn H. in welcher Höhe bestehen sollten; daher dürfte die Abtretung auch deshalb unwirksam sein, weil die darin behaupteten Ansprüche nicht hinreichend identifizierbar sind.
2.3.2. Zum anderen wird an keiner Stelle erläutert, warum die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO gegeben sein sollen, nachdem es sich bei dem Vortrag bezüglich der Abtretungserklärung um neuen Vortrag handelt. Die Berücksichtigung des Sachverhalts scheitert damit auch aus prozessualen Gründen.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711, 709 Satz 2 ZPO.
3. Die Festsetzung des Berufungsstreitwerts beruht auf §§ 63 II 1, 43 I, 47, 48 I 1 GKG, 3 ZPO.


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