Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zweckentfremdungsrechtliche Anordnung auf Rückführung des Aufenthaltsraums eines ursprünglichen Wohnheims

Aktenzeichen  12 CS 20.1327

Datum:
30.6.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 44100
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayZwEWG Art. 3 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ein Aufenthalts- und Frühstücksraum unterfällt als selbstständiger Anknüpfungsgegenstand einer zweckentfremdungsrechtlichen Anordnung nicht dem Wohnraumbegriff, wenn er mangels entsprechender Einrichtungen – hier fehlen mindestens Bad und Küche – zur Begründung einer auf Dauer angelegten eigenständigen Häuslichkeit objektiv ungeeignet ist.   (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auf einen fortbestehenden Zusammenhang mit einem ursprünglich bestehenden Wohnheim kann nicht abgestellt werden, wenn zum einen das ursprüngliche Nutzungskonzept bereits kurze Zeit nach der Nutzungsaufnahme aufgegeben wurde, weil ein Aufenthalts- und Frühstücksraum nicht mehr benötigt wurde, und zum anderen die Gemeinde den Aufenthalts- und Frühstücksraum  zum Gegenstand einer eigenständigen, vom ursprünglichen Wohnheim losgelösten zweckentfremdungsrechtlichen Anknüpfung erhoben hat.(Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 9 S 20.1000 2020-05-08 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 8. Mai 2020 – M 9 S 20.1000 – wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 4. Februar 2020 – S-III W/BS 115-2 – insoweit angeordnet, als diese die in Ziffer 2 des Bescheides ausgesprochene Verpflichtung betrifft, die Einheit 41 unverzüglich wieder Wohnzwecken zuzuführen.
Im Übrigen (Ziffer 1, Einheit 1) wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin je zur Hälfte.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die zweckentfremdungsrechtliche Anordnung, die im Rückgebäude K… R… aktuell als Lager bzw. Büro-/Personalräume genutzten Einheiten 1 und 41 unverzüglich wieder Wohnzwecken zuzuführen.
1. Mit Bescheid vom 1. März 1995 wurde die Einheit 1 als Heimleiterwohnung, die Einheit 41 als Frühstücks- und Aufenthaltsraum baurechtlich genehmigt. Das Rückgebäude K… R… ist insgesamt als Wohnheim mit einer Heimleiterwohnung, Fitnessraum, Waschküche, Heimverwaltung, Frühstücks- und Aufenthaltsraum sowie 36 Wohnzimmern genehmigt. Eine Genehmigung der faktisch vorgenommenen Nutzungsänderungen erfolgte nicht.
2. Nach entsprechender Anhörung ordnete die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 4. Februar 2020 an, sowohl die Einheit 1 (Ziff. 1) als auch die Einheit 41 (Ziff. 2) unverzüglich wieder Wohnzwecken zuzuführen. Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnungen in Ziffer 1 und 2 binnen einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides wurde jeweils ein Zwangsgeld i.H.v. 6.000,00 EUR angedroht (Ziff. 4 u. 5). Zur Begründung wurde ausgeführt, die betreffenden Einheiten unterlägen dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum und würden ohne erforderliche Genehmigung zu anderen Zwecken genutzt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 5. März 2020 Klage. Gleichzeitig ließ er gem. § 80 Abs. 5 VwGO beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 4. Februar 2020 (Wiederzuführungsanordnung bzgl. der Einheiten 1 und 41) anzuordnen.
Nach Aufnahme der Nutzung des Wohnheims habe sich sehr bald herausgestellt, dass dessen Konzept mit entsprechenden Gemeinbedarfseinrichtungen nicht angenommen wurde. Die Bewohner hätten sich in ihren Appartements eigenständige Wohnungen geschaffen, die auf die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen nicht angewiesen gewesen seien. Auch das Bedürfnis nach einer Heimleitung habe nicht bestanden. Daraufhin sei die Einheit 1 an den im Vordergebäude ansässigen Gaststättenbetrieb vermietet und eine gaststättenrechtliche Genehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Sozialraum und Lager und Werkstatt eingeholt worden. Auch die Einheit 41 sei nicht mehr weiter spezifisch genutzt worden. Derzeit befänden sich dort Möbel wie Tische, Stühle und Schränke sowie Bilder. Inzwischen liege eine Baugenehmigung vom 8. Mai 2019 für den Neubau eines Beherbergungsbetriebes mit 90 Betten im Rückgebäude und diverse Maßnahmen an den Vordergebäuden vor. Durch die Baugenehmigung im Vordergebäude werde erstmals neuer Wohnraum generiert, welcher im Rahmen der nun anstehenden Zweckentfremdungsgenehmigung für das Rückgebäude teilweise als Kompensation herangezogen werden könne. Der durch die Realisierung des weiterhin erteilten Vorbescheids in der D. Straße entstehende zusätzliche Wohnraum solle ebenfalls als Ersatzwohnraum für die im Rückgebäude wegfallenden Wohnungen dienen. Eine Vermietung sei daher nicht mehr zumutbar. Im Falle der Einheit 1 seien im Übrigen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Nr. 1 ZeS erfüllt. Es liege kein Wohnraum vor. Die Einstellung der Nutzung als Heimleiterwohnung stelle deshalb keine Zweckentfremdung dar.
Im Hinblick auf die Einheit 41 handele es sich um einen Frühstücks- und Aufenthaltsraum, der selbst keine Wohnqualität aufweise und auch nicht von den Bewohnern der Appartements benötigt werde. Die Mindestanforderungen an Wohnräume seien nicht erfüllt. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass der Frühstücks- und Aufenthaltsraum noch immer Teil der sonstigen Wohnnutzung sei, könne nicht mehr verlangt werden, als dass die Räumlichkeiten wieder als Frühstücks- und Aufenthaltsraum verwendet würden. Die Anordnung der Wiederbelegung sei im Übrigen ermessensfehlerhaft, da für das Rückgebäude mittlerweile eine baurechtliche Genehmigung vorliege. Es sei bereits in die Projektplanung eingestiegen worden. Der nächste Schritt sei, eine Zweckentfremdungsgenehmigung für die wegfallenden Appartements zu stellen bzw. für die Heimleiterwohnung und den Frühstücksraum ein Negativattest zu beantragen. Somit sei absehbar, dass der Wohnraum, selbst wenn er jetzt wieder belegt werden sollte, innerhalb kürzester Zeit wieder geräumt werden müsse.
4. Mit Beschluss vom 8. Mai 2020 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag als unbegründet ab. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO anzustellende Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragstellerin aus. Der streitgegenständliche Bescheid vom 4. Februar 2020 sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Anordnung sei Art. 3 Abs. 2 ZwEWG, § 13 Abs. 1 und 2 ZeS. Danach könne die Gemeinde anordnen, dass eine nicht genehmigungsfähige Zweckentfremdung beendet und der Wohnraum wieder Wohnzwecken zugeführt werde. Wohnraum i.S.v. § 3 ZeS liege sowohl im Hinblick auf die streitgegenständliche Einheit 1 als auch im Hinblick auf die streitgegenständliche Einheit 41 vor. Die Einheit 1 sei entsprechend den Anforderungen des § 3 Abs. 1 ZeS zu Wohnzwecken objektiv geeignet und subjektiv bestimmt. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin liege der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 3 Nr. 1 ZeS nicht vor. Das Merkmal des „engen räumlichen Zusammenhangs“ sei spätestens mit Aufgabe des ursprünglich geplanten Wohnheim-Nutzungskonzepts nicht mehr erfüllt. Im Hinblick auf die streitgegenständliche Einheit 41 liege ebenfalls Wohnraum i.S.v. § 3 Abs. 1 ZeS vor. Zu Wohnheimen und damit zum Wohnraumbegriff des § 3 Abs. 1 ZeS (§ 3 Abs. 1 Satz 2 ZeS) gehörten auch die in diesem Zusammenhang bestehenden und ausschließlich dem Wohnen zugeordneten Gemeinschaftsräume. Dass der Aufenthalts- und Frühstücksraum nicht unmittelbar eine eigenständige Wohnraumqualität aufweise bzw. durch die Wiederzuführung zu Wohnzwecken (wie genehmigt als Gemeinschaftsraum) kein weiterer Wohnraum im Sinne einer eigenständigen Wohnung geschaffen werde, stehe der Annahme eines Wohnraums i.S.d. § 3 Abs. 1 ZeS nicht entgegen.
Hinsichtlich beider Einheiten liege Zweckentfremdung vor, da beide Räumlichkeiten aktuell zu anderen als Wohnzwecken verwendet würden (§ 4 Abs. 1 ZeS). Der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 2 ZeS liege nicht vor. Dass der streitgegenständliche Wohnraum zügig umgebaut werde, sei trotz der vorgelegten Baugenehmigung u.a. für den Abriss und Neubau des Rückgebäudes weder vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich. Nach eigenem Vortrag der Antragstellerin seien noch zivilrechtliche sowie nachbarrechtliche Themenkomplexe abzuarbeiten. Die Baugenehmigung für den Ersatzwohnraum an der D. Straße werde nach der Genehmigungslage der Landeshauptstadt München wenigstens ein Jahr in Anspruch nehmen. Ein entsprechender, konkreter Vortrag, der die Realisierung der Baugenehmigungen bzw. des Vorbescheids absehbar machen würde, sei ausgeblieben.
Die Zweckentfremdung sei aktuell auch nicht genehmigungsfähig. In Betracht komme allein § 5 Abs. 3 ZeS, § 7 ZeS. Trotz entsprechender Hinweise und Belehrungen durch die Antragsgegnerin sei kein entsprechender Antrag auf Erteilung einer zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung gestellt worden. Soweit der Bevollmächtigte auf Ersatzwohnraum im Zusammenhang mit der Baugenehmigung vom 8. Mai 2019 verweise und sich auf den Vorbescheid vom 18. Februar 2020 betreffend das Vorhaben in der D. Str. 7-7a beziehe, reichten diese Angaben für die Erteilung einer Genehmigung nach § 5 Abs. 3 ZeS, § 7 ZeS nicht aus. Prüfbare Unterlagen (insbesondere auch zur Finanzierbarkeit), die ein verlässliches Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum darstellen würden, seien nicht vorgelegt worden.
Gegen die Verhältnismäßigkeit des Bescheids im Übrigen bestünden ebenfalls keine Bedenken. Die Wiederzuführungsanordnung sei auch unter Berücksichtigung der erteilten Baugenehmigung vom 8. Mai 2019 sowie des Vorbescheids vom 18. Februar 2020 geeignet, erforderlich und angemessen. Auch die Störerauswahl sowie die Zwangsgeldandrohung seien nicht zu beanstanden.
5. Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Unter dem 2. Juni 2020 sei ein Antrag auf Erteilung eines Negativattests gestellt worden. Das Gebäude sei insgesamt nicht mehr bewohnbar. Die Antragsgegnerin verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogenen Behördenakten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Ziffer 2 des Bescheides der Landeshauptstadt München vom 4. Februar 2020 (Einheit 41) ist offensichtlich rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Rahmen der gem. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt deshalb das Anordnungsinteresse der Antragstellerin (1.). Dem gegenüber unterliegt die Anordnung in Ziffer 1 des Bescheides vom 4. Februar 2020 (Einheit 1) keinen rechtlichen Bedenken. Insoweit überwiegt deshalb das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin mit der Folge, dass die Beschwerde insoweit zurückzuweisen ist (2.).
1. Der Aufenthalts- und Frühstücksraum (Einheit 41) unterfällt als selbstständiger Anknüpfungsgegenstand einer zweckentfremdungsrechtlichen Anordnung bereits nicht dem Wohnraumbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 ZeS, da er mangels entsprechender Einrichtungen – es fehlen mindestens Bad und Küche – zur Begründung einer auf Dauer angelegten eigenständigen Häuslichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2015 – 12 CS 15.2269 – juris, Rn. 12 m.w.N.) objektiv ungeeignet ist. Auf einen fortbestehenden Zusammenhang mit dem ursprünglich bestehenden Wohnheim kann insoweit nicht abgestellt werden. Zum einen wurde das ursprüngliche Nutzungskonzept bereits kurze Zeit nach der Nutzungsaufnahme aufgegeben, zum anderen hat die Antragsgegnerin den Aufenthalts- und Frühstücksraum (Einheit 41) gerade zum Gegenstand einer eigenständigen, vom ursprünglichen Wohnheim losgelösten zweckentfremdungsrechtlichen Anknüpfung erhoben.
Selbst wenn man jedoch mit der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht weiterhin einen Zusammenhang mit dem ursprünglichen Wohnheim konstruieren wollte und eine Zweckentfremdung i.S.v. § 4 Abs. 1 ZeS annähme, weil der als solcher nicht mehr benötigte Aufenthalts- und Frühstücksraum als Lagerraum für Möbel und sonstige Gegenstände genutzt wird, stünde der Antragstellerin jedenfalls ein bereits von Amts wegen – und nicht lediglich erst auf entsprechenden Antrag hin – zu berücksichtigender Anspruch auf Genehmigungserteilung gem. § 5 Abs. 2 ZeS zur Seite, weil insoweit nach Aufgabe des ursprünglichen Nutzungskonzepts „Wohnheim“ ein überwiegendes schutzwürdiges privates Interesse vorläge. Die getroffene Anordnung könnte allenfalls dazu führen, dass die Antragstellerin die Einheit 41 wieder als – nicht benötigten (!) – Aufenthalts- und Frühstücksraum nutzt, niemals aber dazu, dass sie in diesen Räumlichkeiten durch Einrichtung von Bad und Küche zusätzlichen Wohnraum schafft.
Damit erweist sich die hinsichtlich der Einheit 41 getroffene Anordnung nicht nur von vornherein als objektiv sachfremd und willkürlich; sie stellt sich darüber hinaus auch in jeder Hinsicht als unverhältnismäßig dar, insbesondere lässt sie jeden Bezug zur ratio legis des Zweckentfremdungsrechts, nämlich dem der Bestandserhaltung von tatsächlich und rechtlich geeignetem Wohnraum, vermissen. Wie die Antragstellerin mit dem nicht mehr benötigten, für eine selbständige Wohnnutzung mangels Bad und Küche objektiv ungeeigneten Aufenthalts- und Frühstücksraum verfährt, ist allein ihre Angelegenheit und dem zweckentfremdungsrechtlichen Zugriff der Antragsgegnerin entzogen.
2. Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt hingegen die in Ziffer 1 des Bescheides getroffene Anordnung bzgl. der Einheit 1. Insoweit wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Vorbringen erster Instanz lediglich wiederholenden Ausführungen der Beschwerde können zu keiner anderen Beurteilung führen.
Der streitgegenständliche Bescheid ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin hinreichend bestimmt. Die sich insoweit ergebenden Handlungspflichten sind eindeutig. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 3 Nr. 1 ZeS greift nicht ein. Das Tatbestandsmerkmal des „engen räumlichen Zusammenhangs“ ist nicht erfüllt, da die zunächst vorhandene Verknüpfung mit dem Wohnheim spätestens mit Aufgabe des ursprünglich geplanten Nutzungskonzepts aufgelöst wurde (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 26.5.2014 – 12 CS 14.1073 – juris, Rn. 7). Die gaststättenrechtliche Genehmigung ist zweckentfremdungsrechtlich ohne Bedeutung.
Dass der streitgegenständliche Wohnraum zügig umgebaut wird und infolgedessen der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 2 ZeS vorliegt, hat die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Es fehlt jeder belastbare Hinweis auf den Zeitpunkt des Baubeginns. Demzufolge kann die Antragstellerin mit dem Einwand, die Anordnung sei unverhältnismäßig, weil der Abbruch des Gebäudes unmittelbar bevorstehe, nicht gehört werden.
Soweit die Antragstellerin auf den inzwischen unter dem 2. Juni 2020 bei der Antragsgegnerin gestellten Antrag auf Erteilung eines Negativattests verweist und geltend macht, bei dem streitgegenständlichen Gebäude handele es sich insgesamt nicht mehr um Wohnraum, weil ein dauerndes Bewohnen unzulässig oder unzumutbar sei, da die Räumlichkeiten einen schweren Mangel bzw. Missstand aufwiesen und die Wiederbewohnbarkeit nicht mit einem objektiv wirtschaftlichen und zumutbaren Aufwand hergestellt werden könne (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 5 und 6 ZeS), bleibt die eingeleitete Überprüfung durch die Antragsgegnerin abzuwarten. Jedenfalls wird das streitgegenständliche Gebäude derzeit noch von der Antragstellerin vermietet. Über eine Kündigung der Mietverhältnisse infolge Baufälligkeit zum Schutze der Bewohnerinnen und Bewohner ist nichts bekannt.
Dass eine Wohnnutzung in der Einheit 1 baurechtlich nicht (mehr) zulässig und auch nicht (mehr) genehmigungsfähig wäre (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ZeS), ist derzeit ebenfalls nicht ersichtlich. Eine Unterschreitung der Abstandsflächen reicht insoweit angesichts der Möglichkeit der Erteilung von Abweichungen allein nicht aus. Die Nutzung der ehemaligen Heimleiterwohnung zu Wohnzwecken ist – jedenfalls derzeit – noch immer baurechtlich genehmigt.
Sollte sich im Rahmen des eingeleiteten Überprüfungsverfahrens jedoch tatsächlich ergeben, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Nrn. 4, 5 und 6 ZeS vorliegen, so bleibt es der Antragstellerin unbenommen, einen Abänderungsantrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO beim Verwaltungsgericht zu stellen.
Die Beschwerde ist daher insoweit (Einheit 1) zurückzuweisen. Aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit ergeht die Entscheidung ohne weitere Gewährung rechtlichen Gehörs.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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