Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “bike-components” – fehlende Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  27 W (pat) 132/16

Datum:
24.4.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 052 989.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. April 2019 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Am 16. Juli 2014 ist das Zeichen
2
bike-components
3
für die nachfolgend genannten Waren zur Eintragung als Wortmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister angemeldet worden:
4
Klasse 04: Öle für technische Zwecke; Schmierfette; Schmiermittel; Schmieröle; technische Fette;
5
Klasse 06: Aluminium;
6
Klasse 11: Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden;
7
Klasse 25: Jacken; Regenbekleidung; Sportschuhe; Unterwäsche.
8
Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 25, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, die Markenanmeldung nach vorhergehender Beanstandung teilweise zurückgewiesen, nämlich hinsichtlich der Waren „Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden“.
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Zur Begründung ist – unter Bezugnahme auf den vorangegangenen Beanstandungsbescheid vom 12. November 2014 – ausgeführt, dass es sich bei diesen Waren auch um solche für Fahrräder und somit um Komponenten von Fahrrädern handeln könne, so dass der angemeldete Ausdruck lediglich eine unmittelbar beschreibende Angabe darstelle, die einem Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliege, weil die Mitbewerber nicht durch Monopolrechte daran gehindert werden dürften, derartige Angaben auf beliebige Art, insbesondere auch in werbemäßiger Form, zu verwenden. Darüber hinaus fehle der Marke im Zusammenhang mit diesen Waren auch jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
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Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung der Anmelderin hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 25, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, mit Beschluss vom 24. März 2016 zurückgewiesen.
11
Mit einem weiteren Beschluss vom 22. Juli 2016 hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 25, die Anmeldung nach vorhergehender Beanstandung auch hinsichtlich sämtlicher weiterer beanspruchter Waren zurückgewiesen. Der Beschluss ist von derselben Beamtin unterzeichnet, die auch den Erinnerungsbeschluss vom 24. März 2016 unterschrieben hat.
12
Zur Begründung des Beschlusses ist ausgeführt, die Anmeldung „bike-components“ bestehe aus den beiden allgemein verständlichen Worten der englischen Sprache, “bike” und “components”, die der angesprochene Durchschnittsverbraucher und der Fachverkehr der so gekennzeichneten Waren ohne Weiteres mit „Fahrrad-Komponenten“ übersetzen und im Sinne von „Fahrrad-Zubehör“ verstehen werde.
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Die angesprochenen Verkehrskreise entnähmen der angemeldeten Wortkombination „bike-components“ in Verbindung mit den genannten Waren den beschreibenden Hinweis, dass die so gekennzeichneten Waren Fahrrad-Komponenten bzw. Komponenten für das Fahrradfahren bzw. den „Bike“-Sport seien. Eine entsprechende beschreibende Verwendung der angemeldeten Bezeichnung sei in Verbindung mit verschiedenen Waren, die im Zusammenhang mit dem Fahrrad bzw. mit dem Radsport eine Rolle spielen könnten, bereits feststellbar, wie sich aus den mit dem ursprünglichen Beanstandungsbescheid zugesandten Anlagen ergebe.
14
Gegen den ihr am 28. Juli 2016 zugestellten Beschluss wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom Montag, den 29. August 2016.
15
Sie führt zur Begründung ihrer Beschwerde aus, dass der Beschluss vom 22. Juli 2016 bereits „unzulässig“ sei.
16
Mit dem Beschluss vom 21. Januar 2015 habe der Erstprüfer unter Bezugnahme auf den vorangegangenen Beanstandungsbescheid vom 12. November 2014 entschieden, dass absolute Eintragungshindernisse nur in Bezuge auf die Waren „Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden“ vorlägen, und nicht auch in Bezug auf weitere Waren. Dementsprechend sei in dem Beanstandungsbescheid vom 12. November 2014 angefragt worden, ob die Anmeldung hinsichtlich der Waren „Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden“ zurückgenommen werde zur Vermeidung einer Teilzurückweisung. Der Beschluss vom 22. Juli 2016 verstoße daher gegen die Bindungswirkung des Beschlusses vom 21. Januar 2015.
17
Da die Erinnerungsprüferin selbst den angefochtenen Beschluss vom 22. Juli 2016 erlassen habe, liege zudem ein Verstoß gegen das im Erinnerungsverfahren geltende Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) vor.
18
In der Sache führt die Beschwerdeführerin aus, dass das Zeichen „bike-components“ ein sprechendes Zeichen, jedoch nicht ohne Unterscheidungskraft und nicht freihaltebedürftig sei.
19
Die angesprochenen Verkehrskreise würden die Wortfolge „bike-components“ zwar möglicherweise als „Fahrrad-Komponenten“ übersetzen, sie verstünden sie jedoch nicht im Sinne von „Fahrrad-Zubehör“, da es sich bei „Komponenten“ um „Bestandteile“ oder „Teile eines Ganzen“ handele und diese etwas anderes als ein „Zubehör“ seien. Die beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 4, 6 und 25 seien jedoch gerade keine Fahrradbestandteile.
20
Zudem ergebe sich aus dem Zeichen „bike-components“ kein beschreibender Hinweis dahingehend, dass diese Waren „Komponenten für das Fahrradfahren“ seien, da nicht klar sei, was ein Bestandteil für das Fahrradfahren überhaupt sein solle. Im Übrigen heiße „Fahrradfahren“ im Englischen gerade nicht „bike“ sondern „bicycling“.
21
Die beanspruchten Waren wie „Unterwäsche“, „Aluminium“ oder „Schmieröle“ seien weder Komponenten eines Fahrrads noch Bestandteile des Fahrradfahrens.
22
Die Beschwerdeführerin und Anmelderin beantragt sinngemäß
23
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 25, vom 22. Juli 2016 aufzuheben.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
25
Die zulässige, insbesondere gem. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte sowie gem. § 66 Abs. 2 MarkenG rechtzeitig eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
26
Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 25, vom 22. Juli 2016 (s. u. Ziff. 1.). Sie bleibt erfolglos, da der angegriffene Beschluss nicht bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben ist (s. u. Ziff. 2.) und da die Markenstelle die Anmeldung auch in der Sache zur Recht wegen fehlender Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen hat. (s. u. Ziff. 3.).
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1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss vom 22. Juli 2016. Gegenstand der Beschwerde ist somit lediglich die Anmeldung des Wortzeichens „bike-components“ hinsichtlich der in den Klassen 4, 6 und 25 beanspruchten Waren, nicht jedoch hinsichtlich der Waren der Klasse 11 „Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden“. Die Teilzurückweisung hinsichtlich der Waren der Klasse 11 war bereits Gegenstand des Erstbeschlusses vom 21. Januar 2015 sowie des Erinnerungsbeschlusses vom 24. März 2016. Insoweit wurde eine Beschwerde nicht eingelegt. Die vorliegende Beschwerde richtet sich vielmehr ausweislich der Beschwerdeschrift vom 29. August 2016, in der es heißt, dass „gegen den am 28.07.2016 zugestellten Beschluss der Markenstelle … vom 22.07.2016“ Beschwerde eingelegt werde, ausdrücklich gegen diesen weiteren Beschluss vom 22. Juli 2016 betreffend die Waren der Klassen 4, 6 und 25. Dass im zunächst formulierten Antrag dann auf „die Zurückweisung der Anmeldung der Marke „bike-components“ vom 21.01.2015“ Bezug genommen wird und die Aufhebung dieser Zurückweisung beantragt wurde, dürfte auf einem Versehen beruhen und steht der ausdrücklichen Beschwerdeeinlegung gegen den Beschluss vom 22. Juli 2016 nicht entgegen. Dies ist das Ergebnis der Auslegung der Beschwerde durch den Senat im Hinblick auf den Wortlaut der Beschwerdeeinlegung als solcher, sowie im Hinblick auf die Tatsache, dass in einem späteren Verfahrensstadium erneut ein Antrag formuliert wurde, der ausdrücklich auf die Aufhebung des Beschlusses vom 22. Juli 2016 gerichtet ist. Zudem wäre die Beschwerde gegen die Zurückweisung hinsichtlich der Waren der Klasse 11 auch nicht rechtzeitig eingelegt worden.
28
2. Die Beschwerde ist nicht bereits aufgrund einer in der Beschwerdebegründung so bezeichneten „Unzulässigkeit“ des Beschlusses vom 22. Juli 2016 erfolgreich.
29
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegt weder ein Verstoß gegen eine Bindungswirkung des Beschlusses vom 21. Januar 2015 noch ein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius vor.
30
Wie vorstehend ausgeführt, war Gegenstand des Erstbeschlusses vom 21. Januar 2015 sowie des Erinnerungsbeschlusses vom 24. März 2016 lediglich die Anmeldung hinsichtlich der Waren der Klasse 11 „Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden“. Über die Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den weiteren beanspruchten Waren der Klassen 4, 6 und 25 war eine abschließende Entscheidung zu diesen Zeitpunkten noch nicht ergangen. Somit blieb es der Erinnerungsprüferin unbenommen, hinsichtlich dieser Waren einen zurückweisenden Beschluss zu erlassen (vgl. Miosga in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 64 Rn. 12). Dieser Beschluss vom 22. Juli 2016 erging nach Abschluss des Erinnerungsverfahrens, so dass das Verbot der reformatio in peius nicht greift. Unerheblich ist insoweit, dass dieselbe Person den Erinnerungsbeschluss vom 24. März 2016 (hinsichtlich der Waren der Klasse 11 „Beleuchtungsgeräte mit Leuchtdioden“) sowie den hier beschwerdegegenständlichen Beschluss vom 22. Juli 2016 (hinsichtlich der in den Klassen 4, 6 und 25 beanspruchten Waren) erlassen hat. Gem. § 56 Abs. 2 S. 1 MarkenG sind die Markenstellen für die Beschlussfassung im Eintragungsverfahren zuständig. Bei der Erinnerungsprüferin handelt es sich um ein Mitglied des DPMA, das gem. § 56 Abs. 2 S. 1 MarkenG die Aufgaben einer Markenstelle wahrnimmt.
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Der angegriffene Beschluss ist daher nicht aufgrund von Verfahrensfehlern aufzuheben.
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3. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „bike-components“ steht in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen beanspruchten Waren das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zu Recht zurückgewiesen hat.
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a) § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
34
Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, GRUR 2018, 301, Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, GRUR 2006, 229, Rn. 27 – Bio-ID; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 12 – smartbook).
35
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 32 – Stadtwerke Bremen; BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006). Kann dagegen einem Wortzeichen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 12 – OUI; BGH, GRUR 2014, 872, Rn. 21 – Gute Laune Drops; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat).
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Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Waren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH, GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; Ströbele in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 8 Rn. 47). Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH, GRUR 2018, 301, Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 12 – Link economy).
37
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung in Verbindung mit den beanspruchten Waren zu verneinen.
39
Wie bereits von der Markenstelle ausgeführt, setzt sich die Wortkombination „bike-components“ aus den aus der englischen Sprache stammenden und auch im Inland allgemein verständlichen Worten „bike“ mit der Bedeutung „Fahrrad“ oder auch (umgangssprachlich) „Motorrad“ und „component“ mit der Bedeutung „Komponente, Teil, Bestandteil, Zubehörteil“ zusammen. Die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren mit Ausnahme des Rohstoffs Aluminium um die allgemeinen Verkehrskreise und insbesondere den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher handelt, werden den englischen Begriff „component“ insbesondere auch im Hinblick auf das deutsche Wort „Komponente“ ohne Weiteres verstehen, und die Wortkombination „bike-components“ in ihrer Gesamtheit im Sinne von „Fahrrad-Komponenten“, „Fahrrad-Bestandteile“, „Fahrrad-Zubehörteile“ oder auch „Motorrad-Bestandteile“ begreifen
40
Im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren werden die angesprochenen Verkehrskreise in dieser Bezeichnung „bike-components“ im Sinne von „Fahrrad-Komponenten“ (bzw. „Motorrad-Bestandteile“) hinsichtlich eines Großteils dieser Waren lediglich einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis auf deren Eigenschaften oder Bestimmungszweck sehen bzw. in dieser Bezeichnung im Hinblick auf ihren engen beschreibenden Bezug zu einem weiteren Teil der beanspruchten Waren keinen Herkunftshinweis erkennen.
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Hinsichtlich der in Klasse 4 beanspruchten Waren „Öle für technische Zwecke; Schmierfette; Schmiermittel; Schmieröle; technische Fette“ handelt es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis.
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Fahrräder weisen verschiedene Bestandteile auf, die regelmäßig geschmiert oder gefettet werden sollten, wie beispielsweise die Fahrradkette, aber auch Bremsen oder Schaltung. Auf dem Markt werden dementsprechend Schmiermittel speziell für Fahrräder angeboten. Auch wenn es sich bei den in Klasse 4 beanspruchten Waren selber somit nicht um Bestandteile von Fahrrädern handelt, so werden die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung im Zusammenhang mit diesen Waren doch dahingehend auffassen, dass alle diese Öle bzw. Schmiermittel für Fahrradkomponenten bestimmt sind. Sie werden in der Bezeichnung somit einen beschreibenden Sachhinweis auf die Bestimmung und den Einsatzzweck der Waren und keinen Herkunftshinweis sehen.
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Entsprechendes gilt auch für den in Klasse 6 beanspruchten Rohstoff Aluminium. Angesprochene Verkehrskreise sind insoweit die Hersteller verschiedenster Waren, die aus Aluminium hergestellt werden. Hierzu gehören auch die Hersteller von Fahrrädern (bzw. von Halbzeugen für diese), da Fahrräder oft über Aluminium-Rahmen verfügen und es bestimmte Aluminiumlegierungen gibt, die sich speziell für die Fertigung von Fahrradrahmen eignen. Der angesprochene Fachverkehr wird die angemeldete Bezeichnung dementsprechend als beschreibende Bestimmungsangabe auffassen.
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Schließlich fehlt der angemeldeten Wortfolge auch für die Waren der Klasse 25 „Jacken, Regenbekleidung, Unterwäsche“ die erforderliche Unterscheidungskraft. So gibt es spezielle Fahrradjacken, oder Regenbekleidung bzw. Unterwäsche für den Radsport ebenso wie spezielle Fahrradschuhe. Auch wenn es sich bei diesen Waren nicht unmittelbar um Bestandteile von Fahrrädern (oder Motorrädern) handelt, so können diese jedoch speziell auf Fahrräder oder deren Bestandteile abgestimmt sein. Beispielsweise gibt es diverse Klickpedalsysteme mit hierzu passenden Fahrradschuhen.
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Insoweit ist die Bezeichnung „bike-components“ für Sportschuhe und die beanspruchten Bekleidungsstücke zwar möglicherweise nicht unmittelbar beschreibend, im Hinblick auf den dargelegten Zusammenhang dürfte ihr die Unterscheidungskraft dennoch abzusprechen sein. Denn auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt eine (hinreichende) Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (vgl. BGH, GRUR 2009, 411, Rn. 9 – Streetball). Dies ist vorliegend im Hinblick auf die mögliche Abstimmung der Sportschuhe und der Bekleidung auf Fahrräder und ihre Komponenten bzw. das Fahrradfahren anzunehmen.
46
c) Offen bleiben kann, ob die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich dieser Waren zugleich wegen eines Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu versagen ist. Für die Ablehnung der Eintragung des angemeldeten Zeichens als Marke ist das Vorliegen eines der voneinander rechtlich unabhängig anwendbaren Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG ausreichend (EuGH, GRUR 2008, 608, Rn. 54 – EUROHYPO; BGH, GRUR 2012, 272, Rn. 22 – Rheinpark-Center Neuss).
47
4. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beschwerdeführerin die Durchführung einer solchen nicht beantragt hat (§ 69 Nr. 1 MarkenG) und der Senat eine mündliche Verhandlung auch nicht für geboten erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).


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