Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “C.O.R.E.” – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  27 W (pat) 23/18

Datum:
27.12.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:271219B27Wpat23.18.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2016 025 083.2
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Dezember 2019 durch die Richterin Werner als Vorsitzende sowie die Richter Schwarz und Paetzold
beschlossen:
Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 41, vom 29. September 2016 und 29. Januar 2018 werden aufgehoben, soweit hierin die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Beschwerdeführerin hat die Zeichenfolge
C.O.R.E.
2
als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen
3
Klasse 16: Druckereierzeugnisse
4
Klasse 41: Veranstaltung und Durchführung von Seminaren sowie von Fortbildungs- und Weiterbildungskursen
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zur Eintragung ins Markenregister angemeldet.
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Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 41, hat mit Beschluss vom 29. September 2016 die Anmeldung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe und mit weiterem Beschluss vom 29. Januar 2018 auch die hiergegen eingelegte Erinnerung der Anmelderin zurückgewiesen.
7
Zur Begründung ist ausgeführt:
8
Die angemeldete Marke eigne sich nicht als Herkunftshinweis, da sie allein aus einer beschreibenden Angabe bestehe. Denn die angemeldete Zeichenfolge „C.O.R.E.“ sei als das englische Substantiv „core“ erkennbar, welches allgemein die Bedeutung „Kern“ habe und auf dem Gebiet der Computertechnik den „Haupt- oder Kernspeicher“ oder auch den „Prozessorenkern“ bezeichne. Die Zeichenfolge „C.O.R.E.“ weise damit nur darauf hin, dass alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit dem Haupt- oder Kernspeicher bzw. dem Prozessorenkern aus der Computertechnik zu tun hätten oder sich thematisch damit beschäftigten. Da Marken stets im Zusammenhang mit den in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen gesehen werden müssten, ergebe sich aus diesem Zusammenhang, worum es sich thematisch handle. Folglich beschreibe der angemeldete Markenbegriff den Gegenstand oder die Thematik der Waren und Dienstleistungen, nämlich die Speichertechnik. Wie das Bundespatentgericht in der Entscheidung 394 04 422.3 „K.U.L.T.“ bereits entschieden habe, änderten die Punkte zwischen den Buchstaben an der Verständlichkeit nichts, da das Wort dennoch ohne weiteres aussprechbar und seine Bedeutung erkennbar sei. Da alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen sich thematisch mit Kernspeichern befassen könnten, dürfe diese Bezeichnung als beschreibende Angabe für die Art der Produkte oder die Thematik der Waren und Dienstleistungen nicht für die Beschwerdeführerin monopolisiert werden, sondern müsse auch für Mitbewerber und die Allgemeinheit zum Gebrauch freigehalten werden. Ob es noch andere Möglichkeiten der Benennung gebe, sei unmaßgeblich, denn die Mitbewerber dürften nicht auf alternative Benennungsmöglichkeiten verwiesen werden. Dass „Core“ noch andere Bedeutungen als „Kernspeicher“ haben könne, sei ebenfalls unmaßgeblich, da es ausreiche, wenn eine mögliche Bedeutung beschreibend sei. Im Übrigen werde die Bezeichnung „Core“ für Computerprozessoren bereits verwendet (hierzu verweist das Deutsche Patent- und Markenamt auf dem Beschluss beigefügte Internetauszüge). Es handle sich somit um einen beschreibenden Begriff, der für die Allgemeinheit und die Mitbewerber freizuhalten sei. Auf die von ihr genannten ähnlichen Anmeldungen könne sich die Beschwerdeführerin nicht berufen; zudem hätten diese auch nicht zur Eintragung geführt. Ob hier auch die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle, könne aufgrund des bestehenden Freihaltungsbedürfnisses dahingestellt bleiben. Die Erinnerungsgebühr sei nicht zurückzuzahlen, da es an der notwendigen Kausalität zwischen einer fehlerhaften Sachbehandlung durch das Deutsche Patent- und Markenamt und der Einlegung des „Rechtsmittels“ fehle. Denn selbst bei von der Beschwerdeführerin angemahnten Einhaltung der Frist zur Äußerung auf den Beanstandungsbescheid vor Erlass des Erstbeschlusses wäre in der Sache kein anderer Beschluss ergangen.
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Gegen diese Beschlüsse hat die Beschwerdeführerin, deren Verfahrensbevollmächtigten der Erinnerungsbeschluss am 1. Februar 2018 zugestellt worden ist, am 1. März 2018 Beschwerde unter Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegt.
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Sie trägt vor: Schon die Argumentation hinsichtlich des Begriffsinhalts und seiner angeblich unmittelbar beschreibenden Bedeutung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei nicht nachvollziehbar und lebensfremd, denn es sei nicht ersichtlich, was „Kernspeicher“ mit diesen Waren und Dienstleistungen zu tun habe. In Bezug auf die hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen gebe es auch keine Nachweise für eine beschreibende Benutzung der angemeldeten Bezeichnung. Die zitierte Entscheidung des Bundespatentgerichts zur Markenanmeldung „K.U.L.T.“ aus dem Jahr 1998 sei überholt und betreffe wegen der dort in Rede stehenden Waren aus dem Bekleidungssektor einen völlig anderen Sachverhalt. Stattdessen sei auf die Entscheidung des 33. Senats zur Markenanmeldung „B.I.G.“ vom 10. März 2004 (Az. 33 W (pat) 92/02) abzustellen, die zur gegenteiligen Einschätzung gekommen sei. Wenn die Marke 30 770 068 „Core“ für Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der Klasse 41 – entgegen den insoweit unzutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss – eingetragen worden sei, könne für die hiesige Markenanmeldung nichts anderes gelten.
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Die Beschwerdeführerin beantragt wörtlich
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die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses vom 29. Januar 2018.
II.
13
A. Die Beschwerde ist nach § 66 MarkenG zulässig und in der Sache hinsichtlich der beantragten Eintragung des angemeldeten Zeichens auch begründet, so dass es der von der Beschwerdeführerin nur hilfsweise beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht bedarf. Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts stehen der Eintragung der angemeldeten Zeichenfolge die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
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1. Die angemeldete Zeichenfolge ist nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltungsbedürftig. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sie zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 450, Rn. 32 – DOUBLEMINT; MarkenR 2008, 160, Rn. 35 – HAIRTRANSFER) ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen würde, die zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, sofern es sich hierbei um für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände handelt (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card). Ein solcher Fall, in dem der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung das im Allgemeininteresse liegende Ziel entgegenstünde, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten eines einzelnen Unternehmens monopolisiert werden können (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 – CHIEMSEE; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 – BIOMILD), liegt hier aber nicht vor.
15
Soweit das Deutsche Patent- und Markenamt für seine gegenteilige Auffassung nur auf die Bedeutung des englischen Wortes „core“ abgestellt hat, kann dem nicht gefolgt werden. Denn bei der Beurteilung einer angemeldeten Zeichenfolge läge eine beschreibende Bedeutung nur vor, wenn dies für das Gesamtzeichen mit allen in ihm enthaltenen Bestandteilen festgestellt werden kann; insbesondere ist es nicht zulässig, der Prüfung der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens (auch) eine solche Benutzung zu Grunde zu legen, in der die angesprochenen Verbraucher nicht mehr eine Wiedergabeform des angemeldeten Zeichens, also nicht mehr dasselbe Zeichen, sondern ein von dem angemeldeten Zeichen zu unterscheidendes anderes Zeichen sehen (vgl. hierzu BGH GRUR 2011, 65 Rn. 9 f. – Buchstabe T mit Strich). Insoweit ist die vom Deutschen Patent- und Markenamt zitierte Entscheidung BPatG GRUR 1998, 1023 – K.U.L.T in Bezug auf das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG überholt. Daher dürfen bei der vorliegenden Markenanmeldung die zwischen den einzelnen Buchstaben gesetzten Punkte nicht außer Betracht bleiben, weil eine Zeichenfolge aus Buchstaben und zwischen diesen gesetzten Punkten zunächst einmal den Eindruck einer Abkürzung vermittelt, die von einem Wort, das im europäischen Sprachraum nur aus Buchstaben besteht, deutlich abweicht. Eine beschreibende Bedeutung i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG läge bei dem hier zu beurteilenden, aus den Buchstaben „C – O – R – E“ und jeweils einem jedem Buchstaben nachfolgenden Punkt bestehenden Zeichen daher nur dann vor, wenn die gesamte Buchstaben- und Zeichenfolge „C.O.R.E.“ als solche eine beschreibende Bedeutung hätte. Erst dann wäre sie zugunsten der Mitbewerber freizuhalten. Ob die Buchstaben, wenn sie ohne die Trennpunkte gelesen werden, als das Wort „core“ aufgefasst werden könnten, spielt demgegenüber keine Rolle. Eine beschreibende Bedeutung der angemeldeten Buchstaben- und Zeichenfolge „C.O.R.E.“ lässt sich jedoch nicht feststellen. Auch die vom Deutschen Patent- und Markenamt dem angefochtenen Beschluss beigefügten Internetauszüge belegen allenfalls eine Verwendung des Wortes „core“, nicht aber der angemeldeten Zeichenfolge „C.O.R.E.“. Auch andere Anhaltspunkte dafür, dass die konkrete Zeichenfolge in ihrer Gesamtheit – also einschließlich der Punkte – die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben könnte, sind nicht vorhanden, so dass für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kein Raum ist.
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2. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat nicht geprüft, ob das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gegeben sein könnte. Insoweit bedarf es allerdings keiner Zurückverweisung (§ 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG), da der Senat hierüber selbst eine Entscheidung treffen kann. Das angemeldete Zeichen ist nämlich nicht nach § 37 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen.
17
a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von den Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. zuletzt EuGH GRUR 2018, 917 Rn. 34 – Mitsubishi). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 Rn. 26 – SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 Rn. 46 – Libertel; GRUR 2004, 943 Rn. 24 – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924 Rn. 35 – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187 Rn. 41 – Gabelstapler; MarkenR 2005, 22 Rn. 33 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
18
Ein Fall fehlender Unterscheidungskraft liegt vor, wenn die angemeldete Kennzeichnung die Waren und Dienstleistungen, für welche sie geschützt werden soll, unmittelbar beschreibt oder jedenfalls nur einen im Vordergrund stehenden, diese Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH GRUR 2001, 162, 163 m.w.N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es entsprechend den Grundsätzen des Europäischen Gerichtshofs für die Feststellung eines Freihaltungsbedürfnisses aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. Kur/v. Bomhard/Albrecht, BeckOK Markenrecht, 19. Edition, Stand 01.10.2019, § 8 Rn. 149 m.w.N.).
19
b) Ein solcher Fall liegt hier jedoch selbst dann nicht vor, wenn unterstellt wird, dass das Publikum, an das sich die Waren und Dienstleistungen richten, für welche die angemeldete Zeichenfolge eingetragen werden soll, und zu dem vorliegend wegen der Art dieser Waren und Dienstleistungen alle inländischen Verbraucher zu zählen sind, die Zeichenfolge „C.O.R.E.“ als das englische Wort „core“ aufnehmen und in der vom Deutschen Patent- und Markenamt angegebenen Bedeutung „Kernspeicher“ verstehen sollte. Denn die Annahme des Deutschen Patent- und Markenamts, in diesem Fall käme die angemeldete Zeichenfolge als mögliches Thema oder als möglicher Gegenstand der beanspruchten Druckerzeugnisse und Seminare, Fortbildungs- und Weiterbildungskurse in Betracht, kann – auch unter Berücksichtigung der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung – nicht gefolgt werden.
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Für die Beurteilung, wie der angesprochene Abnehmerkreis die Marke versteht, ist die Verwendung des angemeldeten Zeichens in der eingetragenen Form zugrunde zu legen. Hierfür ist es nicht nur unzulässig, einzelne Bestandteile außer Acht zu lassen, sondern auch, eine Verwendung des angemeldeten Zeichens in Kombination mit weiteren, nicht als Zeichenbestandteile angemeldeten Zusätzen zu unterstellen. Vielmehr ist die Prüfung darauf zu beschränken, wie die angesprochenen Verbraucher das angemeldete Zeichen wahrnehmen, wenn sie diesem zusammen mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Alleinstellung begegnen (vgl. BGH, GRUR 2011, 65 Rn. 14 und 16 – Buchstabe T mit Strich). Damit käme ein Verständnis des angemeldeten Zeichens „C.O.R.E.“ selbst dann, wenn das Publikum dieses nur wie „CORE“ lesen sollte, als Hinweis auf den möglichen Gegenstand der beanspruchten Druckerzeugnisse und Seminare nur in Betracht, wenn das Publikum bereits mit dem Wort „core“ in Alleinstellung, also ohne weitere Elemente, einen solchen Hinweis auf das mögliche Thema der nur mit diesem Wort versehenen Druckerzeugnisse oder den möglichen Gegenstand der hiermit gekennzeichneten Dienstleistungen verbinden würde. Ein Verständnis nur des Wortes „core“ allein als bloße Sachangabe kann jedoch ausgeschlossen werden. Insbesondere belegen die vom Deutschen Patent- und Markenamt genannten Beispiele das Gegenteil. Die überwiegende Zahl dieser Belege, die die Produkte „Intel Core“ und „QuadCore“ der Fa. I… Inc. (bei denen es sich um Prozessoren handelt) und den „PowerShell Core“ der Fa. M… Corp. betreffen, beziehen sich dabei schon nicht auf eine Sachangabe, sondern jeweils auf Herkunftskennzeichnungen. Und bei den übrigen Beispielen wie „Multicore-Architekturen“ tritt das Wort „core“ gerade nicht in Alleinstellung, sondern nur mit weiteren Elementen auf. Auch sonstige Belege, denen sich entnehmen ließe, dass das Wort „Core“ in Alleinstellung eine thematische Angabe von Druckerzeugnissen oder Seminaren sei, konnte der Senat nicht finden. Wird etwa in die Suchmaske bei amazon.de nur das Wort „core“ eingegeben, erscheint kein Medium, welches nur dieses Wort als Thema der auf dieser Plattform erhältlichen Medien auswiese. Vielmehr bedarf es für ein Verständnis dieses Wortes als – wie vom Deutschen Patent- und Markenamt angenommen – „Kernspeicher“ stets weiterer Zusätze. Auf eine solche Verwendung des angemeldeten Wortes, bei der sich ein thematischer Bezug erst einstellen würde, darf aber wie erwähnt nicht abgestellt werden.
21
Aber selbst wenn angenommen wird, dass das angemeldete Zeichen auch in Alleinstellung als möglicher Hinweis auf das Thema oder den Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Betracht zu ziehen wäre, schiede die Annahme, dem Zeichen fehle die Unterscheidungskraft, auch aus anderen Gründen aus. Denn für die Beurteilung, ob eine zur Eintragung als Marke angemeldete Bezeichnung von den angesprochenen Verbrauchern nicht als Herkunftshinweis angesehen wird, sind die Kennzeichengewohnheiten für jede der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 18 – #darferdas?; GRUR 2012, 1044 Rn. 20 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 1100 Rn. 28 – TOOOR!; GRUR 2008, 1093 Rn. 22 – Marlene-Dietrich-Bildnis I). Hierzu ist darauf abzustellen, wie üblicherweise bei den jeweiligen Waren und Dienstleistungen Kennzeichnungen als Hinweis auf die Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen – also markenmäßig – verwendet werden. Sind dabei für die jeweils zu beurteilenden Waren mehrere Verwendungsformen denkbar, die praktisch bedeutsam sind, ist die Unterscheidungskraft nur zu verneinen, wenn das Publikum das angemeldete Zeichen in jeder dieser praktisch bedeutsamen Verwendungsarten nicht als Herkunftshinweis ansieht (vgl. jetzt EuGH, Urteil vom 12. September 2019, Az. C-541/18, Rn. 25 und 30, abrufbar unter http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=217669&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=1357462 – #darferdas). Auf eine einzige Verwendungsart darf dabei nur abgestellt werden, wenn in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart praktisch bedeutsam ist (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 32).
22
Bei Druckerzeugnissen entspricht es den üblichen Gepflogenheiten, die Angabe des Verlages an einer bestimmten, von der Angabe des Inhalts der jeweiligen Druckerzeugnisse abweichenden Position anzugeben (vgl. hierzu BPatG, Beschluss vom 25. Februar 2019, Az. 27 W (pat) 519/18, abrufbar bei juris.de = BeckRS 2019, 4278 = GRURPrax 2019, 211). Bei einer solchen Verwendungsart, die im Übrigen nicht nur praktisch bedeutsam, sondern sogar die wahrscheinlichste ist, kann sich beim angesprochenen Verbraucherkreis die Vorstellung, das an einer Stelle, an der üblicherweise der Anbieter des jeweiligen Druckerzeugnisses angegeben wird, befindliche Anmeldezeichen stelle das Thema des jeweiligen Druckerzeugnisses dar, erst gar nicht einstellen. Aus diesem Grund scheidet die Annahme, das angemeldete Zeichen werde als „core“ und damit als „Kernspeicher“ oder „Prozessor(speicher)“ gelesen und wiese mit dieser Bedeutung nur auf das mögliche Thema des jeweiligen Druckerzeugnisses hin, von vornherein aus.
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Gleiches gilt für die ebenfalls beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41. Denn auch bei Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen wird – insbesondere auf Plakaten, Anzeigen, Flyern oder Internet-Webseiten – die Angabe des Anbieter anders plaziert als die Angabe des Seminar- oder Veranstaltungsthemas; so wird das Thema üblicherweise mehr oder weniger zentral plaziert und durch seine Aufmachung deutlich wahrnehmbar hervorgehoben, während der Anbieter entweder am oberen oder unteren Rand in einer gegenüber dem Thema weniger auffälligen Form angegeben wird. Auch insoweit wird das Publikum, wenn es dem angemeldeten Zeichen an einer Stelle, an der üblicherweise der Veranstalter eines Seminars genannt wird, begegnet, hierin keinen Hinweis auf das mögliche Seminarthema erkennen. Daher scheidet auch bei diesen Dienstleistungen die Annahme des Deutschen Patent- und Markenamts, das angemeldete Zeichen werde von den Abnehmern nur als thematische Angabe der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen, aus, wenn es entsprechend den üblichen Verwendungsweisen für die Herkunftsangabe verwendet wird.
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c) Die übrigen Fallkonstellationen, bei denen die Unterscheidungskraft fehlt, sind vorliegend ersichtlich nicht gegeben. Insbesondere handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen weder um einen Werbeslogan noch um eine Werbeaussage allgemeiner Art noch um eingebräuchliches Wort, welche die Verbraucher – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen (vgl. BGH GRUR 2001, 1042 – REICH UND SCHÖN; GRUR 2001, 1043, 1044 – Gute Zeiten, Schlechte Zeiten; GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006).
25
3. Da das Deutsche Patent- und Markenamt somit im Ergebnis der Anmeldemarke zu Unrecht die Eintragung versagt hat, waren auf die Beschwerde die hiermit angefochtenen Entscheidungen aufzuheben.
26
B. Soweit im angefochtenen Erinnerungsbeschluss die von der Beschwerdeführerin in ihrer Erinnerungsbegründung beantragte Rückzahlung der Erinnerungsgebühr zurückgewiesen wurde, ist unklar, ob dies von der Beschwerdeführerin noch angegriffen wird, weil sie hierzu weder in ihrer Beschwerdebegründung Ausführungen gemacht hat noch dies zum Gegenstand ihres Antrags gemacht hat. Sofern dieser Teil des angegriffenen Erinnerungsbeschlusses beschwerdegegenständlich ist, ist die Zurückweisung des Rückzahlungsantrags auf jeden Fall zu Recht erfolgte, da ein hierfür erforderlicher Billigkeitsgrund erkennbar nicht vorliegt; insbesondere ist eine solche Entscheidung selbst bei einem Erfolg der Erinnerung nicht veranlasst (st. Rspr.; vgl. BPatGE 2, 78; 22, 29, 32). In Bezug auf diesen Teil des angefochtenen Beschlusses ist die Beschwerde mithin teilweise zurückzuweisen. Insoweit bedurfte es nicht wegen des gestellten Hilfsantrags der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, da ein solcher Hilfsantrag sich, sofern nichts anderes ausdrücklich geltend gemacht wird, nur für den Fall gestellt ist, dass dem Begehren in der Hauptsache nicht entsprochen wird (vgl. BPatG, Beschluss vom 08.06.2015, Az. 21 W (pat) 25/13, BeckRS 2015, 13938). Dies ist vorliegend zudem deshalb anzunehmen, weil die Beschwerdeführerin weder zu diesem Entscheidungsteil im angefochtenen Beschluss Ausführungen gemacht noch diesen in ihrem gestellten Sachantrag erwähnt hat.
27
C. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG bestand ebenso wenig eine Veranlassung wie für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 MarkenG).


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