Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Cusanus/Cusanus” – Doppelidentität zwischen den Vergleichsmarken und Dienstleistungen – zwingendes Schutzhindernis – zur Kennzeichnungskraft – Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit – Verwechslungsgefahr

Aktenzeichen  25 W (pat) 501/18

Datum:
24.10.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:241019B25Wpat501.18.0
Normen:
§ 9 Abs 1 Nr 1 MarkenG
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2015 048 632
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Markeninhaberin betreffend die Widerspruchsmarke 30 2013 056 323 wird zurückgewiesen.
2. Die insoweit angefallenen Kosten des Verfahrens werden der Markeninhaberin auferlegt.

Gründe

I.
1
Die am 5. August 2015 angemeldete Bezeichnung
2
Cusanus
3
ist am 14. Oktober 2015 unter der Nummer 30 2015 048 632 als Wortmarke für die nachfolgenden Dienstleistungen in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden:
4
Klasse 35:
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Verwaltung und Geschäftsführung von Altersheimen, Pflegeheimen oder Krankenhäusern; Verwaltung von Vermögensregistern [für Dritte]; Verwaltung von Marketingmaßnahmen; Verwaltung von Unternehmen;
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Klasse 36:
7
Verwaltung von Treuhandvermögen; Verwaltung von Kapitalanlagen in Form von Immobilien; Erteilen von Auskünften über die Verwaltung von Treuhandkonten; Computergestützte Erteilung von Auskünften über die Verwaltung von Finanzen; Verwaltung von Finanzanlagen; Verwaltung von Gewerbeimmobilien; Verwaltung von Grundbesitz; Verwaltung von Immobilienbeständen; Verwaltung von Treuhandfonds; Verwaltung von treuhänderischen Vermögen; Finanzielle Verwaltung von Immobilienprojekten; Finanzielle Verwaltung von Treuhandvermögen; Verwaltung von Finanzen für Kommunalbehörden; Verwaltung von Finanzen für Pflegeeinrichtungen; Finanzielle Bewertung und Verwaltung von Immobilien; Verwaltung von Finanzen für Pflegeheime; Verwaltung von zeitweilig genutzten Immobilien;
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Klasse 43:
9
Dienstleistungen eines Altersheimes, Krankenhauses oder Pflegeheimes; Cateringdienstleistungen für Altersheime und Pflegeheime; Dienstleistungen zur Verpflegung; Beherbergung von Gästen.
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Gegen die Eintragung der am 13. November 2015 veröffentlichten Marke hat die Inhaberin der Widerspruchsmarke, die damals noch als C… GmbH
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firmierte, unter anderem aus ihrer seit dem 3. Februar 2014 unter der Nummer 30 2013 056 323 für die Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 30:
13
Brot;
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Klasse 32:
15
Bier;
16
Klasse 43:
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Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen.
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eingetragenen Wortmarke
19
Cusanus
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am 9. Februar 2016 Widerspruch erhoben. Der Widerspruch richtet sich gezielt nur gegen die Dienstleistungen der Klasse 43 der prioritätsjüngeren angegriffenen Marke.
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Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 6. September 2017 die angegriffene Marke 30 2015 048 632 insoweit gelöscht, als der Widerspruch aus der Wortmarke 30 2013 056 323 erhoben worden war, nämlich hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 43 „Dienstleistungen eines Altersheimes, Krankenhauses oder Pflegeheimes; Cateringdienstleistungen für Altersheime und Pflegeheime; Dienstleistungen zur Verpflegung; Beherbergung von Gästen“, weil insoweit die Gefahr der Verwechslung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken gegeben sei. Das Verfahren über den gleichzeitig erhobenen weiteren Widerspruch aus der Marke 30 2014 000 024 hat die Markenstelle bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Widerspruch aus der Wortmarke 30 2013 056 323 ausgesetzt.
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Die Markenstelle bejaht die Zulässigkeit des Widerspruchs und verweist darauf, dass die vor dem Landgericht Koblenz anhängige Löschungsklage der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen die Widerspruchsmarke und eine sich daraus ergebende mögliche Löschungsreife nicht zur Unzulässigkeit des Widerspruchs führe. Ebenso wenig sei eine Aussetzung des bzw. der Widerspruchsverfahrens von Amts wegen veranlasst, nachdem weder die Erfolgsaussichten der Klage noch der Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung des Zivilgerichts vorhersehbar sei.
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Der Widerspruch sei begründet, weil die Gefahr von Verwechslungen nach §§ 43 Abs. 2 Satz 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestünde. Die Vergleichsdienstleistungen der Klasse 43 seien identisch bis hochgradig ähnlich. In beiden Verzeichnissen seien übereinstimmend die „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ enthalten. Die „Cateringdienstleistungen für Altersheime und Pflegeheime“ seien Verpflegungsdienste und ebenso mit den Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen identisch. Im Übrigen sei von einer hochgradigen Dienstleistungsähnlichkeit auszugehen, denn Altenheime, Krankenhäuser und Pflegeheime würden unter anderem auch die Unterkunft und Verpflegung anbieten. Es sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Anhaltspunkte für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Bezeichnung „Cusanus“ werde entgegen der Ansicht der Widersprechenden von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als eine alternative lateinische Ortsangabe für Bernkastel-Kues aufgefasst. „Cusanus“ sei vielmehr die lateinische Bezeichnung für „von Kues“ und damit der lateinische Nachname von Nikolaus von Kues (latinisiert Nicolaus Cusanus, deutscher Philosoph und Mathematiker) und weise damit als Marke und Institutionsbezeichnung auf diesen berühmten Namensträger hin. Mit dem jüngeren Zeichen „Cusanus“ und der älteren Widerspruchsmarke „Cusanus“ würden sich klanglich, schriftbildlich und begrifflich identische Zeichen gegenüberstehen.
24
Entgegen den von den beiden Beteiligten jeweils gestellten Anträgen hat die Markenstelle keinem der Beteiligten die Kosten auferlegt.
25
Gegen die Entscheidung der Markenstelle betreffend die Widerspruchsmarke 30 2013 056 323 richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der jüngeren Marke, die sie nicht begründet hat. Sie hat vielmehr zahlreiche Fristverlängerungsgesuche gestellt im Hinblick auf ein vor dem Landgericht Koblenz geführten Löschungsverfahren betreffend die Widerspruchsmarke. Das Landgericht Koblenz hat den Termin zur Verkündung einer Entscheidung, der zunächst auf den 19. Juni 2018 angesetzt war, mehrfach verschoben, wobei zum Zeitpunkt der im vorliegenden Verfahren angesetzten mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2019 noch keine Entscheidung vor dem Landgericht Koblenz ergangen war.
26
Die Markeninhaberin hat keinen Sachantrag gestellt. Sie hat hilfsweise einen Antrag auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
27
Die Widersprechende wiederum beantragt,
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die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen und der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
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Zur Begründung macht sich die Widersprechende und Beschwerdegegnerin die Ausführungen des Senats aus dem Zusatz zu der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2019 zu eigen. In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 43 „Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ sei eine Doppelidentität im Sinn des § 9 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG gegeben. Hinsichtlich der übrigen Dienstleistungen liege Identität bzw. hochgradige Dienstleistungsähnlichkeit vor. Da zwischen den Marken Zeichenidentität bestehe und der Widerspruchsmarke mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukomme, liege Verwechslungsgefahr vor. Die Widersprechende spricht sich zudem für eine Entscheidung in der Sache aus, nachdem aus ihrer Sicht nicht erkennbar sei, wann das Landgerichts Koblenz letztendlich zu einer Entscheidung in dem noch immer anhängigen Klageverfahren gelangen werde.
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Die Beschwerdeführerin und Inhaberin der jüngeren Marke hat an der von ihr beantragten und von Seiten des Gerichts auf ihren Antrag hin anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen. Sie hat dies mit dem beim Bundespatentgericht am 23. Oktober 2019 um 18.11 Uhr eingegangenen Telefax mitgeteilt.
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Die gegen die Aussetzungsentscheidung der Markenstelle über den Widerspruch aus der Marke 30 2014 000 024 ebenso eingelegte Beschwerde vom 11. Oktober 2017 hat die Beschwerdeführerin und Inhaberin der jüngeren Marke mit Schriftsatz vom 10. Januar 2020 zurückgenommen.
32
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 36, auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Ladungszusatz des Senats vom 18. Juli 2019 und auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
33
Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin und Beschwerdeführerin besteht zwischen den Vergleichsmarken im Umfang der angeordneten Löschung eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, bzw. im Umfang der Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen der Löschungsgrund der Doppelidentität gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle auf den Widerspruch der Widersprechenden hin im Ergebnis zutreffend die teilweise Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG angeordnet hat. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
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1. Zwischen den identischen Vergleichsmarken „Cusanus“ besteht jedenfalls in Bezug auf die offensichtlich identischen „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ der Klasse 43 Doppelidentität gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG. Die Doppelidentität zwischen den sich gegenüberstehenden Marken und Dienstleistungen begründet ein zwingendes Schutzhindernis hinsichtlich der jüngeren Marke. Insoweit bedarf es keiner gesonderten Feststellung einer Verwechslungsgefahr (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 9 Rn. 14).
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2. Bezüglich der übrigen angegriffenen „Dienstleistungen eines Altenheims; Krankenhauses oder Pflegeheims; Cateringdienstleistungen für Altersheime und Pflegeheime“ der Klasse 43 besteht eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
36
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9- Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2019, 173 – Combit/Commit). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/ oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/ pure; siehe auch Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
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Bei identischen Kennzeichen und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „Cusanus“ müssten die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen einen sehr deutlichen Abstand aufweisen, um die Gefahr von Verwechslungen auszuräumen. Dies ist nicht der Fall, soweit es um die weiteren Dienstleistungen der Klasse 43 der angegriffenen Marke geht. Denn die Marken können sich insoweit auf jedenfalls hochgradig ähnlichen Dienstleistungen begegnen. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren bzw. der Dienstleistungen besteht, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Produktähnlichkeit wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten regelmäßig aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 59, vgl. z. B. BGH GRUR 2004, 241, 243 – GeDIOS; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM).
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Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen zur „Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ einerseits und „Dienstleistungen eines Altersheimes, Krankenhauses oder Pflegeheimes; Cateringdienstleistungen für Altersheime und Pflegeheime“ andererseits überschneiden sich sowohl inhaltlich wie auch ihrem Sinn und Zweck nach, nachdem letztere die Verpflegung und Beherbergung in einer auf ein Alters- und Pflegeheim oder Krankenhaus angepassten speziellen Art und Weise letztlich (mit)beinhalten. Insoweit bestehen enge Berührungspunkte zwischen diesen Vergleichsdienstleistungen der Klasse 43.
39
Der Beschwerde der Markeninhaberin war daher zurückzuweisen.
40
3. Der vorliegende Fall gibt Anlass aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Inhaberin der jüngeren Marke und Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens bezüglich der Widerspruchsmarke 30 2013 056 323 aufzuerlegen.
41
Nach der Gesetzeslage kommt eine Kostenauferlegung sowohl im Verfahren vor dem Patentamt als auch im patentgerichtlichen Verfahren nur aus Billigkeitsgründen in Betracht, was nach ständiger Rechtsprechung dahingehend ausgelegt wird, dass Kosten in der Regel nur dem Verfahrensbeteiligten auferlegt werden, der in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder am Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. Ströbele/Hacker/ Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 71 Rn 13, 15 ff.; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 71 Rn. 11 ff. und Büscher in Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/ Medienrecht, 3. Aufl., § 71 MarkenG, Rn. 2 ff., 5 ff.).
42
Eine solche prozessuale Sorgfaltspflichtverletzung ist vorliegend gegeben. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Beschwerde eingelegt, um das Verfahren vor dem Hintergrund der seit dem Jahr 2016 anhängigen und noch nicht entschiedenen Löschungsklage gegen die hiesige Widerspruchsmarke 30 2013 056 323 vor dem Landgericht Koblenz offen zu halten. Dieses Verhalten rechtfertigt an sich noch keine Kostenauferlegung. Mit der Ladung des Senats vom 18. Juli 2019 hat der Senat in einem ausführlichen Ladungszusatz den Beteiligten zum einen mitgeteilt, dass angesichts der Doppelidentität und gegebener Dienstleistungsähnlichkeit keine Erfolgsaussichten der Beschwerde bestehen und zum anderen deutlich gemacht, dass ein weiteres Zuwarten nicht in Betracht kommt, zumal auch ein berechtigtes Allgemeininteresse an einer Klärung des Markenregisters innerhalb einer überschaubaren Zeitrahmens besteht. Ungeachtet dessen hat die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht nur weiterhin an ihrer Beschwerde festgehalten, sondern auch an dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Letztere hat sie dann auf äußerst kurzfristige Mitteilung mit Telefax gegenüber dem Senat, nämlich am Abend des Vortags (23. Oktober 2019, 18.11 Uhr) nicht wahrgenommen. Angesichts der kurzfristigen Mitteilung war noch nicht einmal ein Absetzen des Termins mehr möglich, zumal auch die Vertreter der Widersprechenden bereits zum Termin unterwegs waren. Die Inhaberin der jüngeren Marke hat das Widerspruchsverfahren weiter betrieben, obwohl sie hätte erkennen können bzw. deutlich erkannt hat, dass ihre Beschwerde gegen die teilweise Löschungsentscheidung der Markenstelle keinen Erfolg haben kann. Angesichts dieser Umstände erscheint es unbillig, es bei der grundsätzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG zu belassen, nach der jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenden Kosten selbst zu tragen hat.


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