Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Starsat” – BGH hat keine ohne Weiteres erfassbare beschreibende Bedeutung der Anmeldemarke im Sinne eines Qualitätshinweises festgestellt – Unterscheidungskraft – BPatG hat die rechtliche Beurteilung des BGH seiner Entscheidung zugrunde zu legen: Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle auf die Beschwerde der Anmelderin

Aktenzeichen  30 W (pat) 59/09

Datum:
15.11.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
§ 89 Abs 4 S 2 MarkenG
Spruchkörper:
30. Senat

Verfahrensgang

vorgehend BPatG München, 25. November 2010, Az: 30 W (pat) 59/09, Beschlussvorgehend BGH, 4. April 2012, Az: I ZB 22/11, Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 303 60 040.3
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 15. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. September 2004 und vom 23. Februar 2009 aufgehoben.

Gründe

I.
1
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden ist die Wortmarke
2
Starsat
3
für die Waren der Klasse 9
4
„Geräte zum Senden, Empfangen, Übertragen und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Software und Softwareplattform für solche Geräte“.
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Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluss eines Erstprüfers vom 1. September 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und als freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Auf die dagegen eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle mit Beschluss vom 11. November 2005 festgestellt, dass die Erinnerung mangels rechtzeitiger Zahlung der Erinnerungsgebühr als nicht eingelegt gelte. Diesen Beschluss hat der Senat auf die Beschwerde der Anmelderin mit Beschluss vom 6. Oktober 2008 aufgehoben, weil die Erinnerungsgebühr mangels Nachweises des Zustellungszeitpunkts des Erstbeschlusses rechtzeitig bezahlt worden sei, und die Sache an die Markenstelle zur Entscheidung über die Erinnerung zurückverwiesen. Mit Beschluss vom 23. Februar 2009 hat die Markenstelle die Erinnerung gegen den Beschluss vom 1. September 2004 wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Die gegen diese Beschlüsse eingelegte Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 25. November 2010 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde der Anmelderin hat der Bundesgerichtshof diesen Beschluss durch Beschluss vom 4. April 2012 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen (GRUR 2012, 1143 ff.).
6
Die Anmelderin beantragt,
7
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
8
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
9
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als begründet.
10
Der Senat hat im vom Bundesgerichtshof aufgehobenen Beschluss der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen, weil sie vom angesprochenen Verkehr ohne weiteres und zwanglos im Sinn von „Spitzensatellit“ als werblich anpreisender Qualitätshinweis verstanden werde. Der Bundesgerichtshof ist dem jedoch nicht beigetreten und hat in seiner Rechtsbeschwerdeentscheidung ausgeführt:
11
„12 bb) Entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts kann auch nicht angenommen werden, dass der angesprochene Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung ein [sic !]aus den Bestandteilen “Star“ und “sat“ zusammengesetzten Begriff erkennt und davon ausgehend den Gesamtbegriff ohne weiteres und zwanglos im Sinne von “Spitzensatellit“ und damit als eine im Vordergrund stehende werblich anpreisende Aussage versteht.
12
13 (1) Allerdings wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg gegen die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Annahme des Bundespatentgerichts, der angesprochene Verkehr werde die Bezeichnung “Starsat“ als eine Kombination aus “Star“ und “Sat“ ansehen. Auch soweit das Bundespatentgericht angenommen hat, das Kürzel “Sat“ stelle eine im Deutschen gebräuchliche Abkürzung für “Satellit“ dar, sind keine Rechtsfehler ersichtlich.
13
14 (2) Rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die weitere Annahme des Bundespatentgerichts, der Verkehr werde in dem Bestandteil “Star“ im Rahmen der angemeldeten Bezeichnung “Starsat“ lediglich eine werbliche Qualitätsangabe für eine herausragende, außergewöhnliche Sache sehen, die besonders attraktiv und beliebt sei oder Aufmerksamkeit errege. Damit hat das Bundespatentgericht seiner Beurteilung nur eine der möglichen Interpretationen zu Grunde gelegt. Es hat insbesondere außer Acht gelassen, dass das englische Wort “Star“ in seiner auch im Inland bekannten unmittelbaren Bedeutung für “Stern“ steht. Die Rechtsbeschwerde macht insoweit zutreffend geltend, dass ein solches Verständnis gerade wegen der Kombination von “Star“ mit dem Bestandteil “sat“ als Abkürzung von “Satellit“ in seiner Bedeutung eines Raumflug- oder Himmelskörpers naheliegt und deshalb auch ein Verständnis als “Sternsatellit“ oder als “Satellit eines Sterns“ in Betracht kommt (vgl. auch BPatG, Beschl. v. 29.7.2008 – 29 W [pat] 135/06, BeckRS 2009, 06622, juris Rdnr. 16).
14
15 cc) Selbst wenn man davon ausgeht, der angesprochene Verkehr werde die angemeldete Bezeichnung “Starsat“ im Sinne von “Spitzensatellit“ verstehen, ist damit entgegen der Beurteilung des Bundespatentgerichts noch keine sich in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne Weiteres ersichtliche Beschreibung der Qualität der mit der Anmeldung beanspruchten Waren
15
Geräte zum Senden, Empfangen, Übertragen und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Software und Softwareplattform für solche Geräte
16
verbunden.
17
16 (1) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass die Ware “Satellit“ zwar nicht ausdrücklich im beanspruchten Warenverzeichnis enthalten sei, aber unter den verwendeten Begriff eines Geräts zum Senden, Empfangen, Übertragen und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten gefasst werden könne. Darüber hinaus sei auch die Eintragung für sonstige Geräte wie Sat-Receiver, Sat-Fernseher oder andere Geräte im Zusammenhang mit Satellitentechnik zu versagen, weil die angemeldete Bezeichnung diese Waren ebenfalls lediglich dahingehend beschreibe, dass es sich um ein Spitzen-Satellitenprodukt handele oder mit hervorragender Satellitentechnik arbeite. Gleichermaßen beschreibend könne der angemeldete Begriff auch für die noch weiter beanspruchten Waren “Software und Softwareplattform für solche Geräte“ eingesetzt werden, denn sie enthalte insoweit auch nur die beschreibende Angabe, dass die Software für Spitzensatelliten bestimmt und geeignet sei. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
18
17 (2) Einem Verständnis der angemeldeten Bezeichnung als ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare beschreibende Bedeutung im Sinne eines Qualitätshinweis steht bereits entgegen, dass das Bundespatentgericht nicht festgestellt hat, welche Eigenschaften nach der Verkehrsauffassung einen “Spitzensatelliten“ auszeichnen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Verkehr eine Spitzenstellung insoweit etwa auf die Sende- und/oder Empfangsleistung eines Satelliten bezieht oder allgemein seine technische Qualität oder Langlebigkeit angesprochen sieht, wären damit entgegen der Annahme des Bundespatengerichts nicht zugleich unmittelbar und ohne eine analysierende Betrachtungsweise auch Eigenschaften von Geräten wie Sat-Receiver, Sat-Fernseher, Sat-Antennen oder andere Geräte “im Zusammenhang mit Satellitentechnik“ sowie Software und Softwareplattformen für solche Geräte beschrieben. Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass der Verkehr davon ausgeht, Geräte wie beispielsweise Sat-Receiver oder Sat-Antennen enthielten Satellitentechnik. Dem Verkehr ist vielmehr bekannt, dass das vorangestellte Kürzel “Sat“ allein die Eignung dieser Geräte zum Empfang von Signalen umschreibt, die von einem Satelliten zur Erde gesandt werden. Er wird deshalb keine Veranlassung haben, die Bedeutung “Spitzensatellit“ ohne weiteres auf die Qualität eines mit der Bezeichnung “Starsat“ versehenen Sat-Receivers oder einer so gekennzeichneten Sat-Antenne zu beziehen. Im Hinblick auf solche Waren gelangt der Verkehr nur dadurch zum Verständnis einer werblichen Qualitätsbeschreibung, indem er die angemeldete Bezeichnung “Starsat“ nicht nur in die Begriffe “Spitzen“ und “Satellit“ übersetzt, sondern den gebildeten Gesamtbegriff “Spitzensatellit“ über seine Wortbedeutung hinaus nicht nur auf Satelliten bezieht, sondern auch auf Geräte, die technisch oder funktional mit einem Satelliten nur mittelbar dadurch zusammenhängen, dass sie solche Daten senden, empfangen, übertragen oder widergeben [sic !] können, die von einem Satelliten gesendet werden. Eine solche analysierende Betrachtungsweise steht der Annahme einer in den Vordergrund drängenden, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtlichen Beschreibung des Inhalts von Waren oder Dienstleistungen entgegen.“
19
Aus den zitierten Feststellungen des Bundesgerichtshofs folgt, dass der angemeldeten Bezeichnung keine ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare beschreibende Bedeutung im Sinn eines Qualitätshinweises zukommt, was der Beurteilung des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofes schließen inhaltlich auch die Annahme eines warenbeschreibenden Zeichens i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus. Zwar ist für den Senat nicht ohne weiteres ersichtlich, warum ein Verständnis der angemeldeten Marke als „Sternsatellit“ / „Satellit eines Sterns“ in Betracht kommt, da diese Begriffe keine sinnhafte Konnotation haben (vgl. BPatG, Beschl. v. 29.7.2008 – 29 W [pat] 135/06, juris Rdnr. 16, 17), und zudem die Frage nach dem Sinngehalt eines Zeichens im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen gesehen werden muss. Dem Senat steht es jedoch nicht zu, die obergerichtlichen Ausführungen des Bundesgerichtshofs zu bewerten. Das Patentgericht hat vielmehr die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 89 Abs. 4 Satz 2 MarkenG).
20
Die Beschwerde hat somit Erfolg.


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