Patent- und Markenrecht

Patentbeschwerdeverfahren – Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe – zur Frage der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für Jahresgebühren bei einem nach Ablauf der Maximalzeit erloschenen Patent

Aktenzeichen  9 W (pat) 24/19

Datum:
17.9.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:170920B9Wpat24.19.0
Normen:
§ 130 PatG
§ 134 PatG
Spruchkörper:
9. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend das Patent …
(hier: Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe)

hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. September 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hubert sowie der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart und Richterin Dipl.-Ing.Univ. Peters
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. Oktober 2016 aufgehoben.

Gründe

I.
1
Der Patentinhaber und Antragsteller hat am 9. Februar 1999 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
2
„…“
3
eingereicht und Anträge auf Verfahrenskostenhilfe (VKH) auch für die Jahresgebühren gestellt, die ihm auch einschließlich der 17. Jahresgebühr gewährt worden sind. Die Erteilung des Patents ist am 21. April 2011 veröffentlicht worden. Mit Beschluss vom 14. Oktober 2016, zugestellt am 18. Oktober 2016, hat die Patentabteilung 25 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die 18. Jahresgebühr vom 20.Juli 2016 zurückgewiesen mit der Begründung, der Antragsteller habe seine finanzielle Bedürftigkeit nicht hinreichend belegt; auf das Amtsschreiben vom 8. August 2016, mit welchem er um geeignete Unterlagen (Sozialhilfebescheid) zum Nachweis seiner Bedürftigkeit gebeten worden sei, habe er mit Schreiben vom 1. September 2016 lediglich mitgeteilt, dass er außer einer Unfallrente keinerlei Einnahmen habe, und keinen aktuellen Bescheid über die Gewährung oder Ablehnung von Sozialleistungen vorgelegt.
4
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller mit Schreiben vom 12. November 2016, per Fax eingegangen am 15. November 2016, Beschwerde eingelegt, neben seinem Antrag auf Aufhebung des Beschlusses auch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 23. November 2016 hat die Patentabteilung 25 die Sache dem Bundespatentgericht vorgelegt mit dem Zusatz, dass der Beschwerde nicht abgeholfen werde.
5
Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2018 hat der seinerzeit zuständige 10. Senat durch seinen juristischen Beisitzer den Antragsteller darauf hingewiesen, dass mit Ablauf des 9. Februar 2019 das betroffene Patent seine gesetzliche Maximallaufzeit von 20 Jahren erreicht haben und danach erlöschen werde mit der Folge, dass der Antragsteller nicht mehr beschwert sei; ihm fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Daher sei mit einem Beschluss zu rechnen, dass hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens Erledigung eingetreten sei.
6
Dagegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2018 eingewandt, bei Nichtgewährung der Verfahrenskostenhilfe für die 18. bis 20. Jahresgebühr, die bei erfolgloser Beschwerde eintrete, werde die Patentlaufzeit um drei Jahre verkürzt, was sehr wohl sein Rechtsschutzinteresse betreffe.
7
Mit Verfügung vom 2. Januar 2019 hat der Vorsitzende des 10. Senats das Verfahren wegen Änderung der Geschäftsverteilung 2019 an den 9. Senat abgegeben.
8
Der Anmelder und Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
9
den Beschluss der Patentabteilung 25 vom 14. Oktober 2016 aufzuheben.
10
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
11
Die vom Antragsteller am 15. November 2016 eingelegte Beschwerde wegen Zurückweisung seines Verfahrenskostenhilfeantrages ist zulässig, insbesondere statthaft. Die Zahlung einer Beschwerdegebühr war wegen der Freistellung gemäß § 2 Abs. 1 PatKostG i V. m. Nr. 401 300 des dazugehörigen Gebührenverzeichnisses nicht erforderlich.
12
Dem Beschwerdeführer fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Insoweit folgt der erkennende Senat nicht der Auffassung im Hinweis des vorher zuständigen 10. Senats vom 6. Dezember 2018. Die Versagung der Verfahrenskostenhilfe durch den Beschluss der Patentabteilung 25 beschwert den Antragsteller. Ihm fehlt auch nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil das Patent erst nach der Maximallaufzeit von 20 Jahren gelöscht worden ist, so dass nach dem Registerstand die Verfahrenskostenhilfe für die 18. (und die letzten beiden) Jahresgebühr bereits gewährt worden ist. Dieser Registerstand gibt nicht zwangsläufig die materielle Rechtslage wieder. Vielmehr hat es eine lediglich rechtsbekundende, sog. deklaratorische Publizitätsfunktion (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG. 10. Aufl. 2018, § 30, Rdn. 18, 20). Die materielle Rechtslage kann nur durch Einsicht in die Patentakte ermittelt werden.
13
Änderungen des Registers ergehen nach § 30 Abs. 3 PatG nur auf Antrag und Nachweis. Allerdings kann das Patentamt von Amts wegen Eintragungen nach § 30 Abs. 2 PatG ändern, wenn sich die nachträgliche Unrichtigkeit herausstellt, also insbesondere alle Angaben zur Bibliographie und zum Verfahrensstand (Schulte/ Rudloff-Schäffer, aaO. Rdn. 22); darunter fällt auch die Laufzeit, die von der Zahlung der Verlängerungsgebühren abhängig ist. Solange die Verlängerungsmöglichkeit noch besteht (durch Zahlung der Gebühren oder Gewährung von Verfahrenskostenhilfe), bleibt die Registereintragung über den Bestand des Patentes noch unangetastet. Wird die fällige Jahresgebühr nicht fristgerecht gezahlt und greift keine Nachzahlungsmöglichkeit ein, erlischt das Patent gem. § 20 Abs. 1 Ziff. 2 PatG, was das Patentamt gem. § 20 Abs. 2 PatG festzustellen hat, und zwar durch Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Tarifangestellten nach §§ 1 Abs.1 Nr. 5 und 7 der WahrnV (vgl. Schulte/Schell, aaO. § 8 PatKostG, Rdn. 6). Erst dann wird das Register korrigiert.
14
Die Nichtzahlung von Jahresgebühren, die in die Verfahrenskostenhilfe einbezogen wurden, lässt das Patent gemäß § 130 Abs. 2 S. 1 PatG nicht erlöschen; vielmehr bewirkt das Verfahren darüber, dass bei den Gebühren, die Gegenstand der Verfahrenskostenhilfe sind, die für den Fall der Nichtzahlung vorgesehenen Rechtsfolgen nicht eintreten; denn nach § 134 PatG werden bei rechtzeitigem Bewilligungsgesuch die entsprechenden Zahlungsfristen gehemmt. Erst nach Rechtskraft des Beschlusses über die Aufhebung oder Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe werden alle bis dahin entstandenen Jahresgebühren fällig (vgl. Schulte/Schell aaO. Rdn. 7). Der Antragsteller kann die vorzeitige Löschung im Register dann nur durch eigene Nachzahlung verhindern. Ansonsten wird die Laufzeit des Patentes auf die Jahre der bisher gezahlten oder erlassenen Gebühren im Register gekürzt.
15
Um diese Zahlungspflicht und den andernfalls eintretenden vorzeitigen Rechtsverlust im vorliegenden Fall zu verhindern, musste der Antragsteller Beschwerde gegen die Zurückweisung der Verfahrenskostenhilfe im angefochtenen Beschluss der Patentabteilung einlegen. Er ist also beschwert und hat dementsprechend auch ein Rechtsschutzbedürfnis.
16
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Begründung des Beschlusses, mit der der Antrag zurückgewiesen worden ist, trägt mit den in der Beschwerde eingereichten Unterlagen nicht mehr. Denn der Antragsteller hat nunmehr die erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem Formblatt A 9541 (vgl. Bl, 57,58 der Gerichtsakte) abgegeben. Daraus ergibt sich zweifelsfrei sein finanzielles Unvermögen zur Gebührenzahlung.
17
Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
18
Die Entscheidung ergeht gemäß § 136 Satz 1 PatG iVm § 127 ZPO ohne mündliche Verhandlung und ist unanfechtbar, § 135 Abs. 3 PatG.


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