Sozialrecht

Aufgeteilte Kinder, Leistungsunfähigkeit eines Elternteils

Aktenzeichen  B 8 K 20.633

Datum:
21.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 46865
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
UVG § 1
UVG § 5

 

Leitsatz

Tenor

1. Soweit die Beteiligten das Verfahren im Hinblick auf den Zeitraum ab 01.03.2020 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen, also für den Zeitraum von 01.10.2019 bis 28.02.2020, wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Entscheidung ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

1. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für den Zeitraum ab 01.03.2020 mit den Erklärungen vom 25.05.2021 und 04.06.2021 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Soweit die die Klage nicht erledigt ist, ist diese zwar weitgehend zulässig aber inhaltlich ohne Erfolg. Über sie kann nach § 101 Abs. 2 VwGO nach allseitigem Verzicht ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
2. Die hinsichtlich des Beklagten präzisierte Klage ist überwiegend zulässig.
a. Das klägerische Begehren ist nach §§ 86 Abs. 3, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Klägerin die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 11.03.2020 und die Verpflichtung der Beklagten für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis 28.02.2020 Leistungen nach dem UVG zu gewähren begehrt. Dies ergibt sich aus der Zusammenschau der Anträge und Ausführungen in den Schriftsätzen vom 25.05.2021 und 21.07.2020.
Im Schriftsatz vom 25.05.2021 hat die Klägerbevollmächtigte zum Ausdruck gebracht, dass sie hinsichtlich des nicht erledigten Teils, an den Anträgen aus dem Schriftsatz vom 21.07.2020 festhalten will. Es soll eine umfassende gerichtliche Entscheidung über die Gewährung von Unterhaltsvorschuss für den nicht erledigten Zeitraum von Oktober 2019 bis Februar 2020 ergehen. Dabei soll der Bescheid vom 11.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2020 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet werden, für den nicht erledigten Zeitraum von Oktober 2019 bis Februar 2020 weiter Unterhaltsvorschuss zu gewähren. Trotz entsprechendem Hinweis des Gerichts im Beschluss zur Prozesskostenhilfe, dass hinsichtlich des Verpflichtungsantrags Zweifel an der Zulässigkeit bestehen, hat sie daran festgehalten, indem sie im zeitlich danach folgenden Schriftsatz vom 25.05.2021 auf die im Schriftsatz vom 21.07.2020 formulierten Anträge Bezug genommen hat.
b. Richtige Klageart ist hier die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO. Mit dieser kann die Klägerin sowohl die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 11.03.2020 als auch die Weitergewährung von Leistungen nach dem UVG erreichen. Bei Aufhebung des Bescheides lebt die vorherige Leistungsgewährung aus dem Bescheid vom 23.10.2017, zuletzt geändert durch den Bescheid vom 27.05.2019 ab dem 01.12.2019 wieder auf.
Einer darüberhinausgehenden Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Unterhaltsvorschuss bedarf es daher nicht. Insoweit fehlt der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Verpflichtungsklage. Das Rechtsschutzbedürfnis ist dann gegeben, wenn jemand mit dem von ihm angestrebten gerichtlichen Verfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt und er den angestrebten Erfolg nicht auf einfachere, schnellere oder billigere Art und Weise erreichen kann (Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019 Vorbemerkungen §§ 40-53 Rn. 11-15a).
Soweit die Klägerin also eine Verpflichtung der Beklagten begehrt, ist die Klage unzulässig.
c. Die Klägerin ist für den zulässigen Teil ihrer Klage klagebefugt, durch die Aufhebung der Leistungsgewährung, sowie die Rückforderung besteht die Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten, § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 9 UVG.
d. Die Klarstellung des Beklagten mit Schriftsatz vom 07.08.2020 war zulässig.
Zunächst ist festzuhalten, dass für die Bezeichnung des Beklagten nach § 78 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. VwGO die Angabe der Behörde genügt. Mit der Übersendung des streitgegenständlichen Bescheides war damit die richtige Beklagte bestimmbar. Es liegt keine subjektive Klageänderung vor, wenn der Kläger den Beklagten erst nachträglich erstmals richtig bezeichnet und die Klage zunächst ohne Bezeichnung des Beklagten erhebt (BeckOK VwGO/Wolff, 57. Ed. 01.04.2020, VwGO § 91 Rn. 13-14; Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 23). Ebenso unschädlich ist eine irrtümliche Falschbezeichnung, wenn der später bezeichnete Beklagte von vornherein gemeint war (BayVGH BayVBl. 1984, 407). Nur wenn kein Versehen vorlag, ist die nachträgliche Umstellung auf einen neuen Beklagten eine Klageänderung. Ist dagegen bei einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage der betroffene Verwaltungsakt von vornherein eindeutig bezeichnet, so stellt die nachträgliche Umstellung auf einen anderen – den richtigen Beklagten – zwar eine Veränderung, aber keinen Wechsel des Streitgegenstandes dar und berührt auch nicht dessen einmal gegebene Rechtshängigkeit. Die Änderung kann dann auch nach Ablauf der Klagefrist erfolgen. (Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 91 Rn. 23 und § 74 Rn. 11; BeckOK VwGO/Wolff, 57. Ed. 01.04.2020, VwGO § 91 Rn. 13-14).
e. Damit ist auch die einmonatige Klagefrist gewahrt. Diese begann nach der Zustellung des Widerspruchsbescheides am 22.06.2020 am 23.06.2020 0:00 Uhr und endete am 22.07.2020 um 24 Uhr, §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Die Klageschrift ging vor Ablauf der Frist am 21.07.2021 bei Gericht ein.
3. Soweit die Klage zulässig ist, bleibt sie inhaltlich ohne Erfolg.
Zwar richtet sich die Klage gegen den richtigen Beklagten und die Klägerin kann einen etwaigen Anspruch auch in eigenem Namen geltend machen, jedoch erweist sich der streitgegenständliche Bescheid vom 17.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2020 als rechtmäßig, sodass die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1VwGO.
a. Die Stadt … ist vorliegend die richtige Beklagte nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. Art. 62 Abs. 2 Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG).
b. Die Klägerin kann etwaige Ansprüche und Rechtsverletzungen aus dem Unterhaltsvorschussrecht als sorgeberechtigter Elternteil, bei dem der Sohn M …l lebt, im eigenen Namen geltend machen, § 9 Abs. 1 UVG.
c. Der Bescheid erweist sich in Bezug auf die Einstellung von Zahlungen nach dem UVG hinsichtlich des nur noch streitigen Zeitraumes vom 01.12.2019 bis zum 28.02.2020 als rechtmäßig.
Ab diesem Zeitpunkt bestand kein Anspruch auf Leistungen nach dem UVG mehr.
Selbst wenn man annimmt, dass M …l … die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 UVG erfüllt, so wäre er im Rahmen einer teleologischen Reduktion dennoch von der Gewährung von Unterhaltsvorschuss ausgenommen.
aa. Nach der Rechtsprechung (BayVGH B.v. 11.08.2020 – 12 ZB 18.1572 Rn. 10; VGH BW U.v. 08.11.1995 – 6 S 1945/95, Rn. 16; HessVGH U.v. 01.07.2004 – 10 UZ 1802/03, Rn. 6; OVG NW B. v. 22.04.2013 – 12 A 1973/12 – Rn. 4 – alle juris; vgl. auch Grube, JAmt 2019, 178 und DIJuFRechtsgutachten vom 22.3.2019, JAmt 2019,200) ist ein Unterhaltsvorschuss dann ausgeschlossen, wenn Eltern zwei Kinder dergestalt unter sich „aufgeteilt“ haben, dass jeder Elternteil das Sorgerecht für eines der Kinder erhält und tatsächlich dieses Kind vollständig unterhält. In diesem Fall liegt in dem Umstand, dass jeder Elternteil dem jeweils anderen Kind keinen Unterhalt leistet, kein planwidriges Ausbleiben des Unterhalts; bzw. widerspräche – dogmatisch präziser gefasst – die Leistung von Unterhaltsvorschuss dem Konzept des UVG (vgl. Grube, JAmt 2019, 178, 181). Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschusses ist es, dem alleinerziehenden Elternteil die zusätzliche Belastung zu nehmen, auch für den Barunterhalt des Kindes zu sorgen. An einer solchen Belastung fehlt es jedoch, wenn die Eltern ihre Kinder unter sich aufgeteilt haben und jeder Elternteil erstens bereit und zweitens in der Lage ist, das bei ihm lebende Kind vollständig zu unterhalten. Insofern ist in diesem Fall entsprechend der zitierten Rechtsprechung eine teleologische Reduktion vorzunehmen. Nicht erforderlich ist hiernach, dass es eine förmliche Vereinbarung zu Unterhalt und Sorge gibt. Es reicht, wenn sich die Fakten wie beschrieben darstellen. In der Rechtsprechung ist weiterhin geklärt, dass es im Fall aufgeteilter Kinder keine vollständige „Gegenrechnung“ der nominellen Unterhaltsbeträge gibt. Das Unterhaltsvorschussgesetz bietet keinen Anknüpfungspunkt für eine rechnerische Aufteilung abstrakter Unterhaltssummen, sondern soll lediglich als besondere Sozialleistung die Härten von ausbleibenden Unterhaltszahlungen mildern (HessVGH U.v. 01.07.2004 – 10 UZ 1802/03 – juris Rn. 6). Die Konzeption des Unterhaltsvorschusses sieht deshalb auch keinen vollständigen Ausgleich des zu leistenden Unterhaltes vor. Dies wird aus § 3 UVG deutlich. Hiernach ist nur der Mindestunterhalt Grundlage für die Unterhaltsvorschussleistung und nicht der tatsächlich geschuldete Barunterhalt. Es kommt also nicht darauf an, welchen konkreten Unterhaltsbetrag die jeweiligen Kinder von dem jeweils anderen Elternteil verlangen könnten. Entsprechende Einwände der Klägerin gehen daher fehl. Gleiches gilt für die Anmerkung der Klägerin, Ansprüche auf Unterhalt könnten sich nicht aufheben. Diese trägt im Rahmen des Unterhaltsvorschussrechts nicht, da der konkrete Anspruch auf Barunterhalt nicht Gegenstand des Unterhaltsvorschusses ist.
Letztlich wird die genannte Rechtsprechung auch in den Ziffer 1.5.2 der Verwaltungsvorschriften zum Unterhaltsvorschussgesetz, VwUVG 2020 so nachgebildet.
bb. Dass die Kinder M …o und M …l tatsächlich entsprechend aufgeteilt waren, ist unstreitig. Auf den Vortrag zum tatsächlichen Vorliegen einer Vereinbarung unter den Eltern kommt es nach den oben geschilderten Maßstäben der Rechtsprechung nicht an.
Auch der Umstand etwaig unterschiedlichen Altersstufen ist für den hier zu entscheidenden Zeitraum von 01.12.2019 bis 28.02.2020 nicht relevant. M …o … war in diesem Zeitraum 17 Jahre und M …l … 13 Jahre alt, sie befanden sich damit in derselben Altersstufe der Unterhaltstabelle (vgl. https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2020/Duesseldorfer-Tabelle-2020.pdf).
Nach den zutreffenden Berechnungen der Beklagten im Schriftsatz vom 13.08.2020 konnte M …o … seinen unterhaltsrechtlichen Bedarf auch nicht alleine durch eigenes Einkommen decken. Insofern geht die diesbezügliche Argumentation der Klägerin, deshalb sei die Rechtsfigur der aufgeteilten Kinder nicht anwendbar, ins Leere. Sie hat den Berechnungen im Übrigen auch nichts substantiiert entgegengehalten.
cc. Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, nicht leistungsfähig zu sein, sodass die teleologische Reduktion nach der obigen Rechtsprechung ausgeschlossen wäre.
Sie hat ihre Leistungsunfähigkeit auch im gerichtlichen Verfahren nicht nachgewiesen. Weder ihren Erklärungen noch den vorgelegten Unterlagen lässt sich eine solche entnehmen. Anlass für weitere Ermittlungen des Gerichts waren nicht erkennbar.
Das Gericht ist nach § 86 VwGO zwar verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Die Amtsermittlungspflicht findet allerdings ihre Grenzen in den besonderen Mitwirkungspflichten der Beteiligten (hier § 1 Abs. 3 und § 6 UVG s.u.). Das Gericht ermittelt Umstände, die in der persönlichen Sphäre des Betroffenen liegen, nur dann von Amts wegen, wenn dafür Anhaltspunkte bestehen oder vorgetragen sind (Schmieszek in: Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2018, 3. Umfang der Amtsermittlung, Beweislast, Rn. 22). Es ist deshalb Sache der Klägerin, Gesichtspunkte, die in ihrer Sphäre liegen und die sie begünstigen, vorzutragen. Eine sachgerechte Handhabung des Amtsermittlungsgrundsatzes verlangt dem Gericht auch keine „ungefragte“ Fehlersuche ab (BVerwG, B.v. 11.01.2008 – 9 B 54/07 -, juris).
Zunächst ist festzuhalten, dass die Klägerin eine umfassende Mitwirkungs- und Auskunftspflicht nach § 1 Abs. 3 und § 6 UVG trifft. Sie muss nach § 6 Abs. 1 UVG unter anderem auf Verlangen Auskünfte erteilen, die zur Durchführung des UVG erforderlich sind und insbesondere darlegen, dass sie ihrer erhöhten Leistungsverpflichtung im Rahmen des unterhaltsrechtlichen Kontextes vollständig nachkommt. Darüber hinaus sind auch Änderungen gemäß § 6 Abs. 4 unverzüglich mitzuteilen. Soweit es, wie hier im Ergebnis, anspruchsbegründende Tatsachen betrifft, trifft die Klägerin zudem die materielle Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich deren Vorliegens (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86 Rn. 6).
Die Abmeldung vom Leitungsbezug beim Jobcenter stellt zunächst ein gewichtiges Indiz für die Änderung der Leistungsfähigkeit bzw. der Umstände, die zur Leistungsgewährung geführt haben dar. Im Gegenzug hatte der Leistungsbezug zuvor eine nähere Prüfung der Leistungsunfähigkeit zunächst entfallen lassen. Mit der Abmeldung war die Beklagte gehalten, die Anspruchsvoraussetzungen und insbesondere die Leistungsfähigkeit zu überprüfen. Entgegen der Meinung der Klägerin ist hierin kein unschlüssiger oder gar widersprüchlicher Wechsel der Verwaltungspraxis zu sehen. Im Gegenteil gab es mit der Abmeldung vom Leistungsbezug, der zudem auch nicht nach § 6 Abs. 5 UVG wie erforderlich, angezeigt wurde (hierzu unten näher), einen konkreten Anlass, die Leistung von Unterhaltsvorschuss zu überprüfen.
Der Klägerin ist es weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren gelungen, ihre Leistungsunfähigkeit überzeugend nachzuweisen.
Die Klägerin hat auch nach den Hinweisen des Gerichts im Beschluss zur Prozesskostenhilfe vom 12.03.2021 keine weiteren substantiierten Ausführungen zu ihrer Leistungsunfähigkeit gemacht. Die dort geschilderten Zweifel an der von ihr behaupteten Leistungsunfähigkeit wurden nicht ausgeräumt.
(1) So ist schon das tatsächlich bestehende Einkommen ungeklärt.
Die Klägerin gibt im Schriftsatz vom 25.05.2021 letztlich an, im Oktober 2019 ein Einkommen in Höhe von 22,00 EUR, im November 2019 ein Einkommen von 287 EUR bzw. 287,50 EUR netto und im Dezember 2019 von 456 EUR erzielt zu haben. Sie hatte vorher erstmals im gerichtlichen Verfahren (der Hinweis auf die Seiten 269-270 der Behördenakte gehen fehl, da diese die Anlagen der Klage, die der Beklagten durch das Gericht zugestellt wurde, betreffen) Entgeltabrechnungen mit entsprechenden Beträgen für die Monate Dezember 2019 (22,20 EUR) und November 2019 (287 EUR) vorgelegt. Diesen Widerspruch der verschiedenen Einkommensbeträge löste sie auch auf telefonischen Hinweis hin nicht auf. Die Berichterstatterin wies am 18.06.2021 telefonisch darauf hin, dass die Zahlen auf der entsprechenden Seite des Schriftsatzes unschlüssig und widersprüchlich seien und dies nochmals überprüft werden sollte. Im Zuge dessen wurde die entsprechende Seite erneut übersandt. Diese kam zunächst unvollständig an, sodass um erneute Übersendung gebeten wurde, die schließlich auch erfolgte. Dennoch können die Zahlen in der nun vorliegenden Version des entsprechenden Absatzes nicht mit den Entgeltabrechnungen in Einklang gebracht werden und widersprechen sich in dem entsprechenden Absatz hinsichtlich des Monats November (einmal 287 EUR, einmal 287,50 EUR) geringfügig.
Die Klägerin hat damit außerdem allenfalls hinsichtlich der Monate Oktober 2019 bis Dezember 2019 Angaben gemacht. Für den Zeitraum Januar 2020 und Februar 2020 ergeben sich hieraus keine belastbaren Aussagen.
Soweit sich der Vortrag der Klägerin dahingehend interpretieren lässt, nach Dezember 2019 nicht mehr dort bzw. anderweitig berufstätig gewesen zu sein, steht dem das Ergebnis des Datenabrufs bei der Deutschen Rentenversicherung im Februar 2020 entgegen, wonach eine Tätigkeit bei „…“ (weiter) hinterlegt war.
In Anbetracht der obigen Aspekte ist schon die Einkommenssituation aus der Beschäftigung beim Restaurant „…“ unplausibel.
Dem Vortrag lässt sich zudem nicht entnehmen, wie das Einkommen in dem Schriftsatz vom 25.05.2021 berechnet wurde. Offenbar wurde der Bezug von Familiengeld nach dem Bayerischen Familiengeldgesetz, das ausweislich des Bescheides des ZBFS vom 15.10.2018 von 28.10.2018 bis 27.10.2019 350,00 EUR und von 28.10.2019 bis 27.08.2019 250,00 EUR betrug (vgl. Behördenakte Seite 206), nicht berücksichtigt. Dies wäre aber notwendig gewesen.
Aufgrund dieser Punkte ist der Vortrag der Klägerin zum tatsächlichen Einkommen schon nicht nachvollziehbar.
(2) Außerdem ist wenig plausibel und nicht weiter erläutert worden, wie sich die Deckung des Lebensbedarfs der Klägerin darstellt. Auch dies führt dazu, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht ausreichend dargelegt ist.
Dem Gericht liegen alleine Informationen zur Kontoführung der Klägerin von 01.04.2020 bis 13.07.2020, die sie mit ihrem Prozesskostenhilfeantrag eingereicht hat, und Kontoauszüge für die Zeiträume vom 01.07.2016 bis 29.07.2016, 01.08.2017 bis 31.08.2017 und 01.09.2017 bis 22.09.2017 (Behördenakten Seiten 42 bis 54) vor. Für den (noch) streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2019 bis Februar 2020 wurde nichts vorgelegt.
Aus den Ausführungen und vorgelegten Unterlagen für das Jahr 2020 ergeben sich ebenso Unklarheiten, sodass auch aus dem Vortrag hierzu mögliche Rückschlüsse für den streitgegenständlichen Zeitraum gezogen werden können.
Es erscheint mindestens auffällig, dass die Klägerin im Antrag auf Prozesskostenhilfe angegeben hat, für die von ihr bewohnte Wohnung würden monatlich 699,50 EUR Gesamtkosten (365,50 EUR Kaltmiete, etwa 100 EUR monatlich Heizkosten, 146 EUR monatlich Nebenkosten und 92 EUR Strom) anfallen, von denen Sie 599,50 EUR übernehme. Der vorgelegten Umsatzaufstellung ihres Kontos von 01.04.2020 bis 13.07.2020 sind Einzüge für Miete von jeweils monatlich 507,50 EUR und 35,00 EUR für einen Mietvertrag zu entnehmen. Weiterhin finden sich Buchungsposten in Höhe von 92,00 EUR für EoN Energie Deutschland. Die Zahlen in den Kontoauszügen lassen sich nicht mit denen im Prozesskostenhilfeantrag in Einklang bringen. Summiert man diese auf, ergeben sich von der Klägerin getragene Gesamtkosten in Höhe von 634,50 EUR. Insbesondere ist die angegebene Miete (365,50 EUR Kaltmiete + 146 EUR monatlich Nebenkosten = 511,50 EUR) nicht die gezahlte Miete (507,50 + 35 EUR = 542 EUR). Weiterhin erscheint ungewöhnlich, dass die Klägerin die Kosten der Wohnung offenbar überwiegend übernimmt, obwohl dort auch der Lebensgefährte mit lebt. Wie sie dies angesichts des angeblich kaum vorhandenen Einkommens bewerkstelligt, hat sie nicht geschildert.
Weitere Zweifel kommen auch deshalb auf, weil in der vorgelegten Umsatzaufstellung ihres Kontos Umsätze zu einer Erbschaft ins Auge fallen. So ergibt sich am 08.07.2020 eine Gutschrift aus einer Lebensversicherung in Höhe von 283,70 EUR („…“). Am 01.07.2020 lässt sich der Übersicht eine Gutschrift in Höhe von 300,00 EUR („…“) entnehmen. Hierzu ist nicht ersichtlich oder erläutert, wann der etwaige Erbfall eingetreten ist und ob sich dies ggf. schon auf die Leistungsfähigkeit für den streitgegenständlichen Zeitraum bezieht.
Darüber hinaus gibt es Bargeldeinzahlungen (in Höhe von 290,00 EUR am 01.07.2020 und in Höhe von 100,00 EUR am 22.06.2020), sowie Paypal Gutschriften (in Höhe von 200,00 EUR am 08.06.2020 und in Höhe von 40,00 EUR am 14.05.2020), die keinen eindeutigen Hintergrund haben.
Die vorgelegten Unterlagen und die Ausführungen der Klägerin zu ihrer Einkommenssituation sind unter den eben genannten Gesichtspunkten insgesamt unschlüssig.
(3) Auch der Vortrag der Klägerin dazu, dass sie aufgrund der Pflege der Mutter und der Betreuung der jüngeren Tochter J … nicht in der Lage sei, weiteres Einkommen zu erzielen bleibt im Ergebnis unplausibel.
Die Klägerin hat keine Angaben dazu gemacht, wie sich die Pflege ihrer Mutter gestaltet und ob sie daraus Einkommen im weitesten Sinne erzielt.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die die Klägerin unterhaltsrechtlich treffende Erwerbsobliegenheit gegenüber ihren Söhnen, zugunsten der Pflege der Mutter oder der Betreuung des weiteren Kindes J … zurücktreten müsste. Dies wird nur angenommen, wenn das Interesse des Unterhaltspflichtigen und seiner neuen Familie an der Aufgabenverteilung ihr eigenes Interesse an der Beibehaltung ihrer bisherigen Unterhaltssicherung deutlich überwiegt. Vor diesem Hintergrund kann die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung eines weiteren Kindes jedenfalls für die ersten beiden Lebensjahre des von ihm betreuten Kindes unterhaltsrechtlich nicht verlangt werden (BGH, B.v. 11.02.2015 – XII ZB 181/14 – BeckRS 2015, 4453; vgl. auch OLG Brandenburg, B. v. 09.03.2020 – 15 WF 35/20 – NJOZ 2021, 263). Nach diesem Zeitpunkt spricht jedoch einiges dafür unter den oben genannten Gesichtspunkten der Gleichbehandlung aller Kinder davon auszugehen, den Interessen der älteren Kinder wieder größeres Gewicht beizumessen. In der Regelung zum Elterngeld kommt zum Ausdruck, dass eine Erwerbstätigkeit der Eltern und Fremdbetreuung eines Kleinkindes nach Vollendung des zweiten Lebensjahres gesellschaftlich akzeptiert und zumutbar ist. So kann über den Bezug des Elterngeld Plus nach § 4 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) eine Betreuung von Kleinkindern durch die Eltern bis zum zweiten Lebensjahr unterstützt werden. J … war im streitgegenständlichen Zeitraum schon mehr als zwei Jahre alt.
Unabhängig davon wurde das Fehlen einer Betreuungsmöglichkeit sowie das rechtzeitige Bemühen um einen KiTA-Platz bisher genauso wenig substantiiert belegt, wie die Ausgestaltung der Pflegetätigkeit für die Mutter.
Angesichts des ablehnenden Beschlusses über den Prozesskostenhilfeantrag, in dem all diese Punkte aufgeführt waren, und den telefonischen Hinweisen des Gerichts hinsichtlich der verwirrenden Zahlen im Schriftsatz vom 25.05.2021 hätte genügend Anlass und ausreichend Gelegenheit zur Aufklärung und Vorlage weiterer Unterlagen bestanden. Diese Möglichkeit hat die Klägerin jedoch nicht wahrgenommen, sodass die Leistungsfähigkeit nunmehr nicht ausreichend nachgewiesen und davon auszugehen ist, dass der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen nach der Rechtsprechung zu den „aufgeteilten Kindern“ im Rahmen einer teleologischen Reduktion ausgeschlossen ist.
(4) Das Gericht hat auf Grundlage dieses unklaren Tatsachenvortrags auch keinen Anknüpfungspunkt für eigene Ermittlungen. Diese würden im Ergebnis nur ins Blaue hinein erfolgen. Eine sinnvolle und erfolgversprechende Beweiserhebung kann nur auf Grundlage eines an sich schon plausiblen Vortrags erfolgen, um diesen zu bestätigen. Im Fall eines unplausiblen Vortrags bleibt völlig offen, zu welchem Beweisthema, welcher Beweis erhoben werden könnte. Insofern ist hier die Grenze der Amtsermittlungspflichten erreicht.
Die Leistungsunfähigkeit der Klägerin ist nicht anzunehmen.
dd. Neben der Leistungsunfähigkeit sind auch keine anderen unbilligen Härten vorgetragen oder ersichtlich, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen würden.
ee. Nachdem die Leistungen nach dem UVG bereits unter dem Gesichtspunkt der teleologischen Reduktion bei sog. „aufgeteilten Kindern“ ausgeschlossen sind, kommt es auf den weiteren Vortrag, die Klägerin habe weniger als 600 EUR zur Verfügung, der sich offenbar auf § 1 Abs. 1a Nr. 2 UVG bezieht, nicht mehr entscheidungserheblich an.
d. Weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschuss nicht mehr gegeben waren, ist auch die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.10.2017, zuletzt geändert durch den Bescheid vom 27.05.2019 ab dem 01.12.2019 in Ziff. 2 des hier streitgegenständlichen Bescheides rechtmäßig.
e. Soweit der Bescheid für den Zeitraum von 01.10.2019 bis 30.11.2019 in Ziff. 3 eine Rückforderung geleisteter Unterhaltsvorschusszahlungen enthält, ist er ebenfalls rechtmäßig.
aa. Die Rückforderung hat ihre Grundlage in § 5 Abs. 1 Nr. 1 a.E. UVG. Danach hat der Elternteil bei dem der Berechtigte lebt, den geleisteten Betrag insoweit zu ersetzen, als er die Zahlung der Unterhaltsvorschussleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig eine Anzeige nach § 6 UVG unterlassen hat, und die Voraussetzungen für die Zahlungen der Unterhaltsvorschussleistung in dem Kalendermonat für den sie gezahlt worden sind, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen haben.
Ausreichend ist, dass die eben genannten Voraussetzungen vorliegen. Es ist nicht erforderlich, dass der Bewilligungsbescheid auch für den Rückforderungszeitraum aufgehoben wird (Grube UVG, 2009, § 5 Rn. 4; BayVGH U.v. 02.02.2001 – 12 B 99.1373 – juris Rn. 28).
bb. Auch für den Rückforderungszeitraum von 01.10.2019 bis 30.11.2019 lagen die Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschuss nicht vor. Dies ergibt sich aus denselben Gründen, die für den schon behandelten Zeitraum von 01.12.2019 bis 28.02.2020 gelten. Leistungen nach dem UVG waren aufgrund der Rechtsfigur der aufgeteilten Kinder ausgeschlossen. Auch für den Zeitraum von 01.10.2019 bis 30.11.2019 ist die Leistungsunfähigkeit der Klägerin nicht nachgewiesen. Auf die obigen Ausführungen wird vollinhaltlich Bezug genommen. Der Bezug von Unterhaltsvorschuss erfolgte damit ohne Rechtsgrund.
Die Klägerin hat diesen Leistungsbezug im Zeitraum von 01.10.2019 bis 30.11.2019 auch durch eine mindestens fahrlässig unterbliebene Anzeige der Änderung leistungserheblicher Tatsachen verursacht. Nach § 6 Abs. 4 UVG ist der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, verpflichtet, der zuständigen Stelle die Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen.
Die Beendigung des Bezugs von Arbeitslosengeld II war für die Gewährung von Unterhaltsvorschuss, wie oben erläutert, erheblich. Dies konnte die Klägerin auch erkennen, da dieser Leistungsbezug in der Begründung des Bescheides vom 22.10.2017 mit dem Unterhaltsvorschuss gewährt wurde, als zentraler Grund genannt war. Weiterhin war sowohl im Bescheid vom 22.10.2017 als auch im Bescheid vom 27.05.2019 mit dem die Höhe des Unterhaltsvorschusses angepasst wurde, der Hinweis enthalten, dass Änderungen der Verhältnisse, welche für die Leistungsgewährung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen sind. Dieser Mitteilungspflicht ist die Klägerin nicht nachgekommen. Die für den Unterhaltsvorschuss zuständige Stelle hat nicht von der Klägerin, sondern erst durch eine Meldung des Jobcenters von der Beendigung des Bezugs von Arbeitslosengeld II erfahren.
cc. Hieraus folgt eine gesetzlich geregelte Rückzahlungspflicht. Eine Ermessensausübung der Beklagten war nicht erforderlich, da sich die Rückzahlungsverpflichtung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (§ 5 Abs. 1 UVG). Die Rückzahlungsverpflichtung ist aus dem o.g. Gründen nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Klägerin rechtmäßig zur Rückzahlung aufgefordert.
Nach alledem erweist sich der streitgegenständliche Bescheid vom 11.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2020 hinsichtlich des noch angegriffenen Teiles rechtmäßig. Die Klage ist deshalb abzuweisen.
4. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
4.1 Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, folgt die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 VwGO. Danach ist über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. In der Regel entspricht es der Billigkeit, demjenigen die Kosten zu überbürden, der im Verfahren voraussichtlich unterlegen wäre. Bei der Billigkeitsentscheidung ist jedoch auch zu berücksichtigen, auf wen das erledigende Ereignis zurückzuführen ist. Vorliegend wäre die Klägerin entsprechend den Ausführungen im Beschluss zur Prozesskostenhilfe und zum nicht erledigten Teil unterlegen. Es entspricht daher der Billigkeit ihr die Kosten aufzuerlegen.
4.2 Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.


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