Sozialrecht

Beihilfe für Hebammenleistungen

Aktenzeichen  B 5 K 16.878

Datum:
25.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG BayBG Art. 96 Abs. 2 S. 5
BayBhV BayBhV § 42 Nr. 3, § 46 Abs. 4 Nr. 3
SGB V SGB V § 24d S. 2

 

Leitsatz

Aufgrund des in Art. 96 Abs. 2 S. 5 BayBG abschließend aufgezählten Leistungskatalogs scheidet ein Anspruch auf Beihilfe in Bezug auf Hebammenleistungen für die Wochenbettbetreuung schon dem Grunde nach aus, wenn die Ehefrau des Beamten Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über die Klage konnte gem. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten insoweit ihr Einverständnis erklärt haben.
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe in Bezug auf die Kosten der gegenüber dem Kind … in der Zeit vom 18. August 2016 bis zum 16. September 2016 durch eine Hebamme erbrachte Wochenbettbetreuung (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Zur Begründung nimmt das Gericht auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
Zutreffend kommt der Beklagte zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die Wochenbettbetreuung hat, die eine Hebamme gegenüber dem von dem Kläger und seiner Ehefrau drei Tage nach der Geburt in ihrem Haushalt aufgenommenen Kind … erbracht hat.
Dabei kann offenbleiben, ob das Adoptionsverfahren im Zeitpunkt der Leistungserbringung durch die Hebamme (18.8. – 16.9.2016) bereits abgeschlossen gewesen sein sollte, wofür die Klägerseite trotz gerichtlicher Aufforderung keine Nachweise erbracht hat.
Für den Fall, dass das Adoptionsverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen sein sollte, stünde einem Beihilfeanspruch die Regelung des Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG entgegen. Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch auf Beihilfeleistungen bei Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt auf Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen und auf Wahlleistungen im Krankenhaus. Angesichts der Tatsache, dass nach § 46 Abs. 4 Nr. 3 BayBhV die aus Anlass der Geburt gemäß § 42 Nr. 3 BayBhV beihilfefähigen Aufwendungen einer Hebamme als Aufwendungen der Mutter gelten, und unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Ehefrau des Klägers Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, scheidet aufgrund des in Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG abschließend aufgezählten Leistungskatalogs ein Anspruch auf Beihilfe in Bezug auf die hier geltend gemachten Leistungen für die Wochenbettbetreuung schon dem Grunde nach aus. Für eine erweiternde Auslegung ist angesichts des Regelungssystems der Beihilfe kein Raum. Denn der Dienstherr erfüllt durch die Beihilfe gegenüber den Beamten und ihren Familien die beamtenrechtliche und soziale Verpflichtung, sich an den Krankheitskosten mit dem Anteil angemessen zu beteiligen, der durch die Eigenvorsorge nicht abgedeckt wird, ohne dass eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen geboten wäre (vgl. statt aller: Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Anm. 1 f. zu § 1 BBhV).
Sollte das Adoptionsverfahren dagegen im Zeitpunkt der Leistungserbringung noch nicht abgeschlossen gewesen sein, führte das zu keinem anderen Ergebnis. In diesem Fall wäre das in der Familie des Klägers zur Pflege aufgenommene Kind beihilferechtlich nicht dieser Familie zuzurechnen, so dass schon aus diesen Erwägungen das Bestehen eines Beihilfeanspruchs ausscheidet. Ohne dass es hierauf für die Entscheidung ankäme, wäre in diesem Zusammenhang auf die Regelung des § 24d Satz 2 SGB V zu verweisen. Nach dieser Vorschrift hat das versicherte Kind, sofern es nach der Entbindung nicht von der Versicherten versorgt werden kann, Anspruch auf die Leistungen der Hebammenhilfe, die sich auf dieses beziehen. Ob und in welchem Umfang das vom Kläger und seiner Ehefrau aufgenommene Kind diesen Anspruch – beispielsweise durch Inanspruchnahme der Krankenversicherung der leiblichen Mutter – bereits geltend gemacht hat bzw. noch geltend machen kann, ist allerdings nicht in diesem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären. Aus Wortlaut, Systematik und der Entstehungsgeschichte dieser Regelung wird deutlich, dass es sich hierbei um einen übergeleiteten Anspruch nach dem SGB V handelt. So heißt es in der Gesetzesbegründung (vgl. Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 28.6.2012, BT-Drs. 17/10170, S. 23) ausdrücklich:
„Der neue § 24d übernimmt die Regelung des bisherigen § 196 Absatz 1 RVO zum Rechtsanspruch der Versicherten auf ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe. Darüber hinaus wird nun in Satz 2 ausdrücklich geregelt, dass der Säugling Anspruch auf Hebammenhilfe hat, wenn das Kind nicht von der Mutter versorgt werden kann (z.B. in Fällen der Pflegschaft, der Adoption oder bei Tod sowie krankheitsbedingter Abwesenheit der Mutter). Durch diese Übertragung des Anspruchs auf Hebammenhilfe auf das versicherte Kind wird sichergestellt, dass die für das Kind erforderlichen Leistungen erbracht werden können.“
Daraus ergibt sich, dass die vorgenannte Regelung die Übertragung eines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung bezweckt. Eigenständige über Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG hinausgehende Beihilfeansprüche lassen sich daraus jedenfalls nicht ableiten.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Der Ein-räumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.
4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.


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