Sozialrecht

Berücksichtigung von Treuhand und Darlehen bei der Anrechnung von Vermögen auf BAföG-Anspruch

Aktenzeichen  Au 3 K 16.256

Datum:
5.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG BAföG § 1, § 11 Abs. 1, Abs. 2, § 12 Abs. 1 Nr. 1, §§ 26-30, § 66a Abs. 1  S. 2
InsO InsO § 47, § 292 Abs. 1 S. 2
DepotG DepotG § 2
GG GG Art. 6 Abs. 1

 

Leitsatz

Auf den Anspruch auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG sind Vermögenswerte nicht anzurechnen, die der Auszubildende lediglich treuhänderisch verwaltet. Dies gilt auch für ein Treuhandverhältnis im Familienbereich. Ein Treuhandcharakter eines Kontos oder Depots ist jedoch nur anzunehmen, wenn eine entsprechende Treuhandabrede zivilrechtlich wirksam zustandegekommen ist. Hierfür trägt der Auszubildende die Beweislast (Bestätigung von BVerwG BeckRS 2010, 51162).  (redaktioneller Leitsatz)
Für die Frage, ob ein wirksamer Treuhandvertrag geschlossen worden ist, ist es – namentlich im Familienbereich – gerechtfertigt, Indizien heranzuziehen. Indizien, die für die treuhänderische Verwaltung eines Vermögenswertes sprechen, sind die Separierung des Treuguts, eine substantiierte Darlegung des Inhalts und des Zeitpunkts des Vertragsschlusses sowie die Angabe eines plausiblen Grunds für die Abrede. Dass ein Auszubildender das Treuhandverhältnis erst angibt, nachdem er eingeräumt hat, anrechenbares Vermögen zu besitzen, spricht gegen den Treuhandcharakter.   (redaktioneller Leitsatz)
Auch ein Familiendarlehen bleibt bei dem auf den Ausbildungsförderungsanspruch anzurechnenden Vermögen des Auszubildenden unberücksichtigt. Insofern gelten jedoch die gleichen strengen Anforderungen wie für das Treuhandverhältnis; der Auszubildende muss das wirksame Zustandekommen eines Darlehensvertrags mit dem Familienangehörigen nachweisen (Bestätigung von BVerwG BeckRS 2008, 40959). (redaktioneller Leitsatz)
Die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen muss dabei nicht zwingend dem Vergleich mit einem Darlehen unter Fremden standhalten. Das Zustandekommen des Vertrags mit seinen wesentlichen Inhalten und Abreden (zB Rückzahlungsmodalitäten, Zinsen) ist jedoch mindestens anhand von Indizien vom Auszubildenden nachzuweisen.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Urteil kann aufgrund des Verzichts der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten, ihr Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe für den Besuch der 11. Klasse der Staatlichen Berufsfachschule für Kinderpflege in 86… … im Schuljahr 2014/15 – Bewilligungszeitraum: 09/2014 bis 07/2015 – zu gewähren (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 1 BAföG hat ein Auszubildender einen Rechtsanspruch auf individuelle Ausbildungsförderung für eine seiner Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.
Ausbildungsförderung wird nach § 11 Abs. 1 BAföG für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet (Bedarf). Auf den Bedarf sind gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BAföG nach Maßgabe der Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes Einkommen und Vermögen des Auszubildenden sowie Einkommen seines Ehegatten oder Lebenspartners und seiner Eltern in dieser Reihenfolge anzurechnen. Nach § 26 BAföG wird Vermögen des Auszubildenden nach Maßgabe der §§ 27 bis 30 BAföG angerechnet. Als Vermögen gelten gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BAföG alle beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie Forderungen und sonstige Rechte, wobei gemäß § 28 Abs. 2 BAföG der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend ist und nach § 28 Abs. 4 BAföG Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums unberücksichtigt bleiben. Von dem Vermögen bleiben gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG in der hier gemäß § 66a Abs. 1 Satz 2 BAföG maßgeblichen Fassung vor dem 1. August 2016 für den Auszubildenden selbst Euro 5.200,- anrechnungsfrei; maßgebend sind auch insoweit gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 BAföG die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung.
Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben besteht der streitgegenständliche Anspruch der Klägerin auf Bewilligung von Ausbildungsförderung nicht. Der Beklagte hat der Klägerin vorliegend zu Recht die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung am 1. September 2014 bei ihr unstreitig tatsächlich vorhandenen Vermögenswerte i. H. v. Euro 8.248,28 gemäß §§ 26 ff. BAföG zu- und angerechnet. Hiervon ausgehend ergibt sich unter Berücksichtigung des Freibetrags aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG i. H. v. Euro 5.200,- kein Anspruch auf Ausbildungsförderung. Denn der monatlich im Fall der Klägerin gemäß § 30 BAföG anrechenbare Betrag i. H. v. Euro 277,11 (Euro 8.248,28 abzgl. Euro 5.200,-  Euro 3.048,28 /11 Monate) übersteigt den monatlichen Grundbedarf von Euro 216,- aus § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG in der hier gemäß § 66a Abs. 1 Satz 2 BAföG maßgeblichen Fassung vor dem 1. August 2016.
Im Fall der Klägerin war insbesondere nicht ein Teil ihres zum 1. September 2014 unstreitig tatsächlich vorhandenen Vermögens gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG (fehlende rechtliche Verwertbarkeit) bzw. § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG (Schulden gegenüber Dritten) außer Betracht zu lassen. Denn weder die Voraussetzungen eines ausbildungsförderungsrechtlich anerkennungsfähigen Treuhandverhältnisses im Familienbereich (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris Rn. 12/14 m. w. N.) noch die Voraussetzungen eines ausbildungsförderungsrechtlich anerkennungsfähigen Familiendarlehens (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 4.9.2008 – 5 C 30/07 – juris Rn. 24-27) sind vorliegend gegeben.
a) Das zunächst im Widerspruchsschreiben vom 14. Dezember 2014 („Somit beträgt mein Vermögen auf den lfd. Konten ca. 1.000,00 €, der Rest gehört meiner Mutter.“, Blatt 104 der Verwaltungsakte) geltend gemachte Treuhandverhältnis ist ausbildungsförderungsrechtlich nicht anerkennungsfähig.
aa) Ein Treuhandvertrag ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in der Ausübung der sich aus dem Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt. Eine rechtlich anzuerkennende Treuhandschaft setzt daher eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Treugeber und Treuhänder voraus, aus der sich ergeben muss, dass die mit der rechtlichen Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers eingeschränkt ist. Die Treuhandabrede muss die Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes zum Gegenstand haben. Die Vereinbarung eines entsprechenden Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisses muss ernsthaft gewollt sein und es muss eine konkrete, mit rechtsgeschäftlichem Bindungswillen zustande gekommene Absprache nachgewiesen werden. Dabei muss – gerade bei der hier in Rede stehenden fremdnützigen Treuhand – das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris Rn. 14 m. w. N.).
Entsprechend diesen Vorgaben ist der Treuhandcharakter eines Kontos oder Depots nur anzunehmen, wenn eine entsprechende Treuhandabrede zivilrechtlich wirksam zustande gekommen und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen worden ist. Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt in dem vorliegenden ausbildungsrechtlichen Zusammenhang gerade im Hinblick auf die Gefahr des Missbrauchs bei solchen Abreden unter Angehörigen. Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Treuhandvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu würdigen. Soweit die tatsächlichen Grundlagen des Vertragsschlusses der Sphäre des Auszubildenden zuzuordnen sind, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht insoweit zu seinen Lasten. Da die relevanten Umstände oft in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es zudem gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris Rn. 14 m. w. N.).
Ein gewichtiges Beweisanzeichen im zuvor genannten Sinne ist etwa die Separierung des Treuguts. Für die Beantwortung der Frage, ob überhaupt eine wirksame Treuhandvereinbarung geschlossen worden ist, ist zu berücksichtigen, dass die vorhandenen gesetzlichen Regelungen über treuhänderisches Vermögen regelmäßig vorschreiben, das Treugut vom eigenen Vermögen des Treuhänders getrennt zu halten (vgl. § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 2 DepotG). Die zivilgerichtliche Rechtsprechung erkennt auch ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO bei einem Treuhandkonto nur an, wenn das Konto ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt ist. Zwar schließt im vorliegenden ausbildungsrechtlichen Zusammenhang die fehlende Trennung des Treuguts vom eigenen Vermögen nicht zwingend aus, dass ein wirksamer Treuhandvertrag geschlossen wurde. Ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder aus einem Auftragsverhältnis kann auch dann bestehen, wenn der Treuhänder empfangenes Geldvermögen abredewidrig nicht getrennt von seinem Vermögen verwahrt hat. Ist allerdings die Separierung des Treuguts schon nicht Bestandteil des behaupteten Vertrags und hat der angebliche Treuhänder das Empfangene auch tatsächlich nicht von seinem eigenen Vermögen getrennt, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die Beteiligten eine verbindliche Treuhandvereinbarung tatsächlich nicht getroffen haben (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris Rn. 14 m. w. N.).
Ferner spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit eines behaupteten Vertragsschlusses, wenn der Inhalt der Abrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Vertrags nicht genannt werden kann. Zum Inhalt der Treuhandabrede ist ferner zu prüfen, ob dargelegt worden ist, dass eine Verwertung des Treuguts durch den Auszubildenden auch dann nicht statthaft sein soll, wenn dieser in finanzielle Not gerät oder nur durch die Verwertung seine Ausbildung finanzieren kann. Zweifel am Eingehen einer entsprechenden Verbindlichkeit können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Treuhandvertrags nicht den geltend gemachten Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine treuhänderische Bindung (von Teilen) seines Vermögens nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet hat, sondern erst geltend macht, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen. Für das Vorliegen eines beachtlichen Treuhandverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums kann es dagegen sprechen, wenn das Treugut nachweislich bereits zu dem Zeitpunkt an den Treugeber zurückgegeben worden war, zu dem der Auszubildende zum ersten Mal das Treuhandverhältnis offenlegte und sich damit erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung stellte (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris Rn. 14 m. w. N.).
Auch der Umstand, dass ein Auszubildender das treuhänderisch gehaltene Vermögen nicht in seinem Antrag auf Ausbildungsförderung angegeben hat, wohl aber gegenüber seiner Bank einen entsprechenden Freistellungsauftrag erteilt hat, kann im Einzelfall Zweifel daran begründen, ob überhaupt ein Treuhandvertrag geschlossen wurde, wenngleich die Berufung auf ein sog. verdecktes Treuhandverhältnis dem Auszubildenden in diesem Fall nicht von vornherein wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben versagt ist. Die Berufung des Auszubildenden auf ein Treuhandverhältnis scheidet auch nicht deshalb aus, weil er als verdeckter Treuhänder den „Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft“ erzeugt habe, an dem er sich im Rahmen der Ausbildungsförderung festhalten lassen müsse (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris Rn. 12 m. w. N.).
bb) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze – insbesondere des strengen Maßstabs des Bundesverwaltungsgerichts – ist im Fall der Klägerin kein ausbildungsförderungsrechtlich anerkennungsfähiges Treuhandverhältnis gegeben.
Es fehlt insoweit an den erforderlichen äußerlich erkennbaren Merkmalen als objektiven Beweisanzeichen (Indizien). Gegen eine Treuhand spricht, dass das vorgebliche Treugut durch die Klägerin nicht separiert worden ist; die nach ihrem Vortrag der Mutter gehörenden Gelder haben sich stets auf dem Girokonto der Klägerin zusammen mit ihrem eigenen Geld befunden (vgl. Widerspruchsschreiben vom 14.12.2014, Blatt 104 der Verwaltungsakte: „Somit beträgt mein Vermögen auf den lfd. Konten ca. 1.000,00 €, der Rest gehört meiner Mutter.“). Ist – wie hier – die Separierung des Treuguts bereits nicht Bestandteil des behaupteten Vertrags und hat der angebliche Treuhänder das Empfangene auch tatsächlich nicht von seinem eigenen Vermögen getrennt, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die Beteiligten eine verbindliche Treuhandvereinbarung tatsächlich nicht getroffen haben (vgl. BVerwG, U. v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris Rn. 14 m. w. N.). Ferner spricht es gegen die Glaubhaftigkeit des wirksamen Abschlusses einer Treuhandabrede, dass vorliegend der Inhalt der Abrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch die Klägerin nicht substantiiert dargelegt worden ist. Insbesondere ist insoweit kein schriftlicher Treuhandvertrag vorgelegt worden, das im Widerspruchsverfahren vorgelegte Vertragsdokument (Blatt 127 der Verwaltungsakte) hat lediglich eine behauptete Darlehensabrede – und keine Treuhandabrede – zum Gegenstand. Ebenso ist als Indiz gegen einen wirksamen Abschluss einer Treuhandabrede zu werten, dass die Klägerin vorliegend eine treuhänderische Bindung (von Teilen) ihres Vermögens nicht von vornherein im maßgeblichen Antragsformular vom 1. September 2014 (Blatt 53 f. der Verwaltungsakte) bezeichnet hat, sondern eine solche erstmals mit Widerspruchsschreiben vom 14. Dezember 2014 (Blatt 104 der Verwaltungsakte) geltend gemacht hat, nachdem sie der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen besessen zu haben (vgl. BVerwG, U. v. 30.6.2010 – 5 C 2/10 – juris Rn. 14 m. w. N.). Auch ist im Fall der Klägerin nicht etwa das vorgebliche Treugut bereits vor Offenlegung des Treuhandverhältnisses gegenüber der Behörde an die Mutter als behauptete Treugeberin zurückgeführt worden. Die Rückführung von Vermögensbeträgen erfolgte vielmehr erst im Zusammenhang mit der im Zuge des Ablehnungsbescheids vom 2. Dezember 2014 erfolgten Offenlegung des Sachverhalts gegenüber der Behörde (vgl. Widerspruchsschreiben v. 14.12.2014, Blatt 104 der Verwaltungsakte: „Der Kontostand hat sich verringert, da … meine Mutter auch einen Teil von ihrem Geld abgehoben hat.“; Sparbuchkopie der Klägerin und Kontoauszug der Mutter, wonach am 18.12.2014 Euro 2.000,- an die Mutter transferiert wurden, Blatt 119 und 121 der Verwaltungsakte; Kontoauszug zur Überweisung vom Girokonto der Klägerin auf das Girokonto der Mutter i. H. v. Euro 1.500,- am 22.12.2014, Blatt 120 der Verwaltungsakte). In diesem Kontext spricht auch nachdrücklich gegen die Glaubwürdigkeit des klägerischen Vortrags, dass die Durchführung der behaupteten Treuhandabrede nicht objektiv nachvollziehbar ist. Letztlich sind insgesamt nur Euro 3.500,- belegbar an die Mutter zurückgeführt worden; laut den zunächst getätigten Angaben der Klägerin, ihrer Mutter sowie des Onkels im Widerspruchsschreiben vom 14. Dezember 2014 (Blatt 104 der Verwaltungsakte) soll die Klägerin jedoch von der Mutter den von der Unfallversicherung ausbezahlten Gesamtbetrag i. H. v. Euro 5.600,- erhalten haben, der sich sodann auf dem Girokonto und dem Sparkonto der Klägerin befunden habe. Der Verbleib eines Differenzbetrags von Euro 2.100,- ist demnach unklar. Der erstmals in der Klageschrift (Blatt 2 der Gerichtsakte) erfolgte Vortrag, die Klägerin habe von der Mutter nur einen Teilbetrag der Versicherungsleistung i. H. v. Euro 3.500,- erhalten, widerspricht dem Vortrag im Widerspruchsverfahren und ist daher nicht überzeugend. Unabhängig davon ist vorliegend weder eine vorangegangene Einzahlung eines Treuhandgesamtbetrags von Euro 5.600,- noch eines Teilbetrags von Euro 3.500,- auf die Konten der Klägerin hinreichend substantiiert belegt. Insoweit wurde klägerseitig nur ein Kontoauszug des Girokontos des Bruders vorgelegt, nach dem dort der Versicherungsbetrag von Euro 5.600,- am 11. Juli 2013 eingegangen ist (Blatt 113 der Verwaltungsakte). Sodann wurde offenbar am 19. Juli 2013 ein Teilbetrag von Euro 2.000,- vom Bruder auf das Girokonto der Klägerin überwiesen (Kontoauszug, Blatt 114 der Verwaltungsakte); weitere Überweisungsbelege sind insoweit jedoch nicht vorgelegt worden. Insbesondere fehlen für die im zuletzt vorgelegten Schreiben vom 1. März 2016 (Blatt 81 der Gerichtsakte) behauptete Barübergabe von Euro 1.500,- durch die Mutter an die Klägerin und eine nachfolgende Einzahlung durch die Klägerin auf ihr Konto jegliche Belege. Damit hat die Klägerin nicht den hinreichend substantiierten Nachweis einer Treuhandabrede führen können; die Nichterweislichkeit geht zu ihren Lasten.
b) Auch das erstmals mit E-Mail des Onkels der Klägerin vom 29. Dezember 2014 (Blatt 123 der Verwaltungsakte) vorgetragene Darlehensverhältnis ist ausbildungsförderungsrechtlich nicht anerkennungsfähig.
aa) Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen als bestehende Schuld i. S.v. § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann. Weil und soweit der für den Auszubildenden förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gerade auch im Ausbildungsförderungsrecht die Gefahr des Missbrauchs bestehen kann, wenn der Auszubildende die Behauptung aufstellt, er habe mit einem nahen Angehörigen einen sein Vermögen mindernden Darlehensvertrag geschlossen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt etwa voraus, dass sich die Darlehensgewähr auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben ihrerseits zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu ermitteln und umfassend zu würdigen. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 4.9.2008 – 5 C 30/07 – juris Rn. 24 m. w. N.).
Die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen muss nicht zwingend einem strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten, dass sowohl die Gestaltung (z. B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden – insbesondere mit einem Kreditinstitut – Üblichen zu entsprechen hat. Dass etwa eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden ist, die Abreden über Zinsen sowie darüber vorsieht, dass der Rückzahlungsanspruch jedenfalls bei längerer Laufzeit ausreichend (dinglich) gesichert ist, ist auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Missbrauchsabwehr ausbildungsförderungsrechtlich nicht zwingend zu verlangen (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 4.9.2008 – 5 C 30/07 – juris Rn. 25 m. w. N.).
Die mit dem strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung (wie insbesondere Schriftlichkeit, dingliche Sicherung und Verzinsung) werden weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich durch Art. 6 Abs. 1 GG gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn deswegen auf die genannten Modalitäten der Vertragsgestaltung verzichtet worden ist. Eine strenge Anwendung eines Fremdvergleichs mit der Forderung einer dinglichen Sicherung des Rückzahlungsanspruchs wird auch der differenzierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht gerecht, die den Fremdvergleich nur auf bestimmte Fallgruppen (insbesondere die sogenannten Umwandlungsfälle) anwendet, während ansonsten Darlehensverträge unter nahen Angehörigen auch ohne eine ausdrückliche Sicherheitsbestellung als steuerrechtlich wirksam anerkannt werden können (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 4.9.2008 – 5 C 30/07 – juris Rn. 26 m. w. N.).
Ein Rückgriff auf die objektiven Merkmale des sogenannten Fremdvergleichs ist vielmehr allein bei der anhand einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Prüfung geboten, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und damit eine Schuld i. S.v. § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG besteht. Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsabschluss sprechenden Indizien, deren nachfolgende Aufzählung sich hier nicht als abschließend versteht, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen. Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten Vertragspflichten) kann als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrags nicht genannt werden kann oder der bezeichnete Grund nicht dazu geeignet ist, eine genügende Abgrenzung gegenüber einer Schenkung oder einer freiwilligen Unterstützung bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen. Zweifel am Vertragsschluss können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Darlehensvertrags nicht den Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine etwaige Darlehensverpflichtung nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet, sondern gewissermaßen zum Zwecke der Saldierung erst angegeben hat, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen. Dagegen kann es für das Vorliegen eines beachtlichen Darlehensverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums sprechen, wenn das Darlehen bereits zu dem Zeitpunkt zurückgezahlt worden war, zu dem es der Auszubildende zum ersten Mal offenlegte und sich damit erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung stellte (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 4.9.2008 – 5 C 30/07 – juris Rn. 27 m. w. N.).
bb) Hiervon ausgehend ist im Fall der Klägerin auch kein ausbildungsförderungsrechtlich anerkennungsfähiges Darlehensverhältnis gegeben.
Das Gericht gelangt bei der anhand einer umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Prüfung zu dem Ergebnis, dass vorliegend kein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und damit keine abzugsfähige Schuld i. S. v. § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG besteht.
Es fehlt auch insoweit an den im familiären Bereich erforderlichen äußerlich erkennbaren Merkmalen als objektiven Beweisanzeichen (Indizien). Diesbezüglich wird zunächst vollumfänglich auf die Ausführungen zum Nichtvorliegen der im Kern gleichgelagerten Voraussetzungen eines ausbildungsförderungsrechtlich anerkennungsfähigen Treuhandverhältnisses verwiesen. Insbesondere spricht im Fall der Klägerin nachdrücklich gegen ein wirksames Darlehen, dass sie die behauptete Darlehensverpflichtung nicht von vornherein in ihrem Formular zum Antrag auf Ausbildungsförderung bezeichnet, sondern gewissermaßen zum Zwecke der Saldierung erst angegeben hat, nachdem sie der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen.
Überdies hat die Klägerseite hinsichtlich des behaupteten Vertragsschlusses die relevanten Elemente des Fremdvergleichs (insbesondere Schriftlichkeit, Zeitpunkt der Vereinbarung) sowie den Inhalt der behaupteten Abrede (insbesondere Darlehenshöhe, Verzinsung sowie die Rückzahlungsmodalitäten) nicht substantiiert darlegen können. Hieran ändert auch das erstmals mit E-Mail des Onkels der Klägerin vom 29. Dezember 2014 (Blatt 123 der Verwaltungsakte) vorgelegte Dokument nichts, das mit „Darlehensvertrag (Vereinbarung)“ überschrieben ist und als Ort und Datum den Eintrag „…(Ort), 20.07.2013“ enthält (Blatt 127 der Verwaltungsakte). Zum einen ist das vorgebliche Vertragsdokument bereits nicht eigenhändig durch die Mutter und die Klägerin unterzeichnet. Zum anderen vermag das vorgelegte Dokument das Gericht auch und gerade deshalb nicht zu überzeugen, da es am 29. Dezember 2014 erst vorgelegt worden ist, nachdem die Klägerin, ihre Mutter und der Onkel mit Schreiben vom 14. Dezember 2014 (Blatt 104 der Verwaltungsakte), E-Mail vom 17. Dezember 2014 (Blatt 107 f. der Verwaltungsakte) und E-Mail vom 22. Dezember 2014 (Blatt 117 der Verwaltungsakte) zur Angelegenheit bereits umfangreich und unter Beifügung zahlreicher Anlagen Stellung genommen hatten, ohne jedoch die betreffende Darlehensabrede – deren Relevanz offensichtlich gewesen wäre – auch nur zu erwähnen. Aus Sicht des Gerichts hat der Beklagte daher nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass das Dokument den Eindruck erweckt, nachträglich erstellt worden zu sein (vgl. Widerspruchsbescheid, Blatt 142 der Verwaltungsakte; Klagerwiderung, Blatt 73 der Gerichtsakte). Im Ergebnis ist das vorgelegte Dokument daher nicht geeignet, den vorliegend erforderlichen hinreichend substantiierten Nachweis eines zwischen der Klägerin und ihrer Mutter geschlossenen Darlehensvertrags zu führen. Die Nichterweislichkeit geht jedoch zulasten der Klägerin.
2. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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