Sozialrecht

Kein Anspruch auf Wiedereinräumung einer materiell nicht zustehenden Ausbildungsförderung über Zugunstenverfahren

Aktenzeichen  AN 2 K 20.00115

Datum:
3.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 42626
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB X § 44
BAföG § 15 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Sehen die für eine Sozialleistung maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Leistungsgewährung in dem begehrten Umfang nicht (mehr) vor (obwohl anderweitige Feststellungen in einem früheren Feststellungsbescheid getroffen wurden), kann einem Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X nicht stattgegeben werden; ein Betroffener darf nicht über § 44 SGB X die (Wieder-)Einräumung einer ihm materiell nicht zustehenden Position erlangen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein der Nachweis der Feststellung eines Grades der Behinderung von 30 kann nicht zu einer Ausbildungsförderung nach Überschreiten der Förderungshöchstdauer führen, da auch im Falle einer Behinderung ein Kausalzusammenhang zwischen dem gesetzlich normierten Verlängerungsgrund und der Überschreitung der Förderungshöchstdauer bestehen muss. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Vertrauensschutzvorschriften können zwar grundsätzlich einen eigenständigen Rechtsgrund für den Weiterbezug unter Verstoß gegen das materielle Leistungsrecht bewilligter Sozialleistungen bilden; dies gilt jedoch nicht, wenn der Auszubildende nie ihm materiell nicht zustehende Leistungen erhalten hat. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2019 für den streitgegenständlichen Zeitraum abzuändern und Leistungen nach dem BAföG dem Grunde nach zu gewähren.
Das Gericht nimmt zur Begründung des Urteils gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf die ausführliche und zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheides vom 20. Dezember 2019 und führt ergänzend aus:
Das Begehren des Klägers stützt sich auf § 44 SGB X. Der ursprüngliche Bescheid in Form des Widerspruchsbescheids sei nach Ansicht des Klägers rechtswidrig und deshalb zurückzunehmen. Dem Kläger sei aufgrund des rechtswidrigen Bescheids zu Unrecht keine Förderung nach dem BAföG für den streitgegenständlichen Zeitraum gewährt worden.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Geregelt wird also die Korrektur eines fehlerhaften Verwaltungshandelns, das zum Erlass eines belastenden Verwaltungsakts geführt hat. Die Korrektur erfolgt unabhängig von der Anfechtbarkeit des betreffenden Verwaltungsakts. Damit die Rechtsbehelfsfristen nicht bedeutungslos werden, obliegt es der Entscheidung der Behörde, ob sie in diesem Fall in eine sachliche Überprüfung ihrer Entscheidung eintreten darf oder muss. Aus denselben Gründen darf der Vorschrift auch nicht die Wirkung eines umfassenden Wiedereinsetzungsanspruchs beigemessen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist es nicht Sinn und Zweck des Überprüfungsverfahrens, mehr an Sozialleistungen zu gewähren, als dem Berechtigten nach der materiellen Gesetzeslage tatsächlich zustehen. Sehen die gesetzlichen Bestimmungen, die für die betreffende Sozialleistung maßgeblich sind, eine Leistungsgewährung in dem begehrten Umfang nicht (mehr) vor (obwohl anderweitige Feststellungen in einem früheren Feststellungsbescheid getroffen wurden), kann dem Antrag auf Überprüfung nicht stattgegeben werden (BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Edition, Stand: 1.9.2020, § 44 SGB X Rn. 2 ff.). Ein Betroffener darf nicht über § 44 SGB X die (Wieder-)Einräumung einer ihm materiell nicht zustehenden Position erlangen (Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: 110. EL Juli 2020, § 44 SGB X Rn. 40). Im Zugunstenverfahren ist einem Betroffenen (nur) diejenige Leistung zu gewähren, die ihm nach materiellem Recht bei von Anfang an zutreffender Rechtsanwendung zugestanden hätte (BSG, U.v. 28.5.1997 – 14/10 RKg 25/95 – NZS 1998, 203).
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat es der Beklagte zu Recht abgelehnt, den Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2019 für den streitgegenständlichen Zeitraum abzuändern. Denn auch wenn der – durch die damalige Klagerücknahme (AN 2 K 19.01193) – bestandskräftig gewordene ursprüngliche Bescheid in Form des Widerspruchsbescheids aller Voraussicht nach rechtswidrig ist – denn der Beklagte hätte den Widerspruch des damals noch nicht anwaltlich vertretenen Klägers wohl im Sinne des Meistbegünstigungsprinzips (siehe BSG, U.v. 10.11.2011 − B 8 SO 18/10 R – NVwZ-RR 2012, 313) als lediglich teilweisen Widerspruch gegen den Zeitraum April 2019 bis September 2019 auslegen müssen – scheitert hier eine Anwendung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X daran, dass sich aus der Formulierung „und soweit deshalb“ ergibt, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes und dem Nichterbringen der an sich zustehenden Sozialleistung bestehen muss (siehe BSG, U.v. 28.5.1997 – 14/10 RKg 25/95 – NZS 1998, 203). So führt das Bundessozialgericht aus, dass sich dies nur anhand der materiellen Rechtslage beurteilen lässt und dass § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X so zu verstehen ist, dass die vorenthaltenen Sozialleistungen materiell zu Unrecht nicht erbracht worden sind (U.v. 28.5.1997 – 14/10 RKg 25/95 – NZS 1998, 203).
Ein Kausalzusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes und dem Nichterbringen der an sich zustehenden Sozialleistung bestand hier jedoch nicht, denn dem Kläger stand nach der materiellen Rechtslage von Anfang an keine Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus zu (1.). Auch aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes folgt nichts anderes (2.).
1. Eine Förderung über die Höchstdauer hinaus nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 5 BAföG war im Fall des Klägers von Anfang an nicht zu gewähren.
Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 und 5 BAföG wird über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen (Nr.1) bzw. infolge einer Behinderung (Nr. 5) überschritten worden ist.
a) Ein schwerwiegender Grund im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG kann eine Krankheit sein. (…) Die Krankheit muss kausal für eine nicht unerhebliche Verzögerung der Ausbildung geworden sein. Dies muss der Auszubildende substantiiert darlegen und glaubhaft machen. Aus der Darlegung muss sich die Art der Erkrankung, die Dauer und die Verhinderung an der Erarbeitung des prüfungsrelevanten Stoffes ergeben. Auch muss dargelegt werden, dass der versäumte Stoff nicht aufgeholt werden konnte. Die Krankheit muss durch ärztliches Attest nachgewiesen werden. (…) Auch psychische Krankheiten führen zu einer Verlängerung der Förderdauer, wenn sie die Ausbildung beeinträchtigen. Gegebenenfalls muss der Studierende sich beurlauben lassen. Ist für ihn erkennbar, dass die Studierfähigkeit einschränkt ist, muss er eine Beurlaubung in Erwägung ziehen, da die Ausbildungsförderung nach dem BAföG nicht der Finanzierung des allgemeinen Lebensunterhalts dient (BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Edition, Stand: 1.9.2020, § 15 BAföG Rn. 21).
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus geleistet, wenn sie in Folge einer Behinderung überschritten worden ist. Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, die geistige Fähigkeit oder die seelische Gesundheit eines Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Bei der Feststellung einer Behinderung ist im Allgemeinen – soweit vorhanden – von Bescheinigungen der zuständigen Stellen, etwa nach §§ 2, 69 SGB IX oder § 53 SGB XII auszugehen, die der Auszubildende beizubringen hat (Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Auflage 2020, § 15 Rn. 33).
Der Kläger, der aufgrund einer „…“ einen Grad der Behinderung von 30 hat (Bl. 62 d. Behördenakte), befindet sich den Angaben seiner behandelnden Ärztin nach seit 2015 in Behandlung und leidet an einer … Seine Krankheit bzw. Behinderung hat der Kläger durch Atteste seiner Ärztin sowie durch einen Bescheid nach § 2 SGB IX (GdB 30) ausreichend nachgewiesen.
b) Die Krankheit bzw. Behinderung muss jedoch ursächlich für die Verzögerung der Ausbildung sein (BAföG-VwV 15.3.3 bzw. 15.3.8). Alle Tatbestände des § 15 Abs. 3 BAföG setzen voraus, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem gesetzlich normierten Verlängerungsgrund und der Überschreitung der Förderungshöchstdauer besteht (BVerwG, U.v. 6.4.2000 – 5 C 24/99 – juris). Es können auch verschiedene Verlängerungsgründe kumulativ auftreten (vgl. Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Auflage 2020, § 15 Rn. 20), sodass hier eine Einordnung in eine der beiden Kategorien „Krankheit“ oder „Behinderung“ nicht zu erfolgen brauchte.
Da auch im Falle einer Behinderung ein Kausalzusammenhang zwischen dem gesetzlich normierten Verlängerungsgrund und der Überschreitung der Förderungshöchstdauer bestehen muss, konnte nicht allein der Nachweis der Feststellung eines Grades der Behinderung von 30 zu einer Förderung nach Überschreiten der Förderungshöchstdauer führen. Auch hier muss darüber hinaus die Kausalität nachgewiesen werden.
aa) Im Laufe des Studiums des Klägers kam es zu einer Verzögerung der Ausbildung. Maßstab sind die bei einem ordnungsmäßigen Studium nach der jeweiligen Ausbildungsordnung zu erwartenden Durchschnittsleistungen. Nach der maßgeblichen Prüfungs- und Studienordnung für den Bachelor- und den Masterstudiengang Psychologie an der FAU vom 28.9.2007 i.d.F. vom 31.7.2012 (BMStPO/PSL) ist das Studiensemester mit 30 ECTS-Punkten veranschlagt, § 5 Abs. 1 Satz 2 BMStPO/PSL. Laut Leistungsbescheinigung vom 22. Juni 2017 (viertes Semester) hatte der Kläger zu diesem Zeitpunkt 75 ECTS-Punkte erreicht. Die Leistungsbescheinigung vom 8. Juni 2018 (sechstes Semester) bestätigte dem Kläger 95 ECTS-Punkte. Laut Leistungsbescheinigung vom 27. August 2018 (Ende sechstes Semester) hatte der Kläger 115 ECTS-Punkte erreicht. Üblicherweise wären zum Ende des vierten Semesters 120 ECTS-Punkte und zum Ende des sechsten Semesters 180 ECTS-Punkte zu erwarten gewesen.
bb) Eine Ursächlichkeit für die Verzögerung der Ausbildung wurde hier jedoch nicht ausreichend dargelegt. So wurden teilweise schon keine Atteste – sondern lediglich Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – vorgelegt und manchen leistungsschwachen Studienphasen des Klägers sind keinerlei Atteste zuordenbar.
Die vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die die Zeiträume 4. Januar 2018 bis 25. Januar 2018 sowie 19. Juli 2017 bis 6. August 2017 und 23. Juni 2016 bis 14. Juli 2016 betreffen, sind nicht geeignet, eine Ursächlichkeit nachzuweisen. Dazu ist es unumgänglich, dass entsprechende aussagekräftige Atteste beigebracht werden (vgl. Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Auflage, 2020 § 15 Rn. 23 sowie 15.3.3 BAföG-VwV). Eine schlichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reicht nicht aus. Das Erfordernis, Atteste vorzulegen, ist deshalb sinnvoll, da der Nachweis geeignet sein muss, es der Behörde bzw. dem Gericht zu ermöglichen, nachzuvollziehen, in welchem Zeitraum welche Krankheit vorgelegen hat und wie sich diese auf die Fähigkeit, sich Lernstoff zu erarbeiten bzw. Prüfungen abzulegen, ausgewirkt haben soll. Aus einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geht weder die Krankheit noch deren Auswirkungen auf die Fähigkeiten des Studenten hervor.
Auch die beiden Atteste der Frau Dr. … vom 4. Juni 2019 und vom 21. November 2018 können einen Kausalzusammenhang zwischen Krankheit/Behinderung und Verzögerung nicht ausreichend herstellen. So bestätigt sie im Attest aus dem Jahr 2018, dass der Kläger seit 2015 in Behandlung sei und er aufgrund der … phasenweise durch … stark eingeschränkt sei. In diesen Zeiten sei er nicht in der Lage, regelmäßig Vorlesungen und Seminare zu besuchen, zu lernen oder Prüfungen zu absolvieren. Wann genau es zu diesen Phasen gekommen ist, wird jedoch nicht dargelegt. Im Attest vom 4. Juni 2019 bestätigt sie, dass der Kläger sie in der Zeit vom 1. April 2017 bis zum 31. März 2018 zwölf Mal konsultiert habe. Der Kläger sei aufgrund der … insgesamt deutlich in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt gewesen.
Der einzig konkret genannte Zeitraum – 1. April 2017 bis 31. März 2018 – deckt somit das Sommersemester 2017 (viertes Semester) und das Wintersemester 2017/2018 (fünftes Semester) ab. Zu Verzögerungen im Studienablauf kam es jedoch bereits vor und auch noch nach diesem Zeitraum. So erreichte der Kläger seinen Leistungsübersichten nach im dritten Semester lediglich 20 ECTS-Punkte und im sechsten Semester nur 12 ECTS-Punkte. Auch ist festzustellen, dass der Kläger gerade im vierten Semester – mit 22,5 ECTS-Punkten – mehr Punkte erreicht hat, als beispielsweise im sechsten oder im dritten Semester, in dem sich der gesundheitliche Zustand nach eigenen Angaben verbessert habe.
Denkt man sich also im Fall des Klägers die Verzögerungen aus dem vierten und fünften Semester (aufgrund des vorgelegten Attests) hinweg, so bleibt immer noch eine Studienverzögerung aus dem dritten und sechsten Semester bestehen, für die kein ausreichender Nachweis vorgelegt werden konnte. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verlängerungsgrund (Krankheit/Behinderung) und der Überschreitung der Förderungshöchstdauer wurde somit nicht ausreichend nachgewiesen, sodass eine Weiterförderung nach § 15 Abs. 3 BAföG ausscheidet.
Eine Förderung über die Höchstdauer hinaus nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 5 BAföG war im Fall des Klägers deshalb von Anfang an nicht zu gewähren.
c) Somit besteht auch kein Kausalzusammenhang zwischen dem (wohl) rechtswidrigen Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2019 und der nicht gewährten weiteren Förderung. Denn würde man sich den Widerspruchsbescheid hinweg denken, so würde eine weitere Förderung des Klägers immer noch daran scheitern, dass ihm diese nach dem materiellen Recht (§ 15 Abs. 3 BAföG) – wie gerade dargelegt – von Anfang an nicht zustand.
2. Auch eine Konstellation, in der sich der Kläger erfolgreich auf Vertrauensschutz berufen könnte, liegt hier nicht vor. Dem Kläger war mit ursprünglichem Bescheid vom 10. Dezember 2018 eine Weiterförderung für ein Semester dem Grunde nach gewährt worden. Es kam jedoch weder zu einer Berechnung des Anspruchs der Höhe nach, noch zu einer Auszahlung von weiterer Förderung nach dem BAföG, da gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt wurde.
Vertrauensschutzvorschriften haben der 9. und 14. Senat des Bundessozialgerichts (so z.B. BSG, U.v. 4.2.1998 – B 9 V 16/96 – juris; BSG, U.v. 28.5.1997 – 14/10 RKg 25/95 – NZS 1998, 203) zwar grundsätzlich als eigenständigen Rechtsgrund für den Weiterbezug unter Verstoß gegen das materielle Leistungsrecht bewilligter Sozialleistungen gesehen. Dort waren jedoch Fälle zu entscheiden, in denen eine Vertrauensposition wegen langjährig zu Unrecht bezogener Sozialleistungen erworben worden war, die den dortigen Klägern durch einen Aufhebungsbescheid mit Wirkung für die Zukunft entzogen bzw. durch Aufhebungs- und Erstattungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit darüber hinaus auch von ihnen zurückgefordert worden waren (so z.B. U.v. 4.2.1998 – B 9 V 16/96 – juris: Zugunstenantrag 18 Jahre nach der eventuell gegen Vertrauensschutz verstoßenden Rücknahme der Bewilligung einer 12 Jahre zu Unrecht bezogenen Beschädigtenrente). Im streitgegenständlichen Fall jedoch hat der Kläger nie ihm materiell nicht zustehende Leistungen erhalten. Denn zu einer Auszahlung von Ausbildungsförderung kam es seit dem Überschreiten der Förderungshöchstdauer schon gar nicht.
Somit steht dem Kläger eine Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus weder nach materiellem Recht noch aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes zu.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.


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