Sozialrecht

Sozialhilfe, Leistungen, Einkommen, Ermessensentscheidung, Erkrankung, Berufung, Bewilligung, Widerspruchsbescheid, Lebensunterhalt, Verwaltungsakt, Unterkunftskosten, Testament, Revision, Ermessen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zum Lebensunterhalt, subjektives Recht

Aktenzeichen  L 8 SO 6/21

Datum:
18.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 49364
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Zur Überleitung von Schenkungsrückforderungsansprüchen

Verfahrensgang

S 46 SO 503/20 2020-12-04 Urt SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 4. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 55.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Bescheide des Beklagten vom 25.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenständlich ist die vom Kläger erstrebte Aufhebung der beiden Bescheide des Beklagten vom 25.07.2018, mit denen dieser Ansprüche der Eltern des Klägers – damals lebten beide Elternteile noch – auf Rückgabe einer Schenkung auf sich übergeleitet hat. Derartige Ansprüche sieht der Beklagte aufgrund der Löschung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts mit Löschungsbewilligung vom 22.08.2014, welches als beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090, 1093 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB) zugunsten der Eltern des Klägers an dem Grundstück des Klägers in K bestand. Sein Rechtsschutzziel kann der Kläger mittels einer reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) erreichen, gerichtet gegen die Bescheide vom 25.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2019. Die Bescheide vom 25.07.2018 haben sich nicht mittlerweile auf andere Weise erledigt i.S.d. § 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), weil der Kläger die Einrede der Verjährung erhoben hat (Schreiben seines Bevollmächtigten vom 27.02.2020). Ob tatsächlich Verjährung eingetreten ist, ist nämlich zivilrechtlich zu klären und nicht offensichtlich (dazu unten). Die sozialhilferechtlichen Anforderungen zugrunde gelegt, ist daher nicht von einer Erledigung der streitigen Verwaltungsakte auszugehen. Eine abschließende Prüfung vorzunehmen, würde auch mit Blick auf § 17 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) die Rechtswegkompetenz der Sozialgerichtsbarkeit überschreiten, denn ihr obliegt nicht eine endgültige Beurteilung rechtswegfremder Ansprüche (hier § 13 GVG); dies ist mit dem bestehenden gegliederten Rechtsschutzsystem nicht zu vereinbaren (vgl. Urteil des Senats vom 25.11.2010 – L 8 SO 136/10 – juris).
Einer weiteren Beiladung (§ 75 SGG) bedurfte es nach dem Tod beider Eltern des Klägers nicht, so dass die vom SG vorgenommenen Beiladung der Mutter des Klägers (Beschluss des SG vom 23.11.2020) aufgehoben werden konnte. Zwar sind die vier Kinder (einschließlich des Klägers) zu gleichen Teilen Erben nach ihrer Mutter, die wiederum den Vater des Klägers beerbt hatte (siehe das notarielle Testament vom 19.03.1999). Jedoch handelt es sich sowohl bei dem Wohnungsrecht als auch dem darauf bezogenen, hier inmitten stehenden Schenkungsrückforderungsanspruch um ein höchstpersönliches Recht bzw. einen zweckgebundenen Anspruch. Dieser erlischt nur in bestimmten Fällen nicht mit dem Tod (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25.04.2001 – X ZR 229/99 – juris). Eine derartige Konstellation ist hier aber nicht gegeben. Allein für die Geltendmachung durch den Beklagten besteht vorliegend eine anerkannte Ausnahme, da er für die mutmaßlichen Schenker, die Eltern des Klägers, Leistungen erbracht hat und die infrage kommenden Ansprüche bereits auf sich übergeleitet hatte.
Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben worden (§ 87 i.V.m. § 66 Abs. 2 SGG). Im Widerspruchsbescheid vom 14.10.2019 wurde unrichtigerweise der Kläger dahin belehrt, dass eine Klage beim Sozialgericht in Würzburg einzulegen sei. Der Kläger hatte jedoch – damals wie heute – seinen Wohnsitz nicht im Regierungsbezirk Unterfranken, sondern in M, also im Regierungsbezirk Oberbayern. Somit war zuständiges Sozialgericht das SG (§ 57 Abs. 1 SGG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bayer. Sozialgerichts-Ausführungsgesetzes – AGSGG – in der Fassung des Gesetzes vom 09.01.2018, GVBl S. 2). Nachdem der Widerspruchsbescheid vom 14.10.2019 den Prozessbevollmächtigten des Klägers laut Eingangsstempel der Kanzlei am 17.10.2019 zugegangen war, wurde die am 13.10.2020 beim SG eingegangene Klage noch innerhalb der Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 SGG erhoben. Dass dem Kläger, wie sich aus dem Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.02.2020 an den Beklagten ergibt, die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrungschon bekannt war, ändert am Lauf der Jahresfrist nach § 66 Abs. 2 SGG nichts. Es ist nämlich grundsätzlich unbeachtlich, ob der Betroffene selbst die Unrichtigkeit erkannt hat, da es keines (konkreten) Kausalzusammenhangs zwischen fehlerhafter Belehrung und unterbliebenem bzw. nicht fristgemäß eingelegtem/erhobenem Rechtsbehelf bzw. Rechtsmittel bedarf, sondern nur einer abstrakten Geeignetheit des Fehlers (vgl. Littmann in: Berchtold, SGG, 6. Aufl., § 66 Rn. 6; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 66 Rn. 12). Eine Ausnahme kommt lediglich bei Klagen eines (drittbetroffenen) Sozialversicherungsträgers gegen den Verwaltungsakt eines anderen Sozialversicherungsträgers mit Blick auf das Gebot von Treu und Glauben in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2013 – B 12 KR 8/11 R – juris). Eine solche bzw. eine damit vergleichbare Situation war hier jedoch nicht gegeben. Anders als Sozialversicherungsträger ist der Kläger keine Behörde, die an das Gebot gesetzmäßigen Verwaltungshandelns aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) gebunden ist und von der daher in besonderem Maß redliches prozessuales Verhalten erwartet werden kann. Die unrichtige Rechtsbehelfsbelehrungwar jedenfalls abstrakt geeignet, den Kläger von der Klageerhebung beim eigentlich zuständigen SG abzuhalten, da nicht das örtlich zuständige Sozialgericht benannt wurde (vgl. Keller, a.a.O., Rn. 7).
Die Klage gegen die Überleitungen ist unbegründet, da die Überleitung der Ansprüche der Eltern des Klägers auf Rückforderung einer Schenkung in Form der Löschung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts am Grundstück des Klägers in K rechtmäßig erfolgt ist.
Rechtsgrundlage für die Überleitungsanzeigen ist § 93 Abs. 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII – in der Fassung des Gesetzes vom 02.12.2006, BGBl. I, 2670). Demnach kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige den Übergang des Anspruchs bewirken, wenn eine leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen hat, der nicht Leistungsträger i.S.d. § 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) ist. Die Norm sieht – anders als § 94 SGB XII – keinen Anspruchsübergang von Gesetzes wegen vor, sondern sie ermöglicht dem Sozialhilfeträger eine Überleitung mittels Verwaltungsakt (vgl. Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl., § 93 Rn. 7).
Die auch vorliegend mittels Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X erfolgten Überleitungsanzeigen (Bescheide vom 25.07.2018), welche den Übergang eines Anspruchs vom bisherigen Gläubiger (den Eltern des Klägers) auf den Sozialhilfeträger, hier den Beklagten, als neuen Gläubiger bewirken, sind formell rechtmäßig.
Ein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 SGB X liegt nicht vor. Danach ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Ausnahmen von der Anhörungspflicht gemäß § 24 Abs. 2 SGB X greifen vorliegend nicht. Der Beklagte hat den Kläger bereits mit Schreiben vom 23.06.2015 darauf hingewiesen, dass er die Löschung des Wohnrechts als Schenkung betrachte und der Kläger hierfür Zahlungen leisten solle. Damit war der Kläger ausreichend informiert, um sich zu der beabsichtigten Überleitung zu äußern. Zumindest aber wäre eine unterbliebene vorherige Anhörung durch die Durchführung der Widerspruchsverfahren geheilt (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X), denn hierbei hatte der Kläger genügend Gelegenheit zu Äußerungen. Dass er davon nicht Gebrauch gemacht hat, ist unerheblich.
Dass die Eltern des Klägers als Leistungsberechtigte vor der Überleitung nicht angehört wurden, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Überleitungsbescheide gegenüber dem Kläger. Zwar entfalten die Überleitungsanzeigen, mit der in das bestehende Rechtsverhältnis zwischen dem Drittschuldner und dem Leistungsberechtigten – hier zwischen dem Kläger und seinen Eltern – eingegriffen wird, Rechtswirkung gegenüber diesen beiden. Infolgedessen haben Drittschuldner und Leistungsberechtigte eine Klagebefugnis bezüglich der Überleitungsanzeige. Eine Verletzung lediglich subjektiver Rechte des jeweils anderen kann jedoch im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen die ihm gegenüber ergangene Überleitungsanzeige nicht geltend gemacht werden. Die Anhörung stellt ein solches subjektives Recht dar. Sinn und Zweck der Anhörung ist es, dem Einzelnen rechtliches Gehör einzuräumen, ihn von der Absicht der Behörde in Kenntnis zu setzen sowie ihm dadurch Einflussmöglichkeiten zu eröffnen. Das Versäumen der Anhörung der Leistungsberechtigten kann daher nicht in subjektive Rechte des Klägers eingreifen (vgl. Urteil des Senats vom 28.09.2017 – L 8 SO 219/15 – juris).
Ebenso wenig ist ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X zu erkennen. Danach hat die Behörde alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen und den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Eine Anhörung zur Sachverhaltsermittlung war aber nicht weiter erforderlich. Der Beklagte hatte nicht vollständig zu prüfen und zu ermitteln, ob der überzuleitende Anspruch tatsächlich besteht und in welcher Höhe. Dies ist gegebenenfalls Aufgabe der Zivilgerichtsbarkeit. Ausreichend ist, dass der überzuleitende Anspruch nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (sogenannte Negativevidenz), sondern überhaupt in Betracht kommt (vgl. BSG, Beschluss vom 25.04.2013 – B 8 SO 104/12 B – juris, mit Verweis auf die Rspr. des BVerwG). Seiner Amtsermittlungspflicht ist der Beklagte ausreichend nachgekommen, indem er Unterlagen über die Übergabe des früheren Hausgrundstücks der Eltern des Klägers, über die Löschung des Wohnungsrechts sowie Bauunterlagen zum Haus angefordert und indem er das Gutachten des Gutachterausschusses beim Landratsamt A vom 30.09.2016 eingehalt hat.
Die Überleitungsanzeigen sind auch hinreichend bestimmt. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies bedeutet, dass der Adressat des Verwaltungsakts unter Berücksichtigung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers – unter Berücksichtigung der Begründung des Bescheids und auch der Begründung im Widerspruchsbescheid, die zur Auslegung herangezogen werden kann – in der Lage sein muss, das von ihm Geforderte zu erkennen und sein Verhalten danach auszurichten (BSG, Urteil vom 03.07.2020 – B 8 SO 2/19 R – juris, m.w.N.). Das war hier der Fall, denn aus den Bescheid vom 25.07.2018 geht klar hervor, dass der Beklagte das Rückforderungsrecht aus einer Schenkung durch Löschung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts der Leistungsberechtigten auf sich überleitet. Nach dem objektiven Empfängerhorizont ist den Überleitungsanzeigen mithin klar zu entnehmen gewesen, welcher Anspruch aufgrund welcher Rechtsgrundlage übergeleitet wird.
Ferner ist die Angabe von Zeitraum und Höhe der gewährten Sozialhilfe erforderlich, wegen der die Überleitung erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 24.08.1988 – 7 Rar 74/86 – juris; Urteil des Senats vom 19.09.2019 – L 8 SO 74/18). Auch dem genügen die Bescheide vom 25.07.2018, denn sie enthalten diese Angaben. Dass die Überleitungsanzeigen in Bezug auf die weitere Leistungsgewährung für die Zukunft nicht deren Dauer und Höhe benennen, liegt in der Natur der Sache, da auch der Beklagte dies nicht absehen konnte. Eine monatlich erneute Überleitungsanzeige ist nicht notwendig. Die Überleitungsanzeigen erfüllen insoweit das Bestimmtheitserfordernis, als sie auf die Höhe des aktuellen monatlichen Leistungsbezugs und darauf verweisen, dass die Leistungen voraussichtlich in dieser Höhe weitergeleistet würden. Bei zukünftigen Leistungen genügt eine Überleitung dem Grunde nach (vgl. Urteil des Senats vom 19.09.2019 – L 8 SO 74/18 – m.w.N.). Hinsichtlich der für die Vergangenheit erfolgten Leistungsgewährung war keine monatsweise Bezifferung der gezahlten Sozialhilfe erforderlich. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass durch die Überleitung lediglich ein Gläubigerwechsel herbeigeführt werden soll. Ob und in welcher Höhe letztlich der übergeleitete Anspruch besteht und zu erfüllen ist, ist zivilgerichtlich zu prüfen und zu entscheiden. Daher bedarf es im Rahmen der Überleitung noch keiner „centgenauen“ Bezifferung der erbrachten Leistungen.
Die Überleitungen sind auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage hierfür stellt § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII dar. Gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB XII bewirkt die Anzeige den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird.
Den Leistungsberechtigten wurden vom Beklagten seit Dezember 2014 bis 12.02.2019 (Vater des Klägers) bzw. bis 21.05.2021 (Mutter des Klägers) Leistungen der Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege sowie der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen in Form des sog. Barbetrags im Zeitraum vom 01.12.2014 bis 12.02.2019 (Vater des Klägers) bzw. vom 01.12.2014 bis 21.05.2021 (Mutter des Klägers) erbracht, wie sich aus den – bestandskräftigen – Bescheiden des Beklagten vom 25.06.2015 und 30.07.2015 ergibt. Die Eltern des Klägers lebten zu Beginn der Hilfegewährung am 01.12.2014 in einem Seniorenwohnheim in S und zogen zum 26.02.2015 (Mutter des Klägers) bzw. 01.05.2015 (Vater des Klägers) in das Altenpflegeheim N in D. Bei beiden Elternteilen war ein Grad der Behinderung von 80 festgestellt (bei der Beigeladenen zusätzlich die Merkzeichen G und B) und beide waren von der Pflegekasse (AOK Bayern) als pflegebedürftig eingestuft worden (Pflegestufe I beim Vater des Klägers und Pflegestufe I, seit 2017 Pflegegrad 4 bei der Mutter des Klägers). Aus den Berechnungen, welche den Bewilligungsbescheiden beigefügt waren, ist außerdem zu ersehen, dass die Eltern des Klägers weder mit ihren Einkommen noch ihrem Vermögen für die anfallenden Heimkosten vollständig aufkommen konnte. Die Renten beider Eltern bzw. bei der Beigeladenen das Wohngeld reichten bzw. reichen nicht zur vollständigen Deckung der Kosten aus. Soweit das bei Hilfebeginn noch vorhandene Vermögen des Vaters des Klägers i.H.v. 5.131,14 EUR – für weitergehendes, einzusetzendes Vermögen gibt es keine Anhaltspunkte – den Freibetrag i.H.v. 3.214 EUR (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) somit um 1.917,14 EUR überstieg, reichte dieser Betrag ebenfalls nicht zur Deckung der monatlich noch offenen Kosten aus. Wegen § 19 Abs. 3 SGB XII war dabei das Vermögen des Vaters des Klägers auch bei der Mutter des Klägers zu berücksichtigen. Die ungedeckten Heimkosten beliefen sich – das ergibt sich aus den streitgegenständlichen Bescheiden vom 25.07.2018 – nach Abzug der aus dem Einkommen der Eltern des Klägers zu entrichtenden Kostenbeteiligungen auf monatlich 919,79 EUR (Vater des Klägers) bzw. 2.233,63 EUR (Beigeladene). Daher waren beide Eltern leistungsberechtigt nach den §§ 61 ff. SGB XII und ihnen war Hilfe zu leisten. Diese konnte vom Beklagten zu Recht auch auf der Grundlage von § 19 Abs. 5 SGB XII als sog. erweiterte Hilfe erbracht werden. Nachdem unklar war, ob und in welchem Umfang noch vorrangige Ansprüche der Eltern des Klägers auf Unterhalt gegen ihre vier Kinder bzw. aus der Rückforderung der Schenkungen bestanden und zu erwarten war, dass die Abklärung einige Zeit in Anspruch nehmen würde – was auch durch das hiesige Verfahren bestätigt wird -, lagen „begründete Fälle“ für die Gewährung der Hilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII vor (vgl. Hohm in: Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl., § 19 Rn. 30).
Nachdem sich somit auch keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die – überdies bestandskräftige – Leistungsbewilligung an die Eltern des Klägers nicht rechtmäßig erfolgte bzw. erfolgt, kann auch dahin stehen, dass die Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung nicht einmal Voraussetzung für die Überleitung gemäß § 93 Abs. 1 SGB XII ist, da der in Anspruch genommene Dritte, hier der Kläger, durch die Überleitung keine Veränderung seiner Rechtsposition erfährt (vgl. Urteil des Senats vom 19.09.2019 – L 8 SO 74/18; Schellhorn, a.a.O., § 93 Rn. 29, m.w.N.; Giere in: Grube/Wahrendorf/Giere, SGB XII, 7. Aufl., § 93 Rn. 11; Armbruster in: jurisPK-SGB XII, Stand: 01.02.2020; § 93 Rn. 49). Soweit der Kläger geltend macht, seine Eltern wären gar nicht bedürftig i.S.d. SGB XII (gewesen) und es fehle daher zugleich an der Verarmung des Schenkers als Voraussetzung eines Rückforderungsanspruchs nach § 528 BGB, kann er diesen Einwand im Rahmen des zivilrechtlichen Verfahrens vorbringen. Den schutzwürdigen Belangen des Klägers wird mit dieser Möglichkeit genüge getan (vgl. Schellhorn, a.a.O.).
Infolgedessen kommt es auf die mit den Anträgen des Klägers in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Umstände nicht an. Von einer entsprechenden Beweiserhebung konnte daher abgesehen werden. Hinzu kommt aber, dass ohnehin nichts dafür spricht, dass die Anlagen der Eltern des Klägers bei der D noch werthaltig waren und damit zu einem höheren Vermögen als bereits angenommen führen könnten, denn die Fondsgesellschaft hatte insofern die Rückgabe vom Handel ausgeschlossen (Schreiben der D Bank vom 22.12.2014). Es war damit keine Rücknahme von Anteilen möglich (Schreiben der D vom 25.03.2012), so dass keine verwertbaren Gegenstände mehr vorlagen. In Bezug auf die Lebensversicherungen der Eltern des Klägers bei der N Familienschutz-Lebensversicherungen ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte diese als geschützt i.S.d. § 90 Abs. 3 SGB XII angesehen hat. Mit den Versicherungen sollte dem Bedürfnis nach einer angemessenen Bestattungsvorsorge nachgekommen werden. Dies rechtfertigt die Annahme einer Härte der Verwertung (vgl. Giere, a.a.O., § 90 Rn. 77).
Ferner ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Leistungsberechtigten für die Zeit, für die Leistungen erbracht wurden, einen Anspruch gegen den Kläger auf Schenkungsrückforderung gemäß § 528 BGB haben. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. nur BSG, Beschluss vom 25.04.2013 – B 8 SO 104/12 B – juris; Schellhorn, a.a.O., § 93 Rn. 23) muss das Bestehen des Anspruchs zum Zeitpunkt der Überleitung nicht positiv feststehen und ist mithin keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Überleitungsanzeige. Die Überleitung kommt nur dann nicht infrage und ist damit rechtwidrig, wenn das Bestehen des übergeleiteten Anspruchs nach materiellem Recht offensichtlich ausgeschlossen und damit die Überleitung erkennbar sinnlos ist (sogenannte Negativevidenz). Nach der Konzeption des Rechts der Sozialhilfe bleibt die endgültige Klärung den Zivilgerichten vorbehalten, während im sozialgerichtlichen Verfahren bezüglich der Überleitung nur eine grobe Kontrolle im Sinne der sog. Negativevidenz stattfindet. Wäre das Bestehen des übergeleiteten Anspruchs eine objektive Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, müssten nämlich die Sozialgerichte auch über die Rechtmäßigkeit rechtswegfremder Forderungen entscheiden. Eine derartige Überprüfung ist mit dem bestehenden gegliederten Rechtsschutzsystem nicht zu vereinbaren (vgl. Urteil des Senats vom 25.11.2010 – L 8 SO 136/10 – juris).
Vorliegend ist kein Fall der sog. Negativ-Evidenz gegeben. Die Bewilligung der Löschung ihres Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts (§§ 1090, 1093 BGB) am klägerischen Hausgrundstück in K durch die Eltern des Klägers – beurkundet vom Notar H am 22.08.2014 – kann eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB darstellen. Denn es liegt außer der Löschungsbewilligung vom 22.08.2014 keine weitere Urkunde darüber vor, dass der Kläger hierfür eine Gegenleistung zu erbringen gehabt hätte. Soweit er anführt, mit seinen Eltern sei vereinbart gewesen, dass er als Gegenleistung ihre Wohnung im Erdgeschoss des Hauses in K behindertengerecht saniert, fehlt dazu jeder Nachweis. Auch verwundert es, dass die Eltern des Klägers mit diesem eine solche Vereinbarung getroffen haben sollten. Nach dem Übergabevertrag vom 19.03.1999 – beurkundet vom Notar H – war der Kläger verpflichtet, die Wohnung seiner Eltern wohn- und heizbar herzurichten und stets in diesem Zustand zu erhalten. Angesichts dessen ist nicht recht zu erklären, weshalb die von den Eltern genutzte Wohnung 15 Jahre später in einem desolaten Zustand sein sollte – so der Vortrag des Klägers – und die Eltern trotz des vertragswidrigen Verhaltens des Klägers dann noch auf ihr Wohnungsrecht und überdies das Nießbrauchsrecht verzichten sollten. Der Senat kann sich daher nicht sicher davon überzeugen, dass die Bewilligung der Löschung vom 22.08.2014 nicht unentgeltlich erfolgt ist. Mithin ist das Vorliegen einer Schenkung möglich.
Infolgedessen ist es auch möglich, dass wegen des Angewiesenseins auf Leistungen der Sozialhilfe die Eltern gemäß § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB außerstande waren, für ihren angemessenen Unterhalt aufzukommen, sie „verarmt“ waren und demzufolge einen Anspruch auf Herausgabe des Geschenkten haben (vgl. dazu Schellhorn, a.a.O., § 93 Rn. 20.1). Trotz des Todes der Eltern des Klägers – wie schon erwähnt – ist eine Geltendmachung dieses potenziellen Anspruchs durch den Beklagten noch möglich (vgl. Hohm, a.a.O., § 2 Rn. 32).
Ob diesem Anspruch tatsächlich die Einrede der Verjährung – der Kläger hat sie gegenüber dem Beklagten bereits erhoben (Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 27.02.2020) – entgegengehalten werden kann, ist eine Fragestellung, die im zivilrechtlichen Verfahren geklärt werden muss. Es ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass wirklich Verjährung eingetreten ist. Vom Gericht ist zwar darauf hingewiesen worden (Schreiben vom 18.02.2021), dass hinsichtlich der übergeleiteten Ansprüche nach § 528 BGB mit Ablauf des 31.12.2017 Verjährung gemäß den §§ 195, 199 BGB eingetreten sein könnte (vgl. dazu: Schellhorn, a.a.O., § 93 Rn. 20.2). Ein Fall des § 196 BGB sei nach dem Wortlaut der Regelung nicht gegeben, da die angenommene Schenkung keinen dort genannten Anspruch darstelle. Hinsichtlich des Verjährungsbeginns (§ 199 Abs. 1 BGB) werde darauf abzustellen sein, ab wann die vormaligen Gläubiger der Ansprüche, die Eltern des Klägers, Kenntnis von ihrer Verarmung und einem Anspruch auf Herausgabe des Geschenks hatten (§ 404 BGB). Dies dürfte jedenfalls zu einem Zeitpunkt im letzten Quartal des Jahres 2014 anzunehmen sein, so dass die dreijährige Verjährungsfrist ab dem 01.01.2015 angelaufen und mit dem 31.12.2017 abgelaufen wäre. Damit wäre allerdings nicht das Bestehen eines überleitbaren Anspruchs infrage gestellt, sondern der Kläger könnte nur inzwischen – nach Erhebung der Verjährungseinrede im Februar 2020 – eine Leistung verweigern (§ 204 Abs. 1 BGB). Vor allem aber hat der Beklagte unter Verweis auf entsprechende zivilrechtliche Rechtsprechung bzw. Literatur eingewandt, dass der Ablauf der Verjährungsfrist wegen Verhandlungen nach § 203 BGB gehemmt gewesen sein könnte und zudem die jeweiligen monatlichen Teilwertansprüche einzeln der Verjährung unterlägen (Schriftsatz vom 30.03.2021). Dies erscheint nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Auch zeigt die Diskussion, dass gerade nicht offensichtlich ist, dass die Verjährung bereits bei Klageerhebung wegen des vorliegend betroffenen Schenkungsrückforderungsanspruchs am 06.04.2020 beim Landgericht München I (6 O 8322/20) eingetreten war und die Überleitung damit ihren Sinn verloren hat.
Der Wert des übergeleiteten Anspruchs wurde auch nicht derart gering eingeschätzt, dass eine Überleitung sinnlos oder zumindest unverhältnismäßig wäre. Der Beklagte durfte auf der Grundlage des vom Gutachterausschuss des Landratsamts A ermittelten Wertes für das Wohnungsrecht zum Stichtag 22.08.2014 i.H.v. 55.000 EUR (Gutachten vom 30.09.2016) zweifellos davon ausgehen, dass es sich bei den übergeleiteten Schenkungsrückforderungsansprüchen nicht um wirtschaftlich wertlose Forderungen handelt. Auf Veranlassung des Beklagten ermittelte der Gutachterausschuss beim Landratsamt A nämlich zum Stichtag 22.08.2014 für das Anwesen in K einen Verkehrswert i.H.v. ca. 160.000 EUR und einen Wert für das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht i.H.v. ca. 55.000 EUR (Gutachten nach Aktenlage vom 30.09.2016). Es handle sich um ein relativ großes Eckgrundstück in normaler bis guter Wohnlage, bebaut mit einem einfachen, freistehenden Zweifamilienhaus (Wohnfläche EG ca. 80 qm, DG ca. 67 qm). Es werde davon ausgegangen, dass sich die Gebäude zum Stichtag in einfachem bis durchschnittlich unterhaltenem Zustand befunden hätten. Bei der Berechnung des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts sei von einer fiktiven monatlichen Miete i.H.v. 390 EUR ausgegangen worden. Angesichts der plausiblen Ausführungen im Gutachten kann der Senat nicht davon ausgehen, das Wohnungsrecht habe bei Überleitung keinerlei wirtschaftlichen Wert mehr gehabt.
Auch die Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sind gegeben. Danach darf der Übergang des Anspruchs nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistungen nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII und des § 92 Abs. 1 SGB XII Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Bei Rückübertragung der Schenkung hätten die Leistungsberechtigten über Vermögen verfügt, das einem Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege bzw. der Hilfe zum Lebensunterhalt – jedenfalls für längere Zeit – entgegengestanden hätte (§ 90 SGB XII).
Die Ermessensentscheidung des Beklagten hält einer gerichtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Die Überleitung von Ansprüchen steht nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII im pflichtgemäßen Ermessen, das sich sowohl auf das „Ob“ einer Überleitung (Entschließungsermessen, als auch auf das „Wie“ (Auswahlermessen), insbesondere die Höhe der Überleitung, bezieht. Im gerichtlichen Verfahren gemäß § 54 Abs. 2 SGG i.V.m. § 39 SGB I (nur) zu prüfen, ob Ermessensfehler vorliegen, insbesondere ein Ermessensausfall, ein Ermessensfehlgebrauch oder eine Ermessensüberschreitung. Nicht zu prüfen ist die Zweckmäßigkeit der Ermessensentscheidung (vgl. Keller, a.a.O., § 54 Rn. 27 und 28). Die Ermessensausübung im Rahmen einer Entscheidung nach § 93 Abs. 1 S. 1 SGB XII ist nicht eingeschränkt durch den in § 2 SGB XII verankerten Nachranggrundsatz der Sozialhilfe in dem Sinn, dass von einem so genannten intendierten Ermessen auszugehen wäre, so dass eine bestimmte Richtung der Erwägung vorgezeichnet und deshalb geringere Anforderungen an die Ermessenserwägungen zu stellen wären. Hiergegen spricht der klare Gesetzestext („…kann der Träger der Sozialhilfe…“), der keine Anhaltspunkte für die Annahme eines intendierten Ermessens liefert. Es fällt in den Kompetenzbereich des Gesetzgebers, gegebenenfalls eine Sollbestimmung zu Gunsten einer Überleitung festzulegen. Auch der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII führt nicht dazu, dass die Entscheidungsrichtung des Ermessens vorrangig zu Gunsten der Überleitung angezeigt wäre, so dass eine Ermessensausübung ohne Einschränkung zu fordern ist. Der Nachranggrundsatz ist jedoch als gewichtiges Kriterium bei der Ermessensausübung zu beachten (vgl. Urteil des Senats vom 28.09.2017 – L 8 SO 219/15 – juris, m.w.N.).
Demnach hat der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt und der Begründungspflicht der Ermessensentscheidung genüge getan. Ermessensfehler sind nicht erkennbar. Der Beklagte hat erkannt, dass eine Ermessensentscheidung zu treffen ist und hat die von ihm gewerteten Argumente dargelegt. Weitere Gründe, die insbesondere gegen eine Überleitungsanzeige aufgrund von berechtigten Interessen der Kläger oder der Leistungsberechtigten sprechen würden oder gegen eine Überleitung in Höhe der vollständigen Nettosozialhilfeaufwendungen, waren vom Kläger weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, so dass sie auch nicht in die Ermessensentscheidung eingestellt werden konnten. Die vom Kläger vorgebrachten Gründe (Verschuldung, Krankheit) sind allesamt erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht worden. Dass sie – wie behauptet – auch im Rahmen des familiengerichtlichen Unterhaltsverfahren, welches vom Beklagten gegen den Kläger betrieben wurde, Thema waren, mag sein. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie für das vorliegenden Verfahren Relevanz haben, insbesondere da die unterhaltsrechtliche Prüfung andere Voraussetzungen hat als ein Anspruch auf Schenkungsrückforderung. Daher oblag es dem Kläger, von ihm als bedeutsam angesehene Umstände im Rahmen der Anhörung bzw. des sozialverwaltungsrechtlichen Verfahrens gegebenenfalls nochmals vorzutragen. Allerdings erweisen sich die nun angeführten Umstände auch in ihrer Gesamtschau nicht als so gewichtig, dass der Beklagte keine andere rechtmäßige Entscheidung hätte treffen dürfen, als von den Überleitungen abzusehen.
Ein Anspruchsübergang scheitert auch nicht an § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII. Danach gehen Ansprüche nach § 94 Abs. 1 und 2 SGB XII nicht über, wenn der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde. Vorliegend erfolgte die Überleitung nicht nach § 94 Abs. 1 und 2 SGB XII, der Unterhaltsansprüche betrifft, sondern nach § 93 Abs. 1 SGB XII. Hierauf ist § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII nach dem klaren Wortlaut nicht anwendbar (vgl. Urteil des Senats vom 28.09.2017 – L 8 SO 219/15 – juris).
Die Berufung hat nach alledem keinen Erfolg und ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Als Streitwert ist der vom Beklagten angenommene Wert der übergeleiteten Ansprüche i.H.v. 55.000 EUR festzusetzen (§ 52 Abs. 1 und 3 GKG). Soweit vertreten wird, als Streitwert bei einer Überleitung nach § 93 SGB XII sei in aller Regel der Auffangwert anzunehmen, denn die Überleitung bewirke lediglich einen Wechsel der Gläubigerstellung, es stehe aber damit nicht fest, dass und in welcher Höhe der Anspruch letztlich bestehe (vgl. BayLSG, Beschluss vom 21.12.2020 – L 18 SO 148/19 B – in Abkehr von der früheren Auffassung, s.u., LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.06.2015 – L 9 SO 408/14 B, auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.10.2020 – 12 E 793/20 – alle nach juris), wird dem nicht gefolgt. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass im sozialgerichtlichen Verfahren nicht über Grund und Höhe des Anspruchs zu entscheiden ist, sondern letztlich allein über den Gläubigerwechsel aufgrund öffentlich-rechtlicher Normen. Allerdings hat der Schuldner des Anspruchs regelmäßig ein Interesse an diesem Verfahren, das sich auf die Geltendmachung des Anspruchs insgesamt bezieht. Denn üblicherweise haben die ursprünglichen Gläubiger des übergeleiteten Anspruchs wenig bis gar kein Interesse an der Verfolgung ihres Anspruchs, zumal wenn – wie häufig – eine familiäre bzw. verwandtschaftliche Nähe zwischen dem Schuldner und dem ursprünglichen Gläubiger besteht. Erst infolge der Überleitung auf den Leistungen erbringenden Sozialhilfeträger sieht sich der Schuldner tatsächlich mit Forderungen konfrontiert. Daher geht sein wirtschaftliches Interesse i.S.d. § 52 Abs. 1 GKG bereits im sozialgerichtlichen Verfahren auf den insgesamt mit der Überleitung im Raum stehenden Anspruchsbetrag, dessen Geltendmachung er von vornherein abwehren will. Etwas anders mag nur gelten, wenn noch keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Höhe des übergeleiteten Anspruchs bestehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.1997 – 5 B 158/96, BayLSG, Beschluss vom 22.06.2009 – L 18 SO 56/09 B – alle nach juris; Giere, a.a.O., § 93 Rn. 36; Armbruster, a.a.O., § 93 Rn. 188). Letzteres war hier aber nicht der Fall, obschon in den angefochtenen Überleitungsbescheiden die Höhe des Anspruchs nicht weiter thematisiert ist. Allerdings hatte der Beklagte im für die Wertberechnung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 40 GKG) bereits ein Gutachten zum Wert des Wohnungsrechts eingeholt (Gutachten vom 30.09.2016) und den Kläger zur Zahlung von 55.000 EUR als Ablöse aufgefordert (Schreiben vom 27.01.2020). Daher entspricht dieser Betrag dem Interesse des Klägers am gerichtlichen Verfahren.


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