Steuerrecht

Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit bei Bezug von ALG II-Leistungen

Aktenzeichen  S 8 AS 293/16

Datum:
9.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 44350
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB X 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 50
SGB II § 40 Abs. 2 Nr. 3
SGB III § 330
ALG II-VO § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 2, § 3 Abs. 3

 

Leitsatz

§ 3 Abs. 3 Satz 4 ALG II-VO ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass zwar weder ein betriebliches Darlehen als Einkommen anzurechnen noch tatsächlich geleistete Ausgaben bis zur Höhe des Darlehens als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Sehr wohl als Betriebsausgaben anzuerkennen sind bei verfassungskonformer Auslegung jedoch Tilgungen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleistet werden.  (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 12.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2016 wird dahingehend abgeändert, dass die Aufhebungs- und Erstattungssumme auf monatlich 536,04 Euro, also auf insgesamt 3.216,24 Euro für den gesamten Zeitraum April bis September 2012 reduziert wird.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu 1/3.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nur im tenorierten Umfang begründet.
Streitgegenstand ist die Rechtsmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 12.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2016.
Die Klage ist in der Form der Anfechtungsklage statthaft, form- und fristgerecht erhoben und auch im übrigen zulässig.
Sie ist jedoch nur im tenorierten Umfang begründet, da der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 12.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheid nur insoweit teilweise rechtswidrig ist, als dass die Bewilligung vom 08.08.2012 in Höhe von mehr als 536,04 Euro monatlich aufgehoben und zur Erstattung gefordert wird.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Erstattung ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III, § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sowie § 50 SGB X.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde. Nach § 330 Abs. 3 SGB III (der nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II auch auf SGB-II-Leistungen anzuwenden ist), ist abweichend von der Soll-Regelung zwingend eine Aufhebung für die Vergangenheit vorzunehmen; eine Ermessensentscheidung zugunsten des Betroffenen ist also ausgeschlossen. Auf ein Verschulden des Leistungsempfängers kommt es bei einer rückwirkenden Aufhebung aufgrund Einkommenszuflusses nicht an. Nach § 50 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben wurde.
Das Anerkenntnis des Beklagten im Verfahren S 40 AS 770/13 steht dabei dem Erlass eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids für den hier streitgegenständlichen Zeitraum April 2012 bis September 2012 nicht entgegen. Das Anerkenntnis bezog sich allein auf den aus formalen Gründen rechtswidrigen Bescheid vom 04.12.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2013, mit dem eine falsche Rechtsgrundlage für die Rückforderung von SGB-II-Leistungen in diesem Zeitraum gewählt wurde: nämlich eine endgültige Festsetzung, die jedoch nur nach einer (rein) vorläufigen Bewilligung möglich ist. Vorliegend hatte der Beklagte aber bereits mit Änderungsbescheid vom 08.08.2012 (wenn auch irrtümlich) eine nicht mehr als vorläufig gekennzeichnete, und damit endgültige Bewilligung vorgenommen, sodass eine erneute endgültige Festsetzung nicht möglich war.
Die nunmehr mit dem hier streitigen Bescheid vom 12.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2016 vorgenommene Aufhebung und Erstattung ist hingegen auf die richtige Rechtsgrundlage gestützt.
Der Bescheid ist auch nicht von vornherein deswegen rechtswidrig, weil die Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 2, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB II nicht gewahrt worden wäre. Denn nach der dort vorgesehenen Regelung ist eine Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes zwar nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen rechtmäßig, welche die Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit rechtfertigen. Es scheint auch für ein Überschreiten der Jahresfrist zunächst zu sprechen, dass der Beklagte letztlich bei den Berechnungen für die hier streitige Aufhebung mit Bescheid vom 12.10.2015 auf die Gewinnermittlung des Klägers zurückgriff, die dieser bereits bis Dezember 2012 vorgelegt hatte. Es ist allerdings nach der Rechtsprechung davon auszugehen, dass Kenntnis – solange die Behörde in diesem Sinne nicht selbst überzeugt ist – nicht gegeben sein kann, soweit das vorhandene Wissen die Beurteilung der Aufhebbarkeit des zu überprüfenden Bescheids objektiv nicht ermöglicht (Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB B X, 8. Aufl., § 45, Rz. 83). Vorliegend waren erst im Laufe des mit Anerkenntnis vom 18.05.2015 seinen Abschluss gefunden habenden Verfahrens S 40 AS 770/13 für den Leistungsanspruch des Klägers im streitrelevanten Zeitraum notwendige Tatsachen wie der Zeitpunkt von Betriebsausgaben für einen weiteren Wagen außer- und nicht innerhalb des hier streitrelevanten Zeitraums geklärt worden. Damit war die Jahresfrist, beginnend am 18.05.2015, bei Erlass des hier streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid am 12.10.2015 noch nicht abgelaufen.
Vorliegend hat der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Einkommen erzielt, das zur Minderung des Anspruches auf SGB II-Leistungen geführt haben würde. Das Einkommen war jedoch entgegen den Ausführungen des Beklagten im Bescheid vom 12.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2016 nicht so hoch, dass der SGB II-Leistungsanspruch ganz entfiele, sondern lediglich so hoch, dass der Bescheid in der tenorierten Höhe aufzuheben war.
Der Kläger war nach § 7 SGB II grundsätzlich leistungsberechtigt, da er im streitgegenständlichen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hatte (Nr. 1), er erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) war und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (Nr. 4).
Er war jedoch in einem geringeren Maße hilfebedürftig, als in der endgültigen Bewilligung vom 08.08.2012 angenommen, da er über zu berücksichtigendes Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit verfügte, §§ 9, 11 SGB II.
Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ALG II-VO von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit oder Gewerbebetrieb erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen, § 3 Abs. 1 Satz 2 ALG II-VO. Nach § 3 Abs. 2 ALG II-VO sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Nach § 3 Abs. 3 Satz 4 SGB II sind Ausgaben nicht abzusetzen, soweit für sie Darlehen oder Zuschüsse nach dem SGB II erbracht oder betriebliche Darlehen aufgenommen worden sind.
Die Berechnungen des Beklagten zum Bescheid vom 12.10.2015 übernehmen insofern weitgehend die Angaben des Klägers in seiner im Dezember 2012 vorgelegten Gewinnermittlung. Insbesondere berücksichtigte der Beklagte auch die höheren Betriebsausgaben bis zum Abschluss des Monates September 2012, wie sie sich aus der im Dezember 2012 vorgelegten Gewinnermittlung gegenüber der am 27.09.2012 (und damit noch vor Abschluss des Monats September 2012) vorgelegten Gewinnermittlung ergab. Nicht zu beanstanden ist dabei der grundsätzliche Ansatz, die Betriebsausgaben im streitgegenständlichen Zeitraum zunächst um denjenigen Betrag zu mindern, zu dem das Einstiegsgeld gewährt worden war (insgesamt 1.122 Euro), da es sich insofern um einen Zuschuss nach dem SGB II im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 4 ALG II-VO handelte. Weiterhin ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte das betriebliche Darlehen der Schwester aus dem März 2012 in Höhe von 20.000,00 Euro, soweit es bis zum Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums am 01.04.2012 noch nicht aufgebraucht war, von den Betriebsausgaben abzog, § 3 Abs. 3 Satz 4 SGB II (und es andererseits auch nicht als Betriebseinnahme ansetzte). Die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten, dass § 3 Abs. 3 Satz 4 SGB II den steuerrechtlichen Regelungen widerspreche, sind unbeachtlich, da § 3 Abs. 2 SGB II ausdrücklich klarstellt, dass steuerrechtliche Vorschriften keine Berücksichtigung bei der Gewinnermittlung nach der ALG II-VO und damit nach dem SGB II finden. Auch den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten dazu, dass § 3 Abs. 3 Satz 4 SGB II verfassungswidrig sei, weil diese Regelung den Leistungsberechtigten doppelt benachteilige, wenn sie sowohl Betriebsausgaben bis zur Höhe eines betrieblichen Darlehens als auch zugleich Tilgungszahlungen unberücksichtigt lasse, ist nicht zu folgen. Denn verfassungswidrig wäre diese Norm nur dann, wenn der Wortlaut eine solche doppelte Berücksichtigung überhaupt erzwingen würde. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung (s,u,) sind nämlich zwar weder ein betriebliches Darlehen auf der Einnahmenseite noch Ausgaben bis zur Höhe des Darlehens bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen, sehr wohl aber im Bewilligungszeitraum tatsächlich vorgenommene Tilgungen (s.u.).
Wenn somit der grundsätzliche Ansatz des Beklagten, bei der Gewinnermittlung Betriebsausgaben bis zur Höhe des am 01.04.2012 noch zur Verfügung stehenden Darlehens nicht zu berücksichtigen, so ist dennoch die Berechnung der Höhe des am 01.04.2012 zur Verfügung stehenden Darlehens durch den Beklagten fehlerhaft: Der Beklagte zog 113,45 Euro an Betriebsausgaben im März 2012 ab, da es sich um eine reine steuerliche Abschreibung handele. Tatsächlich fielen diese 113,45 Euro jedoch als „GWG >150“ an. „GWG < 150“ sind jedoch geringwertige Güter mit einem Wert von weniger als 150 Euro, die steuerrechtlich gerade nicht abgeschrieben, sondern im Monat der tatsächlichen Ausgabe angesetzt werden. Es handelt sich bei den 113,45 Euro im März 2012 also um tatsächliche Ausgaben, nicht um eine steuerrechtliche Abschreibung. Vom Darlehen der Schwester, das im März in Höhe von 20.000 Euro gewährt worden war, sind zur Ermittlung der am 01.04.2012 noch vorhandenen Darlehenssumme die vollen 4.300,41 Euro abzuziehen, die der Kläger in seiner Gewinnermittlung an Ausgaben für den Monat März 2012 angegeben hatte, und nicht nur - wie vom Beklagten angenommen - 4.186,96 Euro. Damit standen am 01.04.2012 nur noch 15.699,59 Euro aus dem Darlehen zur Verfügung und nicht noch, wie vom Beklagten angenommen, 15.813,04 Euro.
Weiterhin waren entgegen den Berechnungen des Beklagten für den Bescheid vom 12.10.2012 die 5.000 Euro Tilgung des Darlehens im Juni 2012 durchaus einkommensmindernd (rechnerisch identisch mit: ausgabenerhöhend) anzusetzen. Denn § 3 Abs. 3 Satz 4 ALG II-VO ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass zwar weder ein betriebliches Darlehen als Einkommen anzurechnen noch tatsächlich geleistete Ausgaben bis zur Höhe des Darlehens als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Sehr wohl als Betriebsausgaben anzuerkennen sind bei verfassungskonformer Auslegung jedoch Tilgungen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleistet werden. Obergerichtliche Rechtsprechung ist zu dieser Frage nicht erkennbar. Klarstellende Rechtsprechung findet sich lediglich zur Frage, ob Betriebsausgaben bis zur Höhe des Darlehens nach Darlehensaufnahme nicht als Betriebsausgaben absetzbar sind (so etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2014, Az. L 12 AS 1858/13). Dies ergibt sich jedoch ohnehin bereits aus dem Wortlaut von § 3 Abs. 3 Satz 4 SGB II. Erstinstanzlich hat das Sozialgericht Konstanz (Urteil vom 18.06.2020) im Leitsatz der juris-Veröffentlichung dahingehend Stellung bezogen, dass sowohl Tilgungs- als auch Zinszahlungen eines Darlehens als Betriebsausgaben anzuerkennen seien. Es handelt sich hierbei jedoch um eine insofern interessante Form eines obiter dictums (d.h. einer im entschiedenen Fall tatsächlich nicht relevanten Rechtsfrage), als dass die Frage der Berücksichtigung von Tilgungsraten im Urteilstext selbst noch nicht einmal erwähnt oder gar diskutiert wird, vielmehr finden sich weder in der Rz., auf die der Leitsatz verweist, noch sonst im Urteil Ausführungen zur Berücksichtigung von Tilgungsraten. Dennoch ist der im Leitsatz aufgestellten Rechtsansicht, dass Tilgungsraten durchaus als Betriebsausgaben anzuerkennen sind, zu folgen. Dies folgt daraus, dass letztlich das Darlehen, soweit es im Bewilligungszeitraum tatsächlich getilgt wurde, zwar zu Beginn des Bewilligungszeitraums in einer bestimmten Höhe zur Verfügung gestanden haben mag (was wiederum – da ja auch auf der Einnahmenseite der Darlehenszufluss nicht berücksichtigt wird – auf der Ausgabenseite die in der ALG II-VO vorgesehene Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben bis zu dieser Höhe rechtfertigt), dieses Darlehen aber im Bewilligungszeitraum (als Zeitraum betrachtet), wenn Tilgungen geleistet werden, ja gerade in der getilgten Höhe nicht mehr zur Verfügung steht. Eine Nichtberücksichtigung von Ausgaben bis zur Höhe des zu Beginn eines Bewilligungszeitraums zur Verfügung stehenden Darlehens und zusätzlich eine Nichtberücksichtigung von Tilgungsraten, die die Höhe des im Bewilligungszeitraum zur Verfügung stehenden Darlehens verringern, würde daher zu einer verfassungswidrigen Doppelbelastung des Leistungsempfängers führen. Denn das verfassungsmäßig garantierte Existenzminimum ist dann nicht mehr gesichert, wenn aufgrund einer fiktiven Nichtanrechnung auch von tatsächlich geleisteten Tilgungsraten der Leistungsempfänger von einem fiktiven Einkommen Nahrung und Wohnung sichern soll. Im Gegensatz zu einer privaten Schuldentilgung ist die Rückzahlung eines betrieblichen Darlehens bei selbständiger Tätigkeit während des SGB II-Bezugs auch mit dem Grundgedanken des SGB II vereinbar, da eine selbständige Erwerbstätigkeit, deren Förderung zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit eines der Ziele des SGB II ist, realistisch nur möglich ist, wenn Kredite aufgenommen und getilgt werden können, ohne dass dies durch fiktive Nichtberücksichtigung von tatsächlich erfolgten Tilgungen dazu führt, dass das Existenzminimum tatsächlich nicht gesichert ist. Der Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 4 SGB II steht einer Berücksichtigung von Tilgungszahlungen auch nicht entgegen, sodass eine verfassungskonforme Auslegung der Norm in diesem Sinne möglich und erforderlich ist.
Damit sind vorliegend zwar nicht die Betriebsausgaben im engeren Sinne bis zur Höhe des zu Beginn des Bewilligungszeitraum zur Verfügung stehenden Darlehens zu berücksichtigen, wohl aber die Tilgungszahlung von 5.000 Euro. Mit der Berücksichtung der Tilgung als Betriebsausgabe identisch ist eine Berücksichtigung mit negativen Vorzeichen, also ein Abzug in gleicher Höhe, bei den Betriebseinnahmen, wie ihn auch der Kläger in seiner Gewinnermittlung vom Dezember 2012 vorgenommen hat, was letztlich widerspiegelt, dass das Darlehen im Bewilligungszeitraum (als Zeitspanne betrachtet) letztlich nur in um 5.000 Euro niedrigerer Höhe zur Verfügung stand.
Damit ergibt sich folgende Gewinnermittlung (Änderungen gegenüber den Berechnungen des Beklagten fettgedruckt):
– Betriebseinnahmen in Euro:
o April 2012 0,00 o Mai 2012 10.200,00 o Juni 2012 1.125,00 (wie Kl., statt 6.125,00 laut Bekl., da 5.000 Euro Darlehens-Tilgung zu berücksichtigen)
o Juli 2012 6.400,00 o Aug. 2012 15.650,00 o Sept. 2012 12.100,00 Gesamt 45.465,00 (wie Kl., statt 50.465,00 laut Bekl.)
– Betriebsausgaben in Euro:
o April 2012 6.466,44 o Mai 2012 10.621,61 o Juni 2012 1.366,24 o Juli 2012 7.157,59 o Aug. 2012 17.788,25 o Sept. 2012 16.801,12 Gesamt 60.201,25
– 15.699,59 (Darl., soweit am 01.04.2012 noch nicht verbraucht, wie Kl., statt 15.813,04 laut Bekl., Differenz aus Anerkennung der 113,45 Euro Ausgaben im März, die keine Abschreibung, sondern als „GWG <150“ tatsächlich gezahlt)
– 1.122,00 (Einstiegsgeld)
43.379,51 berücksichtigte Gesamtausgaben nach Minderung
Zieht man die gesamten zu berücksichtigenden Betriebsausgaben von den gesamten zu berücksichtigenden Betriebseinnahmen ab, so ergibt sich ein Gesamtgewinn im Bewilligungszeitraum von 2.095,49 Euro (= 45.465,00 Euro – 43.379,51 Euro).
Aufgeteilt auf sechs Monate ergibt sich ein monatlicher Gewinn von 349,24 Euro.
Davon sind folgende monatliche Absetzungen vorzunehmen:
– 100 Euro Pauschale nach § 11b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II; da das Einkommen unter 400 Euro liegt, keine weitere Berücksichtigung von Krankenversicherung und Pflegeversicherung oder Versicherungspauschale, sowie
– 49,85 Euro Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II (20/100 x (349,24 Euro – 100 Euro)).
Damit verbleibt ein monatliches zu berücksichtigendes Einkommen von 199,39 Euro. das ergibt bei einem Bedarf des Klägers von monatlich insgesamt 617,45 Euro einen ungedeckten Bedarf von monatlich 418,06 Euro.
Dem Kläger waren monatlich mit der (endgültigen) Bewilligung vom 08.08.2012 jedoch 954,10 Euro bewilligt worden. In Höhe der Differenz von 536,04 Euro monatlich war die endgültige Bewilligung vom 08.08.2012 daher aufzuheben. Soweit die Aufhebung mit dem hier streitigen Bescheid vom 12.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2016 darüber hinausging, war sie rechtswidrig. Die Aufhebung wird daher im tenorierten Maße abgeändert.
Da somit monatlich nur eine Teilaufhebung der bewilligten SGB-II-Leistungen erfolgt, ist eine Reduzierung der zu erstattenden Leistungen für Unterkunft dahingehend, dass 56% der Kosten der Unterkunft beim Kläger verbleiben müssten, nicht vorzunehmen, denn nach § 40 Abs. 4 Satz 2 SGB II a.F. gilt diese Sonderregelung für die Erstattung von Kosten der Unterkunft nicht in Monaten, in denen nur eine teilweise Aufhebung erfolgt. Vorliegend erfolgt aber gerade nur eine teilweise Aufhebung und Erstattung in allen Monaten des streitigen Bewilligungszeitraums von April bis September 2012. Die Erstattung war daher ebenfalls nur im tenorierten Maße abzuändern.
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 12.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2016 wird daher im tenorierten Umfang aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.


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