Steuerrecht

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem Nießbrauchsvertrag

Aktenzeichen  3 K 682/20

Datum:
3.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51516
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 10d Abs. 4, § 11 Abs. 2, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3
WoBindG § 5 Abs. 1
FGO § 40 Abs. 2, § 100 Abs. 1
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 433 f., § 535 f, § 872

 

Leitsatz

1. Ein Befreiungsanspruch des Veräußerers gegen den Erwerber kann im Falle der Übertragung eines GbR-Anteils nicht etwa aus § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB (direkt oder analog) hergeleitet werden (vgl. FG Münster, Urteil vom 19.01.2011 12 K 4470/08 F). (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist die nießbrauchsbelastete Sache im Besitz eines Dritten (des Mieters), dann ist dieser unmittelbarer Fremdbesitzer 1. Stufe, der Nießbraucher ist mittelbarer Fremdbesitzer 2. Stufe und Eigentümer mittelbarer Eigenbesitzer. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger aus dem Nießbrauchsvertrag vom 02.10.2008 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der von der Betriebsprüfung festgestellten Höhe erzielt hat.
Die Klage ist auch insoweit zulässig als sie sich gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 wendet, in denen die Einkommensteuer (unverändert) i.H.v. 0 € festgesetzt ist.
Für die Klage gegen einen auf 0 € lautenden Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres fehlt die Klagebefugnis i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO, wenn das Begehren des Steuerpflichtigen nicht auf die Verlustfeststellung, sondern ausschließlich auf den Verlustrücktrag gerichtet ist (BFH-Urteil vom 10.03.2020 IX R 24/19, BFH/NV 2020, 873 (Rn. 31, juris)). Dagegen kann nach der Rechtsprechung des BFH nach der Neukonzeption des Verhältnisses zwischen Steuerfestsetzung und Verlustfeststellung durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2010 eine Beschwer im Hinblick auf einen Nullbescheid gegeben sein, wenn der Festsetzung Besteuerungsgrundlagen zugrunde gelegt worden sind, die zur Feststellung eines zu niedrigen verbleibenden Verlustvortrags führen können (vgl. BFH-Urteile vom 07.12.2016 – I R 76/14, BFHE 256, 314, BStBl II 2017, 704; vom 31.01.2018 – I R 25/16, BFH/NV 2018, 838; BFH-Zwischenurteil in BFH/NV 2019, 1109).
Nachdem es hier nicht nur um Einkommensteuerbescheide geht, sondern auch die Bescheide über den verbleibenden Verlustvortrag angefochten sind, ist das Klagebegehren nicht nur auf einen Verlustrücktrag, sondern auch auf einen Verlustvortrag gerichtet. Der Kläger ist daher auch durch die beiden auf „Null“ lautenden Einkommensteuerbescheide beschwert.
Die Klage ist aber unbegründet.
1. Der Kläger hat in den Streitjahren aus entgeltlichem Nießbrauch aus dem Objekt D Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. (Zur Höhe der Einkünfte unten 2.).
1.1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind solche aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Räumt der Eigentümer einem Dritten ein dingliches oder obligatorisches Nutzungsrecht ein, muss stets geprüft werden, ob und inwieweit der Eigentümer oder der Nutzungsberechtigte den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt. Dabei kommt es nicht auf das Eigentum am jeweiligen Nutzungsobjekt an; entscheidend ist vielmehr, wer Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtverhältnis ist. (Mellinghoff, in Kirchhof EStG, 19. Aufl., § 21, Rz. 33 m.w.N.).
Bei zugewendeten Nutzungsrechten ist für die Einkünfte des Eigentümers entscheidend, ob das Nutzungsrecht entgeltlich oder unentgeltlich bestellt worden ist. Ist das zugewendete Nutzungsrecht (wie hier der Nießbrauch) entgeltlich bestellt, hat der Eigentümer das für die Bestellung gezahlte Entgelt grundsätzlich im Jahr des Zuflusses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen (BFH-Urteil vom 27.06.1978 VIII R 54/74, BStBl II 1979, 332). Die dingliche Natur des Rechts steht der Zurechnung des Entgelts zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nicht entgegen, da die Begriffe Vermietung und Verpachtung einkommensteuerrechtlich weit auszulegen sind und auch wirtschaftlich vergleichbare Nutzungsüberlassungen einschließen (BFH a.a.O.).
1.2. Die Leistungen, die die KG durch Bedienung der Verbindlichkeiten des Klägers aus dem Finanzierungsdarlehen bei der Bank 1 im vertraglich vereinbarten Umfang erbrachte, sind nach Auffassung des Senats ein Entgelt für die Nießbrauchsüberlassung und nicht „vorweggenommene“ Kaufpreisraten. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtung des Sachverhalts war das Objekt D nach dem Abschluss des Nießbrauchsvertrages und der Abgabe des Verkaufsangebots vom 02.10.2008 rechtliches und wirtschaftliches Eigentum des Klägers.
1.2.1. Gegenstand der Zurechnung sind Wirtschaftsgüter, nicht Einkünfte. Gemäß § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen.
1.2.2. Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen, § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO. Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers in diesem Sinne wird von der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 12.09.1991 III R 233/90, BStBl II 1992, 182, juris Rn. 16 ff.) angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder wenn dem Eigentümer überhaupt kein Herausgabeanspruch mehr zusteht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen; bei dieser Beurteilung kommt es nicht nur auf den Wortlaut sowie auf den Sinn und Zweck der von den Vertragspartnern getroffenen Vereinbarung, sondern auch auf deren tatsächlichen Vollzug an.
1.2.2.1. Hiernach kann ein Wirtschaftsgut einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sein, wenn es ihm aufgrund eines „Mietkaufvertrags“ überlassen wird. Darunter versteht man Vereinbarungen, in denen Elemente eines Mietvertrags (§§ 535 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)) mit denen eines Kaufvertrags (§§ 433 ff. BGB) verbunden sind. Diese Verträge können so gestaltet sein, dass sie bei wirtschaftlicher Bewertung von Anfang an als Kaufverträge anzusehen sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn dem Mieter eine Kaufoption zu einem bereits festgelegten Kaufpreis eingeräumt wird und die Mietzahlungen bis zur Annahme des Verkaufsangebots durch den Mieter in voller Höhe angerechnet werden (BFH-Urteil vom 18.11.1970 I 133/64, BStBl II 1971, 133). Ähnlich liegt es, wenn sich aus dem Gesamtbild der getroffenen Vereinbarungen ergibt, dass der wesentliche Sinn des Vertrages im Erwerb eines Wirtschaftsguts liegt und hierfür von dem Nutzungsberechtigten eine bestimmte Gesamtleistung erbracht wird. In einem solchen Fall kommt es den Vertragsparteien auf den Abschluss eines Kauf- und nicht eines Mietvertrags an. Ein Wirtschaftsgut, das Gegenstand eines solchen Vertrags ist, ist in der Regel dem Käufer zuzurechnen. Zwar wird im allgemeinen der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums davon abhängig gemacht, dass Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Da es jedoch für die Zuordnung eines Wirtschaftsguts auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankommt, kann der Übergang wirtschaftlichen Eigentums auch dann anzunehmen sein, wenn diese Voraussetzungen nicht in vollem Umfange gegeben sind (BFH-Urteil vom 12.09.1991 III R 233/90, BStBl II 1992, 182 m.w.N., vgl. auch Fu, in Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 157. Lieferung, § 39 AO – Zurechnung, Rn. 146 m.w.N.). Maßgebend ist, ob die Vertragsbedingungen so ausgestaltet sind, dass der Mieter vernünftigerweise keine andere Wahl hat, als von seinem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen, so dass der Mieter von Anfang an daran interessiert ist, Eigentum zu erwerben. Dabei ist es unerheblich, ob der wirtschaftliche Sachzwang aus der Ausgestaltung des Mietzinses oder des Optionsrechts folgt. Wesentliche Kriterien sind Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Mietkäufer. Wirtschaftliches Eigentum des Mietkäufers wird aber nicht zwingend dadurch ausgeschlossen, dass eines der Kriterien nicht erfüllt ist. Typischerweise liegt wirtschaftliches Eigentum vor, wenn der Kaufpreis nach dem bei Abschluss des Mietvertrages vereinbarten künftigen Übernahmepreis bestimmt wird und die Mietzahlungen auf diesen Preis in voller Höhe angerechnet werden.
Selbst wenn man diese zum Mietkauf ergangene Rechtsprechung auf den Fall eines Nießbrauchs mit anschließendem Ankaufsrecht des Nießbrauchers anwenden wollte, wäre der Kläger nach Auffassung des Senats wirtschaftlicher Eigentümer geblieben. Im Streitfall waren die Vertragsbedingungen nicht so ausgestaltet, dass der Nießbraucher vernünftigerweise keine andere Wahl hatte, als von seinem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen. Die KG als Nießbrauchsberechtigte konnte nicht wählen. Ihr ist keine Kaufoption eingeräumt worden. Das Ankaufsrecht war Frau H eingeräumt worden, die aber nicht Nießbraucherin war. Nießbraucher (KG) und Käufer (Frau H) sind nicht personenidentisch. Selbst wenn Frau H „treuhänderisch“ für ihren Mann aufgetreten wäre, wäre dieser nicht der Nießbraucher gewesen. Herr H ist – selbst wenn er als einziger Kommanditist und Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär GmbH die einzige natürliche Person „hinter“ der KG ist – nicht mit der KG identisch. Auch in diesem Fall hätte es sich damit um unterschiedliche Rechtssubjekte gehandelt. Dieser nach Meinung der Klägervertreter nur „formale“ Aspekt kann nach Auffassung des Senats nicht durch eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ nach dem Motto „Ist doch alles eins“ aufgehoben werden. Wenn man durch die vertragliche Gestaltung im Hinblick auf einen möglichen Wegfall der Bank 2-Förderung einen Verkauf oder auch nur den Anschein eines Verkaufs im Jahr 2008 tunlichst vermeiden wollte, muss man dasselbe Ergebnis auch bei der Besteuerung des Vorgangs gegen sich gelten lassen. Das (künftige) Eigentum der Ehefrau kann weder rechtlich noch wirtschaftlich dem Ehemann oder „dessen“ KG zugerechnet werden.
Unabhängig davon bestand auch kein wirtschaftlicher Sachzwang für den späteren Erwerb des Objekts. Rechtlich war nur der Kläger als potentieller Verkäufer an das Verkaufsangebot gebunden, nicht aber die potentielle Käuferin, vgl. II.2. des Vertrags vom 02.10.2008. Für die KG als Nießbraucherin bestand nach Auffassung des Senats kein wirtschaftlicher Zwang zum späteren Erwerb des Objekts. Schließlich sollte nicht sie, sondern Frau H dieses erwerben. Der wesentliche Sinn des Vertrages lag daher auch nicht im Erwerb eines Wirtschaftsguts durch die KG (die Nutzungsberechtige), die hierfür eine bestimmte Gesamtleistung erbringen sollte. Im Gegenteil: nach Auffassung des Senats wäre es für die KG wirtschaftlich unsinnig „Kaufpreisraten“ zu zahlen, obwohl sie nach der vertraglichen Vereinbarung das Eigentum am Grundstück gerade nicht erlangen sollte. Den vereinbarten Kaufpreis sollte auch nicht die KG sondern Frau H bezahlen (vgl. auch A. § 3 Nr. 3 des Vertrags vom 04.12.2013: Frau H wird „so schnell wie möglich eine Bestätigung einer … Bank oder Versicherungsgesellschaft übergeben, wonach die Bezahlung des Kaufpreises … gesichert erscheint.“)
Schließlich ist auch die Gefahr des zufälligen Untergangs des Objekts beim Kläger verblieben.
1.2.2.2. Beim Leasing ist darauf abzustellen, ob der Herausgabeanspruch des Leasinggebers (zivilrechtlichen Eigentümers) noch eine wirtschaftliche Bedeutung hat (grundlegend BFH-Urteil vom 26.01.1970 IV R 144/66, BStBl II 1970, 264; vgl. auch z.B. BFH-Urteil vom 21.12.2017 IV R 55/16, BFH/NV 2018, 593 – Rn. 35, juris -). Dieser Herausgabeanspruch ist nur dann wirtschaftlich ohne Wert, wenn ein Dritter dazu in der Lage ist, den zivilrechtlichen Eigentümer vollständig zu verdrängen. Hieran fehlt es, wenn bei einer die Grundmietzeit überschreitenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nur dem Leasinggeber (zivilrechtlichen Eigentümer) ein Andienungsrecht zusteht. Es bleibt dann beim Vorrang des zivilrechtlichen Eigentums. Eine andere Frage ist, ob für den zivilrechtlichen Eigentümer die Ausübung des Andienungsrechts ggf. wirtschaftlich vorteilhafter als das Behalten oder die anderweitige Verwertung des Leasingobjekts wäre. Dieser Umstand ist jedoch für die steuerrechtliche Zurechnung nicht maßgeblich. Würde man in Leasingfällen insoweit auf eine entsprechende Rechtsmacht des Leasingnehmers verzichten, käme es – so der BFH – zu einer unkontrollierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Leasingnehmers ggf. zu günstig darstellte.
Im Streitfall wären diese Zurechnungsvoraussetzungen – wenn man diese Rechtsprechung sinngemäß anwenden wollte – nicht erfüllt. Der Nießbraucher danach war nicht in der Lage, den Eigentümer vollständig zu verdrängen.
1.2.3. Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO sind die Wirtschaftsgüter bei Treuhandverhältnissen dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Der Nießbraucher ist nicht Eigensondern Fremdbesitzer. Eigenbesitzer ist, wer eine Sache als ihm gehörig besitzt, § 872 BGB; Fremdbesitzer ist jeder, der die tatsächliche Sachherrschaft ohne den Willen, die Sache wie ein Eigentümer zu besitzen, ausübt. In der Regel ist er Besitzmittler eines anderen. (Vgl. Joost, in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 872 Rz. 6). Ist die nießbrauchsbelastete Sache – wie hier – im Besitz eines Dritten (des Mieters), dann ist dieser unmittelbarer Fremdbesitzer 1. Stufe, der Nießbraucher ist mittelbarer Fremdbesitzer 2. Stufe und Eigentümer mittelbarer Eigenbesitzer (vgl. Pohlmann, in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 1036 Rz. 7). Dazu aus steuerrechtlicher Sicht Fu, in Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 157. Lieferung, § 39 AO – Zurechnung, Rn. 135 m.z.N.: Der Nießbraucher ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht wirtschaftlicher Eigentümer, weil er den Eigentümer nicht von der Nutzung ausschließen kann. Von diesem Grundsatz lässt die Rechtsprechung nur eng begrenzte Ausnahmen zu. Das rechtliche und tatsächliche Verhältnis zwischen Nießbraucher und zivilrechtlichem Eigentümer muss sich von dem normalen Nießbrauch, der lediglich eine Nutzungsbefugnis vermittelt, so unterscheiden, dass der Nießbraucher die tatsächliche Herrschaft unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers ausübt. Wirtschaftliches Eigentum des Nießbrauchers kommt dann nicht in Betracht, wenn er weder die Möglichkeit hat, sich selbst den Substanzwert des Grundstücks zu eigen zu machen (etwa durch die Berechtigung, das Grundstück zu belasten), noch über die ihm als Nießbraucher zustehenden Rechte hinaus vergleichbar einem Eigentümer nach Belieben mit dem Grundstück oder Gebäude bzw. der Wohnung zu verfahren noch das wirtschaftliche Risiko einer Wertminderung trägt und auch nicht an Wertsteigerungen teilnimmt. Für eine andere Beurteilung müssten weitere Umstände hinzutreten. (Vgl. hierzu auch Drüen, in Tipke/Kruse AO/FGO Kommentar, § 39 AO, Lfg. 129, Tz. 58 ff. m.z.N.).
Im Streitfall hatte der Nießbraucher (die KG) diese zuletzt genannten Möglichkeiten nicht (vgl. I. § 1 des Vertrags vom 02.10.2008). Die spätere Käuferin, Frau H, war weder Sicherungseigentümerin, noch Treugeberin noch Nießbraucherin.
2. Das Finanzamt hat auch die Höhe der Einkünfte zutreffend angesetzt.
2.1. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die tatsächlichen Zahlungen des Nießbrauchers niedriger als vereinbart gewesen sein könnten. Wäre das (zumal in dem von Klägerseite behaupteten Umfang) der Fall gewesen, hätte dies zeitnah auffallen müssen – entweder der Hausverwaltung, deren Konto von der Bank 1 „geplündert“ worden wäre, oder der Bank 1, die auf ein unzureichend gefülltes Konto zugegriffen hätte.
2.2. Auch die im Jahr 2013 aufgrund der Vertragsanpassung vom 04.12.2013 von der KG an den Kläger gezahlten 102.000 € hat das Finanzamt zurecht als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (und nicht als vorweggenommene Kaufpreisrate) erfasst.
Dafür spricht – neben der Zahlung durch die KG, die nach Meinung des Senats ein Indiz dafür ist, dass die Zahlung dem Nießbrauchsvertrag mit der KG zuzurechnen ist, – zum einen schon, dass der Steuerberater des Klägers, als er gegenüber der Betriebsprüfung die angeblich niedrigeren Einnahmen ins Feld führte, ausgerechnet (und nur) diese 102.000 € als Einnahme aufführte.
Dafür spricht aber auch der Wortlaut des notariellen Vertrags vom 04.12.2013. Nach der Vorbemerkung zu dieser Urkunde sollte dadurch Abschnitt I. der Vorurkunde geändert werden. Abschnitt I. des Vertrags vom 02.10.2008 betraf den Vertrag über die Einräumung eines Nießbrauchs und die Stellung einer Sicherheit (II. das Angebot auf Abschluss eines Grundstückskaufvertrages). Ausgangspunkt der Vertragsänderung war, dass der Kläger die Darlehenskonditionen mit der Bank 1 neu verhandelt hatte, was zu für ihn günstigeren Darlehensbedingungen führte. (Vorbemerkung 2. zum notariellen Vertrag vom 02.10.2008: Festzins 4,450%, bis 31.12.2013 Tilgungsrate 4%, 3% zum 30.05.2013, monatliche Rate 27.462,50 €; A § 1 des Vertrags vom 04.12.2013: Sollzins 1,62% p.a., effektiver Jahreszins 1,63%, Tilgung 01.01.2014 bis 30.12.2014: 176.030,36 €). Das Entgelt für den Nießbrauch war aber an die gegenüber der Bank zu erbringenden Leistungen geknüpft. Geändert wurden in § 2 des Vertrages die „Dauer des Nießbrauchsrechts“ und in § 3 die „Rückgabe einer Sicherheit“ (der von der KG geleisteten Sicherheit i.H.v. 300.000 €). „Als Gegenleistung für die vorstehenden Änderungen und Ergänzungen des Abschnitts I der Vorurkunde“ zahlt die KG gemäß § 4 des Vertrags vom 04.12.2013 an den Kläger einen Betrag von 102.000 €. Der Vertrag enthält keinerlei Aussage darüber, wie sich dies auf die Höhe des Kaufpreises, den Frau H bei Ausübung der Kaufoption zu zahlen haben würde, auswirken sollte. Wegen des Kaufpreises ist unter § 3 „Rückgabe einer Sicherheit“ lediglich geregelt, dass Frau H eine Bank-/Versicherungsbestätigung beibringen werde, „wonach die Bezahlung des Kaufpreises aus dem unter Abschnitt II dieser Urkunde enthaltenen Angebot … als gesichert erscheint.“ (Gemeint ist damit vermutlich der Vertrag vom 02.10.2008, denn der vom 04.12.2013 ist nach Großbuchstaben und Paragraphen gegliedert. Abschnitt II. des notariellen Vertrags vom 02.10.2008 betrifft das „Angebot zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages“).
2.3. Das Finanzamt hat auch die Absetzung für Abnutzung (AfA) in zutreffender Höhe als Werbungskosten berücksichtigt. Der Erwerb der übrigen Anteile an der Grundstücks GbR mit notariellem Vertrag vom 12.03.2004 führte nicht zu weiteren Anschaffungskosten es Klägers. – Aus der Anlage K 11 ergibt sich, dass die AfA für den früheren Fünftel-Anteil des Klägers an der GbR 9.514,20 € betrug, daraus errechnet sich die AfA laut Betriebsprüfung für 100% 47.571 €. – 2.3.1. Zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) abziehbaren Werbungskosten gehören gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG auch die AfA. Bemessungsgrundlage hierfür sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 4 und 5 EStG). Die regelmäßige AfA beträgt bei Gebäuden, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, bei Fertigstellung nach dem 31.12.1924 jährlich 2%, bei Fertigstellung vor dem 01.01.1925 jährlich 2,5% der Anschaffungs- und Herstellungskosten, § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG. Welche Aufwendungen hierzu zählen, ist für die Gewinn- und Überschusseinkünfte und damit auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Rückgriff auf § 255 HGB zu bestimmen (z.B. BFH-Urteil vom 25.02.2003 IX R 31/02, BFH/NV 2003, 775, m.w.N.). Anschaffungskosten sind danach die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie diesem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Dazu zählen auch die Nebenkosten und die nachträglichen Anschaffungskosten, § 255 Abs. 1 Satz 1 und 2 Handelsgesetzbuch (HGB). Nachträgliche Anschaffungskosten betreffen Aufwendungen nach Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts, die nach allgemeinen Grundsätzen nicht als Erhaltungsaufwand in vollem Umfang absetzbar sind (Pfirrmann, in Kirchhof EStG Kommentar, 19. Aufl., § 7 Rz. 44).
Bei der Übertragung von Privatvermögen führt dabei die Übernahme von Verbindlichkeiten regelmäßig zur Annahme eines Entgelts (= Anschaffungskosten des Erwerbers). Dem liegt im Falle der Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens der Gedanke zu Grunde, dass es keinen Unterschied machen kann, ob der Erwerber als Gegenleistung für die Übertragung ein Entgelt zahlt, welches der Veräußerer zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet oder ob der Erwerber die Verbindlichkeiten unter Anrechnung auf den Kaufpreis vom Übertragenden übernimmt. Das Entgelt besteht letzterenfalls in dem Vorteil, dass der Veräußerer durch den Erwerber von sonst anfallenden Ausgaben befreit wird (vgl. BFH Großer Senat, Beschluss vom 05.07.1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl. II 1990, 847).
Wie im betrieblichen Bereich führt auch im Bereich der Vermögensverwaltung die Übernahme von Schulden einer Personengesellschaft nicht zu einem Veräußerungspreis bzw. zu Anschaffungskosten. Vielmehr gehören die Schulden der Unternehmung zu der betrieblichen bzw. vermögensverwaltenden Einheit (vgl. FG Köln, Urteil vom 10.10.2018 9 K 3049/15, EFG 2019, 1980 – juris Rz. 34 – m.w.N). Die Gesellschafter einer GbR haben dafür als Gesamtschuldner einzustehen, d.h., jeder ist zur Bewirkung der ganzen Leistung verpflichtet, die der Gläubiger aber nur einmal zu fordern berechtigt ist (§ 421 Satz 1 BGB). Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet, § 421 Satz 2 BGB. Der Übertragende wird durch die Übertragung des GbR-Anteils auch nicht von einer Nachhaftung befreit. Vielmehr besteht seine Haftung auch nach Ausscheiden grundsätzlich fort, sofern der Rechtsgrund für die Haftung im Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels bereits gelegt war (Palandt/Sprau, BGB Kommentar, 80. Aufl., § 736 Rn. 10 m.w.N.). Die Nachhaftung des Übertragenden wird nach § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB lediglich zeitlich auf eine Frist von fünf Jahren begrenzt. Soll der Übertragende von seiner fortbestehenden Haftung gegenüber Dritten im Innenverhältnis freigestellt werden, bedarf es dazu einer ausdrücklichen vertraglichen Abrede zwischen dem Übertragenden und dem Erwerber. Ein Befreiungsanspruch des Veräußerers gegen den Erwerber kann im Falle der Übertragung eines GbR-Anteils nicht etwa aus § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB (direkt oder analog) hergeleitet werden (vgl. hierzu insgesamt FG Münster, Urteil vom 19.01.2011 12 K 4470/08 F, juris).
Im Streitfall wurde die GbR durch das Ausscheiden der Mitgesellschafter des Klägers vollbeendet. Das Gesellschaftsvermögen ging mitsamt den Schulden der Gesellschaft auf den Kläger als Rechtsnachfolger der GbR über.
Gemäß IV.a des Vertrags vom 12.03.2004 verpflichtete sich der Kläger („Erwerber“), mit Wirkung ab dem Tag der Besitzübergabe die „Veräußerer“ von dem anteiligen Darlehen bei der Kläger GmbH & Co. KG von derzeit insgesamt 3.893.615 € und von dem anteiligen Darlehen bei der Bank 3 i.H.v. 936.636,94 € freizustellen, und übernahm die zu ihrer Sicherung im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte. Weiter heißt es: „Dem Erwerber sind alle Vereinbarungen mit den Gläubigern bekannt. Er hat dafür zu sorgen, dass der Veräußerer aus allen Verbindlichkeiten entlassen wird.“ Diese Freistellung der beiden (früheren) Mitgesellschaftern des Klägers von den Verbindlichkeiten der GbR führt aber nicht zu Anschaffungskosten des Klägers. Soweit die Darlehen für Anschaffungs- und Herstellungskosten des Objekts D aufgenommen worden waren, sind sie bereits in dem von der Betriebsprüfung angesetzten AfA-Betrag enthalten, den der Kläger als Alleineigentümer nun zu 100% ansetzen kann. Sofern sie zu anderen Zwecken aufgenommen wurden, kann dies nicht zu einer erhöhten Bemessungsgrundlage für die Gebäudeabschreibung führen.
Den Beweisanträgen des Klägers musste das Gericht nicht nachkommen.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Finanzgericht einem Beweisantrag nur dann nachkommen muss, wenn dieser substantiiert ist. Das setzt voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben wurden (BFH-Beschluss vom 14.09.2015 VIII B 40/15 (juris, Rz. 10) m.z.N.). Beweisbedürftig können nur entscheidungserhebliche Tatsachen sein. Das sind Tatsachen, auf die es im konkreten Streitfall ankommt (Gräber/Herbert, FGO 9. Auflage § 81 Rn 3).
Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann (BFH-Beschluss vom 05.062020 IX B 117/19, BFH/NV 2020, 1089 m.z.N.).
Im Streitfall kann dahinstehen, inwieweit der vom Kläger beauftragte Makler M überhaupt aus eigener Kenntnis zum Beweis der Tatsache, dass Frau H das Objekt D für ihren Ehemann treuhänderisch erworben hat, und zum Beweis der Tatsache, dass dieser die KG aus Haftungsgründen für sich bei dem notariellen Vertrag dazwischengeschaltet hat, Auskunft geben kann. Selbst wenn beides der Fall wäre, wäre dies für die Entscheidung des Streitfalls nach der oben dargestellten Auffassung des Senats unerheblich. Deshalb brauchte auch Herr H nicht als Zeuge vernommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


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