Steuerrecht

Keine Terminsgebühr im Falle der Aufdrängung eines Telefongesprächs

Aktenzeichen  M 32 M 19.1385

Datum:
24.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43098
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 165
VV RVG Vorbem. 3 Abs. 3
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

Die Terminsgebühr wird nicht ausgelöst, wenn der Rechtsanwalt dem nicht anwaltlich vertretenen Gegner ein Telefongespräch aufdrängt. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. März 2019 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Beklagte im Verfahren M 1 K 18.2195 – im Folgenden: Antragsteller – wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. März 2019, in dem die geforderte Terminsgebühr i.H.v. Euro 241,20 nicht als erstattungsfähig anerkannt worden ist.
Nach der gerichtlichen Anfrage vom 19. Juni 2018, ob an der Klage festgehalten werde, nahm der Kläger im Verfahren M 1 K 18.2195 – im Folgenden: Antragsgegner – seine Klage mit Schreiben vom 8. August 2018 zurück. Er führte dabei aus, sein Einspruch gegen die Stilllegung seines Kachelofens sei irrtümlich als Klage gegen den Bezirksschornsteinfeger interpretiert worden. Daraufhin wurde das Verfahren vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. August 2018 eingestellt und dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2019 beantragte der vorsteuerabzugsberechtigte Bevollmächtigte des Antragstellers die Kostenfestsetzung für eine 1,3 Verfahrensgebühr (Streitwert Euro 3000,00), eine 1,2 Terminsgebühr i.H.v. Euro 241,20 gem. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG für eine fernmündliche Unterredung mit dem Antragsgegner am 7. August 2018 über eine Erledigung des Rechtsstreits sowie eine Auslagenpauschale i.H. v. Euro 20,00, jeweils zuzüglich 19% Mehrwertsteuer. Hierzu führte der Antragsgegner aus, er sei außerhalb der üblichen Geschäftszeiten am frühen Abend vom Bevollmächtigten des Antragstellers zu Hause angerufen worden. Im Rahmen des Gesprächs über die Angelegenheit habe er nochmals seine Sicht der Dinge geschildert und betont, dass er zu keinem Zeitpunkt den Bezirksschornsteinfeger verklagt habe. Er habe aber bereits zu Beginn des Schriftverkehrs den Gedanken gehabt, dass er sich an die falsche Stelle gewandt habe und sei in seinem Entschluss, den Einspruch zurückzuziehen, bereits vorher durch ein Telefonat mit dem zuständigen Mitarbeiter des Landratsamts bestärkt worden. Deshalb habe er den Einspruch zurückgenommen. Das Gespräch mit dem Bevollmächtigten des Antragstellers habe keine Auswirkung auf seine Entscheidung gehabt und ihn nicht zur Rücknahme des Einspruchs veranlasst.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts vom 8. März 20189 wurden die zu erstattenden Aufwendungen in Höhe von insgesamt Euro 281,30 festgesetzt. Dabei wurde die beantragte 1,2 Terminsgebühr nicht festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, es habe weder eine mündliche Verhandlung, noch eine Besprechung stattgefunden, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet war. Das Telefonat habe keine Terminsgebühr ausgelöst, da es keine Auswirkungen auf das weitere Vorgehen des Antragsgegners gehabt habe. Es habe sich um ein zwangloses Gespräch gehandelt, das den Antragsgegner nicht zur Rücknahme seines Einspruchs veranlasst hat und nicht auf die Erledigung der Streitsache gerichtet war.
Am 13. März 2019 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss „Rechtsmittel“ ein und beantragte, die beantragte 1,2 Terminsgebühr i.H.v. Euro 241,20 zusätzlich festzusetzen. Bereits mit Schreiben vom 5. Juni 2018 habe der Antragsgegner gegenüber dem Gericht erklärt, dass sich sein Einspruch nicht gegen den Bezirksschornsteinfeger richte. Daraufhin habe das Gericht den Antragsgegner mit Schreiben vom 19. Juni 2018 – ohne Fristsetzung – um Mitteilung gebeten, ob er an seiner Klage festhalte. Am 7. August 2018 habe der Bevollmächtigte des Antragstellers den Antragsgegner angerufen, der darauf hingewiesen habe, dass er nicht gegen den Bezirksschornsteinfeger habe klagen wollen. Hierzu habe der Bevollmächtigte des Antragstellers ausgeführt, dass der Bezirksschornsteinfeger die begehrte Ausnahegenehmigung nicht erteilen könne. Weiterhin habe er darauf hingewiesen, dass das Gericht bislang nicht von einer Klagerücknahme ausgehe und auf eine Mitteilung des Antragsgegners warte. Der Antragsgegner sei gebeten worden, die Klage zurückzunehmen. Hierauf habe der Antragsgegner erklärt, mit dem Verwaltungsgericht zu telefonieren und sich darum zu kümmern. Er habe dann mit Schreiben vom 8. August 2018 seine Klage zurückgenommen.
Die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts half der Erinnerung nicht ab und legte die Streitsache dem Gericht zur Entscheidung vor.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie auf die Akte des Ausgangsverfahrens M 1 K 18.2195 Bezug genommen.
II.
Das Gericht entscheidet vorliegend über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 8. März 2019 durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, da auch die zugrunde liegende Kostenlastentscheidung von einem Einzelrichter getroffen worden ist. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren stellt ein von der Kostenlastentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren dar, so dass das Gericht über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung entscheidet, in der die zugrunde liegende Kostenentscheidung getroffen wurde (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 165, Rd.Nr. 3).
Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 8. März 2019 erhobene Erinnerung ist nach §§ 165, 151 VwGO zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. März 2019 wurde vom Bevollmächtigten des Antragstellers lediglich insoweit angegriffen, als der Kostenfestsetzungsbeschluss die geltend gemachte 1,2 Terminsgebühr (Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG) in Höhe von 241,20 EUR nicht als erstattungsfähig festsetzt hat.
Die Urkundsbeamtin hat die vom Bevollmächtigten des Antragstellers beantragte Terminsgebühr zu Recht nicht als eine dem Antragsteller erwachsene notwendige und zu erstattende Aufwendung festgesetzt. Der Telefonanruf des Bevollmächtigten des Antragstellers bei dem nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner hat die Terminsgebühr nicht entstehen lassen.
1. Zum einen steht der Entstehung der Terminsgebühr bereits entgegen, dass der Telefonanruf des Bevollmächtigten des Antragstellers beim nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner ohne das Zutun des Antragsgegners – nach dessen Angaben „am frühen Abend, außerhalb der üblichen Geschäftszeiten … zu Hause“ und ohne vorherige Ankündigung „überraschend“ erfolgt ist und für den Antragsgegner ohne entsprechende juristische Ausbildung und Kenntnis im Gebührenrecht – mangels entsprechendem vorherigen Hinweis – nicht erkennbar war, dass mit der Annahme des Telefonanrufs und dem quasi aufgedrängten Gespräch zu seinen Lasten Anwaltskosten erzeugt werden. Letztlich – wie hier – nur aus Höflichkeitsgründen geführte – einem nicht anwaltlich Vertretenen quasi aufgedrängte – Telefongespräche können eine Terminsgebühr nicht auslösen. Damit vergleichbar wären beispielsweise nicht vereinbarte, nicht erbetene telefonische Nachfragen eines Arztes am Wochenende bei seinen Patienten nach ihrem allgemeinen Gesundheitszustand – hier liegt es auf der Hand, dass derartige Telefongespräche nicht nach der GOÄ abgerechnet werden könnten.
2. Zum anderen fehlt auch eine die Terminsgebühr auslösende Tätigkeit des Bevollmächtigten des Antragstellers.
Zwar hat der Bevollmächtigte des Antragstellers behauptet, ein Telefongespräch mit dem Antragsgegner zum Zwecke der Erledigung des Rechtsstreits geführt und dabei den Antragsgegner zur Rücknahme seiner Klage veranlasst zu haben, indem er ihm erklärt habe, dass er die Klage gegen den falschen Beklagten erhoben habe und er deshalb gebeten werde, die Klage zurückzunehmen.
Dies bestreitet aber der Antragsgegner. Nach seinen Ausführungen hatte er aufgrund eines Telefongesprächs mit einem Mitarbeiter des Landratsamts bereits vorher den Entschluss gefasst, seine Klage zurückzunehmen; er habe dem Bevollmächtigten des Antragstellers lediglich erklärt, dass er aus seiner Sicht keine Klage gegen den Bezirksschornsteinfeger erhoben habe. Das Gespräch mit dem Bevollmächtigten des Antragstellers habe deshalb keinerlei Auswirkungen auf sein weiteres Vorgehen gehabt und ihn nicht zur Rücknahme des Einspruchs veranlasst. Nach dieser Einlassung des Antragsgegners stellt sich das vom Bevollmächtigten des Antragstellers initiierte Gespräch somit im Kern nicht als ein auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichteter Meinungsaustausch dar, sondern als bloßer Hinweis der Antragstellerseite darauf, dass noch keine Klagerücknahme erfolgt sei und das Verfahren damit vom Gericht noch nicht abgeschlossen werden könne.
Die Beweislast dafür, dass in dem Gespräch im Kern nicht lediglich eine Information erteilt worden ist, sondern eine auf eine Erledigung gerichtete Besprechung stattgefunden hat, trägt nach allgemeinen Grundsätzen der, der einen Gebührentatbestand für sich in Anspruch nimmt, hier also der Antragsteller. Diesen Beweis hat der Bevollmächtigte des Antragstellers nicht geführt. Damit kann vorliegend keine Terminsgebühr beansprucht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, da keine Gerichtsgebühren anfallen; auch die Festsetzung des Gegenstandswert nach § 33 RVG hat nicht von Amts wegen zu erfolgen.


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