Steuerrecht

Postaufgabe und Zugang eines schriftlichen Verwaltungsakts

Aktenzeichen  X B 108/20

Datum:
26.2.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2021:B.260221.XB108.20.0
Normen:
§ 122 Abs 2 Nr 1 AO
§ 47 Abs 1 FGO
§ 96 Abs 1 S 1 Halbs 1 FGO
§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO
§ 116 Abs 6 FGO
Spruchkörper:
10. Senat

Leitsatz

1. NV: Die Drei-Tages-Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO findet nur dann Anwendung, wenn feststeht, wann der Verwaltungsakt durch die Finanzbehörde zur Post aufgegeben wurde. Hierzu bedarf es der vollen richterlichen Überzeugungsbildung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO).
2. NV: Versäumnisse des Steuerpflichtigen bei der Substantiierung seines Vorbringens zu einem von der Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO abweichenden späteren Zugang des Verwaltungsakts beeinflussen den Grad der Überzeugungsbildung über den Zeitpunkt der Postaufgabe des Verwaltungsakts nicht.

Verfahrensgang

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 24. September 2020, Az: 6 K 727/18, Urteil

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 24.09.2020 – 6 K 727/18 aufgehoben.
Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.
1
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) erließ unter dem Datum des 03.04.2018 eine gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) bekanntgegebene Einspruchsentscheidung, die einen Kanzlei-Posteingangsstempel des 10.04.2018 trägt. Die hiergegen gerichtete Klage ging am 11.05.2018, dem Christi Himmelfahrt nachfolgenden Werktag, beim Finanzgericht (FG) ein.
2
Der Kläger trug im Klageverfahren unter Benennung von Zeugen vor, dass Briefpost, die das Büro seiner Prozessbevollmächtigten erreiche, nach dortiger Weisungslage regelmäßig täglich dem Briefkasten entnommen und sogleich mit einem Eingangsstempel versehen werde; zudem werde der Eingang –wie auch im Streitfall geschehen– digital erfasst. Hierzu legte der Kläger Auszüge (“Screenshots”) aus der digitalen Posteingangs- und Fristendokumentation sowie das analoge Fristenkontrollbuch für den 09.05.2018 vor. Das FA trug vor, die Einspruchsentscheidung sei am 29.03.2018 (Gründonnerstag) von der zuständigen Sachgebietsleiterin unterzeichnet und durch diese noch am selben Tag der internen Poststelle übergeben worden. Im Hinblick auf die anstehenden Osterfeiertage und des zu erwartenden erhöhten Postaufkommens sei als Absendedatum bewusst der erste Werktag nach Ostern (03.04.2018) vermerkt worden.
3
Das FG hielt die Klage für verfristet und daher für unzulässig. Der Kläger habe keinen schlüssigen und substantiierten Sachverhalt vorgebracht, der es erlaube, von einer Bekanntgabe außerhalb der gesetzlichen Drei-Tages-Fiktion auszugehen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, der das FA entgegentritt.


Ähnliche Artikel

Steuererklärung für Rentner

Grundsätzlich ist man als Rentner zur Steuererklärung verpflichtet, wenn der Grundfreibetrag überschritten wird. Es gibt allerdings Ausnahmen und Freibeträge, die diesen erhöhen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben