Strafrecht

Antrag auf Genehmigung der Verabreichung einer Medikation

Aktenzeichen  SR StVK 904/17

Datum:
28.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 56441
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 63
BayMRVG Art. 6 Abs. 3

 

Leitsatz

Die Medikation ist auch ohne Einwilligung des Untergebrachten erforderlich, da er die eigene Erkrankung nicht einsieht, mit der Medikation aber die Ziele der Unterbringung erreichen  und wesentliche Gefahren für sein Leben und seine Gesundheit abwenden kann.  (Rn. 41 – 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Verabreichung des Medikaments Olanzapin (Zyprexa) in einer Dosierung von 10 mg per Injektion intramuskulär in Kombination mit Halopendol 5 mg intramuskulär ein Mal täglich für längstens insgesamt 12 Wochen ohne Einwilligung des Untergebrachten zulässig ist.
2. Die unter Ziffer 1 genannte Maßnahme ist durch einen Arzt oder eine Ärztin durchzufuhren, zu überwachen und in regelmäßigen Abstanden auf ihre Eignung, Notwendigkeit und Angemessenheit zu überprüfen.
3. Die Kosten des Verfahrens samt der Kosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren und seine notwendigen Auslagen fallen dem Antragsgegner zur Last.
4. Der Gegenstandswert wird auf 1.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. (Antragsgegner und Untergebrachter) befindet sich derzeit im Maßregelvollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB in dem Bezirkskrankenhaus …. Durch Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.01.2017 rechtskräftig seit 09.11.2017 wurde die Unterbringung des … in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der Untergebrachte in einem Zustand der Schuldunfähigkeit den Tatbestand des versuchten Totschlags mit vorsätzlicher Körperverletzung gem. §§ 212 Abs. 1, 223 Abs. 1, 22, 23, 52 StGB verwirklichte. Durch das Landgericht Nürnberg-Furth wurde darüber hinaus in dem Urteil ausgeführt, dass der Untergebrachte an einer Schizophrenie leidet Auf die Ausführungen des Landgerichts Nürnberg-Furth in dem genannten Urteil wird vollumfänglich Bezug genommen und verwiesen.
Bereits durch Beschlüsse vom 23.12.2016, 16.03.2017 und 07.06.2017 wurde durch das Landgericht Nürnberg-Fürth die Behandlung des Untergebrachten mit neuroleptischer Medikation ohne dessen Einwilligung bewilligt Auf den gegen den Beschluss vom 16.03.2017 gerichteten Antrag des Untergebrachten stellte das Oberlandesgericht Nürnberg am 26.07.2017 fest, dass der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.03.2017 nicht rechtswidrig war Zudem wurde die Beschwerde des Untergebrachten vom 14.06.2017 gegen den Beschluss vom 07.06.2017 mit gleicher Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg als unbegründet verworfen.
Für den Untergebrachten ist keine Betreuung angeordnet. Die Mutter des Untergebrachten wurde durch diesen bevollmächtigt. In der Vollmacht ist auch der Bruder des Untergebrachten benannt.
Mit Schreiben vom 30.08.2017 wurde durch das Bezirkskrankenhaus … ein erneuter Antrag auf Genehmigung der Verabreichung einer Medikation ohne Einwilligung des Untergebrachten gemäß Art. 6 BayMRVG gestellt.
In dem Schreiben, auf welches wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen und verwiesen wird (Bl 250-253 d.A.), führt das Bezirkskrankenhaus … im wesentlichen aus, dass eine Fortführung der Medikation erforderlich sei. Die bisherige Verabreichung habe noch nicht zu einer wesentlichen Verbesserung des Zustandes geführt. Nur teilweise habe die Krankheitssymptomatik zurück gedrängt werden können. Das impuls-aggressive Verhalten und die katatone Symptomatik hätten sich verbessert. Es sei eine Verlegung auf ein reguläres Patientenzimmer möglich geworden. Eine Krankheitseinsicht und Behandlungswilligkeit sei aber weiterhin nicht vorhanden. Zwar sei der Untergebrachte bewusstseinsklar, aber sinnvolle Äußerungen des Untergebrachten hinsichtlich seiner Orientierung lägen nicht vor. Eine medikamentöse Behandlung werde weiterhin als erforderlich erachtet. Durch das Bezirkskrankenhaus … werde eine Behandlung mit Fluanxol Depot 10 % mit 0,6 ml also 0,6 mg alle zwei Wochen als erforderlich erachtet.
Der Untergebrachte leide an einer paranoiden Schizophrenie, wobei er sich weiterhin in einer akuten – wenn auch verbesserten – Phase der Erkrankung befinden würde.
Eine Veränderung habe sich bei dem Untergebrachten nur eingeschränkt ergeben. Soweit die Behandlung nicht fortgeführt werde, sei davon auszugehen, dass es wieder zu zunehmender Eigen- und Fremdgefährdung kommen werde. Bei Nichtbehandlung sei davon auszugehen, dass die Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit in einen Zustand münde, bei welchem ein irreversibles schizophrenes Residuum entstehe, welches dann nicht mehr behandelt werden könne.
Es sei versucht worden während der Visiten den Untergebrachten aufzuklären. Die Maßnahme sei dem Untergebrachten auch angekündigt worden.
Es sei zudem nicht ungewöhnlich, dass die bisherige Behandlung noch keine gewünschte Besserung erzielt habe. Die Behandlung mit neuroleptischer Medikation müsse nach und nach angepasst und ausgewählt werden.
Das Erreichen des Behandlungszieles sei nur unter Gabe einer Medikation denkbar.
Eine Patientenverfügung des Untergebrachten läge nicht vor.
Der Antrag des Bezirkskrankenhauses … wurde dem Untergebrachten, den Rechtsanwälten wie auch den Bevollmächtigten zur Kenntnis übersandt.
Mit Verfügung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.09.2017 wurde bei der Sachverständigen … ein Gutachten in Auftrag gegeben (Bl 254 d A) Der Sachverständigen wurde mit Verfügung vom 18.09.2017 der Gutachtensauftrag erteilt. Am 22.09.2017 teilte die Sachverständige mit, dass eine Gutachtenserstattung durch diese nicht möglich sei Mit Verfügung ausgeführt am 28.09.2017 wurde der Sachverständige … mit der Erstattung des Gutachtens durch das Landgericht Nürnberg-Fürth beauftragt (Bl 262 d.A.).
Rechtsanwalt … beantragte mit Schreiben vom 20.09.2017, dass die Bewilligung einer Medikation abgelehnt werde Auf das Schreiben (Bl. 259-260 d.A.) wird Bezug genommen und verwiesen. Weiter reichte der Rechtsanwalt mit Schreiben vom 02.10.2017 (Bl. 267 d.A.) eine Stellungnahme ein und begehrte mit Schreiben vom 03.10.2017 nochmals Akteneinsicht (Bl. 284 d.A.).
Es ging ein Schreiben des Rechtsanwalts … mit Datum vom 11.09.2017 (Bl. 256 d.A.) ein.
Es gingen Schreiben der Mutter des Untergebrachten mit Datum vom 28.09.2017 (Bl. 264 und 268-283 d.A.) ein.
Mit Schreiben vom 05.10.2017 nahm das Bezirkskrankenhaus … nochmals zur Entwicklung bei dem Untergebrachten Stellung, worauf Bezug genommen und verwiesen wird (Bl 328-329 d.A.).
Der Sachverständige … erstattete am 05.10.2017 sein Gutachten Auf dieses wird vollumfänglich Bezug genommen und verwiesen (Bl. 287-327 d.A.).
Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme und es wurde Termin zur Anhörung durch das Landgericht Nürnberg-Fürth bestimmt (Bl 330 d A und Bl. 333 d.A.).
Eine Stellungnahme der Mutter des Untergebrachten ging mit Schreiben vom 07.10.2017 ein. Auf diese wird Bezug genommen und verwiesen (Bl. 332 d.A.).
In einem Telefonvermerk teilte der behandelnde Arzt in dem Bezirkskrankenhaus … mit, dass auch die Behandlung wie von dem Sachverständigen vorgeschlagen durch das Bezirkskrankenhaus … befürwortet werde (Bl. 333 d.A.).
Rechtsanwalt … beantragte Terminsverlegung mit Schreiben vom 12.10.2017 (Bl. 334 d.A.).
Der Untergebrachte selbst verweigerte die Annahme des Schreibens des Gerichts.
Dem Rechtsanwalt … wurde Akteneinsicht mit Verfügung vom 18.10.2017 gewährt.
Er nahm mit Schreiben vom 20.10.2017 erneut zu dem Antrag des Bezirkskrankenhauses … Stellung Auf das Schreiben wird vollumfänglich Bezug genommen und verwiesen (Bl. 341-343 d.A.).
Es erfolgte eine Verlegung des Anhörungstermins am 24.10.2017 auf den 16.11.2017 (Bl 344 d.A.).
Durch das Landgericht Nürnberg-Fürth wurde mit Verfügung vom 16.11.2017 die Verfahrensakte an die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing übersandt, nachdem das Urteil des Landgerichts Nurnberg-Fürth rechtskräftig wurde.
Es erging Hinweis des Gerichts mit Verfügung vom 20.11.2017 Auf diesen wird Bezug genommen und verwiesen (Bl. 350 d.A.).
Der Rechtsanwalt … nahm mit Schreiben vom 02.12.2017 nochmals knapp Stellung (Bl. 355 d.A.). Auf das Schreiben wird Bezug genommen und verwiesen.
Die Mutter des Untergebrachten nahm ausführlich mit Schreiben vom 04.12.2017 Stellung. Auf das Schreiben (Bl. 357-377 d.A.) wird ebenfalls verwiesen und Bezug genommen.
2. Es erging Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing am 18.12.2017 In diesem wurde die Medikation gegen den Willen des Untergebrachten angeordnet. Auf den Beschluss dessen Sachverhaltsschilderungen unter Ziffer I 1 bereits wieder gegeben wurden, wird vollumfänglich Bezug genommen und verwiesen (Bl 379-390 d.A.).
Auf die Beschwerde des Untergebrachten hin wurde der Beschluss durch das Oberlandesgericht Nürnberg mit Datum vom 23.02.2018 aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurück verwiesen Auf den Beschluss wird vollumfänglich Bezug genommen und verwiesen (Bl 406-413 d.A.).
Die Mutter und der Bruder des Untergebrachten haben verschiedene Unterlagen in dem Verfahren zur Medikation vorgelegt (s.o.). Unter anderem wurde eine Anlage A erstmals am 29.07.2016 im Betreuungsverfahren von der Mutter vorgelegt Diesbezügliche wird auf den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.12.2016 (Bl 26 ff d.A.) unter Ziffer I 2 a) und b) (Bl 27 und 28 d.A.) Bezug genommen und verwiesen.
Es wurde Termin zur Anhörung des Untergebrachten bestimmt auf 15.03.2018 Auf Antrag der Verteidigung wurde der Termin zunächst verlegt auf den 28.03.2018 um 14.15 Uhr und sodann auf weiteren Antrag auf 9.00 Uhr.
Der Untergebrachte erhielt Gelegenheit sich zu dem Antrag zu äußern Auf das Anhörungsprotokoll wird Bezug genommen.
II.
Die von dem Bezirkskrankenhaus … vorgesehene Behandlung des Untergebrachten erweist sich, wie im Tenor näher bezeichnet, als zulässig.
1. Die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing ist für die Entscheidung zuständig, Art. 6 Abs. 4 BayMRVG, §§ 110, 138 StVollzG Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth wurde rechtskräftig, wahrend das Verfahren zur Frage der Medikation gegen oder ohne den Willen des Untergebrachten noch anhängig war. Es ist ein Wechsel der Zuständigkeit eingetreten.
2. Die Voraussetzungen für eine Behandlungsmaßnahme ohne Einwilligung des Untergebrachten gem. Art. 6 Abs. 3 BayMRVG liegen vor.
Der Untergebrachte befindet sich gemäß § 63 StGB im Maßregelvollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Zur Behandlung der bei dem Untergebrachten vorhandenen psychischen Erkrankung ist eine Medikation in tenorierter Art und Weise erforderlich, um die Ziele der Unterbringung zu erreichen und wesentliche Gefahren für das Leben und die Gesundheit des Untergebrachten abzuwenden.
Eine Stabilisierung des psychischen Zustandsbildes ist bei dem Untergebrachten erforderlich, um die von diesem ausgehende Gefährlichkeit zu minimieren und um überhaupt eine therapeutische Arbeit mit dem Untergebrachten zu ermöglichen.
Eine Einwilligung des Untergebrachten in die beabsichtigte Medikation durch das Bezirkskrankenhaus … liegt nicht vor Der Untergebrachte ist als nicht einwilligungsfähig anzusehen Eine wirksame Patientenverfügung steht der Feststellung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme nicht entgegen.
a) Der Untergebrachte ist derzeit nicht in der Lage zu erkennen, wie schwer seine Erkrankung wiegt Auch ist er nicht in der Lage die Notwendigkeit einer Medikation einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (Art. 6 Abs. Nr. 1 BayMRVG).
Dies steht fest auf Grund der nachvollziehbaren und glaubhaften Ausführungen des Bezirkskrankenhauses …. Diese werden bestätigt durch die schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen … in seinem Sachverständigengutachten vom 05.10.2017 Auch der Sachverständige … führte aus, bei dem Untergebrachte liege eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis vor Alle Erst- und Zweitrangkriterien seien erfüllt, das Ausmaß der Störung sei gravierend und dringend behandlungsbedürftig. Die Ausführungen des … stehen in Einklang mit den Ausführungen der vorangehenden Sachverständigen … und …. Durch die Erkrankung ist der Untergebrachte in seinem gesamten Denken, Fühlen und in der Wahrnehmung so beeinträchtigt, dass er nicht zu einer Einsicht in die Krankheit in der Lage ist Ihm ist deswegen nicht bewusst, dass eine Verabreichung von Medikamenten für die Durchführung der Therapie und eine etwaige Verlegung erforderlich ist Der Sachverständige führte aus, dass der Untergebrachte auf Grund der Erkrankung nicht in der Lage sei, die Schwere seiner Erkrankung und deren Behandlungsbedürftigkeit zu erkennen und danach zu handeln.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass eine Krankheitseinsicht bei dem Untergebrachten jedenfalls derzeit nicht vorhanden ist Krankheitsbedingt ist er nicht in der Lage, die Erforderlichkeit einer Medikation zu erkennen.
Zu diesem Eindruck gelangt das Gericht auch nach Anhörung des Untergebrachten. Dieser erschien in der Anhörung und teilte mit, er sei nicht krank. Er agierte gegenüber der zuständigen Richterin gereizt und aggressiv Auf den Vorhalt, dass sowohl verschiedene Sachverständige ihm die Diagnose der paranoiden Schizophrenie stellen wurden und auch das Landgericht Nürnberg-Fürth in dem rechtskräftigen Urteil eine derartige Erkrankung festgestellt hat, reagierte der Untergebrachte nur mit der Gegenfrage, ob die zuständige Richterin erkennen könne, dass er diese Erkrankung habe Auf den Vorhalt, dass die Gutachten schlüssig und nachvollziehbar erscheinen und die Unterzeichnerin den Ausführungen der Sachverständigen folgen wurde, teilte er nur mit, dass die zuständige Richterin pädophil sei und deswegen von der amerikanischen Regierung getötet werde.
Eine Krankheitseinsicht war bei dem Untergebrachten nicht erkennbar Auch war nicht ersichtlich, dass der Untergebrachte in der Lage ist, die Erforderlichkeit einer Medikation einzusehen.
b) Die im Tenor bezeichnete medikamentöse Behandlung ist zur Herbeiführung einer Entlassungsfähigkeit des Untergebrachten erforderlich (Art. 6 Abs. 3 Nr. 2a BayMRVG) Auch erscheint sie erforderlich, um konkrete Gefahren für das Leben oder eine konkrete schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person abzuwenden (Art. 6 Abs. 3 Nr. 2b BayMRVG).
Der Sachverständige führte diesbezüglich aus, dass eine Behandlung der psychotischen Erkrankung die Gabe von neuroleptisch wirksamen Medikamenten unerlässlich erscheinen lasse Es drohe andernfalls eine vollständige Chronifizierung. Es sei davon auszugehen, dass der Zustand sich bei dem Untergebrachten unbehandelt verschlimmert Folgeerscheinungen seien eine Hospitalisierung wie auch ein irreversibles schizophrenes Residuum. Eine Aussicht auf eine positive Entwicklung des Gesundheitszustandes des Untergebrachten bestünde ohne Medikamentengabe nach Einschätzung des Sachverständigen nicht.
Der Sachverständige führte darüber hinaus aus, dass etwaigen Nebenwirkungen mit Kontrollen entgegen gewirkt werden könne.
Es steht danach also auch zu befürchten, dass ohne die Medikation Gefahren für die Gesundheit des Untergebrachten drohen und eine Entlassungsfähigkeit nicht herbei geführt werden kann.
c) Dem Untergebrachten wurde seitens des Bezirkskrankenhauses … wiederholt die Erforderlichkeit einer neuroleptischen Behandlung erklärt. Es wurde versucht, den Untergebrachten von den positiven Effekten einer solchen Behandlung zu überzeugen und es wurde die Gabe der Medikation angeboten Auch wurde der Untergebrachte ausweislich der Ausführungen des Bezirkskrankenhauses … über mögliche Risiken aufgeklärt. Es sei aber auf Grund der Erkrankung davon auszugehen, dass der Untergebrachte diese wenn überhaupt dann wohl nur ansatzweise habe verstehen können. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 Nr. 3a, b und c BayM-RVG sind mithin erfüllt.
d) Die Maßnahme ist geeignet, das Behandlungsziel zu erreichen (Art. 6 Abs. 3 Nr. 3d BayMRVG) Mildere Mittel sind nicht Erfolg versprechend (Art. 6 Abs. 3 Nr. 3e BayMRVG).
Dies steht fest auf Grund der Ausführungen der behandelnden Therapeuten und dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens Durch den Sachverständigen wurde ausführlich zu der Medikation ausgeführt. Es wurde eine abweichende Medikation durch den Sachverständigen nahegelegt Diese Medikation ist mit einer täglichen Gabe von Medikamenten in Form von Spritzen verbunden. Schlüssig und nachvollziehbar wurde durch den Sachverständigen erläutert, warum gerade diese Art der Medikation mit dem benannten Mittel erforderlich erscheine.
Durch das Bezirkskrankenhaus … wurde ausgeführt, dass diese vorgeschlagene Medikation auch von Seiten des Krankenhauses als erforderlich erachtet werde Insofern liegt eine Änderung des Antrags der behandelnden Therapeuten vor.
Der Sachverständige … führte aus, dass der Untergebrachte einer Therapie nicht zugänglich sei Ohne eine Medikation trete nach Ansicht des Sachverständigen sogar ein Verlust noch vorhandener Fähigkeit ein Der Zustand würde sich verschlechtern.
Eine alleinige Behandlung mit psycho- und soziotherapeutischen Maßnahmen ist angesichts der Schwere des psychiatrischen Krankheitsbildes bei dem Untergebrachten nicht erfolgversprechend bzw. in seinem jetzigen Zustand fast nicht möglich. Eine Therapiefähigkeit in Bezug auf psychotherapeutische und psychologische Behandlungen ist bei dem Untergebrachten nur dann erreichbar, wenn dessen Zustand durch eine neuroleptische Medikation stabilisiert wird.
Durch den Sachverständigen wurde zudem ausgeführt, dass ein Ansprechen des Untergebrachten auf die Medikation nicht garantiert werden könne. Er gab aber an, durch die Medikation verlaufe die Erkrankung durchschnittlich milder und es wurde zu mehr Lebensqualität der Betroffenen kommen Ausführlich nahm der Sachverständige dazu Stellung, warum die tägliche Gabe des Medikaments Olanzapin (Zyprexa) in einer Dosierung von 10 mg per Injektion intramuskulär in Kombination mit Haloperidol 5 mg intramuskulär erforderlich sei Gleichzeitig wurden die positiven Effekte der Medikation erläutert im Vergleich zu der Depot-Medikation.
e) Der von der Medikation zu erwartende Nutzen überwiegt den möglichen Schaden einer Nichtbehandlung sowie die mit der Maßnahme verbundenen Beeinträchtigungen deutlich (Art. 6 Abs. 3 Nr. 3f BayMRVG) Zudem ist Art und Dauer der Medikation auf das zwingend erforderliche Maß beschränkt (Art. 6 Abs. 3 Nr. 3g BayMRVG) Auch ist die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr für die Gesundheit oder das Leben des Untergebrachten verbunden (Art. 6 Abs. 3 Nr. 3h BayMRVG).
Natürlich ist die Gabe von neuroleptischen Medikamenten nicht frei von Nebenwirkungen. Dennoch steht auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen … welche auch mit den Darstellungen des Bezirkskrankenhauses … und den vorangehenden Gutachten in Einklang stehen fest, dass etwaigen Nebenwirkungen durch regelmäßig durchzuführende Kontrollen (z.B. Laborwerte, EKG) sowie die Gabe geeigneter Begleitmedikamente begegnet werden kann Insbesondere bestehen nach den Ausführungen des Sachverständigen bei Durchführung der Kontrollen keine ernsthaften Gefahren für schwerwiegende gesundheitliche Folgen für den Untergebrachten.
Sofern schwere und nicht tolerierbare Nebenwirkungen auftreten, ist die Behandlung abzubrechen.
Hinsichtlich der Dosierung und der Art der Gabe der Medikation führte der Sachverständige aus, dass eine solche wie tenoriert erforderlich aber auch ausreichend erscheint.
Den Ausführungen des Sachverständigen … schließt sich das Gericht nach eigener kritischer Würdigung an.
Innerhalb der nach Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayMRVG vorgegebenen maximalen Behandlungsdauer von 12 Wochen ist davon auszugehen, dass sich der Zustand des Untergebrachten zumindest in Ansätzen verbessert und eine therapeutische Ansprache diesem gegenüber möglich wird.
f) Das von dem Untergebrachten in der Patientenverfügung vom 11.01.2015 ausgesprochene Verbot der Verabreichung von Neuroleptika (Bl. 271 d.A.) wurde berücksichtigt, steht der Anordnung allerdings nicht entgegen.
Wie bereits in dem Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.12.2016 (Bl 23 ff d.A.) auf welchen in dem Beschluss vom 16.03.2017 Bezug genommen wurde (Bl. 50 ff. d.A.) steht die Patientenverfügung selbst bei Annahme der Wirksamkeit der Anordnung nicht entgegen Bezüglich der näheren Begründung wird auf den Beschluss vom 23.12.2016 Bezug genommen. Die Beschlüsse des Landgerichts Nürnberg-Fürth wurden auch durch das Oberlandesgericht Nürnberg in dem Beschluss vom 26.07.2017 (Bl. 247-248 d.A.) bestätigt.
Die Patientenverfügung lässt eine Medikation ohne oder gegen den Willen des Untergebrachten nicht unzulässig, rechtswidrig oder unverhältnismäßig erscheinen.
Dagegen spricht der Wortlaut des Art. 6 Abs. 4 S. 6 BayMRVG. Die Patientenverfügung hat vielmehr bei der Entscheidung Berücksichtigung zu finden Ein Ausschluss einer Medikation von vorne herein war damit nicht beabsichtigt. Für diese Auslegung spricht auch die Absicht des Gesetzgebers, der auf diese Weise betonen wollte, dass schriftliche Festlegungen des Betroffenen auch im Maßregelvollzug zum Tragen kommen Anders als bei § 1906 BGB ist zudem zu berücksichtigen, dass im Maßregelvollzug neben der Abwendung von Gefahren für die Gesundheit des Betroffenen auch die Herbeiführung seiner Entlassungsfähigkeit eine Medikation rechtfertigen kann Der dem Staat obliegende Auftrag durch eine Verbesserung des Zustandes der untergebrachten Personen ihnen ein straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen wäre Leben in Freiheit zu ermöglichen wäre dann aber unerreichbar, wenn Patientenverfugungen eine Behandlung gegen oder ohne den Willen generell ausschließen könnten Hierzu wird vollumfänglich auf den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.12.2016 Bezug genommen. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in dem Beschluss vom 26.07.2017 ausgeführt, dass der Senat in vollem Umfang Bezug nimmt auf die Gründe der beiden angefochtenen Entscheidungen jeweils in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss der 5. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.12.2016 Weiter heißt es in dem Beschluss, die Strafkammer habe darin alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte sehr ausführlich und sehr sorgfältig abgehandelt und zutreffend begründet.
Die konkrete Patientenverfügung kann, bei Annahme deren Wirksamkeit, die Medikation ohne oder gegen den Willen des Untergebrachten nicht hindern. Die Medikation ist wie bereits ausgeführt erforderlich, um das Behandlungsziel zu erreichen Nur bei ausreichender neuroleptischer Medikation erscheint es möglich, bei dem Untergebrachten eine Krankheitseinsicht zu erreichen und diesen dazu zu befähigen, ein straffreies Leben in Freiheit zu führen.
3. Die Ausführungen im Tenor Ziffer 2 beruhen auf Art. 6 Abs. 4 Satz 5 BayMRVG.
III.
Es wurde ausreichend rechtliches Gehör gewährt Die Beteiligten konnten sich zu dem Gutachten des Sachverständigen und dem Antrag des Bezirkskrankenhauses … äußern. Zudem wurde der Untergebrachte mündlich angehört.
2. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayMRVG i.V.m. §§ 60, 65, 52 GKG.
3. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Untergebrachten als Antragsgegner zur Last.
Der Antragsteller hat nach § 121 Abs. 2 S. 1 die Kosten des Verfahrens in dem Umfang zu tragen, in dem er unterlegen ist. In dem vorliegenden Verfahren wurde der Untergebrachte als Antragsgegner bezeichnet, nachdem der Antrag auf Medikation gegen oder ohne den Willen des Untergebrachten von dem Bezirkskrankenhaus … (als Antragstellerin) gestellt wurde Unterliegt er nach Aufhebung und Zurückverweisung erneut, hat er die Kosten beider Instanzen zu tragen (OLG Celle BeckRS 2008, 00247; BeckOK Strafvollzug Bund/Euler StVollzG § 121 Rn. 2, beck-online). Zwar hat die erste Rechtsbeschwerde zur Aufhebung und Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer geführt. Maßgeblich für den Kostenausspruch – auch hinsichtlich der zunächst erfolgreichen Rechtsbeschwerde – ist jedoch, inwieweit der Antragsteller (hier der Untergebrachte) am Ende des gesamten Verfahrens in der Sache Erfolg hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, 60 Auflage 2017, Strafprozessordnung, § 465 Rn. 3 m.w.N., OLG Celle Beschl. v 28.11.2007 – 1 Ws 438, 469/07, BeckRS 2008, 00247, beck-online).


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