Strafrecht

Beschwerde, Verteidiger, Pflichtverteidiger, Zulassung, Beschwerdevorbringen, Bestellung, Ablehnung, Verwerfung, Akteneinsicht, Wiederaufnahme, Antragsteller, Wiederaufnahmeverfahren, Aufrechnung, Anforderungen, sofortige Beschwerde, Wiederaufnahme des Verfahrens, keinen Erfolg

Aktenzeichen  Ws 159/21 WA

Datum:
21.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 26473
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

7 KLs 608 Js 26956/20 WS WA 2020-12-29 Bes LGREGENSBURG LG Regensburg

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Verwerfung seines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens (Nr. 1 des Beschlusses des Landgerichts Regensburg vom 29.12.2020) wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
2. Die Beschwerden gegen die Zurückweisung der Anträge auf Bestellung eines Verteidigers für das Wiederaufnahmeverfahren sowie auf Bestellung eines Verteidigers für dessen Vorbereitung (Nr. 2 des Beschlusses des Landgerichts Regensburg vom 29.12.2020) werden auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.7.1996 (12 KLs 504 Js 496/94) wegen Untreue in 46 Fällen, 21 davon gemeinschaftlich begangen, und Einkommensteuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren drei Monaten verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen nahm der Verurteilte unter Verletzung seiner Pflicht, die Vermögensinteressen der O… S… AG wahrzunehmen, in der Zeit von Anfang 199… bis März 199… in einer Vielzahl von Fällen „private Darlehen“ in einer Gesamthöhe von 17.000.000 DM in Anspruch, obwohl schriftliche Darlehnsverträge zwischen ihm und der O… S… AG nicht vorhanden waren. Im damaligen Strafverfahren hat der Verurteilte die ihm zur Last gelegten Auszahlungen zugegeben. Zu den Geldentnahmen ließ er sich nach den Feststellungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Urteil S. 50) zunächst dahin gehend ein, sämtliche Darlehen seien in einer Aufsichtsratssitzung Anfang Dezember 1985 pauschal bis zu einer genauer bezeichneten Grenze genehmigt worden. In der Hauptverhandlung behauptete er, jede Auszahlung sei mit Dr. M… abgesprochen und von diesem genehmigt gewesen. Dabei habe er diesem jeweils auch geschildert, wofür er den Finanzbedarf habe. Schließlich gab er an, es habe sich nicht um Darlehen gehandelt, sondern den Auszahlungen seien Tantiemenforderungen gegenüber gestanden. Das Landgericht Nürnberg-Fürth ist diesem Verteidigungsvorbringen nicht gefolgt.
Zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat der Antragsteller am 28.07.2020 die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 359 Nr. 2, Nr. 5 StPO, die Bestellung von Rechtsanwalt Dr. A… A… als Pflichtverteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 364a StPO und die Zulassung von M… H… als weiteren Verteidiger beantragt. Für den Fall der Ablehnung der Bestellung von Rechtsanwalt Dr. A… A… als Pflichtverteidiger hat er beantragt, ihm diesen gemäß § 364b StPO zur Vorbereitung des Wiederaufnahmeverfahrens als Pflichtverteidiger zu bestellen.
Der Antragsteller bringt vor, mit den Schreiben des Dr. A… M… vom 18.09.1991, der Aufstellung der Teilkonzernergebnisse von 1990 und 1991, dem Schreiben der Deutschen Bank vom 21.01.1993 mit Niederschrift über das Ergebnis der gemeinsamen Besprechung am 20.01.1993 und dem Schreiben des Antragstellers vom 17.02.1993 neue Tatsachen und Beweismittel ausfindig gemacht zu haben, mit denen die Existenz einer H/S/S/R-Gesamtkonzerntantieme und das Vorliegen eines Unterordnungskonzerns nachgewiesen sowie das Vorliegen von Falschaussagen der Zeugen Dr. A… M… und Prof. Dr. U… B… belegt werden.
Das Landgericht Regensburg hat mit Beschluss vom 29.12.2020 den Antrag des Verurteilten auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig verworfen und die Anträge auf Bestellung eines Verteidigers für das Wiederaufnahmeverfahren und für dessen Vorbereitung zurückgewiesen. Das Landgericht führt aus, dass der Wiederaufnahmeantrag unzulässig sei, da dieser den formellen Anforderungen einer vollständigen, in sich geschlossenen und aus sich heraus verständlichen Darstellung des Wiederaufnahmegrunds nicht genüge. Der Antrag auf Bestellung von Rechtsanwalt Dr. A… A… als Verteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren sei erfolglos, da der Wiederaufnahmeantrag offensichtlich aussichtslos sei. Auch lägen die Voraussetzungen für die Bestellung von Rechtsanwalt Dr. A… A… als Verteidiger für die Vorbereitung des Wiederaufnahmeverfahrens nicht vor, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bestimmte Nachforschungen zur Aufdeckung von Tatsachen oder Beweismitteln führen, die die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeantrags begründen könnten.
Gegen diesen am 05.01.2021 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner mit am selben Tag eingegangenem Telefax vom 11.01.2021 eingelegten sofortigen Beschwerde, die er mit Schreiben vom 23.03.2021 um einen Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs gemäß § 33a StPO ergänzt hat.
Nach Gewährung von Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Nürnberg haben der Antragsteller und der mit Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 01.02.2021 zugelassene Verteidiger des Antragstellers M… H… die sofortige Beschwerde mit Schreiben vom 14.04.2021 begründet, sowie Beschwerde gegen die Zurückweisung der Anträge auf Bestellung eines Verteidigers im und zur Vorbereitung des Wiederaufnahmeverfahrens eingelegt und begründet.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Verwerfung des Wiederaufnahmeantrags und die Beschwerden gegen die Zurückweisung der Anträge auf Bestellung eines Verteidigers für das Wiederaufnahmeverfahren und für dessen Vorbereitung haben in der Sache keinen Erfolg.
1. Die sofortige Beschwerde gegen die Verwerfung des Wiederaufnahmeantrags als unzulässig ist unbegründet.
Wie das Landgericht zutreffend ausführt, wird das Vorbringen des Antragstellers den Anforderungen an einen Wiederaufnahmeantrag aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen nicht gerecht. Daran ändert auch das Beschwerdevorbringen nichts.
a. Wie das Landgericht darlegt, wird aus dem Antragsvorbringen im Hinblick auf den Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 5 StPO nicht deutlich, wie mit den vorgelegten Unterlagen eines der genannten Wiederaufnahmeziele erreicht werden soll.
Das Oberlandesgericht hat im Übrigen dazu bereits im Beschluss vom 27.06.2019 (2 Ws 118/19 WA) ausgeführt, dass der Antragsteller durch neue und auch geeignete Tatsachen und Beweismittel den Beweis erbringen müsste, dass den 23 monatlichen Entnahmen ab 23.01.1991 bis 05.03.1993 (Urteil S. 18 – mit monatlich unterschiedlichen Beträgen bei einer Schwankungsbreite von 200.000 DM, 250.000 DM, 300.000 DM, 310.000 DM, 360.000 DM, 365.000 DM, 400.000 DM, 440.000 DM, 450.000 DM) für den jeweiligen Monat fällige Gegenforderungen in gleicher Höhe aus der behaupteten Tantiemenvereinbarung aufrechenbar gegenüberstanden (§ 389 BGB). Ausführungen dazu und wann und wem gegenüber der Antragsteller jeweils die Aufrechnung erklärt hat, fehlen nach wie vor. Dass. nach dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers eine Benennung der Gegenforderungen nicht möglich sei, da die Höhe der Tantiemenforderung erst zwei bis drei Jahre später berechnet werden könne, spricht zudem gegen eine Fälligkeit einer solchen Forderung.
Im Übrigen fehlen auch Ausführungen dazu, warum der Antragsteller selbst zunächst angegeben hat, dass es sich bei den ausbezahlten Beträgen um genehmigte Darlehen gehandelt habe und er erst später behauptet hat, den Auszahlungen seien Tantiemenansprüche gegenüber gestanden.
b. Auch hinsichtlich des geltend gemachten Wiederaufnahmegrundes des § 359 Nr. 2 StPO genügt der Wiederaufnahmeantrag aus den Gründen des Beschlusses des Landgerichts, denen der Senat voll umfänglich folgt, nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Ausführungen, die auf die vom Landgericht dargelegten Mängel der Antragsschrift eingehen oder diese ergänzen, enthält die Beschwerdebegründung nicht.
2. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Bestellung eines Verteidigers für das Wiederaufnahmeverfahren (§ 364a StPO) hat keinen Erfolg.
Der Senat folgt nach eigener Prüfung den Ausführungen des Landgerichts, dass der Wiederaufnahmeantrag offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg ist, so dass kein Anspruch auf Bestellung eines Verteidigers für das Wiederaufnahmeverfahren besteht. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Landgericht die Zurückweisung des Antrags auch nicht auf die formellen Defizite des gestellten Wiederaufnahmeantrags gestützt, sondern eine umfassende materielle Prüfung der vorgebrachten Wiederaufnahmegründe vorgenommen.
Im Übrigen ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung – insbesondere nicht dazu, dass dem Antragsteller die behaupteten Tantiemenansprüche gerade gegen die O… S… AG zustanden. Nur diese Konstellation könnte Einfluss auf das Vorliegen des Untreuetatbestandes haben.
3. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Bestellung eines Verteidigers für die Vorbereitung des Wiederaufnahmeverfahrens (§ 364 b StPO) hat keinen Erfolg.
Der Senat folgt nach eigener Prüfung auch insoweit den Ausführungen des Landgerichts, dass keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bestimmte Nachforschungen zu Tatsachen oder Beweismitteln führen, welche die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens begründen können (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 StPO). Konkrete Einwendungen dagegen enthält die Beschwerdebegründung nicht.
4. Über den mit Schreiben vom 23.03.2021 gestellten Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs gemäß § 33a StPO hat das Landgericht Regensburg zu entscheiden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.


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