Strafrecht

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Aktenzeichen  Ks 103 Js 21360/20 Sich

Datum:
22.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40536
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB §§ 223 Abs. 1, 20, 53, 63

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Unterbringung des Beschuldigten -, geboren am 3.6.1977, in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet.
II. Der Beschuldigte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Dem Urteil ging keine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO voraus.
Dem Beschuldigten wurden gewalttätige Übergriffe gegen seine damalige Lebensgefährtin, die geschädigte Zeugin -, zur Last gelegt, welche er im Zeitraum zwischen 04.04.2020 und 22.04.2020 in der Einrichtung Sankt – in – begangen haben soll. Neben Schlägen ins Gesicht der geschädigten Zeugin wurde ihm vorgeworfen, er habe dieser einmal ein Kissen auf das Gesicht gedrückt, während sie im Bett gelegen habe, und er habe sie im vorgenannten Zeitraum auch mehrmals gewürgt.
Letztlich konnte sich die Kammer nur davon überzeugen, dass der Beschuldigte seine damalige Lebensgefährtin ins Gesicht schlug und ihr ein Kissen aufs Gesicht drückte, wobei jeweils ein Schädigungsvorsatz, aber kein Tötungsvorsatz, festgestellt werden konnte.
A. Persönliche Verhältnisse
Der Beschuldigte wurde als ältester von drei Söhnen seiner türkischstämmigen Eltern am 03.06.1977 in der Türkei geboren. Im Alter von drei Monaten wanderte er zusammen mit seinen Eltern nach Deutschland aus, wo die Mutter fortan als Putzfrau und der Vater als Hilfsarbeiter in einer Firma bei – tätig waren.
Im Alter von sechs Jahren wurde der Beschuldigte eingeschult und besuchte zunächst eine Grund- und anschließend eine Hauptschule. Letztere schloss er ab. Nach dem Besuch der Hauptschule begann er einen einjährigen Förderlehrgang für eine Lehre zum Schuhmacher, welchen er abbrach. Nach einem erneuten Förderlehrgang absolvierte er erfolgreich eine dreijährige Ausbildung zum Buchbinder, wobei er danach nicht in dem Beruf tätig war. Vielmehr nahm der Beschuldigte verschiedene Saisonjobs im Hotelgewerbe an. Im Jahr 2003 war er schließlich in einer Behindertenwerkstatt im – beschäftigt.
Im Anschluss an einen Aufenthalt in einer Wohngruppe in -, wo er bis Mai 2008 lebte, war er im Zeitraum von Juni 2008 bis November 2008 in einer Einrichtung in – wohnhaft, bevor er am 10.11.2008 in den geschützten Bereich in einer Einrichtung in Sankt – aufgenommen wurde. Dort wechselte er im Verlauf des Jahres 2009 in den offenen Bereich.
Der Beschuldigte bezieht mittlerweile eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von ungefähr 500 € monatlich und erhält ein monatliches Taschengeld in Höhe von 80 €. Er hat kein nennenswertes Vermögen und keine Schulden.
Der Beschuldigte ist somatisch und psychisch nicht unerheblich erkrankt:
Er leidet seit seiner Geburt an einer frühkindlichen Zerebralparese und einer Hüftgelenksdyslapsie. Weitere schwerwiegende somatische Erkrankungen sind nicht bekannt.
Zudem besteht eine schizoaffektive Störung (ICD-10 F 25). Seit dem Jahr 2001 wurde der Beschuldigte wiederholt stationär psychiatrisch behandelt und eine gesetzliche Betreuung eingerichtet.
Beim Beschuldigten liegt ferner ein schädlicher Gebrauch von Cannabis und Alkohol in der Vorgeschichte (ICD-10 F 19.1) auf dem Boden einer unterdurchschnittlichen Intelligenzleistung und emotional instabilen Persönlichkeitsmerkmalen vor.
Bislang trat der Beschuldigte strafrechtlich nicht in Erscheinung.
In dieser Sache befand sich der Beschuldigte am 29.06.2020 in einstweiliger Unterbringung nach § 126 a StPO aufgrund des Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts – vom 26.06.2020 (Gz. Gs 2449/20).
Dieser Unterbringungsbefehl wurde zunächst mit Beschluss des Amtsgerichts – vom 29.06.2020 (Gz. Gs 2484/20) außer Vollzug gesetzt und mit Beschluss des Amtsgerichts – vom 26.01.2021 (Gz. Gs 277/21) erneut in Vollzug gesetzt, weswegen der Beschuldigte seit dem 27.01.2021 auf der Grundlage das § 126 a StPO im – einstweilig untergebracht war.
Zuletzt war der Beschuldigte aufgrund des ersetzenden Unterbringungsbefehls des Landgerichts – vom 09.03.2021 (Az. Ks 103 Js 21360/20 Sich) gemäß § 126 a StPO einstweilig im – untergebracht.
B. Festgestellter Sachverhalt zu den verurteilten Taten Die Kammer konnte sich im Zuge der Beweisaufnahme von folgendem Sachverhalt überzeugen:
I. Vorgeschichte
Der Beschuldigte und die geschädigte Zeugin -, die an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt ist, lernten sich auf der offen geführten Station der von beiden bewohnten Einrichtung Sankt – kennen. Ein näherer Kontakt entstand über Frau -, die Lebensgefährten, mit welcher der Beschuldigte vor der Zeugin – zusammen war. Frau – und die Zeugin – bewohnten nämlich gemeinsam ein Doppelzimmer, und empfingen des Öfteren Besuch von dem Beschuldigten. Nachdem Frau – auf die geschlossene Station der Einrichtung Sankt – verlegt wurde, kam es zu einer Annäherung des Beschuldigten mit der Zeugin -. Die beiden wurden schließlich im Februar bzw. März 2020 ein Paar.
Im Zeitraum von 19. bzw. 20.04.2020 bis 04.05.2020 bewohnten der Beschuldigte und die Zeugin – gemeinsam deren Zimmer, weil sie wegen eines unerlaubten Kontakts zu einem Pizzaboten eine zweiwöchige coronabedingte Quarantäne ableisten mussten. Vor und nach der Quarantänezeit bewohnten die beiden getrennte Zimmer in der Einrichtung Sankt -.
II. Tatgeschehen
1. Schläge ins Gesicht am 04.04.2020
Am 04.04.2020 schlug der Beschuldigte in den Räumen der Einrichtung Sankt – der Zeugin – nicht ausschließbar nur mit der flachen Hand mindestens zweimal ins Gesicht, wodurch er der Zeugin eine blutige Nase, eine blutige Lippe und linksseitig ein blaues Auge zufügte.
Er wollte der Zeugin die entsprechenden Verletzungen auch zufügen, als er die Schläge ausführte.
2. Drücken eines Kissens auf das Gesicht zwischen 04.04.2020 und dem 03.06.2020 Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem 04.04.2020 und dem 03.06.2020, besuchte der Beschuldigte die geschädigte Zeugin – in deren Zimmer. Während eines Gesprächs mit ihr steigerte sich der Beschuldigte in seine wiederkehrende Eifersucht auf fremde Männer hinein. Er war zum Tatzeitpunkt davon überzeugt, die Zeugin betrüge ihn.
Aus Wut drückte der Beschuldigte daher der auf dem Bett auf dem Rücken liegenden Zeugin unvermittelt ein Kopfkissen für unbestimmte Zeit mit erheblicher Kraft auf das Gesicht, sodass Mund und Nase vollständig bedeckt waren und die Zeugin für unbestimmte Dauer keine Luft mehr bekam. Hierbei äußerte der Beschuldigte: „An ihn denkst du schon, aber an mich nicht“.
Bei dieser Handlung wollte der Beschuldigte die Zeugin körperlich nicht nur unerheblich misshandeln.
Als der Beschuldigte das Kissen wieder vom Gesicht der Zeugin nahm, war diese der Bewusstlosigkeit nahe und rang nach Luft. Der Beschuldigte beteuerte sofort, dass es ihm leidtue und er nicht gewollt habe, dass die Zeugin sterbe und er froh sei, dass sie noch lebe.
Spuren des Druckvorgangs mit dem Kissen sowie ein längeres Unwohlsein der Geschädigten Zeugin – entstanden hierbei nicht.
III. Nachtatgeschehen
Am 04.06.2020 kam es im Innenhof der Einrichtung Sankt – zu einem lauten verbalen Streit zwischen dem Beschuldigten und der Zeugin -, wobei der Beschuldigte die Zeugin laut beschimpfte, sie anschrie und ihr insbesondere auch vorhielt, ob er sich umbringen solle bzw. ob sie ihn zum Mörder machen wolle.
Infolge dieser Auseinandersetzung trennte sich das Paar und der Beschuldigte wurde noch am 04.06.2020 zur Behandlung einer eventuell bestehenden Suizidalität in das Isar-Amper-Klinikum – eingewiesen.
Die Zeugin – offenbarte sich nach dieser räumlichen Trennung erstmalig hinsichtlich aller in der Antragsschrift vom 22.02.2021 aufgelisteten Taten gegenüber dem Betreuungspersonal der Einrichtung.
IV. Schuldfähigkeit und Gefährlichkeit des Beschuldigten Der Beschuldigte leidet insbesondere an einer schizoaffektiven Störung (ICD-10 F 25). Aufgrund dieser krankhaften seelischen Störung war seine Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Begehung der verfahrensgegenständlichen Taten bei erhalten gebliebener Einsichtsfähigkeit sicherlich erheblich vermindert. Es kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten zu den Tatzeitpunkten aufgehoben war.
Von dem Beschuldigten sind aufgrund seiner krankhaften seelischen Störung in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit – vor allem, aber nicht nur in partnerschaftlichen Beziehungen – weitere erhebliche ihrer Qualität nach den Tathandlungen der Anlassdelikte vergleichbare schwerwiegende fremdaggressive und fremdschädigende Straftaten zu erwarten, die hinsichtlich der Tatfolgen über die Anlassdelikte hinausgehen und zu erheblichen bis tödlichen Verletzungen führen können. Der Beschuldigte ist daher für die Allgemeinheit gefährlich.
C. Beweiswürdigung
Die Kammer überzeugte sich von den unter A. und B. getroffenen Feststellungen aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme.
I. Beweiswürdigung zu den persönlichen Verhältnissen (A.)
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen hinsichtlich der Biografie des Beschuldigten auf dessen hierzu getätigten, glaubhaften Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung, wobei ihm die gegenüber der Sachverständigen Dr. – getätigten Angaben vorgehalten wurden und er diese bestätigte bzw. in nicht unwesentlichen Teilen ergänzte bzw. korrigierte.
Die Feststellungen zur psychischen Gesundheit beruhen auf den schlüssigen, nachvollziehbaren, fundierten und in sich widerspruchsfreien Ausführungen der Sachverständigen Dr. – und den eigenen Ausführungen des Beschuldigten. Den Ausführungen der Sachverständigen schließt sich die Kammer unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks von dem Beschuldigten, welchen die Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung gewinnen konnte, vollumfänglich an.
Die Feststellung der Vorstrafenfreiheit des Beschuldigten beruht auf der Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs vom 11.06.2021.
Hinsichtlich den Vorgängen aus dem Ermittlungsverfahren und den Daten der vorläufigen Unterbringungen des Beschuldigten legte die Kammer ihren Feststellungen eine diesbezügliche Einlassung des Beschuldigten zugrunde, wobei ihm insbesondere auch die in der Antragsschrift vom 22.02.2021 aufgelisteten Haftdaten vorgehalten wurden.
II. Beweiswürdigung zum festgestellten Sachverhalt und insbesondere zur Schuldfähigkeit (B.)
1. Einlassung des Beschuldigten
Der Beschuldigte ließ sich im Rahmen der Hauptverhandlung selbst zur Sache ein.
Er habe die geschädigte Zeugin – in der Einrichtung Sankt – kennengelernt, weil sie gemeinsam mit seiner Exfreundin, Frau -, ein Zimmer bewohnt habe. Zuvor sei sie im bereits aufgefallen, weil sie vor dem Supermarkt gebettelt habe. Er habe sie beschützen wollen.
Die Zeugin – habe ihn irgendwann angebettelt, dass er mit ihr mitkommen solle, dann seien sie „im Bett gelandet“. Letztlich habe sie ihn „verarscht“. Die Schläge ins Gesicht vom 04.04.2020 und den Vorgang mit dem Kissen, die er grundsätzlich in objektiver und subjektiver Hinsicht einräume, hätten nichts mit einer Eifersucht zu tun gehabt. Vielmehr sei er der Meinung, dass „jeder mit jedem reden könne“. Er habe zu der Zeugin – auch nie gesagt, „den liebst du, mich nicht“. Die Zeugin sei ihm auch nicht fremdgegangen.
Auf Nachfrage führte der Beschuldigte dann aber widersprüchlich aus, er habe doch gedacht, die Zeugin würde ihm mit anderen Männern fremdgehen. Bei dem Vorfall mit dem Kissen sei er der Meinung gewesen, neben der Geschädigten liege ein unbekleideter Mann im Bett.
Anschließend führte er aus, er habe seiner Exfreundin, Frau -, während der mehrjährigen Beziehung nie ein Haar gekrümmt.
Zu den Schlägen ins Gesicht der Zeugin – gab er an, er habe am 04.04.2020, möglicherweise auch früher, dreimal mit der Faust zugeschlagen, weswegen die Zeugin an der Lippe und der Nase geblutet habe. Die Wunden habe sie gegenüber dem Pflegepersonal damit erklärt, dass sie gegen eine Scheibe gelaufen sei.
Hinsichtlich des Vorgangs mit dem Kissen konnte er ebenfalls keine exakte zeitliche Einordnung vornehmen. Seines Erachtens habe sich der Vorfall während der Quarantänezeit zugetragen. Man habe zunächst gemeinsam im Bett gelegen. Er sei zwar nicht eifersüchtig gewesen, habe allerdings gedacht, neben ihr im Bett schlafe jemand anderes. Er habe dann das Kissen nur eine Sekunde und auch nicht kräftig auf ihr Gesicht gedrückt. Sie sei nur ruhig liegen geblieben und habe sich nicht gewehrt. Anschließend habe er sie gerüttelt, damit sie ins Leben zurückkomme, und sie habe nach Luft geschnappt. Er habe sie keinesfalls töten wollen, dazu sei er gar nicht in der Lage. Es sei ferner gelogen, dass er zur Zeugin – gesagt habe, er sei froh, dass sie noch lebe.
Nachdem er das Kissen von ihrem Gesicht genommen habe, habe die Zeugin ihm keine Vorwürfe gemacht und auch nichts zu ihm gesagt. Die beiden hätten nie über den Vorgang gesprochen. Sie habe sich insgesamt stark nach ihm gerichtet. Seines Erachtens wäre es in einer Beziehung „langweilig“, wenn „beide gleich“ seien.
Zum Motiv für den Einsatz des Kissens führte der Beschuldigte anschließend korrigierend aus, er habe eine Fantasie im Kopf gehabt, er habe sich nichts dabei gedacht, nur um im nächsten Satz erneut korrigierend anzugeben, er habe keine Ahnung warum er das getan habe und er habe der Zeugin – nichts tun wollen. Nachfragen durch die Kammer konnten keine weitere Klärung herbeiführen.
Er erkläre sich diesen „Aussetzer“ so, dass er während der Quarantäne viel Wasser getrunken habe, weshalb seine Tabletten nicht dementsprechend gewirkt hätten. Zudem habe er in dieser Zeit viel Kaffee getrunken, welchen er nicht vertrage, da dieser ihn aggressiv und nervös mache.
Die Vorfälle würden ihm sehr leidtun. Seine Krankheit sei von ihrem Wesen her so, dass „sie erst vorbei“ sei, wenn er dem Handlungsimpuls nachgeben könne. So sei seine Krankheit nun mal, deswegen empfinde er sich aber nicht als für die Allgemeinheit gefährlich. Schließlich wiederholte der mittlerweile emotional sehr aufgewühlte Beschuldigte mehrmals und hastig, die Taten täten ihm „tausendmal“ leid.
Der Beschuldigte erzählte dann, dass er mittlerweile eine neue Partnerin habe, die er in Taufkirchen kennengelernt habe, weil sie beide die gleiche Station bewohnt hätten. Er sei in Taufkirchen zur stationären Behandlung gewesen, bevor er im Januar 2021 nach Gabersee gekommen sei. Aktuell würden die beiden über Besuche, Telefonate und auch Briefe Kontakt halten. Die Beziehung laufe sehr gut und der Beschuldigte sei zufrieden. Seiner Einschätzung nach, habe er in der aktuellen Beziehung keine Probleme mit dem Thema Eifersucht. Dies begründete er damit, dass seine Exfreundin so ein „Typ“ gewesen sei, der „andere Männer liebe“. So sei seine neue Partnerin nicht. Weil er nun eine andere Beziehung mit anderen Zielen führe, könnten Gedanken an Eifersucht nicht mehr in seinen Kopf kommen. Er sei in der neuen Beziehung „ganz ruhig“, wenn er die richtige Tablette habe. Wenn er bemerken würde, dass die medikamentöse Einstellung nicht stimme, gehe er direkt zum Pflegepersonal und wolle eine weitere Tablette, so der Beschuldigte. Er wolle seine neue Partnerin heiraten, mit ihr Urlaub machen und eventuell später in die Türkei zu seinen Eltern ziehen. Seines Erachtens könne er durchaus „alleine“ wohnen, weil nichts passiere, wenn er seine Tablette eigenständig einnehme.
Sein Glaube an sich selbst sei die Garantie dafür, dass vergleichbare Taten in Zukunft nicht mehr geschehen würden.
Insgesamt widersprach sich der Beschuldigte im Rahmen seiner Ausführungen teilweise innerhalb weniger Sätze selbst und konnte die Widersprüche auch nach Rückfragen der Kammer nicht plausibel erklären. Die genauen Umstände der Taten waren ihm darüber hinaus nach Überzeugung der Kammer nur schemenhaft erinnerlich bzw. für ihn selbst nicht verständlich, wenngleich er die Begehung der vorgenannten Übergriffe unumwunden einräumte. Diese Erinnerungslücken erachtete die Kammer nicht für Schutzbehauptungen, sondern führte sie vielmehr auf die emotional belastende Situation des psychisch erkrankten Beschuldigten bei der Aussage vor Gericht zurück.
2. Angaben der geschädigten Zeugin – Die Zeugin – war im Zeitraum von Februar 2020 bis Anfang Juni 2020 die Partnerin des Beschuldigten. Sie ist die Geschädigte beider Vorfälle und zugleich die einzige unmittelbare Tatzeugin.
Sie bestätigte im Rahmen ihrer Aussage, dass sie und der Beschuldigte im Zeitraum vom 20.04.2020 bis 04.05.2020 zu Quarantänezwecken gemeinsam ein Doppelzimmer in der Einrichtung Sankt – bewohnt hätten. Davor und danach hätten beide wieder getrennt gewohnt.
Die körperlichen Übergriffe des Beschuldigten hätten mit den Schlägen ins Gesicht, welches sich am 04.04.2020 zugetragen hätten, begonnen. Auf Rückfrage der Kammer, warum sie das Datum dieses Vorfalls so genau benennen könne, gab die Zeugin an, sie sei sich diesbezüglich so sicher, weil der Beschuldigte an dem entsprechenden Tag seinen (inoffiziellen) Geburtstag gefeiert habe. Sie könne die Schläge diesem Ereignis fest zuordnen. Ob er mit der Faust oder mit der offenen Hand geschlagen habe, wisse sie nicht mehr. Sie habe jedenfalls eine blutende Nase, eine blutende Lippe und ein blaues Auge davongetragen. Auch an die genaue Anzahl der Schläge könne sie sich nicht mehr erinnern. Dem Betreuungspersonal habe sie erzählt, dass sie gegen eine Scheibe gelaufen sei. Dies sei eine Ausrede gewesen.
Die vorgenannten Verletzungen seien alle folgenlos verheilt.
Der Vorfall mit dem Kissen sei ihres Erachtens nicht während der Quarantäne geschehen, sie könne ihn allerdings zeitlich nicht klar der Zeit vor oder nach der Quarantäne zuordnen. Sie erinnere sich nur noch, dass es abends gewesen sei und man gemeinsam auf dem Bett in ihrem Zimmer gelegen habe. Der Beschuldigte habe zu ihr gesagt „an ihn denkst du schon, an mich nicht“. Dann habe er ihr das Kissen feste auf das Gesicht gedrückt, weshalb sie bewusstlos geworden sei. Sie habe nur „ein bisschen“ versucht, sich mit den Händen zu wehren, aber der Beschuldigte sei ihr körperlich überlegen gewesen. Sie habe sich allerdings nicht bewusst tot gestellt und dies auch der Zeugin – nicht so erzählt.
Als sie wieder zu sich gekommen sei, sei sie sehr froh gewesen, dass sie nicht gestorben sei. Sie habe Todesangst gehabt. Der Beschuldigte habe dann zu ihr gesagt, dass er nicht gewollt habe, dass sie sterbe. Er sei ebenfalls froh gewesen, dass sie noch lebe. Ihr sei aufgefallen, dass sie beim Aufwachen ein komisches Geräusch von sich gegeben habe. Auf Nachfrage hin beschrieben die Zeugin – das vorgenannte Geräusch als Röcheln. Nach dem Zustand befragt, in welchem sie sich unmittelbar nach dem Zeitpunkt des Aufwachens befunden habe, führte sie aus, sie sei sofort wieder klar im Kopf gewesen. Sie meine außerdem, dass der Beschuldigte sich sofort bei ihr entschuldigt habe. Er habe außerdem gesagt, er hätte aufgepasst, dass sie noch atme, weil es für ihn das Schlimmste gewesen sei, wenn sie gestorben wäre. Sie könne sich allerdings nicht an weitere Details erinnern, weil ihr Gedächtnis sehr schlecht sei.
Sie habe gegenüber dem Betreuungspersonal erst so spät von den gewalttätigen Übergriffen des Beschuldigten erzählt, weil sie gedacht habe, man dürfe Geheimnisse nicht verraten, weil es so in der Bibel stünde.
Die Kammer würdigte die Aussage der geschädigten Zeugin – kritisch, gelangte aber zu der Überzeugung, dass die Zeugin aussagetüchtig ist und ihre Angaben als glaubhaft einzuordnen sind, wenngleich sie bruchstückhaft ausfielen.
Zu dieser Annahme gelangte die Kammer zum einen anhand des schlüssigen Gutachtens des Sachverständigen Dr. – vom 28.06.2021, in welchem der Zeugin die allgemeine Aussagetüchtigkeit nicht aufgrund ihrer eigenen psychischen Erkrankung abgesprochen wurde.
Des Weiteren berücksichtigte die Kammer die Aussage der Zeugin -, die als Sozialbetreuerin in der Einrichtung Sankt – mit der Zeugin – unmittelbar befasst ist. Sie führte im Rahmen der Hauptverhandlung aus, die Erzählungen der Zeugin – hätten in der Vergangenheit immer Hand und Fuß gehabt. Ihres Erachtens handele es sich bei ihren Schilderungen nicht um Fantastereien. Seitdem sie die Zeugin – kenne, habe sie außerdem keine unpräzisen Schilderungen wahrnehmen können, welche auf deren psychische Erkrankung zurückzuführen gewesen seien.
Weil sich für die Kammer keine Anhaltspunkte ergaben, die Zweifel an den Ausführungen des Sachverständigen Dr. – oder an der Einschätzung der Zeugin – begründeten, schloss sie sich insofern nach einer eigenen wertenden Betrachtung den vorgenannten Einschätzungen an, insbesondere auch deshalb weil die geschädigte Zeugin – während ihrer Aussage auf die Kammer zwar schüchtern und zurückhaltend, aber in keiner Weise verwirrt wirkte, vielmehr geordnet und klar ihre Erinnerungen wiedergab und dabei strukturiert zwischen eindeutigen, unklaren und fehlenden Elementen ihrer Erinnerung unterschied, wobei sich wesentliche Übereinstimmungen mit den Angaben des Beschuldigten ergaben.
3. Feststellungen zur Vorgeschichte
Zu den Feststellungen hinsichtlich der Vortatgeschichte bildete die Kammer ihre Überzeugung insbesondere anhand der glaubhaften Schilderungen des Zeugen -. Seine Angaben waren mit denen der übrigen Mitarbeiter der Einrichtung Sankt -, welche ebenfalls als Zeugen vernommen wurden, nahtlos in Einklang zu bringen. Der Zeuge – war und ist Stationsleiter in der Einrichtung Sankt -. Er leitet die Station, welche von der Geschädigten bewohnt wird und welche im Zeitraum der Quarantänemaßnahme auch vom Beschuldigten bewohnt wurde. Sowohl die Geschädigte als auch der Beschuldigte sind dem Zeugen persönlich seit mehreren Jahren bekannt.
Die Beziehung der Zeugin – mit dem Beschuldigten habe im Februar 2020 begonnen, nachdem Frau – auf die geschlossene Station verlegt worden sei. Zur Beziehungsdynamik führte der Zeuge – in Übereinstimmung mit den Aussagen des übrigen Betreuungspersonals – aus, er sei der Meinung, der Beschuldigte habe den „Ton angegeben“ und nahezu alle alltäglichen Entscheidungen (Einkauf, Auswahl des Essens, Freizeitgestaltung, Kontaktaufnahme zu anderen Personen etc.) für sich und seine Partnerin getroffen, während diese seine Entscheidungen unterwürfig respektiert habe. Weil eine sehr ähnliche Beziehungsdynamik bereits in der Partnerschaft des Beschuldigten mit Frau – festgestellt worden sei, habe man die Beziehung zwischen dem Beschuldigten und der Zeugin – von Seiten der Einrichtung her eher kritisch gesehen. Die Zeit der Quarantäne sei insofern als „Testphase“ gedacht gewesen, da sich das Paar gewünscht habe, die zwei Wochen gemeinsam zu verbringen. In den ersten Monaten der Beziehung habe sich der Beschuldigte gegenüber der Zeugin gelegentlich verbal aggressiv geäußert, auf körperliche Übergriffe habe es aber vor den Ereignissen im April 2020 keine Hinweise gegeben, so der Zeuge -.
Die Zeugin – selbst beschrieb den Beschuldigten als „guten Menschen“, der aber (grundlos) sehr eifersüchtig gewesen sei. Der Beschuldigte habe ihr einerseits gutgetan, sie andererseits aber auch gequält.
4. Feststellungen zu den Schlägen ins Gesicht
Im Zuge der Beweisaufnahme gelangte die Kammer zu der Überzeugung, dass der Beschuldigte am 04.04.2020 der geschädigten Zeugin – mindestens zweimal jedenfalls mit der flachen Hand ins Gesicht schlug, wodurch diese eine blutende Nase, eine blutende Lippe und ein Hämatom am linken Auge davontrug.
Zunächst berichtete der Zeuge Dr. -, Assistenzarzt im Isar-Amper-Klinikum -, er habe den Beschuldigten am 17.06.2020 zum Zwecke der stationären Behandlung begutachtet. Der Beschuldigte habe im Gespräch mit dem Zeugen eingeräumt, dass er seine Partnerin, die Zeugin -, mehrmals geschlagen habe.
Auch die Sachverständige Dr. – berichtete im Rahmen der Hauptverhandlung Ähnliches. Gegenüber ihr habe der Beschuldigte im Rahmen der Exploration angegeben, er sei ausgeflippt, nachdem er gespürt habe, dass die Zeugin – ihn betrogen habe. Deshalb habe er sie zweimal rechts und zweimal links an Nase und Wange geschlagen.
Diese Schilderungen stimmten nach Ansicht der Kammer letztlich mit der eigenen Darstellung des Beschuldigten und auch mit denen der Geschädigten überein.
Lediglich die genaue zeitliche Zuordnung war nicht ohne weiteres möglich. Die Betreuungspersonen der Einrichtung Sankt -, die als Zeugen vernommen wurden, berichteten nämlich, ein „Veilchen“ am linken Auge der geschädigten Zeugin – sei erst am 23.04.2020 entdeckt worden. Die Geschädigte habe ihre Verletzung so erklärt, dass sie gegen eine Terrassentür gelaufen sei. Zum Zeitpunkt der Entdeckung habe das Hämatom bereits eine ausgeprägte bläuliche Farbe aufgewiesen, so insbesondere der Zeuge -. Über den genauen Entstehungszeitpunkt könne seitens der Einrichtung nur gemutmaßt werden. Auf die zeitliche Divergenz zwischen dem 04.04.2020 und dem 23.04.2020 angesprochen berichtete der Zeuge – des Weiteren, die Geschädigte habe ihm gegenüber im Rahmen ihrer „Offenbarung“ nach dem 04.06.2020 auch von Schlägen ins Gesicht berichtet, die am 04.04.2020 stattgefunden hätten. Hierbei habe sie von Schlägen mit der flachen Hand geredet, wobei sie keine zahlenmäßige Einordnung vorgenommen habe.
Von der Kammer danach befragt, warum sie sich hinsichtlich der genauen zeitlichen Zuordnung dieser Schläge zum 04.04.2020 so sicher sei, äußerte die Zeugin – plausibel, dass an diesem Tag ein „besonderes Ereignis“ stattgefunden habe, was ihr in Erinnerung geblieben sei. Der Beschuldigte habe seinen (inoffiziellen) Geburtstag gefeiert.
Mit dieser Aussage der Geschädigten konnte auch die folgende Schilderung der Zeugin -, Pflegedienstleitung in der Einrichtung Sankt -, in Einklang gebracht werden. Diese gab im Rahmen der Hauptverhandlung an, sie sei während der Quarantänemaßnahme von einer Kollegin auf einen Kratzer im Gesicht der Geschädigten aufmerksam gemacht worden. Infolge dieser Mitteilung habe sie die Geschädigte und den Beschuldigten in deren Doppelzimmer aufgesucht und habe den ganzen unbekleideten Körper der Zeugin – in Augenschein genommen, um eventuelle Verletzungen festzustellen. Bei dieser Untersuchung seien ihr, außer einem grünlichen und somit bereits älteren Hämatom unter dem Auge und dem vorgenannten Kratzer im Gesicht, keine weiteren Verletzungen am Körper aufgefallen.
Die Kammer gelangte anhand einer Zusammenschau der angeführten Aussagen zu der Überzeugung, dass die geschädigte Zeugin – vor Gericht eine zutreffende zeitliche Einordnung der vom Beschuldigten selbst objektiv und subjektiv eingeräumten Schläge ins Gesicht vornahm, als sie als Tatzeitpunkt den 04.04.2020 nannte.
5. Feststellungen zum Drücken eines Kissens auf das Gesicht Trotz eingehender Untersuchung im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme, konnten keine genaueren Feststellungen hinsichtlich des Tatzeitpunkts getroffen werden, zum einen weil die Geschädigte sich erst erhebliche Zeit nach dem Vorfall gegenüber dem Betreuungspersonal der Einrichtung Sankt – offenbarte und sie selbst keine Zuordnung zum Zeitraum vor oder nach der Quarantänemaßnahme vornehmen konnte. Zum anderen wurden für die als Zeugen vernommenen Betreuungspersonen zu keinem Zeitpunkt entsprechende äußere Verletzungen im Gesicht der Geschädigten offenkundig.
Von der grundsätzlichen Tatbegehung durch den Beschuldigten konnte die Kammer sich aber anhand einer Zusammenschau seiner eigenen Einlassung und der Aussage der Zeugin – bilden.
Entsprechende Ausführungen hinsichtlich der Tatbegehung habe der Beschuldigte auch gegenüber ihm getätigt, so der Zeuge Dr. -. Der Beschuldigte habe ihm gegenüber bei der Begutachtung ausgeführt, er sei der festen Überzeugung gewesen, dass seine Partnerin, die Zeugin -, mit einem anderen Mann Sex gehabt habe. Darum habe er aus Wut mit dem Kissen auf ihr Gesicht gedrückt.
Nähere Feststellungen hinsichtlich der Intensität und Dauer des Drückens konnte die Kammer hingegen nicht zu ihrer Überzeugung herausarbeiten, weil sich die Angaben des Beschuldigten und der einzigen unmittelbaren Tatzeugin, der geschädigten Zeugin -, diesbezüglich diametral gegenüber standen und Sachverhaltsungewissheiten nicht zu Lasten des Beschuldigten Berücksichtigung finden können.
Gegenüber dem Zeugen Dr. – habe der Beschuldigte im Rahmen des Begutachtungsgespräches erzählt, dass die Geschädigte infolge des Drückens niemals bewusstlos gewesen sei und er auch nicht die Absicht gehabt habe, sie umzubringen. Er sei lediglich sauer gewesen und habe sich damals nicht beruhigen können. Die Darstellung des Zeugen Dr. – deckte sich mit der Einlassung, welche der Beschuldigte selbst im Rahmen der Hauptverhandlung machte.
Die geschädigte Zeugin – führte im Rahmen der Hauptverhandlung zwar aus, sie sei der Meinung, dass sie bewusstlos gewesen sei, sie sei nach dem Vorfall jedoch sofort wieder völlig bewusstseinsklar gewesen. Ferner habe sie nur eine geringe Gegenwehr mit den Händen geleistet, wenngleich sie Todesangst gehabt haben will.
Der Zeuge – gab im Rahmen seiner Aussage jedoch an, die Geschädigte habe sich ihm gegenüber im Nachgang der Ereignisse dahingehend geäußert, dass sie lediglich das Gefühl gehabt habe, sie werde bewusstlos. Letztlich sei sie sich aber nicht sicher gewesen, ob die Bewusstlosigkeit tatsächlich eingetreten sei.
Zudem hielt die Zeugin – auf Vorhalt ihrer polizeilichen Vernehmung daran fest, die geschädigte Zeugin – habe ihr gegenüber angegeben, sich absichtlich tot gestellt zu haben, um den Vorgang des Pressens mit dem Kissen vorzeitig zu beenden. Zwar nahm auch die Kammer zur Kenntnis, dass diese Aussage in Widerspruch zu der Aussage der Geschädigten und auch in Widerspruch zu anderen Zeugenaussagen stand, letztlich gebieten die diesbezüglich verbleibenden Zweifel in dubio pro reo aber, dass zugunsten des Beschuldigten davon ausgegangen werden muss, die Geschädigte sei nicht bewusstlos geworden.
Ein Gutachten des rechtsmedizinischen Institutes der LMU – vom 06.10.2020, Gutachten Nummer 20-06-0648-62, welches sich zu einer Einschätzung bezüglich einer bestehenden Lebensgefahr im vorliegenden Fall äußerte, legte dar, dass durch die weiche Bedeckung der Atemöffnungen mittels eines Kissens innerhalb weniger Minuten eine Erstickung herbeigeführt werden könne, was eine das Leben bedrohende Behandlung darstelle. Im Falle einer durch weiche Bedeckung ausgelösten Bewusstlosigkeit könne auch bei Beendigung der weichen Bedeckung im Zeitraum bis zur Wiederkehr des Bewusstseins prinzipiell eine vitale Gefährdung gegeben sein.
Letztendlich konnte sich die Kammer jedoch keine dahingehende Überzeugung bilden, dass die entsprechende Gewaltanwendung mehrere Minuten dauerte bzw. dass bei der Geschädigten tatsächlich eine Bewusstlosigkeit eintrat.
Wenngleich – wie bereits dargelegt – die Dauer und Intensität der Gewaltanwendung durch den Beschuldigten im Rahmen der Hauptverhandlung widersprüchlich geschildert wurde, so bestand zwischen der Aussage der Geschädigten und der Einlassung des Beschuldigten insofern wieder eine Übereinstimmung, als das von beiden Seiten bekundet wurde, die Tötung der Geschädigten sei nicht beabsichtigt gewesen.
Die Kammer überzeugt sich folglich davon, dass der Beschuldigte zwar mit Schädigungsvorsatz, allerdings nicht mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte, als er der auf dem Bett liegenden Zeugin – das Kissen auf das Gesicht presste.
6. Feststellungen zum Nachtatgeschehen
Die Feststellungen zum Nachtatgeschehen beruhen im Wesentlichen auf der Aussage der Zeugin -, die am 04.06.2020 akustisch auf die lautstarke Auseinandersetzung im Innenhof aufmerksam wurde und der augenscheinlich verängstigten Zeugin – zu Hilfe eilte. Der Beschuldigte sei zu diesem Zeitpunkt drohend über seiner Partnerin gestanden, die auf einer Bank gesessen sei. Er habe sie angeschrien und immer wieder gegen eine in der Nähe befindliche Metallstütze geschlagen. Sie habe vernommen, wie der Beschuldigte geschrien habe „Willst du, dass ich mich umbringe?“. Die Zeugin habe nach eigenen Angaben dann laut werden müssen, weil der Beschuldigte so in Rage gewesen sei, dass sie ihn anders nicht mehr auslenken habe können.
Die Zeugin – berichtete im Rahmen der Hauptverhandlung davon, dass der Beschuldigte ihr gegenüber am 04.06.2020 mit Mord bzw. Selbstmord gedroht habe. Wörtlich habe er gesagt „Willst du mich zum Mörder machen? Ich werde nicht alleine gehen“.
Die Kammer erachtete diese Schilderungen nach einer wertenden Betrachtung und auch nach einem Abgleich mit dem Eindruck, welchen der zeitweise laut und scheinbar unkontrolliert dazwischenrufende und zeitweise sehr emotionale Beschuldigte im Rahmen der Hauptverhandlung hinterließ, als glaubhaft und wertete die Geschehnisse vom 04.06.2020 letztlich als ein Indiz für die Auswirkungen der schwerwiegenden psychischen Erkrankung des Beschuldigten auf sein Hemmungsvermögen.
7. Feststellungen zur Schuldfähigkeit
Die Feststellungen zur Schuld(un-)fähigkeit des Beschuldigten zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Taten beruhen auf den nachfolgend dargestellten Ausführungen des Sachverständigen Dr. – (E.).
D. Rechtliche Würdigung
Der Beschuldigte verwirklichte durch sein Handeln in objektiver und subjektiver Hinsicht zwei tatmehrheitliche Fälle der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 53 StGB, wobei er zwar jeweils rechtswidrig, aber gemäß § 20 StGB nicht schuldhaft handelte, da er sich bei der Begehung der Taten nicht ausschließbar im Zustand der Schuldunfähigkeit befand.
Die Kammer konnte sich aufgrund der widersprüchlichen Angaben hinsichtlich der Intensität und Dauer der Anwendung des Kissens nicht vom Vorliegen entsprechender Tatsachen überzeugen, die die Annahme einer abstrakt das Leben gefährdenden Behandlung im konkreten Fall im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB begründet hätten.
Ferner konnte sich die Kammer nach einer eigenen wertenden Gesamtbetrachtung aller Beweismittel – wie vorab bereits festgehalten – nicht vom Vorliegen eines (bedingten) Tötungsvorsatzes überzeugen, sondern nahm vielmehr an, dass der Beschuldigte in beiden Tatsituationen lediglich mit Schädigungsvorsatz handelte.
E. Maßregel der Besserung und Sicherung: Unterbringung gemäß § 63 StGB Die Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB liegen vor.
Die Vollstreckung der Unterbringung kann nicht gemäß § 67 b StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.
I. Einschätzung des Sachverständigen Dr. – Die Sachverständige Dr. -, Chefärztin der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des Isar-Amper-Klinikums -, legte ihrem Gutachten vom 25.09.2020 und ihrem mündlich im Rahmen der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten die Erkenntnisse aus zwei Explorationsterminen, aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft, aus den mit Einverständnis des Beschuldigten angeforderten Arztberichten und Letzterem ferner die Ergebnisse und Eindrücke der Hauptverhandlung, an der sie vollumfänglich teilnahm, zugrunde. Nach einer Bewertung der von ihr festgestellten Befundtatsachen gelangte sie zu folgendem Ergebnis:
1. Vorliegen einer schizoaffektiven Störung zum Zeitpunkt der Taten und Fortbestehen zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Nach Einschätzung der Sachverständigen habe der Beschuldigte zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Taten an einer schizoaffektiven Störung (ICD-10 F 25) gelitten.
Zur Erklärung des Krankheitsbildes führt die Sachverständige aus, dass laut ICD-10 bei einer schizoaffektiven Störung sowohl schizophrene als auch affektive Symptome in derselben Krankheitsphase auftreten würden. Dabei könnten hinsichtlich der affektiven Symptome sowohl Symptome einer manischen Episode als auch depressive Symptome vorliegen.
Schizophrene Störungen würden sich im Allgemeinen durch grundlegende und charakteristische Störungen von Denken und Wahrnehmung sowie eine inadäquate oder verflachte Affektivität auszeichnen. Während es in etwa zwei von drei Fällen zu einer vollständigen oder nahezu vollständigen Remission der psychotischen Symptomatik ohne nennenswerte Residualsymptomatik komme, könne die Krankheit aber auch kontinuierlich zu zunehmenden oder stabilen Defiziten führen.
In der Zusammenschau der verschiedenen Behandlungsmaßnahmen der Vergangenheit und der Krankheitsgeschichte seit dem Jahr 2001 bis zum heutigen Tage sei festzustellen, dass bei dem Beschuldigten seit 2001 eine Symptomatik aus formalen Denkstörungen, wahnhaften Erlebensweisen, Störungen der Wahrnehmung, psychotischen Ichstörungen, Störungen des Affektes, Störungen der Auffassung, der Konzentration, des Antriebs sowie der Aufmerksamkeit, einem Misstrauen und einer eingeschränkten Kritik- und Urteilsfähigkeit beobachtet worden sei, was in Verbindung mit depressiven Symptomen und wohl seltener anklingenden manischen Symptomen die Diagnose einer schizoaffektiven Störung rechtfertige. Im Rahmen der psychischen Störung sei der Beschuldigte seit 2001 wiederholt stationär-psychiatrisch behandelt worden, eine gesetzliche Betreuung sei eingerichtet worden und der Beschuldigte habe über viele Jahre in verschiedenen sozialtherapeutischen Einrichtungen gelebt.
Im Rahmen der Explorationsgespräche in dieser Sache habe der Beschuldigte von seiner Kindheit mit Vergewaltigungen durch den Cousin und Misshandlungen (insbesondere regelmäßige Schläge mit einem Holzstock auf den Rücken) durch den Vater berichtet. Aufgrund seiner körperlichen Behinderung sei er von seinen Eltern nicht akzeptiert wurden. Ferner sei er während der Schulzeit gemobbt worden. Im Alter von achtzehn habe er von „schlechten Freunden“ berichtet, mit welchen der Alkoholkonsum und das Spielen an Automaten begonnen habe. Zum Zeitpunkt der Exploration habe der Beschuldigte nach eigenen Angaben seit zwanzig Jahren aber keine Drogen mehr konsumiert und seit siebzehn Jahren keinen Alkohol mehr getrunken. Ebenso habe er seit fast zwanzig Jahren nicht mehr an Automaten gespielt.
Der erste Explorationstermin habe in einem erheblichen Erregungszustand geendet, welcher nur durch den hinzukommenden Zeugen Dr. – habe beendet werden können. Der Beschuldigte habe sich gegenüber der Sachverständigen für seinen Wutausbruch entschuldigt, nachdem er sich beruhigt habe. Im zweiten Explorationstermin habe er seinen Wutausbruch dann so erklärt, dass ihn die Gespräche über die Vergangenheit aufgewühlt hätten.
Dieses impulsive Verhaltensmuster habe sich auch im Rahmen der Hauptverhandlung gezeigt, als der Beschuldigte einem Wutanfall Ausdruck verlieh, während der Zeuge – seine Aussage gemacht habe.
Zusammenfassend seien bei dem Beschuldigten zum Zeitpunkt seiner Taten und auch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung die Diagnosen einer schizoaffektiven Störung (ICD-10 F 25), eines schädlichen Gebrauchs von Cannabis und Alkohol in der Vorgeschichte (ICD-10 F 19.1) auf dem Boden einer unterdurchschnittlichen Intelligenzleistung und emotional instabile Persönlichkeitsmerkmale zu stellen.
2. Symptomatischer Zusammenhang
Die schizoaffektive Störung sei offenkundig kausal gewesen für die Begehung der verfahrensgegenständlichen Taten, so die Sachverständige Dr. -.
3. Einsichts- und Steuerungsfähigkeit
Eine schizoaffektive Störung falle unter das Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung im Sinne der §§ 20,21 StGB.
Bei dem Beschuldigten sei die schizodepressive Symptomatik mit einer zunehmenden aggressiven Angespanntheit, einer Reizbarkeit, einer begrenzten Impulskontrolle, eine Kritikminderung, einer reduzierten Überblicksfähigkeit einhergegangen. In Verbindung mit einer Fehlverarbeitung der Realität mit einem Beeinträchtigungserleben sowie Hinweisen auf einen sich ausbreitenden Eifersuchtswahn neben beschriebenen akustischen Halluzinationen sei aus psychiatrischer Sicht davon auszugehen, dass die Fähigkeit des Beschuldigten, den Tatanreizen, im Rahmen von Erregungszuständen seiner Partnerin Schläge zu versetzen bzw. ihr ein Kissen auf das Gesicht zu drücken, erheblich beeinträchtigt gewesen sei. Aufgrund der Schwere der Symptomatik insbesondere unter Berücksichtigung der emotionalen Destabilisierung im Kontext der konfliktbehafteten Täter-Opfer-Beziehung sowie zusätzlicher Belastungen wie der Trennung der Beziehung im Vorfeld, die durch die Coronapandemie bedingte Quarantäne mit der Geschädigten, neben den eingeschränkten Konfliktlösungsmöglichkeiten, der unterdurchschnittlichen Intelligenzleistung und der vermehrten Impulsivität bei emotional instabilen Persönlichkeitsmerkmalen, sei zwar kein hinreichender Anhalt für eine Aufhebung der Einsichtsfähigkeit ersichtlich, es komme aber eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht in Betracht.
Aus sachverständiger Sicht sei somit anzunehmen, dass die medizinischen Voraussetzungen des § 21 StGB gegeben seien, die medizinischen Voraussetzungen des § 20 StGB seien jedenfalls nicht ausschließbar.
4. Gefährlichkeitsprognose
Aus sachverständiger Sicht sei der Beschuldigte zum momentanen Zeitpunkt bei fortbestehenden psychopathologischen Auffälligkeiten (phasenweise aggressive Anspannung mit Erregungszuständen, paranoide Erlebensweisen, beeinträchtigte Kritikfähigkeit und Impulskontrolle, sprunghafter Gedankengang) sowie insbesondere ohne einen unterstützenden und kontrollierenden sozialen Empfangsraum außerhalb des Maßregelvollzugs weiterhin gefährlich, weil zeitnah von einer erneuten Exazerbation der schizoaffektiven Störung auszugehen sei. Infolge der daraus resultierenden Fehlverarbeitung der Realität mit zunehmenden wahnhaften Erlebensweisen, dem Auftreten akustischer Halluzinationen, der verminderten Kritik- und Urteilsfähigkeit sowie Impulskontrolle, der aggressiven Anspannung und Reizbarkeit seien mit einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades weitere rechtswidrige Taten in Form von impulshafter Gewaltdelinquenz in erster Linie im Kontext einer konfliktbehafteten Partnerschaft zu erwarten.
Die psychiatrischen Voraussetzungen einer Unterbringung gemäß § 63 StGB seien daher gegeben.
II. Würdigung durch die Kammer
Die Kammer schließt sich nach einer eigenen kritischen Würdigung der gewissenhaft erstellten und von großer Sachkunde getragenen Einschätzung der Sachverständigen Dr. – vollumfänglich an, auch soweit die Gefährlichkeitsprognose betroffen ist. Im Rahmen der Hauptverhandlung legte die Sachverständige ihre Einschätzung überzeugend und logisch nachvollziehbar dar, wobei sie auch ihre zutreffenden Anknüpfungstatsachen benannte. Die Einschätzung der Sachverständigen steht letztlich im Einklang mit dem Ergebnis der Hauptverhandlung.
1. Vorliegen einer schizoaffektiven Störung zum Zeitpunkt der Taten und Fortbestehen zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Beschuldigte zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Taten an einer schizoaffektiven Störung litt, an der er auch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch leidet. Die Sachverständige erklärte er im Rahmen der Hauptverhandlung verständlich und nachvollziehbar die ICD-10 Symptomgruppen einer schizoaffektiven Störung. Die Kammer konnte sich im Zuge der Beweisaufnahme insbesondere vom Vorliegen einer aggressiven Anspannung, einer herabgesetzten Impulskontrolle, den Zügen eines Eifersuchtswahns und dem Umstand, dass der Beschuldigte zeitweise Stimmen hört und formalen Denkstörungen aufweist, überzeugen.
Auch die Zeugin – schilderte das Verhalten des Beschuldigten in der Einrichtung in Sankt – als von schnellen und häufigen Stimmungswechseln, teilweise mit, teilweise ohne ersichtlichen Anlass, geprägt. Der Beschuldigte habe sich teilweise auch verbal aggressiv und aufbrausend gegenüber dem Pflegepersonal gezeigt, so die Zeugin.
Eindrücklich zeigte sich die herabgesetzte Impulskontrolle auch im Rahmen der Hauptverhandlung, da der Beschuldigte den Zeugen – wegen der Verbreitung einer „Lügengeschichte“ laut anschrie, sich auf Aufforderung des Vorsitzenden nach etwa einer Minute wieder sammeln konnte und sich entschuldigte, nur um wenige Sekunden später erneut und unvermindert in Richtung des Zeugen zu schreien. Dieser Vorgang wiederholte sich unmittelbar im Anschluss noch einmal. Der Zeuge – gab daraufhin an, dieses Verhaltensmuster sei für ihn kein ungewöhnlicher Vorgang, weil er ein solches schon des Öfteren im Umgang mit dem Beschuldigten habe feststellen können.
2. Symptomatischer Zusammenhang
Die schizoaffektive Störung war zur Überzeugung der Kammer in allen verfahrensgegenständlichen Fällen ursächlich für die Anlasstaten.
Das Krankheitsbild des Beschuldigten besteht insbesondere aus einer Kombination von wahnhaftem Erleben, akustischen Halluzinationen, einer verminderten Kritikfähigkeit, einer verminderten Urteilsfähigkeit bzw. einer herabgesetzten Realitätsprüfungskompetenz und vor allem auch einer herabgesetzten Fähigkeit zur Impulskontrolle. Das Zusammenspiel dieser Umstände schränkte die Handlungsmöglichkeiten des Beschuldigten in den verfahrensgegenständlichen Tatsituationen nach Überzeugung der Kammer derart ein, dass die Anwendung körperlicher Gewalt für ihn nicht gesichert vermeidbar war.
Nach Rückfrage konnte die Sachverständige Dr. – zudem glaubhaft und schlüssig darlegen, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Taten nicht um Gelegenheitstaten gehandelt habe, die aufgrund der Quarantänemaßnahme und den damit einhergehenden mangelnden Ausweichmöglichkeiten entstanden seien, sondern dass diese Taten alleine in den vorgenannten Risikofaktoren und somit im Krankheitsbild des Beschuldigten begründet lägen. An diesem Punkt zog die Kammer des Weiteren in Betracht, dass sich der erste körperliche Übergriff bereits am 04.04.2020 und mithin eine erhebliche Zeit vor Beginn der Quarantänemaßnahme am 19.04.2020 bzw. 20.04.2020 zutrug.
3. Einsichts- und Steuerungsfähigkeit
Aus Sicht der Kammer kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte aufgrund seiner schizoaffektiven Störung – mit den vorgenannten konkreten Einschränkungen in seiner Wahrnehmung und der Steuerung seines Verhaltens – keine andere Handlungsalternative mehr als die Anwendung körperlicher Gewalt sah und seine Steuerungsfähigkeit damit vollständig aufgehoben war. Jedenfalls ist die Kammer davon überzeugt, dass die Steuerungsfähigkeit aufgrund der genannten Umstände sicherlich erheblich eingeschränkt war.
4. Gefährlichkeitsprognose
Die Gefährlichkeitsprognose für den Beschuldigten ist, in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. – bei Gesamtabwägung aller maßgeblichen Umstände und unter Berücksichtigung des noch während der Hauptverhandlung andauernden, zwar verbesserten, aber weiterhin im Kontakt impulshaft verbal aggressiven Verhaltens, negativ.
Aufgrund seiner schizoaffektiven Störung ist der Beschuldigte nach Überzeugung der Kammer in Alltagssituationen sehr schnell einem erheblichen Kontrollverlust ausgesetzt, den er selbst ohne beschützende Umgebung nicht auszulenken vermag. Er ist deshalb in unbehandeltem Zustand momentan für die Allgemeinheit gefährlich.
Ohne einen schützenden Rahmen und dauerhaft sichergestellte medikamentöse Behandlung sind von ihm aufgrund seines Zustands auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche rechtswidrige Gewalttaten – vorwiegend aber nicht ausschließlich im Rahmen einer problembehafteten Partnerschaft – zu erwarten, die hinsichtlich der Tatfolgen in ihrer Schwere durchaus über die der Anlasstaten hinausgehen können.
5. Verhältnismäßigkeit gemäß § 62 StGB
Die Anordnung nach § 63 StGB ist verhältnismäßig im Sinne des § 62 StGB.
Mildere Maßnahmen als eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, insbesondere die Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung, kommen bei dem Beschuldigten derzeit nicht in Betracht.
Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung überwiegt das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit das Freiheitsrecht des Beschuldigten. Von ihm geht eine erhebliche Gefahr für seine Mitmenschen – insbesondere für seine Partnerinnen – aus, wie insbesondere die verfahrensgegenständlichen Anlasstaten verdeutlichen. Aufgrund des bereits langjährigen Krankheitsverlaufes der schizoaffektiven Störung ohne erkennbare Remission besteht weiterhin die hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung von impulshaften Gewaltdelikten insbesondere gegenüber seinen Partnerinnen im Zusammenhang mit einem Eifersuchtswahn. Dabei kann es jederzeit auch zu einer Eskalation mit unabsehbaren – möglicherweise auch tödlichen – Folgen für das Opfer kommen, wenn eine Beziehungsdynamik auftritt, wie sie sich in der Vergangenheit im Rahmen der Beziehung mit der Geschädigten zeigte.
Bei den Anlasstaten handelt es sich um erhebliche Taten im Sinne des § 63 S. 1 StGB. Die Taten sind der mittleren Kriminalität zuzuordnen. Besondere Umstände für die Unterbringung im Sinne des § 63 S. 2 StGB sind daher nicht nötig.
III. Keine Aussetzung des Vollzugs der Unterbringung zur Bewährung gemäß § 67 b StGB Der Vollzug der strafrechtlichen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus konnte nicht nach § 67 b StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Es liegen keine besonderen Umstände im Sinne des § 67 b Abs. 1 S. 1 StGB vor, die die Erwartung rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel auch durch die Bewährung erreicht werden kann.
Im Rahmen der Hauptverhandlung zeigte sich der Beschuldigte vielmehr überrascht und ratlos über seine eigenen Taten und äußerte nach einer Rücksprache mit seiner Betreuerin, welche auch seine Verteidigerin in dem Verfahren war, er wolle die Unterbringung antreten, damit die Behandlung dazu führe, dass es ihm langfristig wieder besser gehe.
Im Übrigen steht aktuell auch kein – zudem geeigneter und erprobter – sozialer Empfangsraum für den Beschuldigten zur Verfügung.
F. Kein Tatnachweis hinsichtlich des Vorwurfs des mehrmaligen Würgens Hinsichtlich des Tatvorwurfs, der Beschuldigte habe die Zeugin – von 04.04.2020 bis 22.04.2020 mindestens zweimal mit den Händen gewürgt, ließen sich keine für eine Sachentscheidung ausreichenden Anknüpfungstatsachen ermitteln.
1. Tatvorwurf aus der Antragsschrift vom 22.02.2021 Dem Beschuldigten war zur Last gelegt worden, zu mindestens zwei weiteren, nicht näher bestimmbaren Zeitpunkten im Zeitraum von 04.04.2020 bis 22.04.2020, die Geschädigte in den Räumen des Betreuungszentrums mit erheblicher Kraft gewürgt zu haben, vermutlich mit beiden Händen, sodass diese zumindest kurzzeitig in Luftnot geraten sei und, wie von dem Beschuldigten zumindest billigend in Kauf genommen worden sei, nicht unerhebliche Schmerzen erlitten habe.
Dem Beschuldigten sei hierbei bewusst gewesen, dass das Würgen der Geschädigten mit festem Griff eine potentiell das Leben gefährdende Behandlung darstelle.
2. Festgestellter Sachverhalt hinsichtlich des Vorwurfs des mehrmaligen Würgens Die Kammer konnte im Rahmen der Beweisaufnahme weder Feststellungen zum Ob der Tatbegehung noch zur Anzahl oder zeitlichen und räumlichen Einordnung etwaiger Taten oder gar zur konkreten Ausführung (Intensität und Dauer) herausarbeiten.
3. Beweiswürdigung hinsichtlich des Vorwurfs des mehrmaligen Würgens Letztlich konnte sich die Kammer im Zuge der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen, dass der Beschuldigte die Zeugin – (einmal oder auch mehrfach) im betreffenden Zeitraum mit den Händen in der Einrichtung Sankt – gewürgt habe.
a. Einlassung des Beschuldigten im Rahmen der Hauptverhandlung Hinsichtlich der Würgevorgänge konnte der Beschuldigte selbst nur diffuse Angaben hinsichtlich einer etwaigen Tatbegehung, der zeitlichen und örtlichen Einordnung und konkreten Ausführung machen. So habe er die Zeugin – eventuell einmal auf der Wiese vor der Einrichtung Sankt – gewürgt, allerdings nicht im Keller. Der Würgevorgang auf der Wiese habe seines Erachtens – wenn überhaupt – nur eine Sekunde gedauert und er habe hierfür – wenn überhaupt – auch nur eine Hand verwendet. Warum es zu einem Konflikt zwischen ihm und der Zeugin gekommen sein könnte, könne er sich außerdem nicht erklären. Eventuell habe es damit zu tun, dass seine Oma in dieser Zeit verstorben sei, weshalb es ihm schlecht gegangen sei. Zudem habe er in der Einrichtung Sankt – unter Druck gestanden, weil diese ihm bereits mitgeteilt habe, er müsse die Einrichtung verlassen, wenn er noch einen Fehler mache. Er habe in dieser Zeit auch immer wieder Stimmen gehört und Albträume gehabt.
b. Angaben der geschädigten Zeugin – Im Rahmen der Hauptverhandlung führte die Zeugin aus, der Beschuldigte habe sie in der Zeit ab 04.04.2020 mehrmals im Keller der Einrichtung Sankt – gewürgt. Sie könne aber weder die Anzahl der Würgevorgänge noch deren genaue zeitliche Einordnung benennen. Hinsichtlich der Ausführung (einhändig oder beidhändig), der Intensität, der Dauer sowie hinsichtlich der genauen Tatörtlichkeit(en) könne sie keine genaueren Angaben machen. Sie sei der Meinung, das Würgen sei „nicht ganz schlimm“, „also schon schlimm, aber nicht ganz schlimm“ gewesen. Auf Nachfrage hin gab die Zeugin an, ihrer Einschätzung nach hätten die Würgevorgänge jeweils mehrere Sekunden gedauert. Sie habe im Nachhinein keine blauen Flecken an ihrem Hals wahrnehmen können, meine aber, dass sie im Nachgang einige Zeit Schluckbeschwerden gehabt habe. Außerdem habe sie begonnen, sich vor dem Beschuldigten zu fürchten.
c. Zusammenschau
Die Widersprüche in den Angaben des Beschuldigten und der Geschädigten und die daraus resultierenden Sachverhaltsungewissheiten konnte die Kammer – trotz intensiver Bemühungen – nicht ausräumen. Sie konnte sich folglich auch keine Überzeugung von der Täterschaft des Beschuldigten im Hinblick auf die weiteren Taten bilden.
G. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 S. 1 StPO.


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