Strafrecht

Hauptverhandlung, Angeklagte, Freiheitsstrafe, Anklage, Untersuchungshaft, Angeklagten, Lebensunterhalt, Tateinheit, Kindergeld, Bescheid, Scheidung, Strafrahmen, Sorgerecht, Tatgeschehen, sexuelle Handlungen, sexuellen Missbrauchs, Missbrauch von Schutzbefohlenen

Aktenzeichen  1 KLs 318 Js 7693/20 jug

Datum:
21.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 47944
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Coburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Angeklagte K. K. ist schuldig des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen
in Tatmehrheit mit Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in Tateinheit mit Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beihilfe zum Herstellen kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Beihilfe zum Verbreiten kinderpornografischer Schriften
in Tatmehrheit mit Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in Tateinheit mit Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beihilfe zum Herstellen kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Beihilfe zum Verbreiten kinderpornografischer Schriften
sowie in 4 Fällen der Beihilfe zum sexuellen Missbrauch eines Kindes jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen.
2. Sie wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
3 Jahren 9 Monaten
verurteilt.
3. Der Angeklagte S. K. ist schuldig des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 3 Fällen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen
in Tatmehrheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in 3 Fällen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Verbreiten kinderpornografischer Schriften
in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes in 7 Fällen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen
in Tatmehrheit mit Herstellung und Verbreitung kinderpornografischer Schriften in 4 Fällen
in Tatmehrheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Verbreiten kinderpornografischer Schriften
sowie der Herstellung kinderpornografischer Schriften.
4. Er wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
7 Jahren
verurteilt.
5. Die Angeklagten haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
Angeklagte K. K.:
§§ 174 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 a.F.; 176 Abs. 1, Abs. 3 a.F.; 176 a Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 3 a.F.; 184 b Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 a.F.; 13 Abs. 1; 25 Abs. 2; 27; 52; 53 StGB.
Angeklagter S. K.:
§§ 174 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 a.F.; 176 Abs. 1, Abs. 3 a.F.; 176 a Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 3 a.F.; 184 b Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 a.F., 25 Abs. 2; 52; 53 StGB.

Gründe

A. Feststellungen
Teil 1 – Werdegang, persönliche Verhältnisse und körperliche und seelische
Konstitution
I. Angeklagte K. K.
1. Werdegang und persönliche Verhältnisse
a) Die Angeklagte K. K. wurde am ….1987 in A. geboren; wuchs jedoch nicht bei ihren leiblichen Eltern auf. Sie wurde im Jahr 1989 von B. und S. R. adoptiert und wuchs bis zu ihrem 18. Geburtstag bei diesen auf. Das Verhältnis zu ihren Adoptiveltern beschreibt die Angeklagte selbst als schwierig. Ihre leibliche Mutter kennt sie, hat jedoch keinen Kontakt zu ihr. Die Angeklagte hat mehrere Geschwister, von welchen ihr nur ein Bruder bekannt ist.
b) Die Angeklagte beendete ihre Schulbildung nach 9 Jahren mit dem (nicht qualifizierenden) Hauptschulabschluss und absolvierte im Anschluss ein berufsvorbereitendes Jahr. Eine Lehre zur Hauswirtschafterin brach sie ab. Dann schloss sie eine Ausbildung zur Glaskeramikmalerin ab und erwarb dadurch die mittlere Reife, arbeitete jedoch nicht in diesem Beruf. Nachdem sie kurze Zeit für eine Zeitarbeitsfirma tätig war, wurde sie im Alter von 20 Jahren mit ihrer ersten Tochter schwanger und ging von diesem Zeitpunkt an bis Dezember 2020 keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mehr nach. Von Dezember 2020 bis zu ihrer Verhaftung in dieser Sache am 24. Februar 2021 arbeitete die Angeklagte für eine Zeitarbeitsfirma.
c) Die Angeklagte K. K. zog im Laufe der Ausbildung zur Glaskeramikmalerin zu Hause aus und zu ihrer Lehrmeisterin. Sie ging eine Beziehung mit K. Se. ein, aus welcher ihre erste Tochter N. K., geb. ….2008, stammt. N. K. hat ihren Aufenthalt aktuell bei ihrem Vater K. Se.. Er und die Angeklagte teilen sich das Sorgerecht.
d) Nach der Trennung von K. Se. und der Geburt von N. K. lernte die Angeklagte K. K. im März 2008 K. M. kennen. Sie waren von 2008 bis 2011 verheiratet. K. M. beantragte die Scheidung, da die Angeklagte ihn mit dem zwischenzeitlich kennengelernten Angeklagten S. K. betrogen hatte, während sie von K. M. schwanger war. Mit K. M. bekam die Angeklagte die Kinder N. M., geb. ….2009, und Ni. M., geb. ….2010. K. M. erhielt mit Einverständnis der Angeklagten das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder. Die gemeinsamen Kinder leben seit der Herausnahme aus dem mütterlichen Haushalt bei ihrem Vater.
e) Die Angeklagte K. K. lernte im Jahr 2010 den Angeklagten S. K. kennen. Die Angeklagten sind seit ….2012 verheiratet. Während ihrer Ehe wurden die gemeinsamen Kinder L. K., geb. ….2012, L.-S. K., geb. ….2013, R. K., geb. ….2014, Ri. K., geb. ….2018 und H. K., geb. ….2020, geboren. Die Angeklagten wohnten zunächst in einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Aufgrund der beengten räumlichen Situation mieteten sie in demselben Haus eine weitere, von der ersten abgetrennte Wohnung an. In der Ehe der Angeklagten kam es mehrfach zu Handgreiflichkeiten durch den Angeklagten S. K. und zu Provokationen durch die Angeklagte K. K.. Ansonsten verlief die Ehe ohne besondere Vorkommnisse, insbesondere ordnete sich keiner der Angeklagten dem anderen unter. Die Angeklagte teilte in der Hauptverhandlung mit, es sei die Scheidung vom Angeklagten geplant.
f) Die Angeklagte hatte im Alter von 17 Jahren erstmals Geschlechtsverkehr mit ihrem damaligen Freund. Weitere Geschlechtspartner sind die Partner in ihren jeweiligen Beziehungen. Außerdem vollzogen die Eheleute K. mehrfach Geschlechtsverkehr unter Beteiligung fremder Männer. Der Angeklagte S. K. suchte hierzu Männer auf Internetportalen und lud diese zu den Angeklagten nach Hause ein. Erstmals geschah dies im Jahr 2011, danach gab es weitere unregelmäßige Besuche von fremden Männern und zwei Mal von Paaren. Es kam nicht jedes Mal zum gemeinsamen Geschlechtsverkehr.
g) Es bestehen Schulden in Höhe von ca. 10.000,00 €, welche auf Handyverträgen, dem gegenständlichen Prozess und Kosten für einen Küchenaufbau gründen.
h) Die Angeklagte K. K. trat strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung.
i) Die Angeklagte K. K. befindet sich in dieser Sache aufgrund Haftbefehls des Amtsgericht K. vom 23. Februar 2021, Gz. Gs 34/21 seit 25. Februar 2021 ununterbrochen in Untersuchungshaft in der JVA N..
2. Körperliche/gesundheitliche Konstitution und Persönlichkeit
a) Die Angeklagte K. K. leidet unter einer abhängigen Persönlichkeitsstörung, die forensisch nicht relevant ist. Einschränkungen im Alltag erfährt die Angeklagte hierdurch nicht, sie ist auch in der Lage, soziale Bindungen aufzubauen.
b) Die Angeklagte trinkt sehr selten und wenig Alkohol und konsumiert keine anderen berauschenden Substanzen. An Medikamenten nimmt sie lediglich Tabletten gegen Bluthochdruck ein.
II. Angeklagter S. K.
1. Werdegang und persönliche Verhältnisse
a) Der Angeklagte S. K. wurde am ….1973 in B. geboren. Das Verhältnis zu seinem Vater war sehr schlecht, möglicherweise spielte Gewalt in dieser Beziehung eine Rolle. Das Verhältnis zu seiner Mutter war besser. Seine Eltern trennten sich, als er 2 Jahre alt war, weshalb er größtenteils bei seinen Großeltern aufwuchs. Der Angeklagte hat mehrere Stiefgeschwister sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits, von diesen jedoch nur Kontakt zu seiner Stiefschwester mütterlicherseits. S. N..
b) Die Schule verließ der Angeklagte ohne Abschluss, nachdem er die 8. Klasse einmal wiederholt hatte und dann von der Schule abgegangen war. Danach begann der Angeklagte mehrere Ausbildungen, schloss jedoch keine davon ab. Ausbildungen zum Bäcker und Parkettleger brach der Angeklagte ab, als Grund gab er Probleme mit Menschenansammlungen an. Der Angeklagte war in der Folgezeit als Berufskraftfahrer tätig, musste aber die Tätigkeit aufgrund Panikstörung und nervlicher Belastung beenden. Seit ca. 12 Jahren geht der Angeklagte deshalb keiner beruflichen Tätigkeit mehr nach. Der Lebensunterhalt wird über Hartz IV und Kindergeld bestritten. Hierdurch stehen der Familie rund 4.000,00 € monatlich zur Verfügung.
c) Der Angeklagte S. K. war von 2003 bis 2011 mit Si. K. verheiratet. Aus dieser Beziehung gingen die vier gemeinsamen Kinder N. K., geb. ….2004, M. K., geb. ….2005, Y. K., geb. ….2007 und L.-M. K., geb. ….2010, hervor. Der Angeklagte hatte bis zu seiner Inhaftierung regelmäßigen Kontakt zu seinen Kindern. Diese hielten sich auch regelmäßig im Haushalt der Eheleute K. auf.
d) Im Jahr 2010 lernte der Angeklagte S. K. die Angeklagte K. K. kennen und verließ Si. K., als diese gerade mit L.-M. schwanger war. Die Angeklagten sind seit ….2012 verheiratet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter A. Teil 1 I. 1. e) verwiesen. Der Angeklagte S. K. möchte sich von der Angeklagten K. K. scheiden lassen.
e) Der erste Geschlechtsverkehr des Angeklagten S. K. fand im Alter von 18 Jahren statt. Die Beziehung mit seiner damaligen Partnerin dauerte 4 Jahre an, nach zwei weiteren jeweils zweijährigen Beziehungen war er mit seiner ersten Ehefrau Si. K. liiert. In der Ehe mit der Angeklagten K. K. suchte er auf der Internetseite „www.poppen.de“ nach Partnern, um zu dritt Geschlechtsverkehr zu haben. Beginnend 2011 kamen unregelmäßig Männer und in 2 Fällen Paare zu den Angeklagten. Einmal hatte der Angeklagte S. K. nach Absprache mit der Angeklagten K. K. eine außereheliche Sexualpartnerin, ansonsten suchte er nicht nach anderen Frauen.
f) Der Angeklagte hat Schulden von 15.000,00 € bis 20.000,00 € aus Telefon- und Stromverträgen.
g) Strafrechtlich trat der Angeklagte S. K. noch nicht in Erscheinung.
h) Der Angeklagte befand sich in dieser Sache aufgrund Haftbefehls des Amtsgericht K. vom 31. August 2020, Gz. Gs 177/20, erweitert durch das Amtsgericht K. am 17. Februar 2021, Gz. Gs 29/21, vom 31. August 2020 bis 1. Oktober 2020 in Untersuchungshaft in der JVA B. und seit 2. Oktober 2020 in Untersuchungshaft in der JVA B..
2. Körperliche/gesundheitliche Konstitution und Persönlichkeit
a) Beim Angeklagten S. K. wurden eine rezidivierende depressive Störung und eine Agoraphobie (Platzangst) mit Panikstörung festgestellt. Dies äußert sich darin, dass der Angeklagte sehr erschöpft und wenig belastbar ist. Bereits in der Schulzeit traten diese Symptome unbewusst auf, in seiner ersten Ehe mit Si. K. prägten sie sich weiter aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte große Sorgen, er würde die gemeinsamen Kinder nicht ernähren können, wenngleich die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht übermäßig beengt waren. Der Angeklagte verbringt deshalb auch einen Großteil seiner Zeit im Bett liegend.
b) Daneben liegt eine Pädophilie der Stufe 2, ohne Bestimmung der sexuellen Orientierung, vor. Der Angeklagte zeigte im Rahmen einer zunehmend angespannten Lebenssituation vermehrt pädophiles Verhalten, wobei er zugleich sexuell befriedigende Erlebnisse mit erwachsenen Sexualpartnerinnen erfahren konnte.
c) Der Angeklagte S. K. konsumiert keine Betäubungsmittel und seit 4 Jahren keinen Alkohol. Auch zuvor trank er nie exzessiv.
d) Er nimmt Medikamente für Blutdruck, Psyche, aufgrund einer Stoffwechselstörung und Gicht ein. Im August 2019 erfolgte eine Medikamentenumstellung von Elontril zu Bupropion, als deren Folge der Angeklagte nach seinen Angaben eine erhöhte sexuelle Begierde empfand.
Teil 2 – Vorgeschichte, Tatgeschehen und Nachtatgeschehen
I. Die Vorgeschichte – Der Kontakt mit den anderweitig verfolgten B., J. und Ba.
Im September 2019 war der Angeklagte S. K. auf der Suche nach einem gemeinsamen männlichen Sexualpartner für ihn und die Angeklagte K. K.. Dazu begab er sich in den Online-Messenger-Dienst „kik“, wo der Angeklagte auf eine Gruppe stieß, welche kinderpornografische Inhalte einstellte und verbreitete. Ein Mitglied dieser Gruppe war der mittlerweile rechtskräftig verurteilte J. B.. J. B. unterhielt zusammen mit dem anderweitig verfolgten S. J. und einem weiteren unbenannten Teilnehmer sowie dem Angeklagten S. K. weitere Chats, u.a. auf der Plattform „Tamtam“, in welchem am 5. November 2019 folgende Unterhaltung zwischen J. B. („J.“), S. J. („bs2201“) und einem unbekannten Teilnehmer stattfand.
(…)
J.:
Und wie seit ihr aktiv und was sucht ihr so?
Unbekannter Teilnehmer:
Ich bin sehr aktiv
bs2201:
suchen spass … und mache alles mit denen bis auf tochter da geht Muschi noch nicht wirklich
J.:
Bin mit meinem noch nicht so aktiv und erst am Anfang
(…)
Unbekannter Teilnehmer:
Wer hat heute schon oder wird es noch
bs2201:
ich mit tochter gekuschelt und sohn gewichst und geblasen
J.:
Heute geht nicht mehr viel. Meiner schläft schon
bs2201:
und popo probiert
J.:
Mal sehen ob ich im Schlaf noch was machen kann
Unbekannter Teilnehmer:
Das ist ideal
Cool
J.:
Hast ihn reingesteckt?
Unbekannter Teilnehmer:
Ich ja
bs2201:
bissel ja
J.:
Sehr geil J.s
bs2201:
ist noch neu für sohn in den po
(…)
In der Folge entwickelte sich zwischen dem Angeklagten S. K. und J. B. ein freundschaftsähnliches Verhältnis und ein privater Kontaktaustausch des Angeklagten mit J. B. über „kik“, „WhatsApp“, Telefonanrufe und Besuche. Dabei unterhielten sich der Angeklagte S. K. und J. B. über die Fantasie des sexuellen Missbrauchs an Kindern. Der Angeklagte S. K. gab gegenüber J. B. an, er habe mehrere Kinder.
Im Januar 2020 trat der Angeklagte S. K. auf Einladung des J. B. der Chatgruppe „Freiheit“ auf dem Instant-Messaging-Dienst „Threema“ bei. Diese Gruppe existierte seit Mitte 2018, die weiteren Mitglieder beim Eintritt des Angeklagten waren neben J. B. die ebenfalls rechtskräftig verurteilten S. J. und M. B.. Insgesamt befanden sich zu diesem Zeitpunkt so 4 Personen in der Gruppe. In der Gruppe wurden Textnachrichten zum Thema Kindesmissbrauch ausgetauscht und oftmals die Kinder der Gruppenmitglieder angesprochen. Es wurde beschrieben, welche Handlungen an den eigenen Kindern vorgenommen werden. Dies stieß bei den anderen Gruppenmitgliedern auf Anerkennung und wurde dann im Chat gelobt. Ferner stellten alle Gruppenmitglieder Bild- und Videomaterial in die Gruppe ein. Dieses Material betraf fremde, aber auch eigene Kinder der Teilnehmer. Es handelte sich um Nacktaufnahmen sowie um Bilder und Videos, auf welchen Missbrauchshandlungen zu sehen sind. Der Angeklagte S. K. stellte Bild- und Videomaterial seine Tochter L.-S. betreffend ein, (vgl. A. Teil 2 Ziff. II.-Tatgeschehen).
Ein weiteres Übertragungsformat der Chatgruppe „Freiheit“ waren Livestreams. Es wurden an oder von den Kindern der Chatteilnehmer durchgeführte sexuelle Handlungen per (Handy-)Kamera aufgezeichnet und live in die Chatgruppe übertragen. Die Übertragungen des Angeklagten S. K. werden im Rahmen der abgeurteilten Taten A. Teil 2 Ziff. II.-Tatgeschehen weiter geschildert.
Der Angeklagte S. K. war von Januar 2020 bis April 2020 Mitglied der Chatgruppe „Freiheit“.
II. Das Tatgeschehen – Die Missbrauchshandlungen
Der Angeklagte S. K. begann zunächst im September 2019, sich in mindestens 2 Fällen im Schlafzimmer der Wohnung K., N. heimlich seine Tochter L.-S. K. anzusehen. Er betrachtete dabei den entblößten Intimbereich von L.-S., während diese im Bett unter einer Decke lag. Die Angeklagte K. K. hatte hiervon noch keine Kenntnis.
Im Zeitraum zwischen September 2019 und August 2020 fertigte der Angeklagte in insgesamt 5 Fällen (Fälle A. Teil 2 II. 5., 8., 9., 10., 14.) Lichtbilder von seiner am ….2013 geborenen Tochter L.-S. an, auf denen entweder die primären Geschlechtsteile von L.-S. in den Fokus des Betrachters gerückt waren oder konkrete sexuelle Handlungen abgebildet waren, um diese in den von ihm besuchten Chatgruppen, insbesondere der Threema-Gruppe „Freiheit“ einzustellen und damit den weiteren Chatpartnern zugänglich zu machen. Zudem übte der Angeklagte in diesem Zeitraum in insgesamt 14 Fällen (Fälle A. Teil 2 II. 1., 2., 3., 4., 6., 7., 11., 12., 13., 14., 15., 16., 17., 18.) konkrete sexuelle Handlungen an L.-S. K. aus bzw. ließ entsprechende Handlungen an sich vornehmen. In einem Fall (Fall A. Teil 2 II. 1) handelten die beiden Angeklagten gemeinsam.
Die Angeklagte K. K. war zudem in 6 Fällen bei Missbrauchshandlungen (Fälle A. Teil 2 II. 3., 6., 7., 11., 12., 13.) durch den Angeklagten S. K. anwesend, unterband diese jedoch nicht. Hierbei war ihr bekannt und bewusst,
dass sie als Mutter der Geschädigten dazu verpflichtet ist, diese vor derartigem Missbrauch nicht nur in einer konkreten Situation, sondern auch für zukünftige Fälle zu schützen;
dass bei der Geschädigten, wenn beide Elternteile bei den Missbrauchshandlungen anwesend sind und sie nicht unterbinden, der Eindruck entsteht, dass derartiges Verhalten von der Geschädigten hinzunehmen ist;
dass die Geschädigte aufgrund ihres Alters noch kein eigenes Vorstellungsbild von Sexualleben und sexuellen Grenzen hat, deshalb das Verhalten nicht als verwerflich einstufen und sich daher gegen das Verhalten auch nicht anderweitig Hilfe suchen wird, sondern es als akzeptables Verhalten erlernen wird;
dass der Angeschuldigte sich durch ihre Anwesenheit und ihre Mitwirkung in seinem Verhalten psychisch bestärkt fühlte.
Den Angeklagten als Eltern war jeweils bekannt und bewusst, dass L.-S. K. zu den Tatzeitpunkten erst 6 bzw. 7 Jahre, mithin noch im Kindesalter, alt war.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende abgeurteilte Taten:
1. (Fall 2j) der Anklage)
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 16. März 2020 und April 2020, jedenfalls aber vor den Taten A. Teil 2 II. 2. und 3. lag L.-S. K. unbekleidet im Bett des Schlafzimmers in der Wohnung K., N. mit angewinkelten Beinen auf dem Rücken und spielte mit ihrem Handy. Neben ihr im Bett lag der Angeklagte S. K., welcher ihr sodann mit der Hand an die Scheide fasste. Dabei drang er mit seinem Finger in die Scheide von L.-S. ein. Währenddessen kam die Angeklagte K. K. ins Schlafzimmer und sah die Hand des Angeklagten S. K. an der Scheide von L.-S.. Der Angeklagte S. K. sagte zur Angeklagten K. K., sie solle die L.-S. an der Scheide anfassen. Dies tat die Angeklagte K. K. und drang dabei mit ihrem Finger in L.-S. ein. Sodann begab sich der Angeklagte S. K. vor dem Bett in eine stehende Position und führte seinen Penis in den After von L.-S. ein, was dieser Schmerzen verursachte. Der Angeklagte S. K. ejakulierte anschließend auf den Bauch von L.-S.. Die Angeklagte K. K. war hierbei noch anwesend.
2. (Fall 1d) der Anklage)
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 16. März 2020 und April 2020, jedenfalls aber nach der Tat A. Teil 2 II. 1. und vor der Tat A. Teil 2 II. 3. befanden sich der Angeklagte S. K. und L.-S. K. gemeinsam nackt in der Badewanne in der Wohnung K., N.. Der Angeklagte S. K. masturbierte vor L.-S., welche die Masturbation durch den Angeklagten sah. Nachdem der Angeklagte die L.-S. K. mehrfach dazu aufgefordert hatte, nahm schließlich auch L.-S. Manipulationen am Glied des Angeklagten vor. Es kam zur Ejakulation durch den Angeklagten, jedoch nicht auf L.-S.. Den Vorgang übertrug der Angeklagte im Rahmen eines Live-Streams an die Chatgruppe „Freiheit“, wo ihn zumindest J. B. sah.
3. (Fall 1c) der Anklage)
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 16. März 2020 und 31. August 2020, jedenfalls aber nach den Taten A. Teil 2 II. 1. und 2. befanden sich der Angeklagte S. K. und L.-S. K. gemeinsam nackt in der Badewanne in der Wohnung K., N.. L.-S. K. nahm dabei Manipulationen am Glied des Angeklagten bis zur Ejakulation vor. Die Angeklagte K. K. kam währenddessen ins Badezimmer, beobachtete die Manipulationen und unterband sie nicht.
4. (Fall 1b) der Anklage)
In einem weiteren Fall zwischen September 2019 und 31. August 2020 an einem Morgen saßen der Angeklagte S. K. und L.-S. K. auf Veranlassung des Angeklagten nackt in der Badewanne in der Wohnung K., N.. Der Angeklagte S. K. forderte L.-S. auf, seinen Penis anzufassen und Auf- und Abwärtsbewegungen durchzuführen. Aufgrund des Zuredens durch den Angeklagte tat L.-S. dies solange, bis es zur Ejakulation des Angeklagten kam. Bei der Ejakulation hob der Angeklagte seinen Bauch an, damit sein Penis oberhalb des Wassers war. Anschließend wusch er das Ejakulat ab.
5. Fall 1a) der Anklage
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Januar 2020 und April 2020 badeten der Angeklagte S. K. und L.-S. K. gemeinsam nackt in der Badewanne in der Wohnung K., N.. Der Angeklagte sagte zu L.-S., sie solle sich hinstellen und die Beine leicht spreizen. Anschließend machte der Angeklagte mit seinem Mobiltelefon ein Foto vom entblößten Intimbereich der L.-S.. Dieses Foto stellte er in die Chatgruppe „Freiheit“ ein, wo es J. B., S. J. und M. B. sahen.
6. (Fall 1e) der Anklage)
In einem weiteren Fall zwischen Januar 2020 und April 2020, jedenfalls nach dem Geburtstag von L.-S. K., lag L.-S. K. auf dem Trockner im Badezimmer der Wohnung K., N.. Der Angeklagte S. K. stand vor dem Trockner, masturbierte und ejakulierte auf den Bauch von L.-S.. Die Angeklagte K. K. kam während der Masturbation des Angeklagten in das Badezimmer und sah sowohl die Masturbation als auch die Ejakulation auf L.-S., unterband aber keines davon. Der Angeklagte S. K. nahm den Vorgang mit seinem Mobiltelefon auf Video auf. Als er sich das Video zu einem späteren Zeitpunkt im Schlafzimmer ansah, betrat die Angeklagte K. K. das Zimmer und konnte das Video ebenfalls kurz betrachten. Das Video sah jedenfalls auch der anderweitig verfolgte M. B. über die Threemachatgruppe „Freiheit“, in welche es der Angeklagte zu diesem Zwecke eingestellt hatte.
7. (Fall 1f) der Anklage)
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Februar 2020 befanden sich der Angeklagte S. K. und L.-S. K. in der Badewanne der Wohnung K., N.. Der Angeklagte S. K. forderte L.-S. auf, seinen Penis in den Mund zu nehmen, was diese tat. Die Angeklagte K. K. betrat das Badezimmer und sah, dass L.-S. den Penis des Angeklagten im Mund hatte. Sie griff jedoch nicht in das Geschehen ein, sondern widmete sich der Wäsche. L.-S. setzte den Oralverkehr noch für wenige Sekunden fort und manipulierte anschließend auf Aufforderung des Angeklagten an dessen Penis bis zum Samenerguss. Den Vorgang streamte der Angeklagte S. K. live in die Chatgruppe „Freiheit“, wo ihn zumindest M. B. sah.
8.-10. (Fälle 2a), 2b), 2d) der Anklage)
In zumindest drei Fällen zwischen Januar 2020 und April 2020 forderte der Angeklagte S. K. die L.-S. K. im Schlafzimmer der Wohnung K., N. auf, ihre Kleidung auszuziehen und ihre Beine zu spreizen. Anschließend fotografierte der Angeklagte mit seinem Mobiltelefon die Vulva von L.-S.. Die Fotos stellte er in die Chatgruppe „Freiheit“ ein, wo J. B., S. J. und M. B. davon Kenntnis nahmen.
11.-13. (Fälle 2c), 2f), 2g) der Anklage)
In mindestens drei Fällen zwischen September 2019 und August 2020, in einem Fall davon zwischen September 2019 und Februar 2020 (Fall 11.), in zwei weiteren Fällen zwischen Januar 2020 und 31. August 2020 (Fälle 12., 13.), jedenfalls nach dem Geburtstag von L.-S. K., lag L.-S. K. auf dem Bett im Schlafzimmer der Wohnung K., N.. Sie lag auf ihrem Rücken und schaute auf ihr Handy, wobei jedenfalls ihr Unterleib unbekleidet war. Der Angeklagte S. K. stand vor dem Bett, masturbierte und ejakulierte auf den Bauch von L.-S.. Die Angeklagte K. K. war währenddessen anwesend und beobachtete den Geschehensablauf, schritt jedoch nicht ein.
14. (Fall 2e) der Anklage)
In einem weiteren Fall zwischen Januar 2020 und April 2020 lag L.-S. K. mit gespreizten Beinen und unbekleidetem Unterleib auf dem Bett im Schlafzimmer der Wohnung K., N.. Der Angeklagte S. K. stand vor dem Bett, masturbierte und ejakulierte auf den Bauch von L.-S.. Den Vorgang filmte er und schoss zusätzlich ein Foto, auf welchem L.-S., sein Ejakulat und sein erigierter Penis zu sehen waren. Das Foto stellte er in die Gruppe „Freiheit“ ein, wo J. B., S. J. und M. B. Kenntnis davon nahmen. Das Video wurde jedenfalls von S. J. gesehen.
15. (Fall 2h) der Anklage)
Ferner kam es zu mindestens einem weiteren Fall zwischen September 2019 und 31. August 2020, in welchem L.-S. K. nackt auf dem Bett im Schlafzimmer der Wohnung K., N. lag und der Angeklagte S. K. vor ihr masturbierte. Anschließend ejakulierte er auf ihren Bauch. Fotos oder Videos wurden nicht gefertigt, die Angeklagte K. K. war nicht anwesend.
16. (Fall 2i) der Anklage)
Bei mindestens einer Gelegenheit zwischen September 2019 und 31. August 2020 lag L.-S. K. auf dem Bett im Schlafzimmer der Wohnung K., N.. Der Angeklagte S. K. führte unter Verwendung seiner Zunge den Oralverkehr bei L.-S. K. aus.
17. Fall 2k) der Anklage)
In mindestens einem weiteren Fall zwischen 16. März 2020 und 31. August 2020 lag L.-S. K. nackt auf dem Bauch im Bett im Schlafzimmer der Wohnung K., N.. Der Angeklagte S. K. gab L.-S. ein Handy, damit sie darauf spielen konnte. Anschließend holte er einen ca. 15 cm langen schwarzen Dildo aus einer Schublade, trug auf diesem Gleitgel auf und führte ihn in den After von L.-S. ein, was dieser wiederum – wie der Angeklagte wusste – Schmerzen bereitete. Der Angeklagte setzte gleichwohl die anale Penetration noch für etwa eine Minute fort, bevor er sich von L.-S. K. entfernte.
18. (Fall 3 der Anklage)
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt zwischen September 2019 und 31. August 2020 befanden sich der Angeklagte S. K. und L.-S. K. ohne weitere Begleitung auf dem Campingplatz in O., wo der Angeklagte für Familienurlaube einen Campingwagen aufgestellt hat. Am Abend forderte der Angeklagte die L.-S. im Wohnwagen auf, sich auszuziehen und sich mit dem Rücken auf das Bett zu legen. Auf weitere Aufforderung des Angeklagten manipulierte L.-S. am erigierten Glied des Angeklagten, bis dieser auf ihren Bauch ejakulierte. Das Ejakulat wischte der Angeklagte anschließend mit einem Tuch weg.
19. (Fall 4 der Anklage)
Der Angeklagte S. K. hatte am 30. August 2020 auf seinem Mobiltelefon Samsung SM-N975F Galaxy Note 10 Plus ein Foto gespeichert, das am 3. August 2017 mit einem Mobiltelefon Samsung Galaxy S7 geschossen wurde. Das Foto fertigte der Angeklagte im Garten des Anwesens K., N. bei der Feier zum 8. Geburtstag der am ….2009 geborenen N. M.. Auf dem Foto befindet sich ein blondes Mädchen im Kindesalter, das nackt ist und sich nach vorne nach Wasserbomben beugt. Dabei ist nicht das Gesicht, aber der nackte Oberkörper und die Vagina in den Focus des Betrachters gerückt. Direkt oberhalb der Vagina auf Höhe des Bauches hatte der Angeklagte mit einem Bildbearbeitungsprogramm den Schriftzug „wonderful great“ eingefügt.
Soweit der Angeklagte S. K. Bild- und/oder Videoaufnahmen in der Chatgruppe „Freiheit“ streamte oder sonstig übertrug, war dies jeweils bereits bei Herstellung der Bilder geplant.
Die Angeklagten standen zu den Tatzeitpunkten weder unter Einfluss von Alkohol noch anderen berauschenden Substanzen.
III. Das Nachtatgeschehen
Die Geschädigte L.-S. K. wurde nach der Verhaftung des Angeklagten S. K. bei einer Pflegefamilie untergebracht. Aktuell befindet sie sich seit ….2021 in einer Wohngruppe der G.-G.-S. in K.. Sie beginnt dort mit einer Psychotherapie und wird je nach Bedarf und ihren Wünschen weiter begleitet. Die anderen Kinder der Angeklagten befinden sich ebenfalls in Pflegefamilien, die Kinder N. M., Ni. M. und N. K. bei ihren leiblichen Vätern.
Die Angeklagte K. K. wandte sich auf Eigeninitiative hin vor Beginn der Hauptverhandlung an Kriminalhauptmeisterin Z. von der Kriminalpolizeiinspektion C. und sagte am 15. Juni 2021 ein weiteres Mal als Beschuldigte aus. In dieser Vernehmung offenbarte sie weitere Taten, auch zulasten der anderen Kinder der Angeklagten, wobei sie sich selbst und den Angeklagten S. K. belastete.
B. Beweiswürdigung
Teil 1 – Werdegang, persönliche Verhältnisse und körperliche und seelische
Konstitution
I. Angeklagte K. K.
1. Die Feststellungen unter A. Teil 1 I. 1. zum Werdegang und den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten K. K. beruhen auf ihrer eigenen Einlassung in der Hauptverhandlung und dem Auszug aus dem Bundeszentralregister, sowie den Angaben der ehemaligen Ehemänner K. Se. und K. M..
2. Die Feststellungen unter A. Teil 1. I. 2. zur körperlichen/gesundheitlichen Konstitution und Persönlichkeit der Angeklagten K. K. beruhen auf ihren eigenen Angaben und den Ausführungen des forensisch-psychiatrischen Sachverständigen Dr. V. in der Hauptverhandlung. Dieser führte aus, die Angeklagte leide an einer abhängigen Persönlichkeitsstörung, die jedoch im Schweregrad nicht mit einer schweren seelischen Störung vergleichbar sei. Die Angeklagte bewältige ihren Alltag gut, könne soziale Bindungen aufbauen und tägliche Aufgaben, wie die Kinder zur Schule zu bringen, ohne Schwierigkeiten erledigen.
II. Angeklagter S. K.
1. Die Feststellungen unter A. Teil 1 II. 1. zum Werdegang und den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten S. K. beruhen auf dessen eigener Einlassung und dem Auszug aus dem Bundeszentralregister.
Die Kammer hat ferner die Zeuginnen Si. K., N. K. und Li. K. vernommen. Bei diesen handelt es sich um die erste Ehefrau des Angeklagten S. K. und die 2 gemeinsamen Kinder. Zu den familiären Hintergründen teilten diese mit, der Angeklagte S. K. sei stets ein guter Vater gewesen. Er werde durch die Angeklagte K. K. beeinflusst. Er sei eine herzensgute Seele und sie wünschen sich, dass er zu ihnen zurückkehrt.
Zur Ehe der Angeklagten wird Bezug auf die Ausführungen unter B. Teil 1 I. 1. zur Angeklagten K. K. genommen.
2. Die Feststellungen unter A. Teil 1 II. 2. zur körperlichen/gesundheitlichen Konstitution und Persönlichkeit des Angeklagten S. K. beruhen auf dessen eigener Einlassung sowie den Ausführungen des forensisch-psychiatrischen Sachverständigen Dr. V. in der Hauptverhandlung.
3. Das in der Hauptverhandlung mündlich erstattete Gutachten gründet auch insoweit auf zutreffende Anknüpfungstatsachen, ist nachvollziehbar und widerspruchsfrei, weshalb sich die Kammer diesem aus eigener Überzeugung anschließt. An der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen besteht kein Zweifel. Prof. Dr. V. verfügt als Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin S. W. über die notwendigen Erfahrungen.
Der Sachverständige war während eines Teils der Beweisaufnahme anwesend und hat die Angaben des Angeklagten wahrgenommen. Soweit der Sachverständige nicht anwesend war, wurde er über das Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Kammer informiert und hat dieses seiner Gutachtenserstattung zu Grunde gelegt. Zuvor war der Angeklagte am 6. Februar 2021 ambulant psychiatrisch untersucht worden. Der Sachverständigen legte dem mündlich erstatteten Gutachten die ambulante psychiatrische Untersuchung zu Grunde und berichtete in der Hauptverhandlung ausführlich von dieser Exploration. Darüber hinaus lagen dem Sachverständigen die Akten des gegenständlichen Verfahrens vor. Der Sachverständige diagnostizierte beim Angeklagten S. K. eine bestehende rezidivierende depressive Störung. Diese sei aktuell revidiert, d.h. der Angeklagte sei aktuell nicht depressiv. Insgesamt erreiche die Störung keinen bedeutsamen Schweregrad. Weiter liege eine Agoraphobie mit Panikstörung vor. Beide Diagnosen spielten bei der forensischen Beurteilung aber eine völlig untergeordnete Rolle, sie besäßen keinen Symptomcharakter für pädophile Taten.
Zwar sei eine Medikamentenumstellung von Elontril auf Bupropion erfolgt, das hemme die Wiederaufnahme von Dopamin. Dadurch könnten sich schwache Auswirkungen auf den Sexualtrieb in Form einer Verstärkung ergeben. Ein verstärkter Sexualtrieb stehe jedoch nicht im Zusammenhang mit Pädophilie, es gebe andere Möglichkeiten der Befriedigung.
Pädophilie liege beim Angeklagten in der Stufe 2 vor. Der Sachverständige habe dies nach dem amerikanischen Klassifizierungssystem beurteilt, auch nach ICD.10 ergebe sich kein Unterschied. Stufe 2 bedeute, beim Angeklagten sei Pädophilie genauso möglich bzw. wahrscheinlich wie Geschlechtsverkehr mit gleichalten Frauen. Er befinde sich möglicherweise am Übergang zur Pädophilie Stufe 3. Um ein Eingangsmerkmal nach § 20 StGB annehmen zu können, müsste aber Stufe 4 erreicht sein. Eine Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ginge hiermit nicht einher. Weitere psychiatrische Diagnosen lägen nicht vor.
Die Feststellungen der Kammer entsprechen den Ausführungen des Sachverständigen. Insbesondere hat die Kammer die Exfrau des Angeklagten, Si. K., zu seinem Krankheitsbild vernommen. Diese berichtete von einer übermäßigen Angst des Angeklagten seine Familie nicht versorgen zu können, was aber durch therapeutische Intervention gut in den Griff bekommen wurde. Dies bestätigte auch die Zeugin R. I., die den Angeklagten als Psycho- und Verhaltenstherapeutin seit 2006 behandelt hat. Sie führte aus, dass es gelungen sei, dem Angeklagten selbstfürsorgliche Strategien zu vermitteln, die dazu beitrugen, seine Angststörung zu lindern und die der Angeklagte auch konsequent umsetzte. Beide Zeuginnen gaben an, dass zu keinem Zeitpunkt der Wunsch des Angeklagten nach sexuellen Handlungen an oder mit Kindern zur Sprache gekommen sei. Ebenfalls schildern sowohl die Zeugin Si. K. als auch letztlich die Angeklagte K. K., dass der Angeklagte befriedigenden Geschlechtsverkehr mit erwachsenen Frauen vollziehen konnte. Die letzte aus der Ehe mit K. K. stammende Tochter H. wurde am ….2020 geboren. Hieraus schließt auch die Kammer, dass beim Angeklagten noch keine für die Stufe 3 erforderliche stabile Devianz, bei der sexuelle Befriedigung außerhalb devianter Verhaltensweise nicht erreicht werden kann, vorliegt. Der Schweregrad der paraphilen Störung des Angeklagten ist unter das Eingangskriterium der schweren andere seelischen Abartigkeit des § 20 StGB zu fassen, wenn es in seiner Ausprägung den Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung erreicht. Hierbei spielen vor allem die Intensität der Paraphilie, die Integration in die Persönlichkeit sowie die Fähigkeit zur Kontrolle über die paraphilen Impulse eine Rolle (H. Dreßing, E. Habermeyer (Hrsg)/Briken, Psychiatrische Begutachtung, 317). Die Devianz des Angeklagten erreichte eine derartige Ausprägung zur Überzeugung der Kammer nicht. Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass es dem Angeklagten möglich war, außerhalb der gegenständlichen Taten sexuelle Befriedigung im Verkehr mit erwachsenen Frauen zu erfahren, mithin die Paraphilie seine Sexualität nicht weitgehend bestimmte. Zudem standen ihm offensichtlich andere Möglichkeiten sexuelle Befriedigung zu erfahren, zur Verfügung. Ebenfalls konnte die Kammer nicht feststellen, dass der Angeklagte seine Pädophilie ich-dyston ausblendet. Er bekundete mehrfach, sich zu schämen und für sich einen Therapie anzustreben.
Teil 2 Vorgeschichte, Tatgeschehen und Nachtatgeschehen
I. Feststellungen zur Vorgeschichte unter A. Teil 2 I.:
Die Feststellungen unter A. Teil 2 I. zur Vorgeschichte beruhen auf den Angaben des Angeklagten S. K., welche bestätigt werden durch die der Angeklagten K. K. und der Zeugen J. B., M. B. und S. J..
1. Der Angeklagte S. K. gab in der Hauptverhandlung an, er habe im September 2019 auf „kik“ nach einem männlichen Sexualpartner für die Angeklagte K. K. und sich gesucht. Er wisse nicht mehr, welchen Suchbegriff er eingegeben habe, jedenfalls sei er auf eine Pädophilen-Gruppe gestoßen. Darin habe er etwas über seine Familie gesagt, worauf J. B. aufmerksam geworden sei. Er sei sehr aufdringlich gewesen und habe ihn zu der Chatgruppe „Freiheit“ auf „Threema“ überredet, in welcher noch M. B. und S. J. gewesen seien. Es sei über Kindesmissbrauch geschrieben worden und es seien Fotos und Videos ausgetauscht worden.
2. Die Kammer folgt der Einlassung des Angeklagten S. K. insoweit. Denn seine Ausführungen stimmen mit den Aussagen der Angeklagten K. K. und der Zeugen J. B., M. B. und S. J. überein.
a) Die Angeklagte K. K. gab an, den J. B. zu kennen und auch mit ihm in Kontakt gestanden zu haben. Dieser sei ein Freund des Angeklagten S. K. gewesen und habe die Familie auch besucht.
b) Der Zeuge J. B. gab an, den Angeklagten S. K. über einen „kik“-Chat kennengelernt zu haben. Sie seien dort zufällig aufeinandergetroffen und hätten über sexuelle Neigungen gesprochen. Da sie sich gut verstanden, habe auch Kontakt außerhalb der Gruppe stattgefunden, es sei gechattet worden über „kik“, „Threema“, „WhatsApp“ und telefoniert. Daneben habe man sich mehrfach getroffen. Man habe sich konkret über die Fantasie des sexuellen Missbrauchs ausgetauscht. In der anschließenden Gruppe „Freiheit“ habe sodann jeder der Teilnehmer kinderpornografisches Material zur Verfügung gestellt.
c) Der Zeuge S. J. kannte die Angeklagten aus einem Chat auf „Threema“. Die Angeklagte K. K. kannte er, da der Angeklagte S. K. ein Bild von ihr im Chat gepostet habe. Im Chat sei es um allgemeine Dinge, aber auch Kindesmissbrauch gegangen. Mitglieder der Gruppe seien er, J. B., M. B. und der Angeklagte S. K. gewesen. Der Angeklagte S. K. sei von J. B. hinzugefügt worden, nachdem sich diese kennen gelernt hatten. Er wisse auch, dass J. B. mal zum Angeklagten S. K. gefahren sei, um sich mit ihm zu treffen. Dann habe man sich darüber ausgetauscht, was mit den eigenen Kindern gemacht wird und auch kinderpornographische Inhalte ausgetauscht. Dabei habe der Angeklagte S. K. auch im Chat geschrieben, die Angeklagte K. K. wisse Bescheid. Der Zeuge S. J. schilderte ferner einzelne Missbrauchshandlungen, welche er über den Chat wahrnehmen konnte. Diese sind Teil der Beweiswürdigung unter B. Teil 2 II. über die Feststellungen zum Tatgeschehen.
d) Der Zeuge M. B. äußerte, er kenne die Angeklagten über einen Gruppenchat auf „Threema“. Mitglieder seien er, J. B., S. J. und der Angeklagte S. K. gewesen. In der Gruppe sei es um kinderpornografisches Material gegangen, er wisse von Bildern und 2 Live-Videos. Die Gruppe habe es seit 2018 gegeben, der Angeklagte S. K. sei von Januar 2020 bis April 2020 Mitglied gewesen. Während die Wahrnehmungen des Zeugen über die einzelnen Missbrauchshandlungen auch Teil der Beweiswürdigung unter B. Teil 2 II. über die Feststellungen zum Tatgeschehen sind, schilderte der Zeuge Ba. einen weiteren live-Stream: so seien die Angeklagten in ihrer Wohnung gemeinsam auf der Couch gesessen. Der Angeklagte S. K. und der Zeuge Ba. hätten sich über sexuelle Neigungen unterhalten. Dabei habe der Angeklagte gesagt, dass er was mit L. mache und mit weiteren Kindern aus der jetzigen Ehe. Die Angeklagte K. K. habe die Unterhaltung mit angehört und auch mal in die Kamera gewinkt.
3. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Glaubwürdigkeit vorstehender Aussagen zu zweifeln. Die Zeugen B., Ba. und J. schildern konstant die Geschehnisse rund um die „Threema“-Gruppe und Widersprüche sind nicht erkennbar. Die Zeugen Ba. und J. machten darüber hinaus einen abgeklärten Eindruck auf die Kammer. Ihre Aussagen waren sehr nüchtern und objektiv, eine zugrunde liegende Motivation, insbesondere einen Belastungseifer, konnte die Kammer nicht erkennen.
4. Dass es darüber hinaus zu weiteren Chats kam, in denen der Angeklagte S. K. beteiligt war, steht für die Kammer fest aufgrund der Zeugeneinvernahme von Kriminalhauptmeisterin Z. und dem Chat auf den Seitenauszügen der Seiten 24 bis 52 der Datei 19690 auf der CD des Sonderhefts „Aktendoppel Landgericht H.“, welcher in Augenschein genommen und verlesen wurde. Es handelt sich um den unter Ziff. A. Teil 2 I. dargestellten Chat auf der Plattform „TamTam“. Die Unterhaltung am 5. November 2019 fand statt zwischen J. B. („J.“), S. J. („bs2201“) und einem unbekannten Teilnehmer.
Kriminalhauptmeisterin Z. teilte mit, der Angeklagte S. K. habe angegeben, ihm sei der Chat bekannt.
5. Durch die Aussagen der Zeugen M. B. und S. J. gelangte die Kammer auch zur Überzeugung, dass die Angeklagte K. K. generell von Missbrauchshandlungen und vom pädophilen Gedankengut des Angeklagten S. K. wusste. Der Zeuge S. J. sagte aus, der Angeklagte S. K. habe im Chat geschrieben, sie wisse Bescheid. Der Zeuge M. B. erinnerte sich an einen Live-Chat, bei welchem über Missbrauchshandlungen gesprochen worden sei. Der Angeklagte S. K. sei dabei auf dem Sofa in seiner Wohnung gesessen und habe zu M. B. gesagt, er mache etwas mit L. und den Kindern aus der jetzigen Ehe, mit denen aus der vorherigen Ehe nicht. Währenddessen sei die Angeklagte K. K. anwesend gewesen, sie sei neben dem Angeklagten S. K. gesessen und habe die Unterhaltung mitverfolgt.
6. Die Kammer konnte sich auch davon überzeugen, dass es zwischen dem Angeklagten S. K. und J. B. zu einem freundschaftsähnlichen Verhältnis gekommen war. So gab es Kontakt über u.a. „kik“, WhatsApp und Telefonanrufe, wie der Zeuge J. B. berichtete (vgl. Ziff. B. Teil 2 I. 2. b). Außerdem ergab die Beweisaufnahme, dass J. B. die Angeklagten zumindest zwei Mal besuchte. Jedenfalls einmal kam J. B. zusammen mit seinem Sohn F1. zu den Angeklagten nach Hause, ein weiteres Mal kam er auf einen Campingplatz in O., auf welchem der Angeklagte S. K. eine Parzelle gemietet hat. Die Zeugen L.-S. K., N. K., Li. K., S. J. und J. B. konnten allesamt mindestens einen Besuch von J. B. bei den Angeklagten zuhause angeben. Die Zeugen H. N. und H. V. konnten sich erinnern, dass J. B. auf dem Campingplatz anwesend war. Zum Zeitpunkt der Besuche wussten der Angeklagte S. K. und die Angeklagte K. K. vom pädophilen Gedankengut des J. B..
II. Feststellungen zum Tatgeschehen unter A. Teil 2 II.:
Die Feststellungen unter A. Teil 2 II. zum Tatgeschehen beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten K. K., die die ihr zur Last liegenden Taten umfassend gestanden hat und der Einlassung des Angeklagten S. K., soweit ihr gefolgt werden konnte. S. K. hat die Taten A. Teil 2 II. 2., 3., 11., 14., 15. pauschal gestanden und die übrigen Taten pauschal bestritten. Hier folgt die Kammer in ihren Feststellungen den Angaben der Zeugin L.-S. K. sowie den übrigen vernommenen Zeugen.
1. Angaben der Angeklagten
a) Die Angeklagte K. K. hat die sie betreffenden Taten unter A. Teil 2 II. 1., 3., 6., 7., 11., 12., 13. vollumfänglich eingeräumt. Darüber hinaus macht sie auch konkrete Angaben zu diesen Taten und zusätzlich zu Tat A. Teil 2 II. 17.
aa) Sie ließ sich am ersten Hauptverhandlungstag ein, sie habe nicht zum Angeklagten S. K. gesagt, er solle sich L. anschauen. Die Vorfälle als solche wie in der Anklageschrift vorgeworfen seien aber richtig. Es habe Vorfälle in Badezimmer, Schlafzimmer und Campingwagen gegeben.
bb) Einmal sei die Angeklagte K. K. dazu gekommen, als der Angeklagte S. K. und L.-S. im Bett waren. Der Angeklagte meinte zu ihr, sie solle sich dazu legen. L.-S. sei nackt gewesen und sie habe sie anfassen sollen. Anschließend habe sie L.-S. auch im Vaginalbereich angefasst, wisse jedoch nicht mehr, ob sie eingedrungen sei, dies könne sein. Dann habe sich der Angeklagte vor das Bett gestellt, L.-S. sei weiter mit angewinkelten Beinen auf dem Rücken gelegen und habe mit ihrem Handy gespielt. Der Angeklagte S. K. habe dann seinen Penis anal in L.-S. eingeführt. L. habe gesagt, sie habe Schmerzen, woraufhin der Angeklagte auf ihren Bauch ejakuliert habe. Der Vorfall habe sich nach dem 7. Geburtstag von L. ereignet. (Fall A. Teil 2 II. 1.)
cc) Ein anderes Mal sei sie dabei gewesen, als L. im Bad am Glied des Angeklagten S. K. manipuliert habe. Sie habe gesehen, dass L. dran gewesen sei und er gekommen sei. Dieser Vorfall sei nach dem vorherigen Vorfall im Bett gewesen. (Fall A. Teil 2 II. 3.)
dd) Ein anderes Mal habe sich L.-S. auf dem Trockner befunden und sei vom Angeklagten S. K. angespritzt worden. Der Angeklagte habe davon ein Video gefertigt, das habe sie im Schlafzimmer kurz gesehen, als der Angeklagte es sich ansah. (Fall A. Teil 2 II. 6.)
ee) Ferner gab die Angeklagte an, auch von Oralverkehr zu wissen. Sie sei einmal ins Badezimmer gekommen, der Angeklagte S. K. und L.-S. seien in der Badewanne gelegen. Sie habe gesehen, dass L.-S. den Penis des Angeklagten im Mund hatte, das habe aufgehört, als sie reinkam. L. habe den Angeklagten weiter mit der Hand bis zum Samenerguss befriedigt. Sie selbst habe währenddessen Wäsche gemacht. (Fall A. Teil 2 II. 7.)
ff) Außerdem teilte die Angeklagte mit, dass es neben dem bereits genannten Fall im Schlafzimmer noch drei weitere Fälle gegeben habe, bei denen sie dabei gewesen sei. L.-S. habe dabei im Bett auf ihrem Rücken gelegen und sich mit ihrem Handy beschäftigt. Die Angeklagte habe dann gesehen, dass der Angeklagte S. K. der L.-S. auf den Bauch spritzte. Sie habe einmal gesagt, er solle dies sein lassen, ansonsten habe sie viel zu tun gehabt. L.-S. habe ihr nichts davon erzählt. (Fälle A. Teil 2 II. 11., 12., 13.)
gg) Weiterhin ließ sie sich dahingehend ein, sie habe gewusst, dass Dildos zuhause waren. Diese habe S. K. beschafft. Sie habe aber nicht gesehen, dass der Angeklagte S. K. sie eingesetzt habe. Gewusst habe sie, dass der Angeklagte 3 schwarze Dildos bestellt habe. Er habe gesagt, die seien für L. gedacht. Dazu habe sie gesagt, er solle es lassen. Zu einem anderen Zeitpunkt habe der Angeklagte S. K. ihr dann erzählt, er habe es 1 oder 2 Mal bei L. hinten ausprobiert. (Fall A. Teil 2 II. 17)
b) Der Angeklagte S. K. bestritt zunächst pauschal die Fälle A. Teil 2 II. 1., 4., 5., 6., 7., 8., 9., 10., 12., 13., 16., 17., 18., 19. Die Fälle A. Teil 2 II. 2., 3., 11., 14., 15. räumte er hingegen ein. Er äußerte sich im Einzelnen zur Sache wie folgt:
aa) Es habe alles damit begonnen, dass die Angeklagte K. K. zu ihm gesagt habe, er solle sich die L.-S. mal anschauen. Aufgrund seiner Medikamentenumstellung im August 2019 sei er vermehrt sexuell erregt gewesen. Daher habe er sich zunächst im Schlafzimmer heimlich L.-S. angesehen. Von diesen heimlichen Vorfällen habe es zwei gegeben.“
bb) Er könne Fall A. Teil 2 II. 1. nicht bestätigen. Er habe seinen Finger nicht in die Vagina von L.-S. gesteckt und das auch nicht von der Angeklagten K. K. verlangt. So etwas hätte er auch nie gemacht, den Kindern Schmerzen zuzufügen sei für ihn indiskutabel.
cc) Analverkehr mit Penis wie im Fall A. Teil 2 II. 1. oder mit Dildo wie im Fall A. Teil 2 II. 17. habe es nie gegeben.
dd) Fall A. Teil 2 II. 2. sei vor dem Fall A. Teil 2 II. 3. gewesen. Er habe sich selbst am Glied manipuliert und L. habe zugeschaut. Außerdem habe ein Live-Chat mit der Gruppe „Freiheit“ auf „Threema“ stattgefunden. Seine Handykamera sei gelaufen und es sei alles gestreamt worden. B. und J. hätten den Stream gesehen.
ee) Fall A. Teil 2 II. 3. stimme so, L. habe bei der Tat A. Teil 2 II. 2. gesehen, wie es funktioniere. Sie habe dann in der Badewanne unaufgefordert damit angefangen, sein Glied zu manipulieren. Die Angeklagte K. K. sei auch da gewesen.
ff) Zu Fall A. Teil 2 II. 4. äußerte der Angeklagte, es sei nicht so gewesen. Es wäre nie etwas passiert, wenn L.-S. nein gesagt hätte, das habe sie aber nie. Er sei sich nicht mehr sicher, wie viel Vorfälle im Bad es gewesen seien, es könne sein, dass es 3 Vorfälle waren.
gg) Oralverkehr wie in Fall A. Teil 2 II. 7. habe es nicht gegeben.
hh) Man müsse die Fälle A. Teil 2 II. 11., 12., 13. und 1. im Zusammenhang betrachten. Er könne sich nur an einen Fall erinnern, als die Angeklagte K. K. dabei gewesen sei. Es habe insgesamt 3 bis 4 Vorfälle im Schlafzimmer gegeben. Ein Fall davon (Fall A. Teil 2 II. 11.) habe sich zwischen September 2019 und Februar 2020 ereignet.
ii) Dildos wie im Fall A. Teil 2 II. 17. habe er nie bestellt, nur einmal Spielzeug für sich selbst. Es habe zwar Dildos im Haushalt gegeben, einen schwarzen habe er aber nicht gesehen.
jj) Der Vorfall im Campingwagen, Fall A. Teil 2 II. 18., habe sich nicht ereignet. Er und L.-S. seien nie zu zweit da gewesen, nur im Familienurlaub.
kk) Bei Fall A. Teil 2 II. 19. handle es sich nicht um Kinderpornographie. Er habe eine Narbe des Kindes mit dem Schriftzug „wonderful great“ verdecken wollen. Das Foto und den Schriftzug habe er gemacht. Er habe aber nie kinderpornographische Bilder gemacht und auch nie die Geschlechtsteile von L. fotografiert. Ebenso habe er auch nie kinderpornographische Bilder in die Chatgruppe eingestellt. Er habe zwar Fotos von L.-S. und möglicherweise Louis versendet, dabei handle es sich aber um Aufnahmen ohne sexuellen Bezug.
c) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer restlos davon überzeugt, dass sich der Sachverhalt wie abgeurteilt ereignet hat. Dem Geständnis der Angeklagten K. K. folgt die Kammer vollumfänglich. Ein Abgleich mit den weiter erhobenen Beweisen ergibt eine vollständige Übereinstimmung der Aussagen der Angeklagten K. K. mit den ansonsten gewonnenen Erkenntnissen. Soweit der Angeklagte S. K. abgeurteilte Taten bestreitet, war seiner Einlassung nicht zu folgen. Die Kammer erkannte hierin bloße Schutzbehauptungen. Die Feststellungen beruhen insoweit ebenfalls auf den Angaben der Geschädigten L.-S. K., welche die Taten wie festgestellt schilderte.
2. Angaben der L.-S. K.
a) Die Zeugin und Geschädigte L.-S. K. äußerte sich in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung vom 30. Oktober 2020, welche gemäß § 255a StPO als ersetzende Vernehmung in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, wie folgt:
Der Angeklagte S. K. habe ein Foto von ihr in der Badewanne gemacht, als sie sich gewaschen habe. Die Angeklagte K. K. sei währenddessen im Wohnzimmer gewesen. (Fall A. Teil 2 II. 5.)
Der Angeklagte S. K. habe mit seinem Handy Nacktfotos von ihr gemacht. Sie sei einmal im Schlafzimmer auf dem Bett gelegen und einmal gestanden. Zunächst sei sie angezogen gewesen, der Angeklagte habe ihr gesagt, sie solle sich ausziehen. Sie sei dabei mit geraden Füßen auf dem Bett gelegen. Einmal sei die Angeklagte K. K. dabei gewesen, als sie nackt vor dem Bett stand. Außerdem habe sie einmal die Füße hochstellen sollen, das habe die Angeklagte nicht gesehen. (Fälle A. Teil 2 II. 8-10)
Sie habe den Pimmel vom Angeklagten S. K. schon beim Duschen und beim Umziehen und im Bett gesehen. Beide seien nackt im Bett gelegen, der Angeklagte habe gesagt, sie solle seinen Pimmel anfassen. Dann sei Shampoo herausgekommen und auf ihren Bauch, der Angeklagte habe es mit Zewa weggewischt. Dies sei mehrmals passiert. Die Angeklagte K. K. habe das auch einmal gesehen. Das mit dem Shampoo sei auf jeden Fall mehr als einmal gewesen. (Fälle A. Teil 2 II. 11.-15.)
Der Angeklagte S. K. sei auch mal mit seinem Kopf an ihrer Mumu gewesen. Er habe mit seiner Zunge daran geleckt. Dies habe er mehrmals gemacht, wie oft genau wisse sie nicht mehr. Dies sei im Schlafzimmer und auf dem Campingplatz passiert. Die Angeklagte K. K. habe nicht davon gewusst und sie habe es ihr nicht gesagt. Der Angeklagte S. K. habe gesagt, sie solle es niemandem erzählen. Sonst komme die Polizei und das wolle sie ja nicht. (Fall A. Teil 2 II. 16.)
Außerdem würden sie ab und zu mit dem Campingwagen auf einen Campingplatz fahren. Einmal sei sie allein mit dem Angeklagten S. K. dort gewesen. Da habe sie auch seinen Pimmel gesehen und es sei wieder Shampoo herausgekommen. Außerdem habe sie den Pimmel auch angefasst. Auch der Angeklagte S. K. habe sie an der Mumu angefasst mit einem Finger. Er habe den Finger auch rein gemacht, das habe weh getan. Dies habe sie ihm gesagt, er habe jedoch nicht aufgehört. (Fall A. Teil 2 II. 18.)
Dies sei auch zuhause im Schlafzimmer passiert. Die Angeklagte K. K. habe es ungefähr 4 Mal gesehen, dass der Angeklagte S. K. sie anfasste. (Fälle A. Teil 2 II. 11.-15.)
b) Die Zeugin L.-S. K. wurde am 30. Juni 2021 in der Hauptverhandlung ergänzend vernommen:
Sie wisse, dass sie wegen Mama und Papa hier sei und diese im Gefängnis seien. Diese hätten sie an Stellen angefasst, wo sie nicht dürften.“
Beide Angeklagte hätten sie an der Scheide angefasst. Die Angeklagte K. K. sei ins Schlafzimmer gekommen, der Angeklagte S. K. habe zu ihr so etwas wie „fass sie mal an der Scheide an“ gesagt, was sie dann auch getan habe. Ihr Finger sei in ihrer Scheide gewesen. Außerdem habe der Angeklagte versucht, mit seinem eigenen Pimmel an ihren Po zu kommen. Das sei 2 oder 3 Mal gewesen. Er habe ihn in die Mitte von Po und Scheide gesteckt, es habe ihr im Po weh getan. Sie habe gesagt, er solle aufhören, was er dann tat. (Fall A. Teil 2 II. 1.)
Ein anderes Mal sei der Angeklagte an einem Morgen mit in der Badewanne gesessen. Sie sei schmutzig gewesen, da sie draußen mit ihren Geschwistern gespielt hätte. Sie könne sich erinnern, ihn am Penis angefasst zu haben. Er habe es zu ihr gesagt, dann habe sie es einfach gemacht. Sie sei mit der Hand rauf und runter gegangen, bis eine komische weiße Flüssigkeit rausgekommen sei. Dies habe sie sehen können, weil der Angeklagte S. K. mit seinem Bauch hoch gegangen sei. Die weiße Flüssigkeit habe er dann abgewaschen. Anschließend seien sie aus der Badewanne raus zum Frühstück. (Fall A. Teil 2 II. 4.)
Der Angeklagte S. K. habe öfters Fotos von ihr in der Badewanne gemacht. Manchmal seien auch Geschwister dabei gewesen. Der Angeklagte habe aber auch mal Fotos von ihr gemacht, als keine Geschwister anwesend waren. (Fall A. Teil 2 II. 5.)
In ihrem Badezimmer hätten die Angeklagten eine Waschmaschine und einen Trockner. Einmal sei sie auf dem Trockner gelegen. Der Angeklagte S. K. habe sich selbst an seinen Penis gefasst und Flüssigkeit auf ihren Bauch gemacht. Die Angeklagte K. K. sei reingekommen und habe es gesehen. Die Zeugin glaube auch, die Angeklagte habe etwas gesagt, wisse aber nicht mehr was. (Fall A. Teil 2 II. 6.)
Außerdem habe der Angeklagte S. K. mal zu ihr gesagt, sie solle seinen Penis in den Mund nehmen. Sie habe gesagt, er solle bloß nicht die Flüssigkeit in ihren Mund lassen. Das sei 1 Mal in der Badewanne und 1 Mal im Schlafzimmer passiert. Die Angeklagte K. K. sei nicht dabei gewesen. (Fall A. Teil 2 II. 7.)
Der Angeklagte S. K. sei auch mal mit seinem Gesicht an ihrer Scheide gewesen. Er habe seine Zunge in ihre Scheide gesteckt. Sie glaube, die Angeklagte K. K. habe davon nichts mitbekommen. (Fall A. Teil 2 II. 16.)
Ein anderes Mal habe der Angeklagte S. K. einen Gegenstand aus der Schublade geholt, das sei ein komisches Ding gewesen, so ähnlich wie ein Pimmel und schwarz. Auf diesen habe er eine Flüssigkeit gemacht. Dann machte er das Ding an ihre Scheide und an den Po, sie habe es auch zwischen Scheide und Po gemerkt. Es habe wehgetan, was sie auch zu ihm gesagt habe. Nach einer Minute habe der Angeklagte dann aufgehört. Das sei im Schlafzimmer gewesen, sie sei auf den Bauch gelegen. Der Angeklagte habe gesagt sie solle sich hinlegen und habe ihr ein Handy geholt. Insgesamt habe es 3 schwarze Gegenstände gegeben: einen großen, einen mittleren und einen kleinen. Der Angeklagte habe einmal den kleinen und einmal den großen benutzt, beide Male seien im Schlafzimmer gewesen. Der Vorfall müsse während Corona gewesen sein, sie habe Homeschooling gehabt. (Fall A. Teil 2 II. 17.)
3. Würdigung der Aussage von L.-S. K.
Die Kammer hat keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage der Zeugin. Die Sachverständige Dipl.-Psych. K. F. kam in ihrem aussagepsychologischen Gutachten unter Berücksichtigung aller Befunde zur Aussagefähigkeit, Aussagezuverlässigkeit und Aussagequalität zu dem Ergebnis, dass die Angaben der Zeugin zu den gegenständlichen Tathandlungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert sind. Die Sachverständige hat die Zeugin am 16. Januar 2021 in einem Untersuchungszimmer der kinder- und jugendpsychiatrischen Institutsambulanz am Bezirkskrankenhaus in B. untersucht, wobei die Sachverständige eine Verhaltensbeobachtung, eine Biografie- und Sozialanamnese, die Prüfung kognitiver und sprachlicher Fähigkeiten, eine Sexualanamnese sowie eine Aussage zur Sache erhob. Zudem war die Sachverständige während der Beweisaufnahme anwesend und konnte insbesondere die ergänzende Vernehmung von L.-S. K. in der Hauptverhandlung sowie die Einvernahme der weiteren Zeugen mitverfolgen. Diese Anknüpfungstatsachen hat sie ihrer Gutachtenserstattung zu Grunde gelegt.
Das Gutachten der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für forensische Psychologie ist nachvollziehbar und beruht auf zutreffenden Anknüpfungstatsachen. Insbesondere geht es von der Arbeitshypothese aus, dass die Angaben der Zeugin unwahr sind (sog. Nullhypothese) und zeigt auf, weshalb diese Hypothese verworfen werden muss. Dabei werden drei unterschiedliche Prüfprozesse durchlaufen. Es wird die Aussageperson anhand von Aussagefähigkeit und Kompetenzen beurteilt. Dann werden die Zuverlässigkeit der Angaben über Aussageentstehung, -Entwicklung, Störfaktoren wie u.a. suggestive Verfälschung und die Aussagequalität, welche sich in Merkmalen für Erlebnisbezug, Logik, Konstanz, Detaillierung u.a. äußert, kritisch überprüft. Die Sachverständige hat nach Anhaltspunkten gesucht, die darauf hindeuten, dass die Zeugin Geschehnisse mit realem Erlebnishintergrund berichtet hat. Zugrunde lag stets die Ausgangsannahme, dass die Zeugin mit den gegebenen individuellen Voraussetzungen unter den gegebenen Befragungsumständen und unter Berücksichtigung der im konkreten Fall möglichen Einflüsse von Dritten diese spezifische Aussage auch hätte machen können, ohne dass sie auf einem realen Erlebnishintergrund beruht. Im Rahmen der Gesamtwürdigung hat sie diese Annahme nicht mehr aufrechterhalten, weil sie mit den gesammelten Fakten nicht mehr zu vereinbaren seien. Die Sachverständige verfügt über eine langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Glaubwürdigkeitsbegutachtung, ihre fachliche Qualifikation steht außer Frage. Die Kammer schließt sich ihrem Gutachten aus eigener Überzeugung an.
a) Aussageperson
aa) Bei der Zeugin liegt keine Einschränkung ihrer Aussagefähigkeit vor.
Die Sachverständige führt hierzu aus, die Zeugin erfülle hinsichtlich ihres kognitivfunktionalen Leistungsniveaus (Aussagetüchtigkeit) und ihrer Aussagekompetenz die Grundvoraussetzungen für die Erstellung einer gerichtsverwertbaren Aussage.
Es ergäben sich keine Hinweise auf eine eingeschränkte Wahrnehmungs- oder Gedächtnisfunktion, welche ihre bisherigen und aktuellen tatrelevanten Angaben beeinträchtigt haben könnten. Die Sachverständige beschreibt die Zeugin als kontaktoffen, freundlich und mitteilungswillig. Die Zeugin erinnere sich gut an bedeutsame körpernahe Erlebnisse. Eine Intelligenzminderung liege nicht vor, lediglich manche Worte fehlten reifungsbedingt.
Die Zeugin beherrsche relevante kommunikative Kompetenzen. Altersbedingt könne sie Handlungsabläufe und Gefühle nicht differenziert beschreiben. Ebenso herrsche eine hohe Verlegenheit bei sexuellen Themen. Sie neige nicht zu fantasievollem Erzählen, sondern gebe Geschehenes eher nüchtern wieder. Es sei davon auszugehen, dass sie Fantasie und Realität ausreichend auseinanderhalten könne und in ihren Erzählungen nicht vermische. Sie habe sich angemessen konzentrieren, sich verständig ausdrücken und eine zusammenhängende Erlebnisschilderung produzieren können. Die Zeugin könne spontan, ausführlich und ausreichend detailliert erzählen. Die Zeugin sei ausreichend in der Lage, die Quellen ihrer Erinnerung zu benennen und nicht zu verwechseln.
Bei der Zeugin lägen keine abnormen, ihre Aussagefähigkeit beeinträchtigenden Verhaltens- und Erlebensweisen vor. Es gäbe keine Hinweise auf eine erhöhte Suggestibilität. Diese sei zwar grundsätzlich bei Kindern höher. Sie habe aber nie jemandem dem Mund nachgeredet und sei auch in der Lage, nein zu sagen.
Bei Ansprache ihrer Eltern habe sich die Stimmung der Zeugin verändert. In Bezug auf ihre Mutter empfände sie Sehnsucht, in Bezug auf ihren Vater Sprachlosigkeit. Zwischenzeitlich habe sich die Situation wesentlich verfestigt, sie habe sich an Ergänzungspflegerin und Pflegefamilie gewöhnt. Ihr Befinden sei gesichert. Hierdurch erkläre sich auch, dass die Zeugin in ihrer ersten polizeilichen Vernehmung ängstlich und wenig aussagebereit gewesen sei. Sie sei urplötzlich aus ihrer gewohnten Umgebung und der Familie gerissen worden. Hierdurch habe sie sich in einem Schockzustand befunden. Sie habe jedoch Vertrauen gefasst, weshalb sich die Aussagebereitschaft deutlich gebessert habe.
bb) Die Zeugin hat ausreichende Aussagekompetenzen.
Sie verfüge über kein sexuelles Vorwissen, sie sei diesbezüglich kindlich unwissend.
Bei Kindern ab 7 Jahren sollen Lügenkompetenzen dergestalt beginnen, als sie in der Lage seien, effektiv zu täuschen. Die Zeugin sei angesichts ihres kognitiven sprachlichen Entwicklungsstandes grundsätzlich zum Erfinden einer Falschaussage fähig, sofern diese inhaltlich nicht sehr komplex sei und ein entsprechendes Falschbelastungsmotiv vorliege. Die Zeugin schildere aber komplexe Geschehnisse mit verschiedenen Tatorten und Handlungen. Es sei auszuschließen, dass sie bei derart umfassenden Komplexen zu einer Falschaussage in der Lage sei, zumal sie eine Lügenkonstruktion erst erfinden und dann über einen langen Zeitraum aufrechterhalten müsse. Dies sei ihr angesichts von Alter und Reife schlicht nicht möglich.
Die Aussagen der Zeugin waren zunächst zögerlich, verlegen und mit leiser Stimme. Dies habe sich aber sehr gebessert. Teilweise habe die Zeugin dann Dinge ganz ohne Aufforderung erzählt und Geschehensabläufe mit Händen und am Boden demonstriert.
Im Übrigen gelten die bereits unter B. Teil 2 II. 3. a) aa) genannten Aspekte, wonach die Zeugin intellektuell und sprachlich über ausreichende Aussagekompetenzen verfügt.
Die Kammer schließt sich der Einschätzung der Sachverständigen in der Hauptverhandlung nach eigener Prüfung auch an. Es gab keine in der Persönlichkeit liegenden Auffälligkeiten. Die Kammer hat von der Zeugin den Eindruck gewonnen, dass es sich bei ihr um einen Menschen handelt, der sich wenig selbst behauptet, ihre eigenen Interessen nicht durchsetzt und Dinge, die nicht in ihrem Interesse sind, lange akzeptieren kann. Dies bestätigte aus Sicht der Kammer auch die Zeugin H. S., welche mit der Zeugin die Eingangsdiagnostik in der G.-G.-S. durchführte. Sie beschreibt ein angepasstes Mädchen mit unauffälligem Verhalten. Sie sei immer sehr brav und es sei ihr wichtig, gemocht zu werden.
Anzeichen einer auffälligen Impulsivität, Zornausbrüche oder Stimmungsschwankungen sowie eine schwankende oder gestörte Selbstwahrnehmung hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Ein dramatisches und theatralisches Verhalten konnte bei der Zeugin nicht beobachtet werden und wurde von den Umfeldzeugen auch nicht berichtet. Die Zeugin H. S. beschreibt sie als sehr brav und unauffällig. Auch die Zeugin S. S. hatte von der Zeugin einen introvertierten und schüchternen Eindruck. Damit wird die Einschätzung der Sachverständigen bestätigt.
b) Persönlicher Eindruck der Kammer von der Zeugin
Die Kammer konnte sich in der ergänzenden audiovisuellen Vernehmung einen guten Eindruck von der Zeugin verschaffen. Dieser war wie folgt:
„Die Zeugin hat insgesamt sachlich und ohne erkennbaren Belastungseifer ausgesagt. Im Vergleich zur ermittlungsrichterlichen Vernehmung, welche durch Vorspielen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde, antwortete die Zeugin deutlicher und umfangreicher. Die Kammer hat den Eindruck gewonnen, die Zeugin versuchte sehr konzentriert vollständige Angaben zu machen. Sie antwortete gut auf gestellte Fragen und brachte auch eigene Ergänzungen an. Anzeichen für Theatralik gab es nicht. Bei der Befragung konnte keine besondere emotionale Schwingung festgestellt werden. In Gestik und Mimik waren keine Auffälligkeiten zu erkennen. Vielmehr hatte die Kammer den Eindruck, als schildere die Zeugin ganz nüchtern und unbeeinflusst das von ihr Erlebte. Insgesamt sind zwischen unverfänglichen Schilderungen in Randbereichen und der Darstellung des Kerngeschehens keine Strukturbrüche zutage getreten. Die Zeugin hat nicht den Eindruck gemacht, über besondere Schlagfertigkeit oder besondere kreative oder kognitiven Fähigkeiten zu verfügen, die bei der Kammer die Befürchtung hätten wecken können, dass ihr eine bewusste Falschbezichtigung überdurchschnittlich leichtgefallen wäre.“
c) Aussagevalidität
Die Kammer hat im Weiteren eine Prüfung der Aussagezuverlässigkeit der Zeugin vorgenommen. Sie hat hierzu die Aussageentstehung und -entwicklung überprüft und nach Störfaktoren oder Hinweisen für eine suggestive Verfälschung gesucht.
aa) Analyse der Aussagegeschichte
(1) Ausgangspunkt des hiesigen Verfahrens war, wie der Zeuge Kriminalhauptkommissar L. von der Polizeiinspektion C. schildert, eine Mitteilung der Ermittlungsbehörden in B. G., dass eine Person im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion C. seine Tochter missbrauchen würde. Die Angeklagten seien leicht über ihre Familienverhältnisse mit 8 Kindern zu identifizieren gewesen. Am nächsten Tag, den 30. August 2020, seien sodann unverzüglich Maßnahmen eingeleitet worden und die Angeklagten als Beschuldigte vernommen worden. Die gesamte Familie sei von dem Ermittlungsverfahren quasi überrollt worden.
(2) Vor dem Bekanntwerden der Vorwürfe am 29. August 2020 bestand im sozialen Umfeld kein Verdacht bzw. keine Erwartung, die Angeklagten könnten ihre Tochter missbraucht haben. Keiner der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen des Umfelds der Familie konnte derartiges berichten.
(3) L.-S. K. hat zunächst keine belastenden Angaben gemacht. Sie wurde am 1. September 2020 erstmalig ermittlungsrichterlich vernommen. Die Vernehmung wurde durch Vorspielen in die Hauptverhandlung eingeführt. Sie sagte aus, Fotos von ihr habe der Angeklagte nur an der Ostsee und zuhause mit der ganzen Familie gemacht. Sie habe nie mit dem Angeklagten allein gekuschelt. Einmal habe sie mit dem Angeklagten geduscht, sie hätten sich gewaschen und wären dann wieder rausgegangen. Er habe sie nie angefasst. Er habe auch sich nie vor ihr angefasst. Seinen Pimmel habe sie wenn dann nur in der Badewanne gesehen, da sei er nach unten gehangen. Der Angeklagte habe ihr nie eine Flüssigkeit auf den Bauch getan.
(4) Die Ergänzungspflegerin von L.-S. K., E., und Kriminalhauptmeisterin Z. von der Kriminalpolizeiinspektion C., Kommissariat 1 sagten als Zeuginnen in der Hauptverhandlung aus, L.-S. habe unmittelbar nach der ersten ermittlungsrichterlichen Vernehmung eigeninitiativ gegenüber der Zeugin C. E. geäußert, sie habe nicht ganz die Wahrheit gesagt. Es habe mehr Bilder gegeben. Dies äußerte sie auch gegenüber der Zeugin Kriminalhauptmeisterin Z..
(5) Daher wurde die Zeugin L.-S. K. am 7. September 2020 durch die Zeugin Kriminalhauptmeisterin Z. polizeilich vernommen. Hiervon berichtete diese in der Hauptverhandlung. In dieser Vernehmung machte L.-S. K. Angaben. So habe der Angeklagte in der Badewanne und im Bett Nacktbilder von ihr gemacht. Der Angeklagte habe zu ihr gesagt, sie solle sich ausziehen, als sie im Bett war. Auch der Angeklagte sei nackt gewesen. Sie sei im Bett auf dem Rücken gelegen, auch habe sie mal die Beine hochstellen müssen. Der Angeklagte sei auch neben ihr gelegen, dabei habe sie seinen Pimmel gesehen. Weiter habe sie den Pimmel des Angeklagten auch angefasst, weil er sagte, es sei ein Spiel. Der Angeklagte sei auf dem Rücken gelegen, sein Pimmel sei weich und gerade gewesen. Dies sei ungefähr 30 Mal in Bett und Badewanne passiert. Sie habe am Penis des Angeklagten Bewegungen durchgeführt, bis etwas, das wie Shampoo aussah, rausgekommen sei. Mit ihrem Gesicht sei sie nie am Angeklagten dran gewesen. Außerdem habe der Angeklagte sie mit seinen Fingern an der Mumu angefasst und sei auch drin gewesen. Dies habe sich 10 Mal ereignet. Dieses Mumu- und Pimmel-Spiel habe auch im Campingwagen stattgefunden. Die Angeklagte K. K. sei 7 Mal dabei gewesen.
(6) L.-S. K. wurde daher am 30. Oktober 2020 ein zweites Mal ermittlungsrichterlich vernommen. Die Vernehmung wurde aufgezeichnet und gemäß § 255a StPO durch Vorführen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht. Bezüglich des Inhaltes der 2. ermittlungsrichterlichen Vernehmung wird auf Ziff. B. Teil 2 II. 2. a) Bezug genommen.
(7) Daneben machte L.-S. K. bei ihrer gutachterlichen Exploration am 16. Januar 2021 weitere Angaben der Sachverständigen gegenüber, wovon diese in der Hauptverhandlung berichtete. L.-S. habe zu ihr gesagt, es habe Vorfälle mit ihrem Vater in Schlafzimmer und Bad gegeben. Er habe ihre Scheide mit dem Handy fotografiert. Bei den Vorfällen, als im Schlafzimmer Fotos gefertigt wurden, habe sie mal auf dem Rücken gelegen und mal mit gespreizten Beinen gesessen. Die Angeklagte K. K. sei nicht dabei gewesen. Einmal habe der Angeklagte einen Dildo verwendet, den habe sie als penisähnlichen Gegenstand beschrieben. Er habe ferner an ihrer Scheide geleckt und es habe Oralverkehr nach Anleitung des Angeklagten S. K. gegeben. Er sei mit seinem Finger in ihre Scheide eingedrungen. Dabei habe er einmal zur Angeklagten K. K. gesagt „leg dich mal rein“, dann habe sie auch das mit dem Finger gemacht. Weiter hätten sie im Campingwagen übernachtet, wo der Angeklagte masturbiert und auf ihren Bauch ejakuliert habe. Die Angeklagte K. K. sei manchmal dabei gewesen, einmal habe sie auf Zuruf des Angeklagten ihren Finger in die Scheide von L.-S. gesteckt. Aufgrund deutlicher Ermüdungserscheinungen habe die Sachverständige das Gespräch dann abgebrochen.
(8) Zuletzt wurde die Zeugin L.-S. K. am 30. Juni 2021 in der Hauptverhandlung ergänzend vernommen. Auf Ziff. B. Teil 2 II. 2. b) wird Bezug genommen.
(9) Die Kammer ist in Übereinstimmung mit der Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Aussageentstehung und -geschichte in sich schlüssig rekonstruieren lassen und eine große innere und äußere Homogenität aufweisen. Es ist zwar zu einer Ausweitung der Vorwürfe gekommen. Dies ist aber logisch damit erklärbar, dass – wie bereits angesprochen – die Zeugin plötzlich aus ihrem gewohnten Lebensumfeld gerissen wurde und sich an die neue Situation anpassen musste. Bei der ersten ermittlungsrichterlichen Vernehmung am 1. September 2020 hatte sie keine Aussagebereitschaft. Unmittelbar danach hat sie ihre Aussage aber spontan und unbeeinflusst revidiert und in den nachfolgenden Vernehmungen immer weitere Tatvorwürfe eingeräumt. Es gibt keine Hinweise auf eine Verfälschung der Aussagen durch fremdsuggestive Einflüsse oder durch in der Zeugenpersönlichkeit liegende Faktoren.
bb) Eventuelle Fehler in der Wahrnehmung oder Erinnerung
Die Kammer hat die Aussage darüber hinaus dahingehend geprüft, ob es Anhaltspunkte für Fehler im Wahrnehmungs- und Erinnerungsprozess gibt. Wahrnehmungs- und Erinnerungsprozesse sind fehleranfällig, sodass eine berichtete Tatsache subjektiv wahr und dennoch unrichtig sein kann. Die Kammer hat sich daher auch mit der Frage beschäftigt, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich infolge bestimmter Einflüsse und psychologischer Phänomene bei der Zeugin Fehler in der Wahrnehmung oder Erinnerung eingestellt haben. Neben der Prüfung der möglichen Beeinflussung durch Dritte oder autosuggestive Beeinflussung ist der psychische Zustand bzw. die Persönlichkeit der Zeugin zu beleuchten. Die Sachverständige führte hierzu aus, bei der Zeugin hätten sich keine Hinweise auf eine eingeschränkte Wahrnehmungs- und Gedächtnisfunktion ergeben. Sie erinnere sich gut an bedeutsame körpernahe Erlebnisse. Die Zeugin H. S. testete die Zeugin auf kognitive Fähigkeiten und visuelle Wahrnehmung, in beiden Bereichen liege sie im Durchschnitt.
cc) Analyse motivationaler Aspekte bei der Aussageentstehung
Ein Motiv für eine Falschbelastung hat die Kammer trotz der Bildung von Alternativhypothesen nicht ausmachen können. Die Kammer hat mögliche Alternativhypothesen aufgenommenen und einer näheren Prüfung unterzogen. Bei der kindlichen Zeugin kamen als Alternativhypothesen insbesondere ein Rachemotiv, Aufmerksamkeitssuche oder Suggestion in Betracht.
(1) Alternativhypothese: Rachemotiv/Vergeltung
Die Kammer hat zunächst ein mögliches Rachemotiv der Zeugin geprüft, die diesbezügliche Hypothese jedoch nicht bestätigt gefunden. Bei der nunmehr 8-jährigen Zeugin ließen sich bereits keine Vorkommnisse innerhalb des Familienverbundes ausmachen, die einen Anhaltspunkt für ein mögliches Racheinteresse bieten können. Eine Schädigungsabsicht konnte nicht festgestellt werden. Wie die Sachverständige ausführte, sei die Beziehung der Zeugin zu beiden Angeklagten sehr eng. Dies konnte auch die Zeugin B2. R1. bestätigen. L.-S. K. sei im Sommer 2020 bei ihr gewesen, aber habe sehr an ihrem Vater gehangen und zu ihm zurückgewollt.
Gegen die Annahme eines Rachemotivs spricht ferner, dass die Zeugin zunächst gar nicht aussagte. Sie war darum bemüht, die Angeklagten nicht zu belasten. Erst ab der polizeilichen Vernehmung am 7. September 2020 war mehr Aussagebereitschaft vorhanden. Dieser ist jedoch wie ausgeführt mit dem gewachsenen Vertrauen zu begründen. Auch ab diesem Zeitpunkt an war sie darauf bedacht, die Angeklagten nicht in ungünstigem Licht darzustellen. So gab sie der Sachverständigen gegenüber an, der Angeklagte S. K. sei liebevoll und rücksichtsvoll, er hätte aufgehört, wenn sie dies wollte.
Nach ihren belastenden Aussagen am 7. September 2020 und 30. Oktober 2020 machten die Schwestern N. K. und N. M. der Zeugin Schuldvorwürfe. Dies teilten die Zeuginnen A. S.-D. und C. R. der Kammer mit. So sei sie sinngemäß schuld daran, dass die Angeklagten im Gefängnis sitzen würden, da sie Sachen ausplaudere. Auch dies spricht aus Sicht der Kammer gegen ein Rachemotiv, da die Vorwürfe gerade aufzeigen, dass die Familie zumindest aus Sicht der Kinder zuvor intakt war.
(2) Alternativhypothese: Aufmerksamkeitssuche
Die Kammer hat sich weiterhin damit auseinandergesetzt, ob es der Zeugin etwa darum ging, durch falsche oder übertriebene Anschuldigungen Aufmerksamkeit zu erlangen. Dies war nicht der Fall. Die Zeugin machte auf die Kammer einen schüchternen und zurückhaltenden Eindruck. Diesen Eindruck hatten auch die Sachverständige, die Zeugen Richterin am Amtsgericht S. S., welche die Zeugin als Ermittlungsrichterin vernommen hat, und Kriminalhauptmeisterin Z.. Die Zeugin H. S. führte aus, L.-S. K. verhalte sich unauffällig und sehr brav. Die Kammer hält die Zeugin ihrer Persönlichkeit nach nicht für einen Menschen, welcher nach Aufmerksamkeit sucht. Schließlich waren die Familienverhältnisse vor dem Bekanntwerden der Vorwürfe intakt. Keiner der Umfeldzeugen konnte von einer Vernachlässigung oder einem erhöhten Aufmerksamkeitsbedürfnis der Zeugin berichten.
(3) Alternativhypothese Suggestion
Die Kammer hat sich weiterhin mit der Frage auseinandergesetzt, ob suggestive Bedingungen bei der Entstehung oder Erhebung der Aussage vorgelegen haben und diese im Ergebnis verneint. Dabei wurde insbesondere die Entstehung der Aussage der Zeugin sowie deren Entwicklung nochmals rekonstruiert und geprüft. Wegen der Einzelheiten zur Aussageentstehung wird auf die Ausführungen unter Ziff. B. Teil 2 II. 3. c) aa) hingewiesen.
Die Zeugin befand sich nicht in einer aufarbeitenden psychotherapeutischen Behandlung. Die Pflegefamilie hatte keine detaillierten Kenntnisse über die den Eltern zur Last gelegten Vorwürfe. Die Zeugin A. S.-D., welche als Pflegemutter für L.-S., N. und N. K. eingesetzt wurde, gab im Gegenteil in Zeugenvernehmung an, sich vom Jugendamt nicht hinreichend informiert gefühlt zu haben. Sie habe nur irgendwas von Bildern gewusst. Auch habe sie das Thema mit den Kindern nicht besprochen. Lediglich einmal als N. K. sich ihr gegenüber geäußert habe, habe sie ihr zugehört und sie anschließend an die Ermittlungsbehörden weiterverwiesen. Auch die Zeugin H. S., welche als Psychologin bei der G.-G.-S., bei der sich L.-S. K. seit März 2021 aufhält, arbeitet, erklärte dort werde das Tatgeschehen mit den Kindern nicht initiativ thematisiert. Die Mitarbeiterin der Jugendamtes, C. R., welche für die Inobhutnahme der Kinder der Familie K. zuständig war, gab ebenfalls an, gegenüber den Kindern keine Angaben zu den Tatvorwürfen gemacht zu haben. Man habe lediglich kurz mittgeteilt, dass es sich um verbotene Bilder handele, ohne hier konkret zu werden.
Eine Verfälschung der Aussage durch suggestive Fragetechnik bei den Vernehmungen durch die Polizeibeamtin Kriminalhauptmeisterin Z. von der Kriminalpolizeiinspektion C., Kommissariat 2 ist nicht zu erkennen. Die Kammer ist sich hingegen bewusst, dass die ermittlungsrichterliche Vernehmung der Zeugin L.-S. K. in der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts C. vom 30. Oktober 2020 durch Richterin am Amtsgericht S. teilweise suggestive Fragestellungen beinhaltet. Gleichwohl hat die Kammer die dortigen Angaben der L.-S. K. der Verurteilung zu Grunde legen können, weil nach kritischer Prüfung auszuschließen war, dass L.-S. K. diese Angaben nur aufgrund der Fragestellung der Ermittlungsrichterin machte.
Die Kammer war sich gewahr, dass die dortigen Angaben der Zeugin einer besonders kritischen Prüfung zu unterziehen waren, weil sich die Fragestellung der Ermittlungsrichterin als suggestiv erwies. Wenn auch nicht in vollem Umfang, hat die Kammer trotz obiger Erkenntnisse die Angaben der Geschädigten L.-S. in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung der Tatsachenfeststellung zu Grunde legen können, soweit hinsichtlich des Tatgeschehens auf dem Campingplatz (Fall A. Teil 2 II. 18.) kein Eindringen mit dem Finger betroffen war, denn nach besonders kritischer Würdigung bestand für die Kammer kein Zweifel an deren Wahrheitsgehalt. Dies schlussfolgert die Kammer unter anderem daraus, dass die Zeugin dieselben Angaben zuvor in der polizeilichen Vernehmung vom 7. September 2020 durch die Kriminalhauptmeisterin Z. vom unter nicht suggestiven Bedingungen gemacht und anschließend unter ebenfalls nicht suggestiven Bedingungen bei der Sachverständigen wiederholt hat.
Die Zeugin schilderte gegenüber Kriminalhauptmeisterin Z., dass der Angeklagte in der Badewanne und im Bett nackte Bilder von ihr gemacht habe. Der Angeklagte habe zu ihr gesagt, sie solle sich ausziehen. Sie sei im Bett auf dem Rücken gelegen, auch habe sie mal die Beine hochstellen müssen. Der Angeklagte sei auch nackt neben ihr gelegen, dabei habe sie seinen Pimmel gesehen. Weiter habe sie den Pimmel des Angeklagten auch angefasst, er habe gesagt es sei ein Spiel. Sie habe am Penis des Angeklagten Bewegungen durchgeführt, bis etwas, das wie Shampoo aussah, rausgekommen sei. Außerdem habe der Angeklagte sie mit seinen Fingern an der Mumu angefasst und sei auch drin gewesen. Dieses Mumu- und Pimmel-Spiel habe auch im Campingwagen stattgefunden. Sie stellte weiterhin spontan zur Tatörtlichkeit klar, dass sich dies auf dem Bett abgespielt habe, weil es in „T.“ keine Badewanne gäbe.
Diese Angaben wiederholte sie in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung und fügte weitere Ergänzungen hinzu, vgl. Ziff. B. Teil 2 II. 2. a). Bis auf den Vorfall auf dem Campingplatz (Fall A. Teil 2 II. 18.) waren hierbei keine Widersprüche vorhanden, womit die Kammer diese Angaben dem Urteil zugrunde legen konnte.
Zudem wiederholte L.-S. K. ihrer Angaben anschließend ebenfalls unter nicht suggestiven Umständen gegenüber der Sachverständigen Dipl.-Psych. F. in der Exploration vom 16. Januar 2021 bzw. in der ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung vom 30. Juni 2021.
Einzig hinsichtlich der Tat unter Ziff. A. Teil 2 II. 18. hat die Kammer die Angaben der Geschädigten L.-S. K. in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung vom 30. Oktober 2020, in welcher sie schilderte, der Angeklagte sei mit dem Finger in ihre Scheide eingedrungen zu Gunsten des Angeklagten nicht zu Grunde gelegt, weil diese Angabe nicht unter nicht suggestiven Umständen wiederholt wurde. In der ermittlungsrichterlichen Vernehmung schilderte L.-S. K. auf konkreten Vorhalt ein Eindringen mit dem Finger. Bei der Vernehmung durch Kriminalhauptmeisterin Z. und bei der Exploration durch die Sachverständige schilderte sie hingegen nur, das Mumu-Pimmel-Spiel habe auch im Campingwagen stattgefunden. Hiermit bezeichnete sie zuvor gegenüber Kriminalhauptmeisterin Z. die Vorfälle, in denen die sie handgenital beim Angeklagten bis zum Samenerguss manipulierte und die Ejakulation auf ihren Bauch erfolgte.
Die Kammer geht davon aus, dass die Zuverlässigkeit der Aussagen von Kindern (in [noch] stärkerem Ausmaß als bei Erwachsenen) durch eine suggestive Art der Befragung beeinträchtigt werden kann, also immer dann, wenn bestimmte, im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Tat stehende Einzelheiten – sei es absichtlich oder unabsichtlich – von der Vernehmungsperson vorgeschlagen oder gar als gegeben vorausgesetzt werden (vgl. Bruck/Ceci, in Faust 723 ff; n auch 1378 ff; Eisenberg, StPO, Dritter Teil. Zeuge Zweites Kapitel. Aussagewürdigung I. Aussagefähigkeit Rn. 1416, beck-online). Die Möglichkeit, auch von sehr jungen Kindern verlässliche Angaben zu erhalten, ist nämlich dann nicht oder doch weniger beeinträchtigt, wenn die Kinder von unvoreingenommenen Interviewern in neutraler Weise in möglichst wenigen Interviews mit möglichst wenig direkten Fragen und ohne andere suggestive Techniken befragt werden. Nur, wenn die vorgenannten Bedingungen nicht vorliegen, die erste Äußerung des Kindes erst nach mehreren Befragungen erfolgte oder wenn es sich zunächst um sehr vage, inkonsistente und inkohärente Äußerungen handelte, die erst mit zunehmenden Befragungen an Konstanz und Plastizität gewonnen haben, ist eine suggestive Beeinflussung in Betracht zu ziehen (Eisenberg, StPO, Dritter Teil. Zeuge Zweites Kapitel. Aussagewürdigung I. Aussagefähigkeit Rn. 1417, beck-online). Die Kammer hat in der Vernehmung vom 30. Oktober 2020 – aber auch nur in dieser Vernehmung – die Vorgabe bestimmter Abläufe durch die vernehmende Ermittlungsrichterin erkannt, wie dies auch von der Sachverständigen K. F. bestätigt wurde. Insbesondere wurde der Geschädigten ausdrücklich und erstmalig vorgehalten, ob der Papa auf dem Campingplatz seinen Finger in ihre Scheide gesteckt habe oder nur außen dran gewesen sei. Die Zeugin gab eine unverständliche Antwort. Auf nochmalige Nachfrage, ob er den Finger auch rein gemacht habe, nickte die Zeugin.
Bereits gegenüber Kriminalhauptmeisterin Z. äußerte L.-S. K. spontan, dass es in „T.“ im Bett auch zu einem „Pimmel-Mumu-Spiel“ gekommen. Weiterhin stellte sie spontan klar, dass sich dies auf dem Bett abgespielt habe, weil es in „T.“ keine Badewanne gäbe. Dies hat sie auch in ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung wiedergegeben und zu jeder Zeit konstant so ausgesagt. Zweifel, dass dies der Wahrheit entspricht, hatte die Kammer nicht.
Neu und damit nicht konstant ausgesagt war die Handlung des vaginalen Eindringens. Hier führt die Verbindung mit der suggestiven Fragetechnik dazu, dass die Kammer das Eindringen zugunsten des Angeklagten als nicht erwiesen erachtet, da sie eine Beeinflussung der kindlichen Zeugin nicht komplett ausschließen kann. Die Kammer betont jedoch auch, dass sie keinerlei Bedenken hat, dass die Aussage der Zeugin im Übrigen wahr ist.
Die Kammer war sich bei Prüfung der suggestiven Einflussnahme auch gewahr, dass jede Befragung ein Lernprozess ist und damit die Gefahr suggestiver Einflüsse steigt. Jedoch führt nicht jede Mehrfachvernehmung grundsätzlich zu einer Erhöhung der Falschinformationseffekte, sondern eine eigenständige suggestive Wirkung haben diese nur dann, wenn sie als Kritik am bisherigen Aussageverhalten aufgefasst werden (vgl. Jansen, Zeuge und Aussagepsychologie, 2. Auflage, Rn. 637 ff). Einen derartigen Effekt konnte die Kammer vorliegend ausschließen, weil bereits die Entstehung der Aussagen der L.-S. K. einen solchen Effekt nicht stützt. Weder gab es eine Beeinflussung durch Aktenstudium, welches die 8-jährige, unvertretene Zeugin naturgemäß nicht vornahm, noch war ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Befragern und der Zeugin, welches einen Erwartungsdruck auslöste, feststellbar. Die Kammer hat unter diesem Gesichtspunkt auch die spontanen Ergänzungen durch die Zeugin gewürdigt. Allerdings ist angesichts ihrer altersgemäß entwickelten und damit nicht übermäßig ausgeprägten Narrationsfähigkeiten, der fehlenden sexuellen Vorerfahrung sowie den fehlenden detaillierten Vorgaben in den Befragungen (mit Ausnahme des unter Ziff. A. Teil 2 II. 18. geschilderten Falles) und den andererseits spontanen mimischen und gestischen Darstellungen durch die Zeugin ein derartiger Lerneffekt ausgeschlossen.
(4) Ergebnis
Letztlich wurden Überlegungen zu Motiven angestellt, diese konnten jedoch nicht objektiviert werden. Ein tragendes Motiv für eine Falschbelastung machte die Kammer nicht aus. Es sind weder Rachemotive noch ein Drang nach Aufmerksamkeit erkennbar, ebenso wenig wie eine Falschbelastung, um in der Gruppe der Geschwister Geltung zu erlangen und an deren Erlebnissen teilhaben zu können. Anhaltspunkte für eine suggestive Verfälschung fand die Kammer nur bezüglich Fall A. Teil 2 II. 18., insoweit geht sie zugunsten des Angeklagten davon aus, dass kein vaginales Eindringen erfolgte.
dd) Analyse der Aussageentwicklung
Die Aussage der Zeugin weist eine hohe Konstanz in den Kernhandlungen auf.
(1) Die Sachverständige führt hierzu aus, die Zeugin bringe ab ihrer zweiten Aussage spontane Ergänzungen an. Dies spreche für eine hohe Aussagequalität. Grundsätzlich werde von einer erlebnisgestützten Aussage erwartet, dass sie in wesentlichen Bereichen auch über einen längeren Zeitraum hinweg konstant reproduziert werden könne, dass selbst Erlebtes mit intensiveren Gedächtnisprozessen einhergeht als lediglich frei Erfundenes oder von der Fantasie Produziertes. Bei einer Erlebnisbasis könne man nicht zwei identische Aussagen erwarten. Im Kerngeschehen sei die Aussage der Zeugin jedoch sehr konstant. Dazu zählen die beteiligten Personen und Örtlichkeiten.
Der Kammer war bewusst, dass gerade im Hinblick auf die erste ermittlungsrichterliche Aussage, in welcher keine belastenden Angaben gemacht wurden, eine stetige Ausweitung der Vorwürfe erfolgte.
•Erstmals sagte die. Zeugin am 1. September 2020 in ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung, welche als Bild-Ton-Aufzeichnung in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, aus.
•Sodann kam es am 7. September 2020 zur polizeilichen Vernehmung bei Kriminalhauptmeisterin Z..
•Am 30. Oktober 2020 war die zweite ermittlungsrichterliche Vernehmung, welche ebenfalls als Bild-Ton-Aufzeichnung in der Hauptverhandlung vorgeführt wurde.
•Die Sachverständige Dipl.-Psych. K. F. berichtete in der Hauptverhandlung über die Angaben der Zeugin im Rahmen der von ihr durchgeführten Exploration am 16. Januar 2021.
•Zuletzt machte die Zeugin Angaben in ihrer ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung am 30. Juni 2021.
(2) Nach der Überprüfung der Aussagen der Zeugin kam die Kammer zu folgendem Ergebnis:
Die Schilderung der inkriminierten Handlungen weist gute Übereinstimmungen auf. Ausgenommen die erste ermittlungsrichterliche Vernehmung vom 1. September 2020, in welcher die Zeugin keine belastenden Angaben tätigte, hat sie über alle Befragungszeitpunkte hinweg von Missbrauchshandlungen im Badezimmer und Schlafzimmer berichtet. Es sei zu Nacktfotos gekommen, in der Badewanne und im Schlafzimmer. Hierzu habe ihr der Angeklagte S. K. gesagt, sie solle sich ausziehen. Auch der Angeklagte sei selbst oft nackt gewesen. Die Zeugin sei mal gerade gelegen, mal habe sie auch die Füße hochnehmen müssen, mal sei die Angeklagte K. K. dabei gewesen.
Sie habe öfters seinen Pimmel gesehen und angefasst. Dies sei im Bett und in der Badewanne passiert. Genauso konstant schildert sie, der Angeklagte habe sie mit seinen Fingern an ihrer Mumu angefasst und sei auch drin gewesen.
Die Zeugin schildert durchgehend, aus dem Penis des Angeklagten sei Shampoo bzw. eine weiße Flüssigkeit gekommen.
(3) Letztlich konnte die Kammer folgende abweichende Schilderungen im Kerngeschehen feststellen:
In ihrer polizeilichen Vernehmung vom 7. September 2020 gab die Zeugin zur Anzahl der Missbrauchshandlungen noch an, sie habe den Angeklagten S. K. 30 Mal am Pimmel angefasst. Er habe 10 Mal ihre Mumu mit seinem Finger berührt. In den nachfolgenden Vernehmungen konnte L.-S. K. keine Zahlen mehr nennen. Für die Kammer ist dies jedoch gut mit dem Alter der Zeugin erklärbar. Sie hat schlicht noch keine Vorstellung von der Größenordnung. Ferner stellt es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme so dar, als wären Missbrauchshandlungen an der Zeugin alltäglich gewesen. Dass sie Probleme hat, alle Handlungen zu rekapitulieren, erscheint der Kammer nachvollziehbar.
Dass sie Oralverkehr am Angeklagten durchgeführt hat, gab die Zeugin erst in ihrer ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung an. In ihrer polizeilichen Vernehmung gab sie noch an, sie sei nie mit ihrem Gesicht am Penis des Angeklagten gewesen oder habe diesen geküsst. Hier sah die Kammer erneut, dass die polizeiliche Vernehmung noch recht kurzfristig nach der Inhaftierung des Angeklagten stattfand und die Zeugin sich an die neuen Lebensumstände noch nicht angepasst hatte. Es bleibt zu vermuten, dass die Zeugin zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereit war, über weitergehende Vorwürfe auszusagen und den Angeklagten noch schützen wollte.
Über die Verwendung des Dildos berichtete die Zeugin, erst bei der Exploration durch die Sachverständige und dann in der mündlichen Verhandlung. Die Sachverständige führte hierzu in der mündlichen Verhandlung aus, sie habe eine angenehme Gesprächsatmosphäre geschaffen, damit die Zeugin bestmöglich aussagt. Auch habe sich die Zeugin zwischenzeitlich an ihre Ergänzungspflegerin und Pflegefamilie gewöhnt, ihr Befinden sei gesichert. Daher sei sie wesentlich aussagebereiter gewesen. Dem schließt sich die Kammer an. Die Kammer sah daneben auch, dass die Verwendung eines Dildos (vgl. Fall A. Teil 2 II. 17.) vor dieser auf Eigeninitiative beruhenden Aussage der Zeugin bei der Sachverständigen nicht bekannt war, weshalb sie auch nicht konkret dazu befragt worden war. In der ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung konnten der Zeugin dann Fragen hierzu gestellt werden und sie sagte widerspruchslos aus.
Zu den Abweichungen bezüglich des Vorfalles auf dem Campingplatz (Fall A. Teil 2 II. Ziff. 18.) wurde bereits unter B. Teil 2 II. 3. c) cc) (3) ausgeführt.
Im Übrigen wurden die Taten und der Entwicklungsverlauf gleichbleibend geschildert. Die Örtlichkeit, die jeweilige Handlung, die beteiligten Personen und für die einzelne Tat kennzeichnende bzw. relevante Gegenstände wurden von der Zeugin konstant wiedergegeben. Die charakteristischen und erlebnisrelevanten Details wurden immer wieder erwähnt und dem richtigen Vorfall zugeordnet. Im Ergebnis weist der von der Zeugin geschilderte komplexe Sachverhalt über die Vernehmungen eine hohe Konstanz auf.
d) Aussagequalität
Die Aussagequalität der Aussage der Zeugin war hoch. Die Sachverständige erkannte bei der Zeugin ausreichend Logik, Stimmigkeit, Konstanz und das erforderliche Mindestmaß an Detaillierung. Die Sachverständige führte aus, damit eine Aussage als glaubhaft im Sinne von erlebnisbasiert beurteilt werden könne, müsse sie folgende Grundbedingungen erfüllen: Die Aussage müsse in ihrer Gesamtheit in sich stimmig (logisch konsistent) sein. Sie müsse in bestimmten Aspekten auch über mehrere Befragungszeitpunkte hin konstant reproduziert werden können (Konstanzanalyse) und sie müsse ein Mindestmaß an Details (quantitativer Detailreichtum) aufweisen (Realkennzeichenanalyse). Die Kammer hat die Aussagequalität einer eigenen Prüfung unterzogen und konnte sich der Auffassung der Sachverständigen anschließen.
aa) Die Aussage der Zeugin ist konstant.
Im Wesentlichen kann hierfür, um Wiederholungen zu vermeiden, Bezug genommen werden auf die Ausführungen zur Aussagegeschichte unter B. Teil 2 II. 3. c) aa) und Aussageentwicklung unter B. Teil 2 II. 3. c) dd). Zusammengefasst machte die Zeugin in der ersten polizeilichen und der ersten ermittlungsrichterlichen Vernehmung kaum Angaben zu den Tatvorwürfen. Nach und nach räumte sie sodann immer mehr Tatvorwürfe ein. Ab ihrer zweiten Aussage macht sie spontane Ergänzungen. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch mit der Glaubwürdigkeit der Zeugin, sondern ist logisch erklärbar mit dem von der Zeugin gefassten Vertrauen und der erlangten Sicherheit. Sie konnte sich mit der neuen, bislang unbekannten Situation arrangieren, das ihr widerfahrene Unrecht erkennen und so wahrheitsgemäß und ohne Angst Angaben machen. Nach den Angaben der Sachverständigen sprechen die spontanen Ergänzungen auch für eine hohe Aussagequalität und nicht gegen die Glaubwürdigkeit. Gerade bei Kindern sei eine erweiterte Falschaussage ohne konkrete Detailvorgabe nicht zu erwarten. Bei einer erlebnisbasierten Aussage könne man nicht zwei identische Schilderungen erwarten. Die Rahmensituationen Örtlichkeit, beteiligte Personen und Kernhandlungen seien aber immer konstant.
bb) In der Aussage der Zeugin sind außerdem nahezu alle Realkennzeichen zu finden.
Die Sachverständige gibt an, die Aussage der Zeugin sei in sich stimmig, sei von ihr ungeordnet, sprunghaft dargestellt und sei gekennzeichnet von einem hohen Detaillierungsgrad. Die Aussage sei umfangreich und es sei kein Strukturbruch zwischen den Angaben zum Kerngeschehen und randständigen Details festzustellen. Die Aussage sei in jedem Fall erlebnisbasiert. Die Angaben der Zeugin zu dem fraglichen Tatgeschehen hätten zahlreiche spezielle Details enthalten, die ohne eine entsprechende autobiografische Gedächtnisgrundlage nur schwer simuliert und nur schwer aus Schemawissen abgeleitet werden können. Ein intentional falsch aussagender Zeuge sei kognitiv stark gefordert. Er greife aufgrund des Fehlens einer entsprechenden Erlebnisgrundlage auf vorhandenes Schemawissen zurück. Er werde seine Aussage daher möglichst effizient gestalten, was zur Folge habe, dass er direkt zum Handlungsziel hinführende Handlungsabläufe beschreibe und sich nicht mit Nebensächlichkeiten und Komplikationen im Handlungsverlauf aufhalte.
Die Aussage der Zeugin sei reich an schemainkonsistenten Besonderheiten, wie zum Beispiel Schilderung von nebensächlichen und ausgefallenen Einzelheiten, von Ich-nahen-Details wie eigenpsychischen Vorgängen. Diese seien Merkmale, die ein sehr belegkräftiges Indiz für einen Erlebnisbezug der Angaben darstellen und der Aussage ein sehr individuelles Gepräge geben würden. Es fänden sich motivationsbezogene Inhalte, bei denen die Zeugin sich auch wohlwollend über die Angeklagten äußerte. Bei einer absichtlichen Falschaussage sei ein strategische Vorgehen dergestalt zu erkennen, dass der Aussagende sich in einem guten Licht und den Belasteten in einem ungünstigen Licht darzustellen versuche. Dies sei bei der Zeugin nicht der Fall, eine Belastungsaggravation sei nicht erkennbar.
Besonders hervorzuheben seien auch die deliktsspezifischen Schilderungen zum Vorgehen der Angeklagten. Die Zeugin beschreibt Manipulations- und Tarnungshandlungen seitens der Angeklagten, z.B. dass ihr der Angeklagte ein Handy gab und sie damit spielen sollte, während er die Missbrauchshandlung durchführte. Daneben gibt sie Gesprächsinhalte wieder, ein falsch aussagender Zeuge würde das nicht verwenden.
Die Kammer hat sich die Angaben der Sachverständigen nach eigener Prüfung zu eigen gemacht und schließt sich der Einschätzung an. Dabei hat die Kammer ergänzend zu den Angaben der Sachverständige die Aussage der Zeugin auf Realkennzeichen analysiert:
(1) Logische Konsistenz
Die Darstellungen sind in sich widerspruchsfrei und plausibel. Die inhaltlichen Ergänzungen in den späteren Aussagen sind logisch und plausibel erklärbar. Die Erweiterungen waren auch spontan. Das Geschehen kann ohne Weiteres so stattgefunden haben, wie von der Zeugin geschildert.
(2) Unstrukturierte Darstellung
Auch die zumindest teilweise unstrukturierte Darstellung des Tatgeschehens durch die Zeugin in ihrer ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung spricht für die Glaubwürdigkeit. Die Zeugin springt mehrfach von einem Tatvorwurf zum nächsten, ohne dass ein direkter Zusammenhang feststellbar wäre. So wurde sie befragt, ob sie ihr Vater an der Scheide angefasst hätte. Dies bejahte sie und meinte, ihre Mutter wäre auch ins Schlafzimmer gekommen (Schilderung zu Fall A. Teil 2 II. 1.). Sodann geht sie jedoch spontan dazu über, zu beschreiben, ihr Vater habe zu ihr gesagt, sie solle seinen Penis in den Mund nehmen. Dies sei einmal im Schlafzimmer und einmal im Badezimmer gewesen. Außerdem schildert sie, ihr Vater habe Fotos von allen Geschwistern in der Badewanne gemacht, ehe sie unvermittelt auf eine Situation kommt, in welcher nur sie anwesend war (Fall A. Teil 2 II. 5.). Diesem Umstand misst die Kammer besondere Bedeutung bei, weil ein bewusster Lügner dazu neigt, die erfundene Geschichte im Zusammenhang wiederzugeben. Diesen Eindruck gab auch die Sachverständige wieder, die berichtete, dass die Zeugin in der Exploration sehr spontan erzählt und auch Handlungen mimisch und gestisch demonstriert habe. Ansonsten fiel auf, dass die Zeugin die Taten durchaus strukturiert schildern konnte, dies lag aber daran, dass sie jeweils konkret zu einzelnen Handlungen befragt wurde.
(3) Quantitativer Detailreichtum
Quantitativ wies die Aussage der Zeugin ein hohes Maß an Detailreichtum auf. Sie schilderte die Geschehnisse sehr ausgeschmückt mit zahlreichen Einzelheiten:
•In ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung gab die Zeugin auf die Frage, wie sie gelegen sei an, sie sei gerade auf dem Bett gelegen. Sie habe aber auch mal ihre Füße hochstellen müssen.
•Die Zeugin gab in ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung an, es sei Shampoo auf ihren Bauch gelaufen und der Angeklagte habe es mit Zewa weggewischt.
•In ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung schilderte die Zeugin zum Vorfall auf dem Campingplatz, sie hätten eine Nacht dort übernachtet und am nächsten Tag sei die Oma H. zu Besuch gekommen.
•In der Hauptverhandlung sagte die Zeugin aus, sie hätten morgens gebadet, weil sie vom Spielen schmutzig gewesen sei. Sie hätten jedoch nicht immer morgens gebadet. Anschließend seien sie aus der Badewanne gegangen und hätten gefrühstückt. Es habe Brot, Gelbwurst und Schokoladenaufstrich gegeben.
•Sie gab in der Hauptverhandlung befragt zu der Tat A. Teil 2 II. 6. an, sie hätten eine Waschmaschine und einen Trockner im Badezimmer. Außerdem zeigte sie die Standorte der Maschinen mit ihren Händen.
•Befragt zum Vorfall A. Teil 2 II. 17. erinnerte sich die Zeugin, der Angeklagte habe einen schwarzen Gegenstand, welcher wie ein Pimmel aussah, aus einer Box geholt. Auf diesen habe er dann Flüssigkeit gemacht.
•Außerdem habe es insgesamt 3 dieser schwarzen Gegenstände gegeben. Einen großen, einen mittleren und einen kleinen. Der Angeklagte habe einmal den großen und einmal den kleinen verwendet.
•Zu Fall A. Teil 2 II. 1. gab die Zeugin an, ihre Mutter sei ins Schlafzimmer gekommen und der Angeklagte habe etwas wie „fass sie an der Scheide an“ gesagt.
(4) Raum-zeitliche Verknüpfungen
Die von der Zeugin geschilderten Vorfälle sind kontextuell eingebettet. Sie konnte in ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung und der ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung einige der Vorfälle räumlich und zeitlich einordnen. So konnte sie jeweils angeben, ob sich die Vorfälle im Schlafzimmer, im Badezimmer oder direkt in der Badewanne ereigneten. Im Schlafzimmer konnte sie eindeutig den Bezug zum Ehebett der Angeklagten herstellen. Sie konnte auch unterscheiden, ob sie stand oder lag. Daneben konnte sie den Vorfall auf dem Campingplatz klar abgrenzen. Zur zeitlichen Einordnung konnte die Zeugin in der Hauptverhandlung den Vorfall im Schlafzimmer mit dem Gegenstand (Fall A. Teil 2 II. 17.) und den, bei dem ihre Mutter dabei war (Fall A. Teil 2 II. 1.) auf die Corona-Zeit datieren, da sie zu dieser Zeit Homeschooling hatte. Sie gab ferner an, sich an ihren 7. Geburtstag erinnern zu können, die vorgenannten Taten seien danach gewesen. Bei Fall A. Teil 2 II. 4. wusste sie, dass sie an einem Morgen badete.
(5) Interaktionsschilderungen/Wiedergabe von Gesprächen
In ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung und in der Hauptverhandlung schildert die Zeugin anschaulich Handlungsketten, die begleitet sind von Dialogen und Beschreibungen eigenpsychischen Erlebens.
•Nach der ermittlungsrichterlichen Vernehmung habe der Angeklagte im Schlafzimmer zu ihr gesagt, sie solle sich ausziehen. Dann habe sie es gemacht. Anschließend habe er zu ihr gesagt, sie solle seinen Pimmel anfassen.
•In der ermittlungsrichterlichen Vernehmung gab sie an, nachdem der Angeklagte mit seinem Gesicht an ihrer Mumu gewesen sei, habe er zu ihr gesagt, sie solle es niemandem erzählen, weil sonst komme die Polizei und das wolle sie ja nicht.
•In der Hauptverhandlung sagte sie zu Fall A. Teil 2 II. 4. aus, sie sei beim Spielen schmutzig geworden. Ihre Mutter habe deshalb gesagt, sie müsse baden. Währenddessen hätten ihre Geschwister das Frühstück vorbereitet.
•Zu Fall A. Teil 2 II. 1. gab die Zeugin in der Hauptverhandlung an, ihre Mutter sei ins Schlafzimmer gekommen und der Angeklagte habe etwas wie „fass sie an der Scheide an“ gesagt.
(6) Schilderung von Komplikationen im Handlungsverlauf
In ihrer ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung schildert die Zeugin auch Komplikationen im Handlungsverlauf.
•Sie gibt an, als der Angeklagte das schwarze Ding an ihre Scheide und ihren Po machte (Fall A. Teil 2 II. 17.), habe es ihr weh getan. Dies habe sie zu ihm gesagt, er habe aber noch eine Minute weitergemacht. Eventuell habe er sie nicht richtig verstanden.
•Er habe auch mal versucht, mit seinem eigenen Pimmel an ihren Po zu kommen, 2 oder 3 Mal (vgl. Fall A. Teil 2 II. 17.). Dies habe ihr im Po wehgetan. Das habe sie zu ihm gesagt, er habe dann aufgehört.
(7) Schilderung ausgefallener und nebensächlicher Einzelheiten
Auch qualitativ war der Grad der Detailierung sehr hoch. Die Zeugin schilderte zahlreiche ausgefallene und auch nebensächliche Einzelheiten. Die Kammer sieht darin ein sehr belegkräftiges Indiz für einen Erlebnisbezug der Angaben und es gibt der Aussage ein sehr individuelles Gepräge.
•Unter diesem Punkt ist das bereits geschilderte Detail zu Fall A. Teil 2 II. 4. zu nennen, sie sei beim Spielen schmutzig geworden. Ihre Mutter habe deshalb gesagt, sie müsse baden. Währenddessen hätten ihre Geschwister das Frühstück vorbereitet. Anschließend seien sie aus der Badewanne gegangen und hätten gefrühstückt. Es habe Brot, Gelbwurst und Schokoladenaufstrich gegeben.
•In ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung sagte die Zeugin bezüglich der Nacktfotos im Schlafzimmer, sie habe zunächst noch Kleidung getragen. Der Angeklagte habe sie aufgefordert, diese auszuziehen, was sie tat. Dann habe sie einmal gestanden und einmal auf dem Bett gelegen.
•Auch habe sie einmal die Füße hochstellen müssen.
•Als sie einmal stand, sei ihre Mutter ins Schlafzimmer gekommen.
•Der Pimmel des Angeklagten habe nach unten geguckt, bevor er zu ihr sagte, sie solle ihn anfassen.
•Der Angeklagte habe das Shampoo auf ihrem Bauch mit Zewa weggewischt.
•Auf dem Campingplatz hätten sie einmal übernachtet, am nächsten Tag sei die Oma H. zu Besuch gekommen. Die käme auch öfters zu Besuch.
•In der ergänzenden Vernehmung gab sie an, es hätte drei schwarze Objekte gegeben (vgl. Fall A. Teil 2 II. 17.). Ein großes, ein mittleres, ein kleines. Der Angeklagte habe einmal das große und einmal das kleine benutzt.
(8) Schilderung eigener psychischer und physischer Empfindungen
Die Zeugin hat in ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung und der ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung ihre eigenen psychischen und physischen Empfindungen in den Geschehensabläufen geschildert.
•Als der Angeklagte mit einem Finger in ihre Vagina eindrang, habe ihr dies laut Aussage in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung weh getan. Der Angeklagte habe aber nicht aufgehört, obwohl sie ihm dies sagte.
•In der ermittlungsrichterlichen Vernehmung gab sie zu den Taten, als der Angeklagte mit seiner Zunge an ihrer Vagina leckte, an, dies sei mehrfach passiert. Ihrer Mutter habe sie nichts gesagt, weil sie Angst hatte. Der Vater hätte nämlich zu ihr gesagt, dann komme die Polizei und das wolle sie ja nicht.
•Zum Vorfall A. Teil 2 II. 1. gab sie in der ergänzenden Vernehmung an, es habe ihr im Po weh getan. Dies habe sie dem Angeklagten gesagt, dann habe er aufgehört.
•Auch im Fall A. Teil 2 II. 17. habe ihr das Einführen des Dildos weh getan. Das habe sie dem Angeklagten gesagt, er habe noch eine Minute weitergemacht.
•In der ergänzenden Vernehmung sagte sie aus, der Angeklagte habe sie aufgefordert, seinen Penis in den Mund zu nehmen. Daraufhin habe sie gesagt „lass bloß nicht die Flüssigkeit in meinen Mund“.
(9) motivationsbezogene Inhalte
Es finden sich motivationsbezogene Inhalte, bei denen die Zeugin ihre eigene Rolle eher unvorteilhaft darstellt und sich auch wohlwollend über die Angeklagten äußert. Wie die Sachverständige im Rahmen der Hauptverhandlung angab, äußerte sie sich ihr gegenüber, der Angeklagte hätte aufgehört, wenn sie es nicht gewollt hätte. Sie habe ihr die Taten so beschrieben, als habe sie freiwillig mitgemacht. Den Angeklagten habe sie als liebevoll und rücksichtsvoll beschrieben.
(10) Beschreibung unverstandener Handlungselemente
Die Zeugin beschreibt Handlungselemente, welche sie aufgrund ihres Alters und ihrer sexuellen Unkenntnis nicht versteht, mit eigenen Worten und körperlichen Darstellungen.
•Gegenüber der Sachverständigen habe sie, wie diese in der Hauptverhandlung angab, einen Dildo beschrieben, ohne zu wissen, worum es sich dabei handelt. Das Einführen habe sie sodann am Boden demonstriert.
•Auch in der ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung beschrieb sie den Dildo als komisches Ding, so ähnlich wie einen Penis, schwarz.
•In der Exploration bei der Sachverständigen zog sie zur Demonstration des Oralverkehrs die Lippen nach hinten.
•Die Zeugin bezeichnete die primären Geschlechtsorgane von Mann und Frau zumeist noch eher kindlich als „Pimmel“ und „Mumu“.
cc) Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falls
Die Kammer hat die Ergebnisse der vorstehenden Realkennzeichenanalyse einer Gesamtwürdigung unterzogen und hierbei erneut die genannten Besonderheiten des Falls einbezogen. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass eine Lüge hoher kognitiven Fähigkeiten und eines gewissen Maßes an Selbstkontrolle bedarf. Aufgrund der Vielzahl der Realkennzeichen sieht die Kammer die Aussage als qualitativ hochwertig an. Die Aussage enthält detailreiche, anschauliche, ausgefallene und ICH-nahe Details. Es finden sich durchgängig schemainkonsistente Merkmale. Die Angaben der Zeugin waren in sich stimmig und widerspruchsfrei. Danach ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die Schilderungen der Zeugin erlebnisbasiert sind.
e) Weitere Beweismittel.
Das Ergebnis der Aussageanalyse hielt auch einer Überprüfung anhand der sonstigen Beweismittel stand. Die Angaben der Zeugin wurden hierdurch gestützt.
Die Taten unter Ziff. A. Teil 2 II. 1., 3., 6., 7., 11., 12., 13. werden bestätigt von der Angeklagten K. K., die diese Taten vollumfänglich einräumt. Die Angeklagte K. K. bestätigt ferner den ihr nicht zur Last gelegten Fall A. Teil 2 II. 17. Auf die Ausführungen unter B. Teil 2 II. 1. a) wird Bezug genommen.
Der Angeklagte S. K. bestreitet nicht die Fälle A. Teil 2 II. 2., 3., 11., 14., 15., siehe die Ausführungen unter B. Teil 2 II. 1. b).
Der Zeuge S. J. konnte die Fälle A. Teil 2 II. 5., 8., 9., 10., 14. bestätigen.
Der Zeuge M. B. konnte die Fälle A. Teil 2 II. 2., 6., 7., 8., 9., 10. bestätigen.
Es zeigten sich keine Widersprüche in den Schilderungen der Zeugin L.-S. K. gegenüber den weiter vernommenen Zeugen, vielmehr decken sich die Angaben durchweg. Die von den Zeugen jeweils geschilderten Auszüge aus dem Tatgeschehen, über welche die Zeugen jeweils berichteten, bestätigen die Angaben von L.-S. K. in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung und ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung. Im Ergebnis schilderte die Zeugin L.-S. K. das Erlebte konstant, ohne Übertreibungen und ohne Widersprüche gegenüber den weiteren Zeugen. Dass sie gegenüber den einzelnen Zeugen nicht jeweils die gesamten Erlebnisse schilderte, ändert an dieser Einschätzung nichts. Es ist dem Umstand geschuldet, dass es sich um einen komplexen Sachverhalt mit einer Vielzahl von Ereignissen handelt.
aa) Angaben K. K.
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf B. Teil 2 II. 1. a) verwiesen.
bb) Angaben S. K.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf B. Teil 2 II. 1. b) Bezug genommen.
cc) Zeuge S. J.
Wie der Zeuge S. J. in der Hauptverhandlung mitteilte, befinde er sich in Strafhaft. Er sei wegen sexuellen Missbrauches seiner Tochter zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 3 Monaten verurteilt worden. Seine Verurteilung betrifft auch zum Teil den Chatverkehr, an dem auch S. K. teilnahm. Zu den einzelnen Taten gab der Zeuge an:
Der Angeklagte S. K. habe von L. mal ein Foto, auf dem sie nackt in der Badewanne zu sehen sei, in die Chatgruppe eingestellt (Fall A. Teil 2 II. 5.).
Weiter habe er zwei kurze Videoclips gesehen. Auf einem habe der Angeklagte vor der Geschädigten masturbiert, auf einem habe er Sperma auf sie raufgespritzt. Dies sei eine Situation gewesen, es müsste im Schlafzimmer gewesen sein (Fall A. Teil 2 II. 14.).
Dann habe es noch mehrere Fotos von L.-S. aus dem Schlafzimmer gegeben, auf denen sie nackt gewesen sei (Fälle A. Teil 2 II. 8., 9., 10.). An die genaue Anzahl konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern, es seien jedoch mehrere gewesen.
dd) Zeuge M. B.
Der Zeuge M. B. teilte mit, er befinde sich in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Köln, nachdem er zu einer Freiheitstrafe von 7 Jahren und 9 Monaten verurteilt worden sei. Auch er sei u.a. wegen des verfahrensgegenständlichen Chats, an dem auch der Angeklagte S. K. teilnahm, verurteilt worden.
Er gab an, sich an einen Live-Chat, bei welchem der Angeklagte S. K. und L.-S. in der Badewanne gelegen seien, zu erinnern. Der Angeklagte habe sie ein paar Mal gefragt, ob sie ihn befriedigen würde, sie habe nein gesagt. Irgendwann habe sie eingewilligt und den Angeklagten befriedigt. Außerdem habe der Angeklagte mit seiner Tochter Oralverkehr gemacht. Sie habe an ihm auf jeden Fall Oralverkehr durchgeführt. Dies müsse zwischen Februar und April 2020 stattgefunden haben (Fall A. Teil 2 II. 7.).
Der Angeklagte habe seiner Tochter außerdem auf den Bauch ejakuliert, da sei ein Video vorhanden. Er habe sich im Badezimmer, aber nicht in der Badewanne, vor L.-S. selbst befriedigt und ihr auf den Bauch ejakuliert (Fall A. Teil 2 II. 6.).
Daneben habe es in der Gruppe kinderpornografisches Material gegeben, u.a. habe der Angeklagte S. K. mehrere Fotos eingestellt (Fälle A. Teil 2 II. 8., 9., 10.).
ee) Zeuge J. B.
Der Zeuge J. B. konnte sich an einzelne Missbrauchshandlungen nicht mehr erinnern. Er wusste noch, dass jeder der Chatteilnehmer etwas zur Verfügung gestellt hätte. So auch der Angeklagte S. K.. Es seien untereinander Bilder von sexuellem Missbrauch, hauptsächlich an Mädchen, zugeschickt worden. Die seien Bilder über sexuelle Handlungen in Form von Masturbieren und rumspielen lassen gewesen. Auch einfache Nacktbilder hätten sich darunter befunden.
ff) Zeugin N. K.
Die ermittlungsrichterliche Vernehmung der Zeugin N. K., die Tochter der Angeklagten K. K. mit K. Se., wurde als Bild-Ton-Aufzeichnung gemäß § 255a Abs. 2 StPO durch Vorführen in die Hauptverhandlung eingeführt.
N. K. wurde selbst Opfer von Missbrauchshandlungen durch den Angeklagten S. K.. Sie beschreibt, der Angeklagte habe mit seinem Handy ein Foto von ihr gemacht, als sie nackt in der Badewanne lag. Es sei öfters vorgekommen, dass er ins Badezimmer kam, während sie badete oder duschte, was ihr unangenehm gewesen sei.
Außerdem habe er sie zwischen ihren Beinen und an den Brüsten gestreichelt und angefasst. Sie habe ihrer Mutter nichts gesagt, der Angeklagte habe auch zu ihr gesagt, sie solle nichts verraten. Er sei auch mehrfach mit seinem Finger in ihre Scheide eingedrungen. Dies habe weh getan, was sie ihm gesagt habe. Aufgehört habe er aber nicht. Wenn sie ihn das machen ließ, habe sie im Anschluss immer Geschenke bekommen.
Die Zeugin N. K. schildert ferner, sie habe den Penis des Angeklagten S. K. auch angefasst. Einmal sei dies im Herbst 2020 beim Angeln gewesen. Er habe seine Hose ausgezogen und sie habe an seinem Penis Auf- und Abwärtsbewegungen vorgenommen, bis weißes Zeug herausgekommen sei. Auch zuhause habe er sie dazu aufgefordert, ungefähr alle 1 bis 2 Wochen sei dies gewesen. Es habe begonnen, als sie 8 oder 9 Jahre alt war und passiere in ihrem Zimmer oder im Badezimmer. Die Kammer schlussfolgert hieraus, dass die Verhaltensweisen des Angeklagten K., wie sie die Zeugin L.-S. K. schildert, diesem nicht fremd sind. Auch wenn angesichts der übrigen Beweismittel der Vernehmung der N. K. nur eine untergeordnete Bedeutung zukam, da die Kammer sich gewähr war, dass diese letztlich nur Vorfälle zu schildern vermochte, die sie selbst betrafen, stützen sie die Angaben der L.-S. K..
gg) Zeuge H. V.
Der Zeuge H. V. ist ein Freund beider Angeklagter. Er sagte aus, er habe über den Angeklagten S. K. gewusst, dass er im Besitz von kinderpornografischen Bildern sei. Sie hätten ein Männergespräch über sexuelle Vorlieben geführt, in dessen Verlauf ihm der Angeklagte ein Bild, auf dem der Unterkörper eines jungen Mädchens abgebildet war, gezeigt habe. Dann sei nicht weiter darüber gesprochen worden.
hh) Zeugin Kriminalhauptmeisterin Z.
Die Zeugin Kriminalhauptmeisterin Z. von der Kriminalpolizeiinspektion C., Kommissariat 1, war ab dem 31. August 2020 Sachbearbeiterin im Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagten.
Sie berichtete über die Beschuldigtenvernehmungen der Angeklagten. So habe der Angeklagte S. K. eingeräumt, 2 Mal auf dem Bett Intimbilder von L. gemacht zu haben, 2 bis 3 Mal bis zum Samenerguss vor ihr onaniert zu haben und sie teilweise angespritztzu haben. Einmal habe er in der Badewanne onaniert, einmal habe L.-S. dabei geholfen, jedoch unaufgefordert. Oralverkehr habe er vehement von sich gewiesen. Tatorte seien das Bett und die Badewanne gewesen, auf dem Campingplatz sei nie etwas vorgefallen. Für sich selbst habe der Angeklagte immer wieder Gedächtnislücken geltend gemacht, über die übrigen Chatteilnehmer habe er sich jedoch spontan und umfangreich äußern können. Zur Angeklagten K. K. habe er zunächst ausgesagt, sie habe nichts gewusst. In späteren Vernehmungen habe er sich dann geäußert, sie habe ihn 2 bis 3 Mal im Schlafzimmer überrascht.
Die Beschuldigtenvernehmungen der Angeklagten K. K. seien stets zäh und zögerlich gewesen. Sie habe die Vorwürfe zunächst immer abgestritten, bis ein entsprechender Vorhalt gemacht wurde. Dann habe sie jedoch eingeräumt, 3 Mal ins Schlafzimmer gekommen zu sein, als der Angeklagte S. K. onaniert und auf L.-S. ejakuliert habe. Der Angeklagte habe sie aufgefordert, L.-S. zu berühren, später habe er versucht, mit seinem Penis anal einzudringen. In der Badewanne habe L.-S. einmal Oralverkehr am Angeklagten durchgeführt, einmal sei ihre Hand an seinem Penis gewesen. Ferner habe ihr der Angeklagte ein Video gezeigt, auf dem L.-S. auf dem Trockner sitzt und den Penis des Angeklagten bis zum Samenerguss manipuliert. Er habe 2 Mal zu ihr gesagt, einen Dildo anal eingeführt zu haben. In ihrer letzten Vernehmung habe sie außerdem Angaben zu den weiteren Kindern Ri. K., L. K, und Ni. M. getätigt.
L.-S. K. habe in ihrer ersten ermittlungsrichterlichen Vernehmung keine Angaben gemacht und unmittelbar danach ihr gegenüber offenbart, nicht die ganze Wahrheit gesagt zu haben. Diese Offenbarung sei anlässlich eines Fotos spontan, ohne Nachfrage oder Vorhalt erfolgt. Daher sei sie polizeilich vernommen worden und habe ausgesagt, der Angeklagte habe Bilder von ihr gemacht, da sei sie mal gelegen, mal gestanden, es sei auch mal die Angeklagte dabei gewesen, wie oft wisse sie nicht. Sie sollte auch den Pimmel des Angeklagten anfassen, was sie solange habe gemacht, bis Shampoo rausgekommen sei. Es habe 30 solcher Handlungen gegeben. Im Campingwagen habe der Angeklagte sie angefasst und sei mit seinem Finger vaginal eingedrungen.
ii) Lichtbilder
Die Kammer hat ferner die Lichtbilder auf den Seiten 1 bis 5 des Sonderheftes „Handyauswertungen S. K.“ in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Das Lichtbild auf Seite 5 aus dem Sonderheft „Handyauswertungen S. K.“ ist dasjenige aus Fall A. Teil 2 II. 19. Auf dem Foto befindet sich ein blondes Mädchen im Kindesalter, das nackt ist und sich nach vorne nach Wasserbomben beugt. Dabei ist nicht das Gesicht, aber der nackte Oberkörper und die Vagina in den Fokus des Betrachters gerückt. Direkt oberhalb der Vagina auf Höhe des Bauches hatte der Angeklagte mit einem Bildbearbeitungsprogramm den Schriftzug „wonderful great“ eingefügt. Die Zeugin Kriminalhauptmeisterin Z. teilte die Ergebnisse der Handyauswertung mit. Zu ihr habe der Angeklagte nicht gesagt, er habe eine Narbe kaschieren wollen, sondern nur, er habe sich nichts dabei gedacht. Laut Handyauswertung sei dieses Foto am 30. August 2020 auf dem Mobiltelefon Samsung SM-N975F Galaxy Note 10 Plus des Angeklagten gespeichert gewesen und vom Angeklagten im Garten des Anwesens K., N. bei der Feier zum 8. Geburtstag der am ….2009 geborenen N. M. gefertigt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf das Lichtbild Seite 5 aus dem Sonderheft „Handyauswertungen S. K.“ verwiesen.
jj) Gesamtwürdigung der Zeugenaussagen und weiteren Beweismittel
Die Kammer hatte keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der vernommenen Zeugen. Die Aussagen der Zeugen waren allesamt sachlich, widerspruchsfrei und in einen entsprechenden Kontext eingebunden. Soweit die Zeugen bereits im Ermittlungsverfahren vernommen worden waren, deckten sich die jeweiligen Angaben mit der Aussage im Ermittlungsverfahren.
f) Gesamtwürdigung
Die Gesamtwürdigung der Aussage der Zeugin L.-S. K. brachte die Kammer zu der Überzeugung, dass ihre Angaben tragfähig und glaubhaft sind und sie einem tatsächlich erlebten Geschehen entsprechen.
Die Kammer, hat folglich sämtliche Anhaltspunkte, die für bzw. gegen die Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit sprechen konnten, gesammelt, sie jeweils für sich gewichtet und sodann gegeneinander abgewogen. Hierdurch hat sich die Kammer positiv davon überzeugt, dass die Aussage der Zeugin glaubhaft und sie persönlich glaubwürdig ist. Ihre aufgrund der Gesamtwürdigung letztlich zugrunde gelegten Angaben sind tragfähig und konnten der Verurteilung zugrunde gelegt werden. Dies war bereits die Auffassung der Sachverständigen Dipl.-Psych. F., welcher sich die Kammer nach eigener, umfassender Prüfung in jeder Hinsicht anschließt. In der Zusammenschau der Einlassung der Angeklagten einerseits und der Angaben der Zeugen und der Sachverständigen andererseits hat die Kammer keine Zweifel, dass es zu den festgestellten sexuellen Übergriffen kam.
Die Zeugin verfügte über keinerlei sexuelles Vorwissen und gab sich dementsprechend kindlich unwissend in ihrem Aussageverhalten. Sie erscheint aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten nicht in der Lage, einen derartig komplexen und detailreichen Sachverhalt konstant vorzutragen.
Die Zeugin verfügt, wovon sich die Kammer aufgrund der. Vorführung der Videoaufzeichnung in der Hauptverhandlung und darüber hinaus aufgrund eigener ergänzender Vernehmung überzeugen konnte, über eine einfache sprachliche Ausdrucksweise. Sie lässt auf eine durchschnittliche Intelligenz schließen.
Für die Kammer ist es auch nachvollziehbar, dass sie die Angeklagten zunächst nicht belasten wollte und erst mit erlangter Sicherheit eine Ausweitung der Vorwürfe erfolgte. Das Bekanntwerden der Vorwürfe und die Verhaftung der Angeklagten brachten immense familiäre Folgen für die Zeugin mit sich.
Insgesamt war die Aussage der Zeugin L.-S. K. innerlich und äußerlich homogen, nicht verfälscht, konstant und komplex. Der Abgleich mit den weiteren Beweismitteln bestätigte die Angaben der Zeugin L.-S. K.. Insbesondere bestätigte K. K. die Angaben der Zeugin. Auch wenn die Kammer hier nicht verkannte, dass die Angaben der K. K. durchaus auch von einem Motiv der Rache oder der Erwartung prozessualer Vergünstigungen geleitet sein konnten, so erwiesen sie sich in der Gesamtwürdigung als belastbar. Zum einen belastete sich K. K. nicht unerheblich selbst mit bis dahin nicht bekannten Taten, indem sie einräumte, auch beim Fall A. Teil 2 II. 7. dabei gewesen zu sein. Der Einbeziehung der daraufhin erhobenen Nachtragsanklage stimmte sie zu. Zum anderen decken sich auch ihre Angaben mit den übrigen Beweismitteln. Dabei kam den Angaben der Chatmitglieder J. und Ba. insofern besonderes Gewicht zu, als diese bereits rechtskräftig unter anderem wegen der diesen Verfahrensgegenstand betreffenden Taten verurteilt wurde. Diese bestätigten einen Teil der Angaben von L.-S. K.. Bei ihnen war kein Interesse zur Falschbelastung, insbesondere auch nicht, um sich möglicherweise selbst prozessuale Vergünstigungen zu verschaffen erkennbar. Auch stellten die den hiesigen Verfahrensgegenstand betreffenden Taten nicht den Schwerpunkt der jeweiligen, gegen die Zeugen erhobenen Tatvorwürfe dar. Persönliche Verflechtung, außerhalb des gemeinsamen Chats, waren nicht erkennbar. Die Kammer ist deshalb auch nach der Gesamtschau der Angaben der L.-S. K. und einem Abgleich mit den weiteren Beweismitteln überzeugt, dass die Aussage erlebnisorientiert ist.
4. Subjektiver Tatbestand
Die beiden Angeklagten handelten jeweils vorsätzlich. Sie kannten das Alter der Geschädigten im jeweiligen Tatzeitraum. Während der Ausübung der sexuellen Handlungen waren sich die Angeklagten ihrer Rolle als Eltern und der damit einhergehende Verantwortung für die Geschädigten bewusst. In Ziff. A. Teil 2 II. 1. handelten die Angeklagten, wenn auch aufgrund eines spontan gefassten Entschlusses, in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken. Die Handlungen waren vom Angeklagten S. K. jeweils eindeutig sexuell motiviert und dienten der eigenen sexuellen Erregung bzw. Befriedigung. Die Angeklagte K. K. wusste, dass sie als Mutter der Geschädigten einzuschreiten verpflichtet war. Sie erkannte und nahm es zumindest billigend in Kauf, dass ihr Verhalten die Taten des Angeklagten S. K. fördern würde und sie dadurch zur Verwirklichung des Tatbestandes beiträgt.
5. Feststellungen zum Tatzeitpunkt
Die Feststellungen zum Zeitpunkt der Taten beruhen auf den Angaben der Angeklagten S. K. und K. K. und den Aussagen der Zeugen L.-S. K., Kriminalhauptmeisterin Z. und M. B..
a) Der Angeklagte S. K. gab in der Hauptverhandlung an, es habe im September 2019 damit begonnen, dass er sich die L.-S. heimlich angesehen hätte. Ebenfalls im September 2019 wäre er auf dem Messenger-Dienst „kik“ auf der Suche nach einem Sexualpartner gegangen. Außerdem habe sich Fall A. Teil 2 II. 2. vor Fall A. Teil 2 II. 3. ereignet, da L.-S. im ersten Fall gesehen habe, wie die Manipulationen am Glied funktionieren würden. Fall A. Teil 2 II. 11. sei zwischen September 2019 und Februar 2020 vorgefallen.
b) Dies bestätigt auch die Zeugin Kriminalhauptmeisterin Z., so habe der Angeklagte in seiner polizeilichen Vernehmung vom 31. August 2020 davon gesprochen, die Taten haben letztes Jahr begonnen. Damit habe er sich auf das Jahr 2019 bezogen.
c) Übereinstimmend ließ sich die Angeklagte K. K. in der Hauptverhandlung ein. Die Taten haben im September 2019 begonnen und bis Sommer 2020 angedauert. Außerdem konnte sie angeben, Fall A: Teil 2 II. 1. habe sich vor Fall A. Teil 2 II. 3. ereignet. Beide Fälle und auch die weiteren im Schlafzimmer, bei denen sie anwesend war (Fälle A: Teil 2 II. 11., 12., 13.) seien außerdem nach dem 7. Geburtstag von L.-S. geschehen. Der letzte Missbrauch an L., von welchem sie wisse, habe dann ungefähr Ende Juli 2020 stattgefunden, als sie in Österreich im Urlaub waren. Der Angeklagte habe sich dort mit L.-S. in der Dusche befunden und ihre Hand sei an seinem Glied gewesen.
d) Die Zeugin L.-S. K. konnte sich erinnern, dass der Vorfall im Schlafzimmer mit dem Gegenstand (Fall A. Teil 2 II. 17.) und der Fall im Schlafzimmer, bei dem ihre Mama dabei gewesen sei (Fall A. Teil 2 II. 1.), während Corona stattgefunden hätten, weil sie im Homeschooling gewesen sei.
e) Der Zeuge M. B. sagte aus, der Angeklagte S. K. sei zwischen Januar und April 2020 Mitglied in der Chatgruppe „Freiheit“ auf „Threema“ gewesen. Der Oralverkehr, den er gesehen habe (Fall A. Teil 2 II. 7.) sei nicht ganz am Anfang, sondern frühestens im Februar 2020 gewesen.
f) Zusammengefasst stand für die Kammer daher aufgrund der Aussagen der Angeklagten und Kriminalhauptmeisterin Z. fest, dass die Taten im September 2019 begonnen haben. Die Angeklagte K. K. habe als letzte Tat einen Missbrauch im Juli mitbekommen. Am 31. August 2020 wurde der Angeklagte S. K. inhaftiert. Alle Taten haben somit zwischen September 2019 und 31. August 2020 stattgefunden. Aus den Angaben der Angeklagten konnte die Kammer auch folgern, dass sich die Fälle A. Teil 2 II. 1., 2. und 3. nacheinander in dieser Reihenfolge ereigneten. Die Fälle A. Teil 2 II. 12., 13. fanden frühestens im Januar 2020 nach dem Geburtstag von L.-S. statt. Fall A. Teil 2 II. 11. ereignete sich gemäß den Angaben des Angeklagten S. K. zwischen September 2019 und Februar 2020, gemäß den Angaben der Angeklagten K. K. nach dem Geburtstag der Geschädigten am ….2020. Darin liegt kein Widerspruch.
L.-S. K. konnte die Taten A. Teil 2 II. 1. und 17. auf die Corona-Zeit datieren. Es ist gerichtsbekannt, dass infolge des angeordneten Lockdowns die Schulen ab 16. März 2020 geschlossen waren, weshalb die Kammer hier als frühestmöglichen Tatzeitpunkt den 16. März 2020 annehmen konnte.
Nach der Aussage des Zeugen M. B. war der Angeklagte S. K. von Januar 2020 bis April 2020 Mitglied in der Chatgruppe. Die Taten, in welchen Fotos bzw. Videos gepostet oder Live-Streams durchgeführt wurden, ereigneten sich somit in diesem Zeitraum. Dies betrifft die Taten A. Teil 2 II. 2., 5., 6., 7., 8., 9., 10., 14. Fall A. Teil 2 II. 7. hat sich ferner frühestens im Februar 2020 ereignet.
6. Gesamtwürdigung
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Taten wie festgestellt ereigneten.
Die Feststellungen beruhen letztlich auf den Angaben der Zeugin L.-S. K. in Zusammenschau mit den Einlassungen der Angeklagten, hierbei vorrangig der Angeklagten K. K., und den übrigen Zeugenaussagen sowie dem Chatauszug und den Lichtbildern.
Die entgegenstehende Einlassung des Angeklagten S. K. ist nicht geeignet, die Überzeugungsbildung des Gerichts zu beeinflussen. Insoweit erkennt die Kammer lediglich Schutzbehauptungen.
a) Fall A. Teil 2 II. 1. ist nachgewiesen durch die Einlassung der Angeklagten K. K. und die Zeugenaussage von L.-S. K.. Beide können den Geschehensablauf umfassend und übereinstimmend angeben. Soweit der Angeklagte S. K. aussagt, es hätte nie Analverkehr gegeben, kann dies eindeutig widerlegt werden. Infolge der Aussagen von L.-S. K. in ihrer gutachterlichen Exploration und der zweiten ermittlungsrichterlichen Vernehmung war auch erwiesen, dass beide Angeklagte jeweils mit ihrem Finger in ihre Vagina eindrangen.
b) Der Angeklagte S. K. räumt Fall A. Teil 2 II. 2. vollumfänglich und detailliert ein.
c) Beide Angeklagte räumen übereinstimmend Fall A. Teil 2 II. 3. ein, weshalb kein Zweifel bestand, dass sich dieser so zugetragen hat.
d) Fall A. Teil 2 II. 4. beruht ausschließlich auf den Angaben der Geschädigten L.-S. K., welche detaillierte Angaben hierzu machen konnte. So konnte sie sich u.a. erinnern, dass die Tat an einem Morgen war und sie anschließend frühstückte. Die Kammer folgt diesen Angaben.
e) Fall A. Teil 2 II. 5. ist nachgewiesen durch die Aussagen der Geschädigten L.-S. K. und des Zeugen S. J., welcher in der Hauptverhandlung angab, ein Badewannenfoto gesehen zu haben.
f) Die Angeklagte K. K. gesteht Fall A. Teil 2 II. 6. Übereinstimmend berichtete L.-S. K. von dem Vorfall auf dem Trockner und der Zeuge M. B. sah das zugehörige, vom Angeklagten gefertigte Video. Dem Bestreiten des Angeklagten war kein Glauben zu schenken.
g) Ebenso beruht Fall A. Teil 2 II. 7. auf dem Geständnis der Angeklagten K. K. und den Zeugenaussagen von L.-S. K. und M. B.. Die Angeklagte schildert den Vorfall umfänglich, der Zeuge Ba. gibt an, von Oralverkehr der Geschädigten am Angeklagten zu wissen. Die Geschädigte L.-S. K. gab an, sie habe einmal in der Badewanne den Penis des Angeklagten in den Mund genommen und gesagt, er solle keine Flüssigkeit in ihren Mund lassen.
h) Der Nachweis der Fälle A. Teil 2 II. 8., 9., 10. erfolgt über die Angaben der Geschädigten L.-S. K. im Zusammenspiel mit den Aussagen von M. B., S. J., Kriminalhauptmeisterin Z. und der Sachverständigen Dipl.-Psych. F.. Es handelt sich um 3 Fälle, in welchen der Angeklagte S. K. von der Geschädigten im Schlafzimmer Nacktbilder fertigte. Zur Überzeugung der Kammer war es zu mindestens 3 solcher Fälle gekommen, welche auch voneinander abgegrenzt werden können. L.-S. K. gab in ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung an, sie sei einmal gestanden, da sei die Angeklagte K. K. dabei gewesen. Außerdem sei sie auch mal gelegen und hätte die Füße gerade gestellt, da sei die Angeklagte nicht anwesend gewesen. Ein weiteres Mal schließlich habe sie die Füße hochgestellt. Auch hier sei die Angeklagte nicht dabei gewesen. Dies passt auch zu den Angaben, welche sie bei der Sachverständigen machte. So sei sie mal auf dem Rücken gelegen, mal mit gespreizten Beinen gesessen. Da sei sie mit dem Angeklagten S. K. zu zweit gewesen. Wie viele Bilder von ihr gemacht wurden, konnte L.-S. K. selbst nicht mehr angeben. Die Zeugen S. J. und M. B. schilderten, dass sie mehrere solcher Fotos in der Chatgruppe „Freiheit“ gesehen haben, auch wenn keiner eine genaue Zahl nennen konnte. Es habe aber jedenfalls mehrere Fotos gegeben. Laut Kriminalhauptmeisterin Z. habe der Angeklagte S. K. in einer polizeilichen Vernehmung zwei Vorfälle, bei denen er auf dem Bett Intimbilder fertigte, eingeräumt. Darüber hinaus habe er vielfach Gedächtnislücken geltend gemacht.
Die Kammer vermochte allerdings anhand der Angaben der Zeugin L.-S. K. nicht festzustellen, dass es bei einer dieser Gelegenheiten zu einem weiteren Fall des sexuellen Missbrauchs eines Kindes durch Manipulation am Penis des Angeklagten kam.
i) Die Fälle A Teil 2 II. 11., 12., 13. folgen aus dem Geständnis der Angeklagten K. K.. Es habe 3 Fälle im Schlafzimmer gegeben, bei denen sie dabei gewesen sei. Der Angeklagte S. K. ließ sich ein, man müsse diese Fälle im Zusammenhang sehen, er könne sich nur an einen Fall erinnern, als die Angeklagte dabei gewesen sei. Auch die Geschädigte L.-S. K. gab in der ermittlungsrichterlichen Vernehmung an, sie habe mehrfach den Penis des Angeklagten gesehen und es sei mehrfach Shampoo auf ihren Bauch gekommen. Die Angeklagte K. K. habe das einmal gesehen. Die Kammer folgt uneingeschränkt dem Geständnis der Angeklagten K. K.. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Abgleich mit den übrigen Zeugenaussagen taten sich keine Widersprüche auf. Die Kammer erkennt auch nicht, weshalb sich die Angeklagte hier selbst belasten und mehr Taten als tatsächlich geschehen angeben sollte.
j) Fall A. Teil 2 II. 14. bestreitet der Angeklagte S. K. nicht. Die Geschädigte gibt mehrere solcher Fälle an, aber kann keine Zahl nennen. Dieser Vorfall wurde in Abgrenzung zu den Fällen A. Teil 2 II. 11., 12., 13., 15. gefilmt und fotografiert und in die Chatgruppe Freiheit eingestellt. Von den zwei kurzen Videoclips berichtete der Zeuge S. J. in der Hauptverhandlung.
k) Mit Fall A. Teil 2 II. 15. gab es einen weiteren Fall, in welchem der Angeklagte vor L.-S. K. ejakulierte und auf ihren Bauch masturbierte. Der Unterschied zu den Fällen A. Teil 2 II. 11., 12., 13., 14. war, dass hier weder die Angeklagte K. K. dabei war noch gefilmt bzw. fotografiert wurde. Dass die Kammer von diesem Vorfall ausgeht, folgt aus den Angaben des Angeklagten S. K.. In der Hauptverhandlung bestritt er das Geschehen nicht. Ferner gab er an, dass die Vorfälle im Schlafzimmer, in welchen er masturbierte und auf L. ejakulierte, sicher 3, möglicherweise 4 an der Zahl waren. Die Angeklagte sei aber nur einmal dabei gewesen. Davon wären umfasst einer der Fälle A. Teil 2 II. 11., 12. oder 13. und Fall A. Teil 2 II. 14., womit sich mindestens noch ein weiterer Vorfall zugetragen hat. Für die Kammer stand gemäß den Ausführungen zu den Fällen A. Teil 2 II. 11., 12., 13., 14., 15. auch fest, dass es geringstenfalls 5 Fälle waren, in welchen der Angeklagte S. K. vor L. masturbierte und auf sie ejakulierte.
I) Die Verurteilung in Fall A. Teil 2 II. 16. basiert auf den Angaben der Zeugin L.-S. K.. Diese sagte sowohl in ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung als auch in der ergänzenden Vernehmung aus, der Angeklagte sei mit seinem Gesicht an ihrer Scheide gewesen. Er habe seine Zunge hineingesteckt. In ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung gab die Geschädigte an, es habe auch auf dem Campingplatz einen solchen Vorfall gegeben. Dass es zu Oralverkehr und zu Fäll A. Teil 2 II. 16. kam, steht für die Kammer entgegen der Einlassung des Angeklagten S. K. fest.
m) Fall A. Teil 2 II. 17. beruht auf den Angaben der Zeugin L.-S. K. und der Angeklagten K. K.. Die Geschädigte berichtete ab ihrer Vernehmung bei der Sachverständigen konstant davon, dass der Angeklagte einen Dildo in ihren After eingeführt habe. In der ergänzenden Vernehmung in der Hauptverhandlung ließ sie sich ein, es seien sogar 2 Fälle im Schlafzimmer gewesen. Die Angeklagte K. K. gab an, von den Dildos zu wissen und dass der Angeklagte zu ihr sagte, er habe sie 2 Mal bei L.-S. ausprobiert.
n) Die Geschädigte L.-S. K. bestätigt auch Fall A. Teil 2 II. 18. Die Kammer konnte eine suggestive Beeinflussung erkennen, soweit ein Eindringen mit einem Finger berichtet wurde. Die Manipulation und Ejakulation schilderte L.-S. K. aber bereits vor der ermittlungsrichterlichen Vernehmung, sodass die Kammer insoweit keine Zweifel am Erlebnisbezug hatte.
o) Fall A. Teil 2 II. 19. folgt für die Kammer bereits aus der Einlassung des Angeklagten S. K.. Dieser bestritt zunächst pauschal und gab nachfolgend an, er habe das Foto gemacht und den Schriftzug eingefügt. Es handle sich aber nicht um Kinderpornografie. Er hat hierdurch den Sachverhalt eingeräumt, zu einer rechtlichen Bewertung war die Kammer selbst in der Lage. Außerdem teilte die Zeugin Kriminalhauptmeisterin Z. mit, der Angeklagte habe zu ihr gesagt, er habe sich nichts dabei gedacht. Das Ergebnis der Handyauswertung stellte sich ebenso eindeutig dar.
Danach ist die Kammer davon überzeugt, dass sich die Taten wie festgestellt ereigneten. Das Verteidigungsvorbringen des Angeklagten S. K. ist bei Abwägung sämtlicher Umstände nicht geeignet die erwiesenen und den Angeklagten belastenden Tatsachen zu entkräften oder auszuräumen.
III. Feststellungen zum Nachtatgeschehen unter B. Teil 2 III.:
1. Die Feststellungen zur Unterbringung der Geschädigten L.-S. K. in einer Pflegefamilie beruhen auf den Angaben der Zeugin A. S.-D. von der Bereitschaftspflege des Jugendamtes C.. Sie teilte mit, L.-S. K. sei für circa 9 Monate bei ihr in der Bereitschaftspflege gewesen. Sie berichtete auch über die Unterbringung der anderen Kinder. Auch die Zeugin C. R., Sozialpädagogin beim Landratsamt C., berichtete von der Unterbringung der Geschädigten in einer Pflegefamilie bis zum 31. März 2021.
2. Dass sich L.-S. K. seit ….2021 in der G.-G.-S. in K. befindet, hat die Kammer von den Zeuginnen C. R. und H. S. erfahren. Letztere ist Psychologin in der Einrichtung und führte mit L.-S. die Eingangsdiagnostik durch. Der weitere Verlauf der Therapie hänge von den Wünschen und Bedürfnissen von L.-S. ab und sei derzeit noch nicht absehbar.
3. Kriminalhauptmeisterin Z. berichtete darüber, dass sich die Angeklagte K. K. von sich aus an sie gewandt und darum gebeten habe, ein weiteres Mal aussagen zu können. In dieser Vernehmung am 15. Juni 2021 habe sie dann Angaben zu Missbrauchshandlungen an den weiteren Kindern Ri. K., L. K, und Ni. M. gemacht. Diese Handlungen seien zuvor nicht bekannt gewesen und haben den Ermittlungsbehörden sehr weitergeholfen. Übereinstimmend ließ sich die Angeklagte K. K. auch in der Hauptverhandlung ein, es habe auch sexuelle Übergriffe auf die anderen Kinder gegeben. Dies sei zeitlich parallel bei mehreren Kindern erfolgt. Bei L. habe sie 2 Mal gesehen, wie er das Glied des Angeklagten bis zum Samenerguss befriedigt habe. Ferner habe Rick mal auf dem Bett im Wohnwagen gelegen und der Angeklagte habe auf ihn abgespritzt. Sie habe gesehen, dass er mit seinem Penis an ihm dran gewesen ist, wisse aber nicht, ob er drin gewesen ist.
C. Rechtliche Würdigung
I. Angeklagter S. K.
1. Der Angeklagte S. K. hat sich aufgrund der unter Ziffer A. Teil 2 II. 1., 16., 17 festgestellten Sachverhalte in 3 Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3 a.F.; 176a Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 StGB a.F., im Fall A. Teil 2 II. 1. gemeinschaftlich mit der Angeklagten K. K. nach § 25 Abs. 2 StGB, strafbar gemacht. Indem der Angeklagte S. K. seine Ehefrau, die Angeklagte K. K., aufforderte, sich zu L.-S. K. ins Bett zu legen und diese im Genitalbereich zu berühren und K. K. der Aufforderung nachkam, handelten die Angeklagten gemeinschaftlich i.S.d. § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB. Dieser setzt voraus, dass bei der Verwirklichung der Grundtatbestände des § 176 Abs. 1 und Abs. 2 StGB mindestens zwei Personen vor Ort mit gleicher Zielrichtung derart bewusst zusammenwirken, dass sie in der Tatsituation zusammen auf das Tatopfer einwirken oder sich auf andere Weise psychisch oder physisch aktiv unterstützen. Dabei reicht es aus, dass sich von den zusammenwirkenden Tätern der eine nach § 176 Abs. 1 StGB und der andere nach § 176 Abs. 2 StGB strafbar macht. (BGH, NStZ-RR 2019, 341, beck-online). Das durch K. K. verwirklichte Eindringen mit dem Finger in die Scheide der L.-S. K. verwirklicht bereits den Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB. Die Beteiligung des zunächst hierbei zuschauenden und im Fortgang der Situation die L.-S. K. anal penetrierenden S. K. erfüllt ohne weiteres die Voraussetzungen des gemeinschaftlichen Handelns für beide Angeklagten.
Zugleich erfüllten die Angeklagten die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 StGB. Die Angeklagten handelten gemeinschaftlich aufgrund eines gemeinsamen Tatplans nach § 25 Abs. 2 StGB und damit als Mittäter von dem Zeitpunkt an, in dem die Angeklagte K. K. ebenfalls die Geschädigte mit der Hand an der Vagina berührte. Mittäterschaft liegt dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht nur fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Voraussetzung für die Zurechnung fremden Handelns als eigenes mittäterschaftliches Tun ist ein zumindest konkludentes Einvernehmen der Mittäter. Erschöpft sich die Mitwirkung nicht nur in einer untergeordneten Tätigkeit, so spricht dies für Mittäterschaft (BGH Beschl. v. 26.7.2016 – 3 StR 165/16, BeckRS 2016, 15660, beck-online). Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Die Kammer hat aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände geprüft, ob Mittäterschaft vorliegt und dabei folgende Kriterien als maßgeblich angesehen: der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu (BGH Beschl. v. 26.7.2016 – 3 StR 165/16, BeckRS 2016, 15660 Rn. 4, beck-online). Daran bestand für die Kammer im vorliegenden Fall kein Zweifel. Der Angeklagte S. K. sagte zur Angeklagten K. K., sie solle die L.-S. an der Scheide anfassen. Dies tat die Angeklagte K. K. sodann auch, womit sie einen zumindest konkludent gefassten gemeinsamen Tatplan umsetzte. Ausreichend ist, dass der Tatbeitrag auf einer konkludenten Übereinkunft beruht (vgl. BGH NStZ 94, 394). Beide Angeklagte führten sodann Missbrauchshandlungen an der Geschädigten durch und erbrachten hierdurch konkrete Tatbeiträge. Die Tatbeiträge waren auch vergleichbar, da jeder der Angeklagten in die Geschädigte eindrang. Die Kammer erkennt im aktiven Tätigwerden der Angeklagten K. K. – im Gegensatz zu den übrigen Fällen, in welchen sie lediglich (passiv) Beihilfe leistete – den klaren Willen zur (Mit-)Tatherrschaft. Aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme folgt für die Kammer als einzig möglicher Schluss, dass beide Angeklagte die Tat als gemeinsame wollten. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Mittäterexzesses waren keine erkennbar, vielmehr war die beiderseitige Tatausführung vom Tatplan gedeckt. So auch das anschließende anale Eindringen des Angeklagten S. K. mit seinem Penis, indem die Angeklagte K. K. anwesend blieb und dies billigte.
2. Aufgrund der unter Ziff. A. Teil 2 II. 2., 6., 14. festgestellten Sachverhalte verwirklichte S. K. in 3 weiteren Fällen den schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Verbreiten kinderpornografischer Schriften gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 a.F., 176a Abs. 3 a.F., 184b Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 a.F. StGB, weil es dem Angeklagten jeweils bei Herstellung der Bild- bzw. Videoaufnahmen von den sexuellen Handlungen an oder von L.-S. K. darum ging, diese über den Chat „Freiheit“ den dortigen Chatmitgliedern zugänglich zu machen und sie dadurch zu verbreiten und er dieses Vorhaben auch umsetzte.
3. In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 3, 4, 11, 12, 13, 15, 18 verwirklichte S. K. 7 weitere Fälle des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 a.F., 176 Abs. 1, Abs. 3 StGB a.F. und in 4 weiteren Fällen den Tatbestand der Herstellung und Verbreitung kinderpornografischer Schriften (Ziff. A. Teil 2 II. 5., 8., 9., 10.) gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 StGB a.F. In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 5., 8., 9., 10. fotografierte der Angeklagte den entblößten Intimbereich der Geschädigten. Die gefertigten Fotos stellte er in die Chatgruppe „Freiheit“ auf „Threema“ ein, wo sie J. B., M. B. und S. J. sahen. Dieses Verhalten erfüllt sowohl die Alternativen des Herstellens als auch des Verbreitens, § 184b Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 StGB a.F.
4. Im Fall Ziff. A. Teil II. 7 verwirklichte S. K. weiterhin den schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Verbreiten kinderpornografischer Schriften gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3 a.F., 176a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 a.F., 184b Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 StGB a.F. Der vom Angeklagten S. K. an der Geschädigten vollzogene Oralverkehr ist beischlafsähnlich und erfüllt damit den Qualifikationstatbestand des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. Eine Ähnlichkeit mit dem Beischlaf liegt nämlich regelmäßig schon dann vor, wenn die sexuelle Handlung entweder auf Seiten des Opfers oder des Täters unter Einbeziehung des primären Geschlechtsteils geschieht. Sie ist aber vor allem an dem Gewicht der Rechtsgutverletzung zu messen, also an ihrer Erheblichkeit im Hinblick auf das in § 176 a StGB geschützte Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung und ungestörten sexuellen Entwicklung des Kindes. Entscheidend ist mithin, dass das Ausmaß der insoweit zu besorgenden Rechtsgutverletzung mit einem Beischlaf vergleichbar ist und diese Rechtsgutverletzung ebenfalls von einem Eindringen in den Körper herrührt. (BGH, NStZ 2015, 335 Rn. 30, beck-online).
5. Der Angeklagte S. K. hat sich hinsichtlich der Tat Ziff. A. Teil II. 19. der Herstellung kinderpornografischer Schriften gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. schuldig gemacht.
a) Eine kinderpornographische Schrift liegt unter anderem dann vor, wenn sie ein ganz oder teilweise unbekleidetes Kind in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung wiedergibt, § 184b Abs. 1 Nr. 1. lit. b) StGB a.F. Die Bezeichnung als unnatürlich ist dabei irreführend, da sehr wohl auch natürliche Haltungen umfasst werden. Entscheidend ist, welches Interesse des Betrachters hinter der Schrift liegt. Dient der Inhalt primär einem sexuellen Zweck, so fällt dieser unter § 184b Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB a.F. Ob das Kind selbst die Sexualbezogenheit erkennt, ist nicht maßgeblich. Die Sexualbezogenheit liegt aus Sicht der Kammer eindeutig vor, da das Kind in einer vorgebeugten Position, in welcher ihre Vagina deutlich erkennbar ist, fotografiert wurde. Es steht damit eindeutig ein sexueller Zweck im Vordergrund.
b) Ferner ist die Alternative sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien eines Kindes nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 lit. c) StGB a.F. einschlägig. Zweifel daran, dass diese Darstellung als sexuell aufreizend zu sehen war, hatte die Kammer nicht, zumal der Angeklagte noch selbst den Schriftzug „wonderful great“ einfügte. Damit zeigte er der Kammer sehr deutlich, welchen Zweck dieses Bild erfüllen sollte.
II. Angeklagte K. K.
1. Die Angeklagte K. K. hat sich aufgrund des unter Ziffer A. Teil 2 II. festgestellten Sachverhalts des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen (Ziff. A. Teil II. 1.) gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3 a.F., 176a Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 a.F., 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Dabei handelte sie in Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit dem Angeklagten S. K.. Auf die Ausführungen zur Mittäterschaft unter Ziff. C. I. 1. wird Bezug genommen.
2. Aufgrund des unter Ziff. A. Teil II. 3 festgestellten Sachverhalts verwirklichte die Angeklagte K. K. eine Beihilfe durch Unterlassen zum sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 a.F., 176 Abs. 1, Abs. 3 a.F., 13 Abs. 1, 27 StGB.
a) Rechtlich handelt es sich bei der Tat der Angeklagten K. K. um eine Beihilfe durch Unterlassen. Insbesondere liegt kein bloßes Unterlassen oder eine Beihilfe durch eine neutrale Handlung vor.
aa) Eine Täterschaft durch Unterlassen scheitert an der Tatherrschaft und der subjektiven Einstellung der Angeklagten K. K. zur Tat. Die subjektive Beziehung wurde von der Kammer in einer wertenden Betrachtung überprüft, wobei die Kammer zu dem Ergebnis kam, dass die Angeklagte K. K. die Tat nicht als eigene verwirklichen, sondern bloß als fremde unterstützen wollte (vgl. BGH NJW 92, 1246, 1247). Die Angeklagte K. K. war daher nicht als Täterin, sondern als Beteiligte zu bestrafen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der das Unterlassen gemäß § 13 Abs. 1 StGB begründenden Umstände.
Das reine Unterlassen nach § 13 Abs. 1 StGB würde im vorliegenden Falle eines unechten Unterlassungsdeliktes das Gleichstehen des Unterlassens mit einem positiven Tun erfordern. Es muss eine zur Abwendung der Tatvollendung geforderte Handlung nicht vorgenommen werden (vgl. BGH NJW 95, 206). Nur eine sicher voraussehbare Erfolglosigkeit lässt die Handlungspflicht entfallen (BGH NStZ 07, 469). Daneben muss ein Kausalzusammenhang insoweit bestehen, als die unterlassene Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Mit anderen Worten muss Gewissheit oder eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, der Erfolg wäre wesentlich später oder in wesentlich geringerem Umfang eingetreten, gegeben sein (BGH NStZ 04, 296).
Im vorliegenden Fall sah die Kammer Folgendes: Zwar war die Angeklagte K. K. grundsätzlich mögliche Täterin, da sie aufgrund ihrer Stellung als Mutter der Geschädigten Beschützergarantin und damit Handlungspflichtige war. Die Tat stellt sich aber als solche des Angeklagten S. K. dar. Die Gefahr der Rechtsgutsverletzung bestand unabhängig von dem Dazukommen der Angeklagten K. K. und wurde nicht durch das Unterlassen begründet. Die Vollendung der Missbrauchshandlung war maßgeblich abhängig von der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat des Täters S. K.. Die Angeklagte K. K. war dagegen nur anwesend und zeichnete sich durch Gleichgültigkeit aus. Aus der bloßen Gleichgültigkeit ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte die Tat als eigene wollte. Hierfür hätte es weitergehender subjektiver Merkmale bedurft, die nicht festgestellt werden konnten. Sie war keine Alleintäterin, da sie den Erfolg nicht selbst herbeigeführt hat. Eine Mittäterschaft scheitert am Vorliegen eines gemeinsamen Tatplanes. Ebenso erkennt die Kammer keinen Beitrag auf Seiten der Angeklagten K. K., welcher Tatherrschaft verwirklichen sollte.
bb) Eine Beihilfe durch neutrale Handlungen nach § 27 Abs. 1 StGB scheidet aus, da keine Handlung im eigentlichen Sinne vorliegt und damit das geforderte Maß an aktiver Beteiligung nicht erreicht ist. Ausreichend ist zwar bereits eine Förderung der Haupttat, wobei keine Ursächlichkeit, sondern lediglich eine Förderungsleistung notwendig ist (vgl. BGH NJW 01, 2410). Eine solche ist auch möglich durch eine sog. „neutrale“ Handlung, welche keinen deliktischen Bezug aufweist. Beispielhaft hierfür wären Alltags- oder berufsbezogene Handlungen. Ob damit eine Haupttat gefördert wird, ist in einer wertenden Gesamtbetrachtung festzustellen.
Damit dies nicht zu sehr ausufert, ist dabei ein Mindestmaß an aktiver Beteiligung zu fordern (vgl. BGH NStZ 93, 233). Bloßes Dabeisein genügt nicht und erfüllt vielmehr das Merkmal des Unterlassens (vgl. BGH NStZ 99, 451). Bereits der Begriff der „neutralen Handlung“ verdeutlicht, dass jedenfalls ein geringes Maß an Tätigwerden vorliegen muss. Bei der Angeklagten K. K. war dies jedoch nicht der Fall, sie war lediglich anwesend und beobachtete die Missbrauchshandlung durch den Angeklagten S. K.. Darüber hinaus unternahm sie nichts.
D) Somit verbleibt die Beihilfe durch Unterlassen, §§ 13 Abs. 1, 27 StGB, deren Voraussetzungen erfüllt sind.
aa) Mit dem Angeklagten S. K. war ein vorsätzlich handelnder Begehungstäter vorhanden. Der sexuelle Missbrauch in Fall Ziff. A. Teil II. 3. wurde vollendet.
bb) Die Angeklagte K. K. leistete psychisch Beihilfe durch Unterlassen. Die Tatherrschaft lag beim aktiv handelnden Angeklagten S. K.. Im Gegensatz zu Fall Ziff. A. Teil II. 1. wollte die Angeklagte K. K. das Handeln nicht als eigenes, sondern lediglich passiv unterstützen, indem sie es zuließ (BGH NJW 92, 1246, 1247), vgl. auch die Ausführungen unter C. II. 2. a) aa) und bb).
cc) Die Angeklagte K. K. nahm aufgrund ihrer Mutterschaft zur Geschädigten eine Stellung als Beschützergarantin ein und war daraus zur Verhinderung des sexuellen Missbrauchs verpflichtet.
dd) Sie hätte durch psychisches oder physisches Einwirken auf den Angeklagten S. K. die Vollendung der Tat zumindest erschweren können (vgl. BGH NJW 53, 1838). Nicht notwendig ist wie beim reinen Unterlassen Gewissheit oder an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dies wäre ihr auch zumutbar gewesen (vgl. BGHSt 3, 203, 206). Die Anforderungen richten sich dabei nach der Schwere des drohenden Übels, das den Rechtsgütern droht, für die er eine Garantenpflicht hat (vgl. BGHSt 4, 20, 23). Die sexuelle Selbstbestimmung, vor allem von Kindern, stellt ein Rechtsgut dar, welches in höchstem Maße schützenswert ist. Sie dient der unbenachteiligten Reifung des Kindes zum Erwachsenen und der Ausbildung eines ungeschädigten Sexualverhaltens. Die Kammer sieht auf Seiten der Angeklagten bereits keinen Ansatz, die Handlung zu unterbinden. Sie beobachtete im Fall Ziff. A. Teil II. 3. wortlos die Manipulation der Geschädigten am Angeklagten S. K.. In weiteren Fällen stand sie ferner – wie die Angeklagte selbst angab – im Bad und widmete sich der Wäsche. Für die Angeklagte stellte sich ein solcher Geschehensablauf als alltäglich dar, sie sah keinen Anlass zum Einschreiten.
3. Weiterhin verwirklichte die Angeklagte im Fall Ziff. A. Teil II. 6. eine Beihilfe durch Unterlassen zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zum Herstellen kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zum Verbreiten kinderpornografischer Schriften gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 a.F., 176a Abs. 3 a.F., 184b Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 a.F., 13 Abs. 1, 27 StGB.
Die Angeklagte K. K. war nicht Täterin nach § 176a Abs. 3 StGB, da sie nicht mit der hierfür vorausgesetzten Absicht handelte (vgl. Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage 2009, § 176a Rn. 74 f.). Sie handelte aber zumindest mit bedingtem Gehilfenvorsatz, indem sie die Tatbestandsverwirklichung durch den Angeklagten S. K. billigend in Kauf nahm, und war daher als Beteiligte nach §§ 27 Abs. 1 StGB zu bestrafen.
4. Aufgrund des in Fall Ziff. A. Teil II. 7. festgestellten Sachverhalts macht sich die Angeklagte K. K. der Beihilfe durch Unterlassen zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornografischer Absicht in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zum Herstellen und Verbreiten kinderpornografischer Schriften gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3 a.F., 176a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 a.F., 184b Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 a.F., 13 Abs. 1, 27 StGB strafbar. Entsprechend den Ausführungen unter C. II. 3. war die Angeklagte K. K. als Beteiligte, nicht als Täterin zu bestrafen.
5. Im den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 11., 12., 13 verwirklichte sie in 3 weiteren Fällen eine Strafbarkeit der Beihilfe durch Unterlassen zum sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 a.F., 176 Abs. 1, Abs. 3 a.F., 13 Abs. 1, 27 StGB.
III. Anwendbares Recht
Die Kammer hat bei allen festgestellten Taten die zum Tatzeitpunkt geltende Fassung des Gesetzes angewendet. Bei Alttaten gilt für den Schuld- und Strafausspruch grundsätzlich das Tatzeitrecht, § 2 Abs. 1 StGB. Die Kammer hat jeweils geprüft, ob die zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Gesetzesfassung im konkreten Fall für die Angeklagten günstiger waren, § 2 Abs. 3 StGB und hat dies im Ergebnis verneint.
1. § 174 StGB a.F.
Hinsichtlich der Taten Ziff. A. Teil 2 II. 1., 2., 3., 4., 6., 7., 11., 12., 13., 14., 15., 16., 17., 18. war demnach § 174 StGB in der vom 27.01.2015 bis 01.07.2021 geltenden Fassung anzuwenden.
2. § 176 StGB a.F.
Bei den Taten Ziff. A. Teil 2 II. 3., 4., 12., 13., 15., 18. wendete die Kammer § 176 StGB in der Fassung gültig vom 27.01.2015 bis 12.03.2020 oder in der Fassung gültig vom 13.03.2020 bis 31.12.2020 an. Die Kammer war sich bewusst, dass nicht aufgeklärt werden konnte, ob sich die angeführten Taten vor oder nach dem 13. März 2020 ereigneten. Insoweit stand eine Anwendung beider Fassungen im Raum. Eine Entscheidung nach § 2 Abs. 1 StGB war nicht möglich. Unter Beachtung des Rückwirkungsverbotes und des Gedankens des Meistbegünstigungsprinzips des § 2 Abs. 3 StGB hat die Kammer daher geprüft, welche Fassung für die Angeklagten günstiger war. Die Kammer nahm einen Vergleich zwischen den Fassungen des § 176 StGB vom 13.03.2020 bis 31.12.2020 und vom 27.01.2015 bis 12.03.2020 vor (vgl. BGHSt 20, 22, 29 f.). Dieser Vergleich ergab hier, dass in Bezug auf die konkreten Sachverhalte die Taten nach beiden Gesetzesfassungen gemäß § 176 Abs. 1 als sexueller Missbrauch eines Kindes zu subsumieren waren. Beim anzuwendenden Strafrahmen ergaben sich keine Unterschiede, dieser beträgt in beiden Fassungen Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren. In beiden Fassungen normiert Abs. 3 den besonders schweren Fall mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr, welcher angewendet wurde. Mit Wirkung vom 13.03.2020 wurde lediglich Abs. 6 der Norm geändert, diese Änderung ist vorliegend nicht einschlägig und wirkt sich für die Angeklagten weder günstig noch nachteilig aus. Unabhängig von der anzuwendenden Fassung konnten die Angeklagten nicht begünstigt, nicht benachteiligt werden. Aus diesem Grunde zog die Kammer § 176 StGB in der Fassung gültig vom 27.01.2015 bis 12.03.2020 oder in der Fassung gültig vom 13.03.2020 bis 31.12.2020 heran. Die nach 31.12.2020 gültigen Fassungen stellen kein milderes Gesetz nach § 2 Abs. 3 StGB dar.
Bei der Tat Ziff. A. Teil 2 II. 11. wendete die Kammer § 176 StGB in der Fassung gültig vom 27.01.2015 bis 12.03.2020 an, da sich die Tat zwischen September 2019 und Februar 2020 ereignete.
3. § 176a StGB a.F.
Bei den Taten Ziff. A. Teil 2 II. 1., 2., 6., 14., 16., 17. wendete die Kammer § 176a StGB in der Fassung gültig vom 27.01.2015 bis 12.03.2020 oder in der Fassung gültig vom 13.03.2020 bis 31.12.2020 an, da wiederum nach Ausschöpfung der Beweismittel nicht sicher feststellbar war, ob die Taten vor oder nach dem 13. März 2020 begangen wurden. Davor wäre § 176a StGB in der Fassung vom 27.01.2015 bis 13.03.2020 anzuwenden gewesen, danach in der Fassung vom 13.03.2020 bis 31.12.2020. Auch hier hat die Kammer konkret verglichen, welche Norm für die Angeklagten günstiger war. Nach beiden Gesetzesfassungen stellen die Taten einen schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes dar: Im Fall Ziff. A. Teil 2 II. 1. nach § 176a Abs. 2 Nr. 1, im Fall Ziff. A. Teil II. 1. nach § 176a Abs. 2 Nr. 2, in den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 2., 6., 7., 14. nach § 176a Abs. 3 beider Fassungen. Die Mindeststrafe von Abs. 2 und Abs. 3 beider Fassungen liegt bei 2 Jahren Freiheitsstrafe. Mit Wirkung vom 13.03.2020 wurde der Wortlaut des Abs. 3 der Norm geändert. Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung der Taten der Angeklagten oder die Strafzumessung hat diese Änderung nicht, weshalb keine der beiden Fassungen günstiger oder ungünstiger ist.
Die Tat Ziff. A. Teil 2 II 7. ereignete sich im Februar 2020, womit die Fassung gültig vom 27.01.2015 bis 12.03.2020 anzuwenden war.
4. § 184 b StGB a.F.
Bei den Taten Ziff. A. Teil 2 II. 2., 5., 6., 8., 9., 10., 14. wendete die Kammer § 184b StGB in der Fassung gültig vom 01.07.2017 bis zum 12.03.2020 oder in der Fassung gültig vom 13.03.2020 bis 31.12.2020 an. Ein Vergleich der Vorschriften lieferte keine für die Angeklagten günstigere Norm. Identisch fallen aus die Strafbarkeit nach § 184b Abs. 1 Nr. 2, 3, Abs. 3 in beiden Fassungen, die Strafrahmen nach Abs. 1 mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren und nach Abs. 3 mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe. Die am 13.03.2020 erfolgte Änderung bestand in einer Ergänzung des Abs. 5 mit einem zweiten Satz. In diesem ist ein weiterer Ausschluss der Strafbarkeit geregelt. Im konkreten Fallgeschehen ist dieser Ausschluss auf die Angeklagten nicht anwendbar und damit nicht begünstigend, jedoch auch auf keine erdenkliche Weise belastend. Im Hinblick auf Strafbarkeit und Strafhöhe ergeben sich keine Unterschiede.
Die Tat Ziff. A. Teil 2 II 7. ereignete sich im Februar 2020, womit die Fassung gültig vom 01.07.2017 bis 12.03.2020 anzuwenden war.
Die Tat Ziff. A. Teil 2 II. 19. ereignete sich am 30. August 2020, weshalb die Fassung vom 13.03.2020 bis 31.12.2020 Anwendung fand. Ein milderes Gesetz ist nicht nachgefolgt, § 2 Abs. 3 StGB.
IV. Konkurrenzen:
1. Die Qualifikation des § 176a StGB a.F. verdrängt den Grundtatbestand des § 176 StGB a.F., da in diesen Fällen kein selbständig neben der Qualifikation zu berücksichtigender Unrechtsgehalt vorlag (BGH 2 StR 191/15).
2. Der sexuelle Missbrauch bzw. der schwere sexuelle Missbrauch eines Kindes und der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen stehen vorliegend in Tateinheit gemäß § 52 StGB zueinander. Zwar liegt beiden Straftatbeständen der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung des Kindes bzw. des Schutzbefohlenen zugrunde, der strafbewehrte sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen will aber bestimmte schutzwürdige Beziehungen um ihrer sozialen Funktion willen von geschlechtlichen Einflüssen freihalten (BGH, Beschluss vom 23. November 2000 – 1 StR 430/00 -, Rn. 4, juris; BGH NStZ 83, 553, Laue HK 1, Fischer 2, Hörnle LK 3; die ungestörte sexuelle Entwicklung rücken in den Vordergrund BT-Drs. VI/3521 S. 20, BGH NStZ 01, 194, Frommel NK 9, L-Kühl 1, Laubenthal 564; krit. Wolters SSW 5: Schutz einer bestimmten Sexualverfassung; s. aber auch M/R-Eschelbach 1, Renzikowski MK 1: nur Schutz der sexuellen Selbstbestimmung von Jugendlichen in bestimmten Abhängigkeitsverhältnissen; (Schönke/Schröder/Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 174 Rn. 1). Der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen hat nach Ansicht der Kammer deswegen auch vorliegend gegenüber dem (schweren) sexuellen Missbrauch von Kindern einen eigenständigen, über den primären Schutz der sexuellen Selbstbestimmung hinausgehenden Unrechtsgehalt. Die Geschädigte ist nicht nur Opfer von sexuellen Übergriffen geworden, sondern musste diese von den Personen erdulden, die ihr eigentlich kraft Geburt zu Schutz und Fürsorge verpflichtet gewesen wären.
V. Schuldfähigkeit
1. Angeklagter S. K.
Der Angeklagte S. K. war zum Tatzeitpunkt uneingeschränkt schuldfähig.
a) Beim Angeklagten S. K. wurden eine rezidivierende depressive Störung und eine Agoraphobie (Platzangst) mit Panikstörung festgestellt. Zumindest erstere fällt, wenn sie stark ausgeprägt ist, unter das Eingangsmerkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit. Daraus ergibt sich aber kein Symptomcharakter für pädophile Taten. Der Schweregrad, welcher eine Bejahung einer schweren anderen seelischen Abartigkeit zur Folge hätte, ist bei Weitem nicht erreicht. Das Handeln des Angeklagten war auch planerisch und verdeckend. Einsichts- und Steuerungsfähigkeit waren nicht beeinträchtigt.
b) Daneben liegt eine Pädophilie der Stufe 2, ohne Bestimmung der sexuellen Orientierung, vor. Beim Angeklagten S. K. sind sexuelle Aktivitäten mit erwachsenen Frauen genauso möglich wie pädophile Handlungen. Die Pädophilie erfüllt das Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit nur dann, wenn sie nach dem Stufenmodell Stufe 4 erreicht. Der Angeklagte befindet sich eindeutig in Stufe 2, mit vereinzelten Merkmalen aus Stufe 3. Eine relevante Störung liegt nicht vor.
c) Schließlich war der Angeklagte S. K. zum Tatzeitpunkt weder durch Alkohol noch andere berauschende Mittel intoxikiert.
2. Angeklagte K. K.
Die Schuldfähigkeit der Angeklagten K. K. war weder aufgehoben noch vermindert.
a) Bei der Angeklagten K. K. liegt eine abhängige Persönlichkeitsstörung vor. Von den maßgeblichen Kriterien, welche zur Feststellung herangezogen werden, seien laut dem Sachverständigen 4 von 6 erfüllt. Ein Eingangsmerkmal nach § 20 StGB läge aber nur dann vor, wenn eine Schweregradseinteilung auf eine erhebliche Störung schließen lässt. Hier wird ein Vergleich mit anderen Störungen, z.B. Psychosen und Abhängigkeitserkrankungen vorgenommen. Dies ist bei der Angeklagten K. K. eindeutig nicht der Fall. Sie ist in der Lage, soziale Beziehungen aufzubauen und ist nicht eingeschränkt. Zweifel an der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit bestanden nicht.
b) Auch die Angeklagte K. K. stand zum Tatzeitpunkt nicht unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln.
D. Strafausspruch
I. Angeklagter S. K.
1. Regelstrafrahmen
Im Falle mehrerer tateinheitlich verwirklichter Delikte ist der maßgebliche Strafrahmen gemäß § 52 Abs. 2 S. 1 StGB dem schwersten Delikt zu entnehmen.
Für die Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs in Ziff. A. Teil 2 II. 1., 2., 6., 7., 14., 16., 17. sehen die §§ 176 a Abs. 2, Abs. 3 StGB a.F. Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis 15 Jahren vor. In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 3., 4., 11., 12., 13., 15., 18. des sexuellen Missbrauchs von Kindern ergibt sich aus § 176 Abs. 1 StGB a.F. ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren, in besonders schweren Fällen des § 176 Abs. 3 StGB a.F. von Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis 15 Jahren. In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 5., 8., 9., 10., 19. war der Strafrahmen § 184b Abs. 1 StGB a.F. zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren vorsieht.
2. Strafrahmenverschiebung
Die Kammer hat für jeden einzelnen Fall konkret geprüft, ob der Regelstrafrahmen zur Anwendung kommen oder aufgrund besonderer Umstände von diesem abgewichen werden muss und hat im Ergebnis in allen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 StGB vorgenommen.
In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 1., 2., 6., 7., 14., 16., 17. hat die Kammer den gemäß § 49 StGB gemilderten Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten zu Grunde gelegt.
a) Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 1., 16., 17.
aa) Keine Strafrahmenverschiebung wegen eines minder schweren Falles nach § 176a Abs. 4 StGB a.F.
Die Kammer hat bei den o.g. Taten geprüft, ob diese als minderschwerer Fall gemäß § 176a Abs. 4 StGB a.F. zu beurteilen sind und deshalb der Strafrahmen zu mildern ist, dies aber im Ergebnis verneint. Ein minder schwerer Fall ist nur dann anzunehmen, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheinen lässt (BGHSt. 4, 8; BGHSt. 8, 186; BGH NStZ-RR 2016, 110; Koblenz, Beschl. v. 30.11.2015, 2 OLG 4 Ss 186/15 = BeckRS 2016, 9014); Schäfer/Sander/van Gemmeren Rn. 1109). Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung von Tat und Täterpersönlichkeit jedes Angeklagten im Einzelnen in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder folgen (KPV BtMG, BtMG vor § 29 Rn. 58, beck-online). Die Kammer hat dabei zunächst geprüft, ob aufgrund der Gesamtumstände ohne den vertypten Milderungsgrund des § 46b StGB die Voraussetzungen eines minder schweren Falles vorliegen.
Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer dabei berücksichtigt, dass in keinem der Fälle Gewalt angewandt wurde. Dass der Angeklagte an einer Pädophilie der 2. Ausprägungsstufe leidet und infolge seiner Medikamentenumstellung ein gesteigerter Sexualtrieb zumindest nicht ausschließbar war, konnte die Kammer bei der Beurteilung des Vorliegen eines minderschweren Falles nicht zu seinen Gunsten berücksichtigen. Hinsichtlich des nicht ausschließbar gesteigerten Sexualtriebes fehlt es bereits an einem Zusammenhang zur Pädophilie. Letztere war nicht zu seinen Gunsten als bestimmender psychischer Faktor zu werten, weil das Vorliegen der Pädophilie 2. Grades sich weder auf die Schuldfähigkeit auswirkte noch die aufgewendete kriminelle Energie mildert. Ebenso wenig vermochte die Kammer hier einen zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigenden motivatorischen Faktor zu erblicken. Zugunsten des Angeklagten S. K. wertet es die Kammer jedoch, dass seine Taten von der Angeklagten K. K. und den Chatteilnehmern Ba., B. und J. gefördert wurden. Der Angeklagte war nicht vorbestraft und zeigte sich teilgeständig. Bezüglich der anderweitig verfolgten Ba., J. und B. machte er weiterführende Angaben zu deren Taten.
Gleichwohl hat die Kammer das Vorliegen eines minderschweren Falles im Ergebnis verneint, denn es sprachen auch erhebliche Gesichtspunkte gegen die Angeklagten.
Im Fall Ziff. A. Teil 2 II. 1. zeigte sich bei dem Angeklagten durch die Verwirklichung mehrerer Tatbestandsalternativen des § 176a Abs. 2 StGB ein deutlich erhöhtes Handlungsunrecht. So nahmen beide Angeklagte gemeinschaftlich handelnd Missbrauchshandlungen vor. S. K. drang dabei vaginal und anal, mit Hand und Penis ein. Im Fall Ziff. A. Teil 2 II. 16. führte der Angeklagte Oralverkehr an der Geschädigten durch, indem er seine Zunge in ihre Vagina steckte. Im Fall Ziff. A. Teil 2 II. 17. führte der Angeklagte sodann einen Dildo anal ein. Die objektive Tatausführung spricht daher gegen den Angeklagten. Bei vaginalem, analem und oralem Eindringen bei der Geschädigten handelt es sich um keine Handlungen, welche vom Durchschnitt der Handlungen abweichen würden. Die Geschädigte mit 6 bzw. 7 Jahren war deutlich von der Schutzaltersgrenze von 14 Jahren entfernt. Durch die Taten wurden mehrere Tatbestände verwirklicht.
bb) Milderung nach §§ 46 b, 49 StGB
Erst bei zusätzlicher Berücksichtigung der den vertypten Milderungsgrund des § 46b StGB verwirklichenden Umstände könnte bezüglich des Angeklagten das Vorliegen eines minder schweren Falles im Rahmen der Gesamtabwägung bejaht werden.
Der Angeklagte S. K. hat gem. § 46b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 StPO, welche mit den abgeurteilten Taten in Zusammenhang stand, aufgedeckt werden konnte.
Im Rahmen seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen machte der Angeklagte S. K. detaillierte Angaben zu den Taten der anderweitig verfolgten J. B., M. B. und S. J.. Die Angaben des Angeklagten waren für die dortigen Ermittlungen sehr wichtig, da die Chatteilnehmer Kenntnis von den gegen sie geführten Ermittlungen erlangten und Beweismittel vernichten konnten. Gemäß Aussage der Zeugin Kriminalhauptmeisterin Z. haben die Aussagen des Angeklagten den Kollegen sehr weitergeholfen.
Die vom Angeklagten mitgeteilten Tatsachen waren bedeutend für die Verurteilung der anderweitig Verfolgten. Der Angeklagte offenbarte sein Wissen auch relativ früh im Ermittlungsverfahren und äußerte sich sehr spontan und umfangreich. Bei den festgestellten Taten der anderweitig Verfolgten handelt es sich wie beim Angeklagten um Missbrauchshandlungen, teilweise schwere, an Kindern u.a., mithin um schwere Tatvorwürfe. Diese Umstände stehen nicht außer Verhältnis zur Schwere der abgeurteilten Straftaten und Schuld des Angeklagten, sondern sind vergleichbar.
Die Kammer hat die Tatsache berücksichtigt, dass durch die Verwirklichung der den vertypten Milderungsgrund des § 46b StGB ausmachenden Umstände die Annahme eines minderschweren Falles oder die Milderung des Strafrahmens gemäß § 49 StGB, – jedoch aufgrund des § 50 StGB nur alternativ – im Raum standen. Die Kammer hatte im Rahmen einer Gesamtabwägung zu prüfen, welcher der vorbezeichneten Strafrahmen zur Anwendung herangezogen wird (vgl. BGH StV 99, 490). Im Rahmen dieser Würdigung hat sie sich für die letztgenannte Strafrahmenverschiebung entschieden und einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten zu Grunde gelegt. Dafür hat sie die möglichen Strafrahmen verglichen. Bei der Annahme eines minderschweren Falles reicht dieser von Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren, bei einer Milderung nach § 49 StGB von 6 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten. In den maßgeblichen Fällen kam die Verhängung von Strafen in Betracht, welche sich eher an der Unter- als an der Obergrenze bewegten. Daher war der gemilderte Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten für den Angeklagten – wenn auch geringfügig – günstiger.
Daneben erachtete die Kammer den nach § 49 StGB gemilderten Strafrahmen auch als besser zur Ahndung des Unrechts der vorliegenden Tat geeignet. Die zugunsten des Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte vermochten gerade nicht ein günstiges Gesamtbild, welches für den Strafrahmen des minder schweren Falles sprechen würde, zu zeichnen. Im Gegenteil überwogen anhand der aufgeführten objektiven Kriterien wie der Art und Weise der Ausführung die ungünstigen Aspekte der Tat, weshalb auch ohne Einbeziehung der Aufklärungshilfe ein minder schwerer Fall abzulehnen war. Da aber die Aufklärungshilfe nach § 46b StGB gerade einen gesetzlichen Milderungsgrund darstellt und im Übrigen kein Abweichen der gegenständlichen Tat von vergleichbaren Fällen dergestalt, dass eine Strafrahmenverschiebung angezeigt ist, zu erkennen war, kam die Kammer zur Auffassung, dass diese Option zu wählen war. Bei Betrachtung des Gesamtbildes aller Tatumstände war zur tat- und schuldangemessenen Ahndung der genannte Strafrahmen anzuwenden.
b) Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 2., 6., 7., 14.
aa) Keine Strafrahmenverschiebung wegen eines minder schweren Falles nach § 176a Abs. 4 StGB a.F.
Ein minderschwerer Fall kam nicht in Betracht. Nach § 176a Abs. 4 StGB a.F. ist dieser bereits nicht auf die Vorschrift des § 176a Abs. 3 StGB a.F. anzuwenden. In den genannten Fällen liegt u.a. ein schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes in kinderpornographischer Absicht nach § 176a Abs. 3 StGB a.F. vor. Im Fall A. Teil 2 II. 7. steht dieser in Tateinheit zu u.a. dem schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. Für § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. stellt sich zwar grundsätzlich die Frage nach einem minderschweren Fall. Bei Vorliegen von Tateinheit wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, welches die schwerste Strafe androht, § 52 Abs. 2 S. 1 StGB, womit der Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis 15 Jahren nach § 176a Abs. 3 StGB a.F. bestehen blieb.
bb) Milderung nach §§ 46b, 49 StGB
Die Kammer konnte aber bei den Taten unter Ziff. A. Teil 2 II. 2., 6., 7., 14. den gemäß § 46b, 49 StGB gemilderten Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu , 11 Jahren 3 Monaten zu Grunde legen, weil auch in diesen Fällen die Voraussetzungen des § 46b StGB vorlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter Ziff. D. I. 2. a) bb) Bezug genommen. Die Kammer ließ dem Angeklagten die fakultative Strafmilderung zukommen, da er in seinen polizeilichen Vernehmungen spontan und freiwillig Angaben über die Taten der anderweitig Verfolgten B., Ba. und J. machte und sich die Angaben als sehr hilfreich für die Ermittlungen erwiesen.
c) Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 3., 4., 11., 12., 13., 15., 18.
aa) Vorliegen eines besonders schweren Falles nach § 176 Abs. 3 StGB a.F.
Die Kammer hat in den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 3., 4., 11., 12., 13., 15., 18 das Vorliegen eines besonders schweren Falles bejaht und den somit zur Anwendung kommenden Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis 15 Jahren im Ergebnis gemäß §§ 46b, 49 StGB gemildert und daher einen Strafrahmen von 3 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten zu Grunde gelegt.
§ 176 Abs. 3 StGB a.F. sieht einen unbenannten besonders schweren Fall vor, der dann vorliegt, wenn das Tatbild insgesamt vom Durchschnitt aller erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle derart abweicht, dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens für eine angemessene Ahndung erforderlich ist (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren Praxis der Strafzumessung Rdn. 1135).
Dabei hat die Kammer insbesondere folgendes berücksichtigt: In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 3., 4., 18. nahm die Geschädigte Manipulationen am Glied des Angeklagten S. K. vor, bis dieser ejakulierte. Dabei handelt es sich um massive Masturbation. In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 11., 12., 13., 15., 18. ejakulierte der Angeklagte S. K. auf die Geschädigte, was mit einer erhöhten Erniedrigung für die Geschädigte verbunden war. Schließlich fanden die Handlungen im engsten familiären Umfeld statt, da der Angeklagte der Vater der Geschädigten ist. Hierbei hat die Kammer nicht verkannt, dass der Angeklagte in keinem der Fälle Gewalt anwendete und die bei der Geschädigten eingetretenen Folgen noch nicht beurteilt werden können. Zu Gunsten des Angeklagten S. K. wertet es die Kammer auch, dass seine Taten von der Angeklagten K. K. und den Chatteilnehmern Ba., B. und J. gefördert wurden. Der Angeklagte selbst überschätzt jedoch deren Einwirkung und neigt in dieser Hinsicht zu starker Schuldexternalisierung. Jedenfalls bewegten sich die sexuellen Handlungen deutlich oberhalb der Erheblichkeitsschwelle. Im Ergebnis erkennt die Kammer auch in Anbetracht des Alters der Geschädigten gravierendes Erfolgsunrecht und hält die Anwendung von § 176 Abs. 3 StGB a.F. auf genannte Fälle für notwendig.
bb) Milderung nach §§ 46b, 49 StGB
Die Kammer war sich bewusst, dass in den genannten Fällen ein Entfallen des besonders schweren Falles möglich war. Da wie unter Ziff. D. I. 2. c) aa) ausgeführt die Fälle sich als besonders schwer darstellen und kein Abweichen aus sonstigen Gründen angezeigt war, kam ein Entfallen nur unter Zuhilfenahme des vertypten Milderungsgrundes des § 46b StGB in Betracht mit der Folge, dass dieser verbraucht wäre. Deshalb hatte die Kammer zu prüfen und zu vergleichen, ob sie dem Angeklagten ein Entfallen des besonders schweren Falles oder eine Milderung nach §§ 46b, 49 StGB zukommen lässt. Die Kammer hat sich nach durchgeführter Gesamtabwägung für letztere Variante entschieden (vgl. BGH StV 99, 490).
Dafür hat sie zunächst die möglichen Strafrahmen verglichen. Beim Entfallen eines besonders schweren Falles reicht dieser von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren, bei einer Milderung nach § 49 StGB von 3 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten. In den maßgeblichen Fällen kam die Verhängung von Strafen in Betracht, welche sich eher an der Unter- als an der Obergrenze bewegten. Daher war der gemilderte Strafrahmen mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten für den Angeklagten – wenn auch geringfügig – günstiger.
Daneben erachtete die Kammer den nach § 49 StGB gemilderten Strafrahmen auch als besser zur Ahndung des Unrechts der vorliegenden Tat geeignet. Es überwogen anhand der aufgeführten objektiven Kriterien die ungünstigen Aspekte der Tat. Ohne Einbeziehung des Milderungsgrundes des § 46b StGB hätte sich die Frage nach einem Entfallen des besonders schweren Falles nicht gestellt. Da aber §§ 46b, 49 StGB gerade einen gesetzlichen Milderungsgrund darstellen und im Übrigen kein Abweichen von einem besonders schweren Fall zu erkennen war, kam die Kammer zur Auffassung, dass diese Option zu wählen war. Auch bei Betrachtung des Gesamtbildes aller Tatumstände war zur tat- und schuldangemessenen Ahndung der genannte Strafrahmen anzuwenden.
d) Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 5., 8., 9., 10., 19.
Die Kammer hat in den Taten unter Ziff. A. Teil 2 II. 5., 8., 9., 10., 19. den gemäß § 46b, 49 StGB gemilderten Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 1 Monat bis zu 3 Jahren 9 Monaten zu Grunde gelegt, weil auch in diesen Fällen die Voraussetzungen des § 46b StGB vorlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter Ziff. D. I. 2. a) bb) und b) bb) Bezug genommen.
3. Keine Sperrwirkung der verdrängten tateinheitlich verwirklichten Delikte
Die Kammer war bei der Anwendung der so ermittelten Strafrahmen auch nicht aufgrund einer Sperrwirkung der Mindeststrafrahmen der in den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 1., 2., 6., 7., 14., 16., 17. durch § 176a Abs. 2, 3 StGB a.F. verdrängten, aber tateinheitlich erfüllten Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern in einem besonders schweren Fall nach § 176 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB a.F. und des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. gehindert. Bei einem Vergleich der verdrängten und verdrängenden Mindeststrafen ergibt sich der anzuwendende Strafrahmen aus § 176a Abs. 2, 3 StGB a.F., da dessen Mindeststrafe mit 6 Monaten nach erfolgter Milderung nach §§ 46b, 49 StGB höher liegt als die Mindeststrafe nach § 176 Abs. 3 StGB a.F. nach erfolgter Milderung nach §§ 46b, 49 StGB. Auch bei Heranziehung eines besonders schweren Falles nach § 176 Abs. 3 StGB – welcher den Ausführungen unter Ziff. D. I: 2. c) aa) gemäß zu bejahen wäre – beläuft sich der dortige Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis 15 Jahren. Dieser Strafrahmen ist nach erfolgter Ermessensausübung wiederum nach §§ 46b, 49 StGB zu mildern – vgl. Ziff. D. I. 2. a) bb) -, womit ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis 11 Jahren 3 Monaten verbleibt und keine Sperrwirkung eintritt.
Der ebenfalls mitverwirklichte § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. sieht Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren vor. Nach §§ 46b, 49 StGB gemildert ergibt sich ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate.
In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 3., 4., 11., 12., 13., 15., 18. trat infolge des durch § 176 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB a.F. verdrängten § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB ebenfalls keine Sperrwirkung ein. Der nach §§ 46b, 49 StGB gemilderte Strafrahmen des § 176 Abs. 3 StGB a.F. sieht Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten vor, der nach §§ 46b, 49 StGB gemilderte Strafrahmen des § 174 Abs. 1 StGB a.F. wie vorstehend ausgeführt Freiheitsstrafe von 1 Monat bis 3 Jahre 9 Monate.
4. Strafzumessung i.e.S.
Im Rahmen der konkreten Strafzumessung waren – für die jeweiligen Taten gesondert – alle zugunsten und zulasten des Angeklagten gehenden Umstände zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die oben unter Ziff. D. I. 2. a) aa) und bb), c) aa) bereits genannten Strafzumessungspunkte verwiesen.
Letztlich ist in allen Fällen der Umstand, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Zu seinen Gunsten wirkt sich ferner aus, dass er die Taten teilweise einräumte und dies zu einem relativ frühen Zeitpunkt. Mit geminderten Gewicht, da § 46b StGB bereits zur Begründung eines verminderten Strafrahmens angenommen wurde, berücksichtigte die Kammer nochmals, dass der Angeklagte weiterführende Angaben zu den anderweitig verfolgten J. B., M. B. und S. J. machte. Auch war er mit der Sicherstellung seines inkriminierten Mobiltelefons einverstanden.
Zu Lasten des Angeklagten wurden jeweils tateinheitlich mehrere Tatbestände und hierdurch ein erhöhtes Unrecht verwirklicht, insbesondere kommt dem sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen aufgrund der Vaterschaft des Angeklagten ein eigener Unrechtsgehalt zu. Die Geschädigte war zum Zeitpunkt der Taten 6, maximal 7 Jahre alt und damit in sehr jungem Alter.
Nach alledem erachtete die Kammer folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:
A. Teil 2: II. 1.
3 Jahre und 9 Monate
A. Teil 2: II. 2., 6., 14.
je 3 Jahre
A. Teil 2: II. 3., 4., 11., 12., 13., 15., 18.
je 1 Jahr und 9 Monate
A. Teil 2: II. 5., 8., 9., 10.
je 9 Monate
A. Teil 2: II. 7., 16., 17.
je 3 Jahre und 6 Monate
A. Teil 2: II. 19.
6 Monate
5. Gesamtstrafe
Aus den verhängten Einzelstrafen war unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten gemäß §§ 53 Abs. 1, 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden, welche die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen durfte. Dabei hat die Kammer im Rahmen einer Gesamtschau insbesondere das Verhältnis der einzelnen Strafen zueinander, ihren Zusammenhang, ihre größere bzw. geringere Selbständigkeit, die Häufigkeit, die Gleichheit des verletzten Rechtsguts und der Art ihrer Begehung sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts berücksichtigt. Ferner wurde die Person des Täters, seine Strafempfindlichkeit und seine größere bzw. kleinere Schuld im Hinblick auf das Gesamtgeschehen in die Betrachtung mit einbezogen.
Dabei wurden insbesondere sein strafloses Vorleben und sein Teilgeständnis zu seinen Gunsten berücksichtigt. Die Kammer erkannte ebenfalls, dass die Taten in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stehen, denselben Deliktscharakter aufweisen und ein Gewöhnungseffekt eintrat.
Zulasten des Angeklagten sprachen zusätzlich die Auswirkungen seiner Taten. Das Familienleben der Angeklagten und ihrer Kinder wurde vollständig zerstört. Die Kinder befinden sich in Pflegefamilien oder -einrichtungen, es kann derzeit nicht beurteilt werden, wie diese aufwachsen werden.
Im Ergebnis erschien der Kammer unter enger Zusammenziehung der erkannten Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von
7 Jahren
für tat- und schuldangemessen.
II. Angeklagte K. K.
1. Regelstrafrahmen
Im Falle mehrerer tateinheitlich verwirklichter Delikte ist der maßgebliche Strafrahmen gem. § 52 Abs. 2 S. 1 StGB dem schwersten Delikt zu entnehmen. Für den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 1., 6., 7. sieht § 176 a Abs. 2, Abs. 3 StGB a.F. Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis 15 Jahren vor. Hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs von Kindern für die Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 3., 11., 12., 13. sieht § 176 Abs. 1 StGB a.F. einen Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe vor.
2. Strafrahmenverschiebungen
Die Kammer hat für jeden einzelnen Fall konkret geprüft, ob der Regelstrafrahmen zu Anwendung kommen oder aufgrund besonderer Umstände von diesem abgewichen werden muss und hat im Ergebnis für die Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 6., 7. eine Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 StGB vorgenommen und den gemilderten Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten zu Grunde gelegt.
In den Fällen A. Teil 2 II. 3., 11., 12., 13. legte die Kammer einen gemilderten Strafrahmen von 1 Monat bis zu 7 Jahren 6 Monaten Freiheitsstrafe zu Grunde.
Bei Fall A. Teil 2 II. 1. verblieb es dagegen mangels Vorliegen eines minderschweren Falles oder anderer Milderungsgründe beim Regelstrafrahmen mit Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis zu 15 Jahren.
a) Fall Ziff. A. Teil 2 II. 1.
aa) Keine Strafrahmenverschiebung wegen eines minder schweren Falls nach § 176a Abs. 4 StGB a.F.
Die Kammer hat für den Fall Ziff. A. Teil 2 II. 1. geprüft, ob die Voraussetzungen eines minder schweren Falles nach § 176a Abs. 4 StGB a.F. vorliegen und dies verneint.
Ein minder schwerer Fall ist nur dann anzunehmen, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheinen lässt (BGHSt. 4, 8; BGHSt. 8, 186; BGH NStZ-RR 2016, 110; Koblenz, Beschl. v. 30.11.2015, 2 OLG 4 Ss 186/15 = BeckRS 2016, 9014); Schäfer/Sander/van Gemmeren Rn. 1109). Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung von Tat und Täterpersönlichkeit jedes Angeklagten im Einzelnen in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder folgen (KPV BtMG, BtMG vor § 29 Rn. 58, beck-online). Die Kammer hat zunächst geprüft, ob ein minderschwerer Fall bereits aufgrund allgemeiner Milderungsgründe anzunehmen ist und dies für den Fall Ziff. A. Teil 2 II. 1 im Ergebnis verneint.
Zu Gunsten der Angeklagten sprach dabei, dass sie im Vergleich zum Angeklagten S. K. eine untergeordnetere Rolle einnahm und nur mit ihrem Finger eindrang, während der Angeklagte S. K. zusätzlich eine anale Penetration ausführte. Sie war nicht die treibende Kraft bei der Tatbestandsverwirklichung. Die Tat hat sie vollumfänglich und detailliert gestanden. Sie leidet ferner unter einer abhängigen Bindungsstörung. Gleichwohl sprachen im Fall Ziff. A. Teil 2 II. 1. auch erhebliche Gesichtspunkte gegen die Angeklagte. So nahmen beide Angeklagte gemeinschaftlich handelnd Missbrauchshandlungen vor. Sie drangen dabei vaginal und anal, mit Hand und Penis ein. Die Angeklagte K. K., war, wenngleich nicht in dem Maße wie der Angeklagte S. K., dennoch aktiv beteiligt. Die Handlungen des Angeklagten S. K. waren ihr aufgrund mittäterschaftlicher Beteiligung zuzurechnen. Die Geschädigte mit 6 bzw. 7 Jahren war deutlich von der Schutzgrenze von 14 Jahren entfernt. Daneben verwirklichte die Angeklagte mehrere Tatbestände. Die mitverwirklichte Misshandlung von Schutzbefohlenen ist deshalb sehr gravierend, da die Geschädigte, wenn sie bereits vom Vater missbraucht wird, eine Bezugsperson benötigt hätte. Dies wäre die Angeklagte gewesen, diese Rolle füllte sie jedoch nicht aus.
Die vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte ließen die Tat daher bei der gebotenen Gesamtabwägung nicht als Ausnahmefall erscheinen, bei dem die Anwendung des Regelstrafrahmens des § 176a Abs. 2 StGB a.F. unangemessen erschiene und trugen die Annahme eines minderschweren Falles nicht.
bb) Keine Strafrahmenverschiebung nach §§ 46 b, 49 StGB
Eine Milderung aus dem Gesichtspunkt der Aufklärungshilfe, § 46b StGB, war nicht angezeigt. Zwar ließ sich die Angeklagte K. K. umfassend zu den abgeurteilten und zu weiteren Taten ein. Hierdurch konnten viele die weiteren Kinder der Angeklagten betreffende Taten aufgedeckt werden. Eine Anwendung scheitert aber an der Zeitgrenze des § 46b Abs. 3 StGB, da die Offenbarung erst nach Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgte.
Die Kammer konnte zumindest den Rechtsgedanken des § 46b StGB aber im Rahmen der konkreten Strafzumessung zugunsten der Angeklagten K. K. berücksichtigen.
b) Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 6., 7.
aa) Keine Strafrahmenverschiebung wegen eines minder schweren Falls nach § 176a Abs. 4 StGB a.F.
Ein minderschwerer Fall kam nicht in Betracht, da es sich jeweils um Taten nach § 176a Abs. 3 StGB a.F., auf welche § 176a Abs. 4 StGB a.F. nicht anwendbar ist, handelt.
bb) Strafrahmenverschiebung nach §§ 27, 49 StGB
Der Strafrahmen war jedoch nach §§ 27, 49 StGB zu mildern, da die Angeklagte Beihilfe leistete. Diese Strafrahmenverschiebung war nach § 27 Abs. 2 S. 2 StGB zwingend, der gemilderte Strafrahmen reicht von 6 Monaten bis zu 11 Jahren 3 Monaten Freiheitsstrafe.
cc) Keine weitere Milderung nach §§ 13, 49 StGB
Eine doppelte Milderung ließ die Kammer der Angeklagten nicht zukommen. Der Kammer war bewusst, dass aufgrund des Begehens durch Unterlassen eine weitere Milderung nach § 13 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB im Raum steht. Im Gegensatz zu § 27 Abs. 2 StGB ist diese Milderung jedoch fakultativ. Nach durchgeführter wertender Gesamtbetrachtung (BGH NJW 82, 393) kam die Kammer zur Auffassung, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der Angeklagten aufgrund des Unterlassens aber keine Strafrahmenverschiebung rechtfertigt, weil die Kammer bereits nicht erkennt, dass das Unterlassen in den konkreten Fällen leichter wiegt, als die Verwirklichung des Tatbestandes durch aktives Tun. Die Kammer verkennt nicht, dass die Angeklagte in den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 6., 7. lediglich passiv beteiligt ist und sich der Hauptbeitrag beim Angeklagten S. K. findet. Die Angeklagte ist jedoch Mutter der Geschädigten. Die Geschädigte war zum Zeitpunkt der Taten 6 oder 7 Jahre alt. Ein Einschreiten hätte der Angeklagten nicht mehr abverlangt, als die Betätigung rechtstreuen Willens, denn es wäre ihr jederzeit möglich gewesen, die Behörden zu informieren. Die Angeklagte war oft allein, also dem Einfluss des Angeklagten S. K. entzogen. Sie pflegte Freundschaften und es gab auch bereits Kontakt zum Jugendamt, so dass sie zumindest dieses hätte informieren können. Auch eine Offenbarung im – großen – familiären Umfeld wäre ihr möglich gewesen. Stattdessen hat sie den Kontakt zu kritisch nachfragenden Familienangehörigen wie der Zeugin Samra Rafaqat abgebrochen. Die Angeklagte selbst äußert sich dahingehend, es wäre familiärer Alltag gewesen. Oft stünde sie daneben und mache die Wäsche. Deshalb kommt auch dem tateinheitlich verwirklichten Missbrauch von Schutzbefohlenen ein eigenständiger Unrechtsgehalt zu. Unter diesen Voraussetzungen war eine weitere Milderung nicht angezeigt.
c) Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 3., 11., 12., 13.
aa) Kein Vorliegen besonders schwerer Fälle nach § 176 Abs. 3 StGB a.F.
Die Kammer hat auch im Hinblick auf die Angeklagte K. K. das Vorliegen besonders schwerer Fälle nach § 176 Abs. 3 StGB a.F. geprüft und verneint.
§ 176 Abs. 3 StGB a.F. sieht einen unbenannten besonders schweren Fall vor, wenn das Tatbild insgesamt vom Durchschnitt aller erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle derart abweicht, dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens für eine angemessene Ahndung erforderlich ist (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren Praxis der Strafzumessung Rdn. 1135).
Zwar fanden die Taten im engsten familiären Umfeld statt, da die Angeklagte die Mutter der Geschädigten ist. Auch das Alter der Geschädigten war zu berücksichtigen. Andererseits war die Angeklagte bei genannten Taten lediglich passiv beteiligt, indem sie nicht eingriff. Es kam auch zu keiner Gewalt gegen die Geschädigte. Bezüglich der Angeklagten K. K. erachtet die Kammer den Regelstrafrahmen als ausreichend zur Ahndung des Unrechts.
bb) Milderung nach §§ 27, 49 StGB
In den Fällen Ziff. A. Teil 2 II. 3., 11., 12., 13. milderte die Kammer aufgrund der Beihilfe der Angeklagten den Strafrahmen nach §§ 27, 49 StGB auf Freiheitsstrafe von 1 Monat bis zu 7 Jahren 6 Monaten. Eine weitere Milderung nach §§ 13, 49 StGB war nicht angezeigt. Es wird auf Ziff. D. II. 2. b) cc) verwiesen, die dortigen Ausführungen gelten auch für die Fälle Ziff. A. Teil 2 II. 3., 11., 12., 13.
3. Strafzumessung i.e.S.
Im Rahmen der konkreten Strafzumessung waren – für die jeweiligen Taten gesondert – alle zugunsten und zulasten der Angeklagten gehenden Umstände zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die oben unter Ziff. D. II. 2. a) aa) und b) cc) bereits genannten Strafzumessungspunkte verwiesen.
Zusätzlich war in allen Fällen der Umstand, dass die Angeklagte nicht vorbestraft ist, zu ihren Gunsten zu berücksichtigen. Zu ihren Gunsten wirkt sich ferner aus, dass sie die Taten vollumfänglich einräumte. Kurz vor Beginn der Hauptverhandlung wurde die Angeklagte auf Eigeninitiative nochmals vernommen. Dabei räumte sie weitere Taten bezüglich der anderen Kinder ein und half dabei, den Sachverhalt weiter aufklären zu können. Lediglich aufgrund des Zeitpunktes konnte dieser Umstand nicht nach § 46b StGB berücksichtigt werden. Die Angeklagte K. K. war nicht die treibende Kraft beim Tatgeschehen. Sie scheint das Unrecht der Taten eingesehen zu haben und drückte in der Hauptverhandlung ihr Bedauern aus. Ferner besteht nicht ausschließbar eine abhängige Persönlichkeitsstörung. Schließlich war mit minderem Gewicht nochmals zu erkennen, dass die Angeklagte in den Fällen außer Ziff. A Teil 2 II. 1. Gehilfin war.
Zulasten der Angeklagten hat sie jeweils mehrere Tatbestände verwirklicht, insbesondere kommt dem sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen aufgrund der Mutterschaft der Angeklagten ein eigener Unrechtsgehalt zu.
Nach alledem erachtete die Kammer folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:
A. Teil 2: II. 1.
2 Jahre und 9 Monate
A. Teil 2: II. 3.
1 Jahr
A. Teil 2: II. 6.
1 Jahr und 9 Monate
A. Teil 2 II. 7.
2 Jahre
A. Teil 2: II. 11., 12., 13.
je 9 Monate
4. Gesamtstrafe
Aus den verhängten Einzelstrafen war unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten gemäß §§ 53 Abs. 1, 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden, welche die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen durfte. Dabei hat die Kammer im Rahmen einer Gesamtschau insbesondere das Verhältnis der einzelnen Strafen zueinander, ihren Zusammenhang, ihre. größere bzw. geringere Selbständigkeit, die Häufigkeit, die Gleichheit des verletzten Rechtsguts und der Art ihrer Begehung sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts berücksichtigt. Ferner wurde die Person der Angeklagten, ihre Strafempfindlichkeit und ihre kleinere Schuld im Hinblick auf das Gesamtgeschehen in die Betrachtung mit einbezogen. Dabei wurden insbesondere ihr strafloses Vorleben und ihr Geständnis berücksichtigt. Die Kammer erkannte ebenfalls, dass die Taten in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stehen, denselben Deliktscharakter aufweisen und ein Gewöhnungseffekt eintrat. Zulasten der Angeklagten gingen enorm die Auswirkungen der Taten. Das Familienleben der Angeklagten und ihrer Kinder wurde vollständig zerstört. Die Kinder befinden sich in Pflegefamilien oder -einrichtungen, es kann derzeit nicht beurteilt werden, wie diese aufwachsen werden. Im Ergebnis erschien der Kammer unter enger Zusammenziehung der erkannten Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von
3 Jahren 9 Monaten
für tat- und schuldangemessen.
E. Maßregel der Besserung und Sicherung
I. Keine Unterbringung des Angeklagten S. K.
Die Unterbringung des Angeklagten S. K. in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB war nicht anzuordnen. Es liegt bereits kein Eingangsmerkmal im Sinne des § 20 StGB vor. Nach Aussage des in der mündlichen Verhandlung anwesenden psychiatrischforensischen Sachverständigen Dr. V. fiele eine rezidivierende depressive Störung unter das Merkmal einer krankhaften seelischen Störung, aber nur wenn sie schwer ist. Pädophilie wäre dann jedoch kein Symptom. Die ebenfalls diagnostizierte Agoraphobie wirkt sich bei der forensischen Beurteilung ebenso wenig aus, da sie keinen Symptomcharakter für pädophile Taten aufweist.
Der Sachverständige stuft die beim Angeklagten vorliegende Pädophilie ihrem Schweregrad nach in Stufe 2 mit einzelnen Merkmalen aus Stufe 3 ein. Für den Angeklagten bedeutet dies, dass bei ihm Pädophilie genauso möglich ist wie sexuelle Handlungen mit gleichaltrigen Frauen. Damit das Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit erfüllt wäre, müsste eine Pädophilie der Stufe 4 vorliegen. Auch unter Berücksichtigung der Medikamentenumstellung auf Bupropion ändert sich diese Klassifizierung nicht. Genau wie der Sachverständige ist auch die Kammer der Meinung, dass ein möglicherweise erhöhter Sexualtrieb nicht in Zusammenhang steht mit Pädophilie. Vielmehr steht dem Angeklagten stets die Möglichkeit offen, seine sexuellen Bedürfnisse auf andere Weise zu stillen.
Dementsprechend fanden sich auch keinerlei Anhaltspunkte, wonach die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten beeinträchtigt gewesen wäre.
II. Keine Sicherungsverwahrung des Angeklagten S. K.
Die Kammer hat die Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB für den Angeklagten S. K. geprüft und derzeit abgelehnt, obwohl die formellen Voraussetzungen sowohl über § 66 Abs. 2 StGB als auch über § 66 Abs. 3 S. 2 StGB erfüllt wären.
Materiell vermochte die Kammer das Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 StGB jedoch derzeit nicht feststellen.
Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Die Taten ereigneten sich in einem eher kürzeren Zeitraum im klar definierten familiären Umfeld. Aufgrund des kurzen Vergleichszeitraumes und der oft schwer eingrenzbaren Tatzeitpunkte konnte die Kammer nicht umfassend beurteilen, inwieweit eine Steigerung der Delinquenz zu verzeichnen war. Für die Anordnung der Unterbringung und der Sicherungsverwahrung bedarf es ferner der Feststellung, dass es eine Verbindung der Taten untereinander mit der Persönlichkeit des Angeklagten gibt, sodass sie sich als „eingeschliffenes Verhaltensmuster“ darstellen.
Der Hang als „eingeschliffenes Verhaltensmuster“ bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand (vgl. BGH, NStZ-RR 2011, 204).
Zwischen den Taten und der Persönlichkeit des Täters muss eine solche innere Beziehung bestehen, dass die Taten als Konsequenz eines verbrecherischen Hanges erscheinen, also in einem gleichartigen Verhältnis zur Persönlichkeitsstruktur des Täters stehen (BGH, NStZ 92, 382). Auch hierbei hatte die Kammer im Blick, dass es sich um Taten zum Nachteil eines Tatopfers innerhalb eines überschaubaren Tatzeitraumes durch einen bis dahin strafrechtlich nicht auffälligen Angeklagten handelte.
Letztlich würde die Kammer auch in Ausübung des ihr gemäß § 62 StGB zustehenden Ermessens die Sicherungsverwahrung nicht anordnen. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass es sich bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung um einen höchst intensiven Eingriff für den Angeklagten handelt und stets nur gemäß dem ultima-ratio-Gedanken angeordnet werden sollte. Die Kammer bezog neben der Intensität des Eingriffs für den Angeklagten, aber ebenso das allgemeine Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit und die Gefährlichkeit des Angeklagten mit ein. In Anbetracht der Symptom- und Anlasstaten und den Folgen einer Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in die Sicherungsverwahrung fällt die Abwägung zugunsten des Angeklagten aus.
III. Keine Unterbringung der Angeklagten K. K.
Auch bei der Angeklagten K. K. ist kein Eingangsmerkmal i.S.v. § 20 StGB erfüllt. Bei der Angeklagten K. K. liegt eine abhängige Persönlichkeitsstörung vor. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. V. ist hierbei eine Schweregradseinteilung vor zu nehmen. Dabei wird eine Referenz zu anderen Störungen wie Psychosen und Abhängigkeit gezogen. Diese waren eindeutig nicht erfüllt. Die Angeklagte K. K. funktionierte in den meisten Situationen. Sie brachte ihre Kinder zur Schule, baute soziale Bindungen auf. Die Störung der Angeklagten bewegt sich am unteren Ende und ist weit von einer Erheblichkeit entfernt. Diesen vom Sachverständigen mitgeteilten Feststellungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an, zumal dies auch der Eindruck ist, welchen sie von der Angeklagten in der Hauptverhandlung gewann. Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Angeklagten war zum Tatzeitpunkt nicht beeinträchtigt.
F. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464, 465 StPO.

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