Verwaltungsrecht

Abdrängende Sonderzuweisung – Doppelfunktionale Maßnahme

Aktenzeichen  M 7 K 16.570, M 7 E 16.795

Datum:
9.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 40 Abs. 1, § 123
EGGVG EGGVG § 23, § 25 Abs. 1
GVG GVG § 17a
PAG Art. 13, Art. 23
POG Art. 12 Abs. 1
OWiG OWiG § 46, § 53, § 117
StPO StPO § 98 Abs. 2, § 162, § 163b

 

Leitsatz

1 Betreten Polizeibeamte Wohnungen und führen Identitätsfeststellungen durch mit der Zielsetzung, Ordnungswidrigkeiten nach Vorschriften über die Zweckentfremdung von Wohnraum zu verfolgen, handelt es sich um eine repressive Tätigkeit. Auch wenn mit dem Ziel Rechtsschutz gegen diese doppelfunktionalen Maßnahmen begehrt wird, dass die Polizei künftig ein derartiges Vorgehen unterlässt, ist der Zivilrechtsweg eröffnet (ebenso BGH BeckRS 1998, 30037383).    (redaktioneller Leitsatz)
2 Maßnahmen, die sich auf die Einleitung, Durchführung, Gestaltung und Beendigung eines Ermittlungsverfahrens beziehen, sind keine den Einzelfall regelnde Justizverwaltungsakte, sondern Prozesshandlungen. Sie sind nicht dem Rechtsweg nach den §§ 23 ff. EGGVG unterworfen, sondern es besteht eine vorrangige (§ 23 Abs. 3 EGGVG) abdrängende Sonderzuweisung zum Amtsgericht gemäß § 98 Abs. 2 S. 2 StPO analog (ebenso OLG Hamburg BeckRS 2015, 00243). (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Ausgang des durch den polizeilichen Einsatz angestoßenen Ordnungswidrigkeitenverfahrens ist für die Bestimmung des Rechtswegs unerheblich. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
II.
Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht München verwiesen.
III.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.
Im Januar 2016 kam es in mehreren Nächten zu Polizeieinsätzen an der Wohnung des Antragstellers, gegen die er sich mit einer Klage und einem Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wendet.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2016, bei Gericht eingegangen am 10. Februar 2016, erhob der Antragsteller durch einen Bevollmächtigten Klage (M 7 K 16.570), mit der er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahmen in seiner Wohnung am 10., 19., 22. und 24. Januar 2016 begehrt. Mit Schreiben vom 18. Februar 2016, eingegangen bei Gericht am 22. Februar 2016, ließ er den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO beantragen (M 7 E 16.795) mit dem Inhalt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig bis zu einer Entscheidung in dem Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht München, Az. M 7 K 16.570, es zu unterlassen,
1. weitere Identitätsfeststellungen in der von dem Antragsteller bewohnten Wohnung, …, vorzunehmen und
2. die von dem Antragsteller bewohnte Wohnung … nochmals zu diesem Zweck zu betreten.
sowie
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig bis zu einer Entscheidung in dem Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht München, Az. M 7 K 16.570, die von ihm eingesetzten Polizeibeamten anzuweisen, es zu unterlassen,
1. weitere Identitätsfeststellungen in der von dem Antragsteller bewohnten Wohnung, … vorzunehmen und
2. die von dem Antragsteller bewohnte Wohnung … nochmals zu diesem Zweck zu betreten.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass am 10., 19., 22. und 24. Januar 2016 zu Nachtzeiten Polizeibeamte bei dem Antragsteller erschienen seien und Identitätsfeststellungen (Art. 13 PAG) der anwesenden Personen vorgenommen hätten. Der Antragsteller habe den Polizeibeamten jedes Mal seinen Pass und seine Meldebescheinigung sowie den Mietvertrag vorgelegt. Grund für die Einsätze seien angebliche Ruhestörungen gewesen, die eine Nachbarin (Frau S.) gemeldet habe. Die Polizeibeamten hätten nach eigenen Angaben jeweils keine Ruhestörung festgestellt, gleichwohl seien der Antragsteller sowie die weiteren rechtmäßigen Bewohner, sämtliche Familienangehörige, eingeschüchtert worden. Im Übrigen sei es unangemessen, wenn die Polizisten erwarteten, dass sie eine Belehrung ohne Dolmetscher verstünden, obwohl sie kein Deutsch oder Englisch sprächen. Der Antragsgegner habe die vom Antragsteller geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben. Der Antragsteller habe einen Anspruch, vor weiteren Identitätsfeststellungen (Art. 13 PAG), ebenso wie vor einem Betreten seiner Wohnung (Art. 23 PAG) verschont zu bleiben. Auch wenn ggf. der erste Polizeieinsatz zum Zwecke der Identitätsfeststellung gerechtfertigt gewesen sei, dann seien es die weiteren jedenfalls nicht mehr gewesen. Gleiches gelte für das Betreten der Wohnung. Das Gericht müsse zumindest eine vorläufige Regelung treffen, da mangels Zusicherung der Beklagten, keine weiteren Einsätze zum Zwecke der Identitätsfeststellung zu führen, nicht davon ausgegangen werden könne, dass solche Einsätze künftig unterblieben. Wegen der konkret drohenden Wiederholungsgefahr könne das Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden. Mit Schreiben vom 9. März 2016 trug der Antragsteller vor, dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei, wie sich aus den Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2.12.1990 (Az. 21 B90.1066) und vom 20.3.2015 (Az. 10 B 12.2280) ergebe.
Mit Schreiben vom 4. März 2016 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag als unzulässig abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das zuständige Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu verweisen.
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten sei nicht eröffnet, ferner sei der Antragsteller nicht antragsbefugt, soweit er begehre, den Antragsgegner zu verpflichten, Identitätsfeststellungen bei Mitbewohnern bzw. Gästen zu unterlassen. Sämtliche Einsätze seien durchgeführt worden, da über den polizeilichen Notruf Ruhestörungen, begangen durch „Medizintouristen“, gemeldet worden seien. Zu den Einsätzen sei folgendes mitzuteilen: Am 10. Januar 2016 sei eine Streife des Polizeipräsidiums München um 22.14 Uhr von der Einsatzzentrale zur … beordert worden mit dem Einsatzgrund „Ruhestörung“. Die Beamten vor Ort hätten keine Ruhestörung festgestellt. Da die mitteilende Person auf eine Anzeigeerstattung bestanden habe, seien die Personalien des Antragstellers erhoben und eine entsprechende Anhörung durchgeführt worden. Das Verfahren sei an das Kreisverwaltungsreferat abgegeben und das Bußgeldverfahren am 27. Januar 2016 nach § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Am 19. Januar 2016 sei um 1:59 Uhr eine Streife zu einem Einsatz wegen Ruhestörung in die … beordert worden, da laut Mitteilung dumpfe Stöße aus dem Erdgeschoss zu vernehmen seien. Die Einsatzörtlichkeit sei betreten und Personalien erhoben worden. Die Streife habe vor Ort keine Ruhestörung wahrgenommen. Die Mitteilerin habe selbst Anzeige erstatten wollen, Verfahrensakten seien mangels Eintragung in den polizeilichen Vorgängen und mangels Erstattung einer Ordnungswidrigkeitsanzeige durch die Polizei nicht vorhanden. Am 22. Januar 2016 sei es wiederum wegen einer gemeldeten Ruhestörung zu einem Einsatz von Polizeibeamten gekommen, wobei sie vor Ort keine Ruhestörung festgestellt hätten. Die mitteilende Person habe auf die Erstattung einer Anzeige bestanden, das Ordnungswidrigkeitsverfahren sei an das Kreisverwaltungsreferat abgegeben worden. Am 24. Januar 2016 sei es zu einem ähnlichen Einsatz gekommen. Eine Ruhestörung habe vor Ort nicht festgestellt werden können. Es seien die Personalien aufgenommen worden und der Vorgang zwecks weiterer Ermittlung wegen einer eventuellen Ordnungswidrigkeit nach § 14 Abs. 1 ZeS i. V. m. ZwEWG an das Kreisverwaltungsreferat weitergeleitet worden. Die Rechtsgrundlage für die Maßnahmen sei entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht Art. 13 und Art. 23 PAG, vielmehr seien die Maßnahmen der Strafrechtspflege zuzuordnen. Das repressive Tätigwerden der Polizei beruhe auf der StPO bzw. dem OWiG und diene der Verfolgung und Ermittlung strafbarer bzw. ordnungswidrigkeitsrechtlicher Handlungen. Konkret seien die Beamten nach § 118 OWiG bzw. nach § 14 Abs. 1 der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) tätig geworden. Hinsichtlich des Schutzes vor repressiv-polizeilichen Maßnahmen liege eine abdrängende Sonderzuweisung zu den ordentlichen Gerichten im Sinne des § 23 EGGVG vor. Für den Fall, dass das Gericht den Antrag nicht als unzulässig erachte, erkläre sich der Antragsgegner mit der Verweisung an die Zivilgerichte einverstanden.
Über den Antragsgegner wurden dem Gericht mit Schreiben vom 12. April die Akten des Kreisverwaltungsreferats vorgelegt, woraus sich zwei Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Antragsteller ergeben. Das Bußgeldverfahren betreffend den Vorfall vom 10. Januar 2016 wegen Verstoßes gegen § 117 Abs. 1 OWiG wurde mangels des Nachweises einer Ordnungswidrigkeit eingestellt. Hinsichtlich des Vorfalls vom 22. Januar 2016 ist nach Aktenlage das Verfahren noch anhängig.
Mit Schreiben vom 27. April 2016 trug der Antragsteller, nachdem das Gericht ihm die Gelegenheit hatte, sich zu einer möglichen Verweisung des Rechtsstreits an die ordentliche Gerichtsbarkeit zu äußern, vor, dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei. Bei Unklarheiten darüber, ob eine Maßnahme der präventiven Gefahrenabwehr oder der repressiven Strafverfolgung gedient habe, komme es auf die objektive Sicht des von der Maßnahme Betroffenen an; entscheidend sei, was für ihn im Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens erkennbar gewesen sei. Aus den Einlassungen des Antragsgegners in dessen Schriftsätzen, der Begründung der Einstellungsverfügung vom 27. Januar 2016 betreffend den Vorfall am 10. Januar 2016 und der Ordnungswidrigkeitsanzeige vom 1. Februar 2016 betreffend den Vorfall vom 22. Januar 2016 ergebe sich, dass von den Polizeibeamten keine Feststellungen bezüglich einer Ruhestörung getroffen worden seien und es somit keinen Ansatz für eine Ordnungswidrigkeit gegeben habe. Gleichwohl sei der Antragsteller zum Öffnen der Wohnungstüre aufgefordert worden, sei die Wohnung betreten worden, eine Personalienfeststellung erfolgt, die Vorlage des Mietvertrages gefordert worden und die in der Wohnung befindlichen Personen belehrt worden, sich zukünftig ruhig zu verhalten. Es seien Konsequenzen bei zukünftigem Fehlverhalten angedroht worden, nicht hingegen die Verfolgung im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens. Es gebe somit keinerlei Anhaltspunkte, dass die Polizei zur Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit tätig geworden sei, jedenfalls sei der repressive Charakter nicht gegenüber dem Antragsteller klargestellt worden. Vielmehr sei auf den Antragsteller und seine Mitbewohner dahingehend eingewirkt worden, sich zukünftig ruhig zu verhalten, so dass es sich um eine präventiv-polizeiliche Maßnahme gehandelt habe, die vorwiegend zur Gefahrenabwehr, nämlich der Vermeidung angeblicher zukünftiger Ruhestörungen und nicht überwiegend der Strafverfolgung gedient habe. Die Identitätsfeststellung habe auch in diesem Fall nur dann repressiven Charakter, wenn sich dies nach den gesamten Umständen aufdrängen habe müssen oder die Polizeibeamten die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit von Anfang an klargestellt hätten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist nicht eröffnet.
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist. Bei Maßnahmen der Polizei ist für die Frage des Rechtswegs entscheidend, in welcher Funktion die Polizei im konkreten Fall tätig geworden ist. War dies zum Zwecke der Strafverfolgung (repressiv), hat die Polizei funktional als Justizbehörde im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG gehandelt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 58. A. 2015, § 23 EGGVG Rn. 2). Gleiches hat zu gelten, wenn es um zukünftiges polizeiliches Handeln bzw. Unterlassen geht. Rechtsschutz ist im Zivilrechtsweg zu suchen, entweder gem. §§ 23, 25 Abs. 1 EGGVG beim Oberlandesgericht oder entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2, 3,, 162 StPO beim Amtsgericht (vgl. OLG Karlsruhe, B.v. 18.4.2013 – 2 VAs 2/13, 2 VAs 9 – 11/13, 2 VAs 9/13, 2 VAs 10713, 2 VAs 11/13 – juris Rn. 7 zum Meinungsstand und m. w. N.; grundlegend BGHSt, B.v. 7.12.1998 – 5 AR (VS) 2/98 – juris Rn. 22 ff.; Meyer-Goßner, StPO, 58. A. 2015, § 98 Rn. 23; Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, Art. 12 POG Rn. 157 ff; offen gelassen von BayVGH, B.v. 29.9.2014 – 10 C 12.1609 – juris Rn. 10,12 u. B.v. 10.12.2015 – 5 C 15.2518 – juris Rn. 3). Wird die Polizei zur Gefahrenabwehr (präventiv) tätig, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (vgl. Art. 12 Abs. 1 POG).
Die hier streitgegenständlichen polizeilichen Maßnahmen gehören zu den so genannten doppelfunktionalen Maßnahmen der Polizei. Darunter werden Handlungen verstanden, die sich nicht ohne Weiteres als Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung einordnen lassen, weil sie nach Maßgabe entsprechender Befugnisnormen sowohl nach Polizeirecht als auch nach der Strafprozessordnung vorgenommen worden sein könnten. Bei doppelfunktionalen Maßnahmen der Polizei hat das Gericht anhand des (erkennbaren) Grunds oder Ziels des polizeilichen Einschreitens und ggf. dessen Schwerpunkts zu bestimmen, ob die streitbefangenen Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung dienten (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2009 – 10 C 09.2122 – juris Rn.9, 12 m. w. N.).
Vorliegend stuft das Gericht die polizeilichen Maßnahmen, deren Rechtswidrigkeitsfeststellung und zukünftiges Unterlassen der Antragsteller beantragt, nach den Umständen der Einsätze als schwerpunktmäßig repressiv ein. Die Beamten wurden jeweils aufgrund von Notrufen einer Nachbarin (Frau S.) tätig, die nächtliche Ruhestörungen angezeigt hat. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass es Frau S. darum geht, durch das Einschalten der Behörden den Erlass von Bußgeldbescheiden wegen aus ihrer Sicht vorliegenden Verstößen gegen das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum („Medizintouristen“) und Ruhestörungen zu erreichen. Hintergrund ist, dass die Landeshauptstadt München dem Vermieter des Antragstellers (Herrn R.) die Nutzung der Wohnung als „Ferienwohnung“ untersagt hatte, da dies eine Zweckentfremdung von Wohnraum sei und Frau S. diesbezüglich des Öfteren Meldungen bei den Behörden tätigt. Die Beamten haben bei den Einsätzen Maßnahmen vorgenommen (Prüfung der Identitäten der Anwesenden, des Mietvertrags und der Meldebescheinigung), um mögliche Ordnungswidrigkeiten zu erforschen. Grundlage des polizeilichen Handelns waren daher §§ 46, 53 OWiG i. V. m. § 163b StPO. Dass die Einsätze möglicherweise auch dazu dienen sollten, zukünftigen Ruhestörungen vorzubeugen, ist unschädlich, da diese Zweckrichtung angesichts der Gesamtumstände nur von untergeordneter Bedeutung ist.
Aus den vorgelegten Behördenakten ergibt sich, dass in zwei Fällen (am 10. Januar um 23.06 Uhr und am 22. Januar um 23. 15 Uhr) anlässlich der polizeilichen Maßnahmen vor Ort Ordnungswidrigkeitsanzeigen durch die Polizeibeamten wegen Verstoßes gegen § 117 OWiG aufgenommen wurden und dem Antragsteller als Betroffenen die Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde. Der Ausgang des Ordnungswidrigkeitsverfahrens ist für die Frage der Bestimmung des Rechtsweges im Übrigen unerheblich. Soweit der Antragsteller vorträgt, der repressive Charakter der Maßnahme sei ihm gegenüber nicht klargestellt worden, liegt dies möglicherweise an Verständigungsproblemen. Der Antragsteller hat selbst vorgetragen, er halte es für unangemessen, wenn die Polizisten erwarteten, dass er und seine Familienmitglieder eine Belehrung ohne Dolmetscher verstünden, obwohl sie kein Deutsch oder Englisch sprächen. Weiter zeigt die polizeiliche Feststellung der Identitäten der Bewohner unter Prüfung des Mietvertrags und der Meldebescheinigung, dass es den Beamten darauf ankam, zu etwaigen Verstößen gegen das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum zu ermitteln. Der Antragsgegner hat vorgetragen, dass die Personalien der Bewohner bei dem Einsatz vom 24. Januar 2016 aufgenommen und an die Landeshauptstadt München weitergeleitet worden seien zum Zwecke weiterer Ermittlungen wegen einer möglichen Ordnungswidrigkeit nach § 14 Abs. 1 der Satzung der Landeshauptstadt … über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) i. V. m. dem Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG).
Es besteht hier eine vorrangige (§ 23 Abs. 3 EGGVG) abdrängende Sonderzuweisung zum Amtsgericht nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog. Maßnahmen, die sich auf die Einleitung, Durchführung, Gestaltung und Beendigung eines Ermittlungsverfahrens beziehen, stellen sich nicht als den Einzelfall regelnde Justizverwaltungsakte, sondern als Prozesshandlungen dar, die dem Rechtsweg nach den §§ 23 ff. EGGVG grundsätzlich nicht unterworfen sind (KG Berlin, B.v. 12.2.2013 – 4 VAs 3/13 – juris Rn. 4; OLG Hamburg, B.v. 25.6.2014 – 2 VAs 9/14 u. a. – juris Rn. 5). Vorliegend wird die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. das künftige Unterlassen von derartigen als Prozesshandlungen zu qualifizierenden polizeilichen Maßnahmen begehrt. Ob der vom Antragsteller gestellte Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz und der Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung im Verfahren nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO möglich ist, ist vom verweisenden Gericht nicht zu prüfen.
Für die Entscheidung örtlich zuständiges Gericht ist gem. § 98 Abs. 2 Satz 3, § 162 StPO, Art. 5 Nr. 47 GerOrgG das Amtsgericht München.
Daher war gem. § 173 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG festzustellen, dass der beschrittene Verwaltungsrechtsweg unzulässig ist, und der Rechtsstreit nach erfolgter Anhörung an das Amtsgericht zu verweisen. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG gilt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechend (vgl. OVG NW, B.v. 9.6.2009 – 8 E 1599/08 – juris Rn. 3 ff.; BayVGH, B.v. 29.7.2002 – 20 A 02.40066 u. 40068 – juris Rn. 9 m. w. N. zum Streitstand).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG.


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