Verwaltungsrecht

Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  13a ZB 15.935

Datum:
20.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 105360
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VO (EG) Nr. 73/2009 Art. 4 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1, Art. 24, Art. 34
DüV § 3 Abs. 5
VO (EG) Nr. 1122/2009 Art. 47 Abs. 1, Art. 70, Art. 71, Art. 72

 

Leitsatz

1 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines erstinstanzlichen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nur vor, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine insoweit erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit der Entscheidung ergibt (stRspr, BVerfG BeckRS 2011, 48156). (redaktioneller Leitsatz)
2 Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör grundsätzlich nicht begründet werden (Anschluss an BVerwG BeckRS 2014, 55393). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

12 K 14.403 2014-11-20 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 1.114,57 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. November 2014 ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 VwGO nicht vorliegen.
An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Diese lägen vor, wenn das Zulassungsvorbringen einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz oder eine insoweit erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage stellen würde, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergäbe (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546; B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642).
Auf seinen Antrag vom 15. Mai 2012 bewilligte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R. (AELF) dem Kläger mit Bescheid vom 12. Dezember 2012 für das Jahr 2012 eine Betriebsprämie. Nachdem er mehrfach Gülle auf nichtaufnahmefähigem Boden ausgebracht und damit gegen § 3 Abs. 5 der Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung – DüV) verstoßen habe, werde die Betriebsprämie nach Art. 70 ff. VO (EG) Nr. 1122/2009 um 9% gekürzt. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 20. November 2014 abgewiesen.
Im vorliegenden Zulassungsantrag beruft sich der Kläger im Wesentlichen auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil der Boden entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts oberflächlich mindestens 2 bis 3 cm aufgetaut und damit aufnahmefähig gewesen sei. Auf Frage, wann er Gülle aufbringen könne, sei er von einem Mitarbeiter des AELF dahingehend aufgeklärt worden, dass der Boden im Verlauf des Tages oberflächlich aufgetaut sein müsse. Hierfür müsse der Wetterbericht Tauwetter, d.h. mindestens 3 bis 4 Grad Celsius, vorhersagen. Dies sei am Tag der Aufbringung der Fall gewesen. Das Verwaltungsgericht habe weder eine Auskunft des zuständigen meteorologischen Universitätsinstituts eingeholt noch den Mitarbeiter als Zeugen gehört. Es liege damit mangelnde Sachverhaltsaufklärung vor. Die Daten der im Verfahren herangezogenen Wetterstationen seien für die hier maßgeblichen Verhältnisse unbeachtlich, denn deren Messungen würden in der Regel im Schatten vorgenommen, wohingegen das hier streitige Flurstück während des gesamten Tags sonnenbeschienen gewesen sei mit Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad. Der Boden sei auch schneefrei gewesen, weil er ihn am Vortag mit einem Schneeschild großflächig zur Seite geräumt habe.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ergeben sich hieraus nicht. Nach der hier maßgeblichen Regelung des § 3 Abs. 5 Satz 1 DüV darf das Aufbringen von Gülle nicht erfolgen, wenn der Boden überschwemmt, wassergesättigt, gefroren oder durchgängig höher als fünf Zentimeter mit Schnee bedeckt ist. Gefrorener Boden ist gemäß § 2 Nr. 12 DüV ein Boden, der durchgängig gefroren ist und im Verlauf des Tages nicht oberflächig auftaut (siehe auch Kalf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze: DüV, Stand November 2016, § 2 Rn. 13). Das hat das Verwaltungsgericht bejaht und unter Verweis auf die polizeilichen Feststellungen, die sich mit den Messwerten der nächsten Wetterstationen deckten, nachvollziehbar dargelegt (UA S. 12 f.). Dem ist der Kläger nicht mit schlüssigen Gegenargumenten entgegengetreten.
Soweit er sich auf die Aussage eines Mitarbeiters des AELF beruft, hat dieser jedoch schon nach den Angaben des Klägers ebenfalls gefordert, dass mindestens 3 oder 4 Grad Außentemperatur vorliegen müssten, damit der Boden oberflächlich aufgetaut sei. Das war aber weder nach den polizeilichen Feststellungen noch nach den Messergebnissen der Fall. Im Bericht der Polizeiinspektion vom 19. Februar 2012 zur Kontrolle am Vortag um 9.00 Uhr ist ausgeführt, dass der Kläger auf seiner landwirtschaftlichen Nutzfläche angetroffen worden sei und die Außentemperatur 1,5 Grad betragen habe. Dem entsprechend verzeichnen die Messergebnisse aller drei Stationen den gesamten Tag über eine Bodentemperatur (5 cm) von unter 0 Grad und zwischen 9 und 10 Uhr in 2 m Höhe eine Temperatur von 1,8 bis maximal 3,8 Grad. Angesichts der Entfernung der Messstationen begegnet es keinen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht auf die tatsächliche Messung vor Ort mit 1,5 Grad abgestellt und angenommen hat, dass der Boden nicht aufgetaut gewesen sei. Das gilt insbesondere, weil die Bodentemperatur nach den Messstationen ganztägig im Minusbereich lag und der Maximalwert von 3,8 Grad in 2 m Höhe gemessen wurde. Dahingestellt bleiben kann somit, ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 5 DüV nicht bereits deshalb erfüllt wären, weil der Boden höher als fünf Zentimeter mit Schnee bedeckt war, was der Kläger zumindest für den Vortag und den nicht abgeräumten Bereich einräumt. Durch sein Eingreifen und die Entfernung des Schnees vermag er diese Tatsache wohl nicht auszulöschen. Andernfalls dürfte der Regelung des § 3 Abs. 5 DüV kaum Bedeutung zukommen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Aufbringungsverbot nach dem Sinn und Zweck auch dann gelte, wenn der Boden zuvor von seiner Schneedecke befreit worden sei, erscheint schlüssig und nachvollziehbar.
Für eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch das Verwaltungsgericht bestand keine Veranlassung. Vielmehr wird zu Recht darauf hingewiesen, dass sich der Vortrag des Klägers, es hätten frühlingshafte Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad geherrscht, in den gemessenen Werten der Wetterstationen nicht widerspiegle.
Ein Verfahrensmangel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt deshalb ebenfalls nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit dem Vortrag des Klägers sowohl hinsichtlich der Tagestemperatur als auch der Tatsache, dass der maßgebliche Bereich freigeräumt war, auseinandergesetzt. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör jedoch grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, B.v. 19.7.1967 – 2 BvR 639/66 – BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B.v. 30.7.2014 – 5 B 25.14 – juris; B.v. 15.5.2014 – 9 B 14.14 – juris Rn. 8). Einen Beweisantrag auf Einholung einer Auskunft des zuständigen meteorologischen Universitätsinstituts oder durch Anhörung des Mitarbeiters als Zeugen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht gestellt. Die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO hat der Kläger nur im Zulassungsantrag angeführt, aber keine Gründe genannt, weshalb sie vorliegen sollten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.


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