Verwaltungsrecht

Abschiebungsverbot für afghanischen Staatsangehörigen wegen psychischer Erkrankung

Aktenzeichen  W 5 K 16.31427

Datum:
22.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 5310
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Bei dem wegen psychischer Erkrankungen unter Betreuung stehenden Asylbewerber ist davon auszugehen, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen würde, im Alltagsleben zurecht zu kommen, die andere afghanische Staatsangehörige ohne eine entsprechende Beeinträchtigung nicht in diesem Maße betreffen; insbesondere dürfte es ihm erhebliche Probleme bereiten, eine Wohnung zu finden oder eine auskömmliche Tagelöhnertätigkeit aufzunehmen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffern 4 bis 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. August 2016 dazu verpflichtet, festzustellen, dass bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage, über die auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist – soweit über sie noch zu entscheiden war – zulässig und begründet.
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren in diesem Staat, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, welcher der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, werden bei Entscheidungen nach § 60a Abs. 1 AufenthG berücksichtigt (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Wenn ein Ausländer weder durch einen Abschiebestopp noch durch eine gleichwertige ausländerrechtliche Erlass- oder Weisungslage vor Abschiebung geschützt ist, besteht die staatliche Verpflichtung, in verfassungskonformer Einschränkung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot festzustellen, wenn die Rückkehr des Ausländers in seine Heimat ihn einer vor der Werteordnung des Grundgesetzes nicht zu rechtfertigenden Gefahr aussetzen würde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 15.6.2016 – 13a ZB 16.30083 – juris; BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris m.w.N..; B.v. 30.9.2015 – 13a ZB 15.30063 – juris; OVG NW, U.v. 3.3.2016 – 13 A 1828/09.A – juris Rn. 73 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 21.10.2015 – 1 A 144/15.A – juris; NdsOVG, U.v. 20.7.2015 – 9 LB 320/14 – juris).
Im Übrigen hängt es wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, wann allgemeine Gefahren von Verfassungswegen zu einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen; es entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung (BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226 = NVwZ-RR 2011, 48). Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den betroffenen Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. A. 2016, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssten. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls davon überzeugt, dass dem Kläger zurzeit bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit hoher Wahrscheinlichkeit eine existenzielle Gefahr für Leib oder Leben droht. Das Gericht geht aufgrund der angeordneten Betreuung, der weiteren Lebensumstände und der Persönlichkeit des Klägers davon aus, dass dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein wird, für eine eigenständige Sicherung seines Lebensunterhalts in Afghanistan zu sorgen.
Die Betreuung des Klägers wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Gemünden vom 26. Juli 2017 angeordnet, über deren Aufhebung oder Verlängerung das Amtsgericht spätestens bis zum 25. Juli 2020 entscheidet. Ausweislich des Betreuungsbeschlusses umfasst die Betreuung die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise, Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge und Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Das Amtsgericht führte in den Gründen des Beschlusses aus, dass der Kläger aufgrund einer der in § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgeführten Krankheiten bzw. Behinderungen, nämlich einer mittelgradig depressiven Episode, differenzialdiagnostisch einer chronifiziert verlaufenden Anpassungsstörung, nicht in der Lage sei, die Angelegenheiten ausreichend zu besorgen, die zu den genannten Aufgabenkreisen gehörten. Dies folge aus dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus der Stellungnahme des staatlichen Gesundheitsamts des Landratsamts Main-Spessart vom 22. Juni 2017, den zwei Berichten der Betreuungsstelle des Landratsamts Main-Spessart sowie dem unmittelbaren Eindruck, den sich das Gericht bei einer Anhörung des Klägers am 19. Juli 2017 verschafft habe. Die Stellungnahme des Gesundheitsamts vom 22. Juni 2017 enthält die vorbezeichnete Diagnostik und führt näher aus, dass der Kläger über psychische Probleme (insbesondere: Durchschlafstörungen, herabgesetzte Grundstimmung, reduzierter Antrieb, Konzentrationsstörungen, psychomotorische Unruhe, Grübeln, deutliche Ängste, generalisierende Krampfanfälle) und über Probleme in der Bewältigung von alltäglichen Angelegenheiten, wie z.B. Einkaufen und Kochen oder die Einteilung des Geldes berichtet habe. Weiterhin wurde ausgeführt, dass der Kläger derzeit nicht in der Lage sei, seine Angelegenheit selbst zu besorgen und dass die Betreuungsbedürftigkeit voraussichtlich drei Jahre lang andauern werde.
Der Eindruck eines umfassenden Betreuungserfordernisses in Bezug auf den Kläger hat sich für das Gericht in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Der Kläger selbst auf das Gericht einen ausgesprochen konsternierten, zurückhaltenden und unselbständigen Eindruck gemacht. Im Rahmen seiner Anhörung berichtete er – soweit ihm klare Aussagen überhaupt möglich waren – von seinen aktuellen psychischen Problemen, die sich insbesondere in Schlafstörungen und Lernschwierigkeiten, aber auch in Kopfschmerzen, Zittern und gelegentlichen Wutanfällen äußerten. Alle zwei bis vier Wochen müsse er zum Arzt gehen. Zudem ging aus seinen Einlassungen des Klägers hervor, dass er infolge seiner erheblichen Schlafstörungen gegenwärtig – ungeachtet der aktuellen Medikamenteneinnahme (Schlaf- und Kopfschmerztabletten) – kaum in der Lage ist, einen geregelten Tag-Nacht-Rhythmus zu entwickeln, sondern vielmehr nachts meistens bis 03:00 Uhr oder 04:00 Uhr nicht schlafen kann. Die in der mündlichen Verhandlung ebenfalls angehörte Betreuerin des Klägers bestätigte in einer für das Gericht glaubhaften und nachvollziehbaren Weise, dass dieser nach wie vor erhebliche Schwierigkeiten bei der Bewältigung seines Alltags hat. Bereits die Betreuer der Wohngruppe, in der der Kläger anfangs gelebt habe, hätten die Sorge gehabt, wie dieser im Alltag zurechtkommen könne; es habe ein hoher Begleitungsbedarf bestanden. Ihr selbst fielen ebenfalls die Schlaf- und Konzentrationsprobleme des Klägers auf, aber auch dessen immer wieder unvermittelt eintretenden Krampfanfälle (ca. fünf bis sechs Anfälle seit Juni 2017). Die Betreuerin hat angegeben, dass sich die Betreuung (im Vergleich zu anderen Betreuungsfällen) als sehr aufwendig gestalte und dass grundsätzlich ein wöchentlicher Kontakt mit dem Kläger erforderlich sei.
In Anbetracht der vor den geschilderten Hintergründen bestehenden Betreuungslage ist davon auszugehen, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen würde, im Alltagsleben zurecht zu kommen, die andere afghanische Staatsangehörige ohne eine entsprechende Beeinträchtigungen nicht in diesem Maße betreffen. Insbesondere dürfte dem Kläger, dem derzeit bereits einfache Alltagsangelegenheiten erhebliche Probleme bereiten, das Auffinden einer Wohnung oder die Aufnahme einer auskömmlichen Tagelöhnertätigkeit, etwa in der Stadt Kabul, unter Berücksichtigung des vorherrschenden Konkurrenzdrucks kaum möglich sein. Der Kläger entspricht gerade nicht dem Regelfall des jungen, bereits volljährigen und alleinstehenden afghanischen Staatsangehörigen, dem eine Rückkehr in sein Heimatland zugemutet werden kann. Vielmehr ist angesichts der bestehenden Gesundheitsprobleme zu erwarten, dass es dem Kläger an der nötigen Initiative, Umsicht und Durchsetzungskraft fehlen wird, um sich auf dem äußerst schwierigen Arbeits- und Wohnungsmarkt zu behaupten. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger im Iran geboren und sich bis zu seiner Ausreise – von einem viermonatigem Aufenthalt im Alter von sieben Jahren abgesehen – zu keiner Zeit in Afghanistan aufgehalten hat. Die dortigen Lebensverhältnisse sind ihm, wie in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck kam, nicht vertraut. Der Kläger verfügt – nachdem er die Schule nur kurz besucht hat – über einen sehr niedrigen Bildungsstand und war beruflich in der Vergangenheit nicht bzw. nur sporadisch tätig. Er hat stets bei seinen Eltern und Geschwistern gelebt hat, die stets für seinen Lebensunterhalt gesorgt haben. Insgesamt kann bei dem Kläger nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine hinreichend stabilisierte Persönlichkeit handelt, die allein auf sich gestellt, die auf sie bei einer Rückkehr nach Afghanistan zukommenden vielfältigen Schwierigkeiten bewältigen könnte. Der Kläger kann – nachdem seine gesamte Familie im Iran lebt – bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch nicht auf einen intakten Familienverbund zurückgreifen, der ihn bei der Sicherung seines Existenzminimums in Afghanistan unterstützen könnte. Somit ist zu befürchten, dass dem Kläger – jedenfalls für die Dauer der in Bezug auf seine Person angeordneten Betreuung – bei einer Rückführung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine existenzielle Lebensgefahr droht.
Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnismittel ist davon auszugehen, dass der Kläger in Afghanistan in Anbetracht der humanitären Rahmenbedingungen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Eine Verbesserung der Gesamtsituation ergibt sich hieraus nicht. Vielmehr ist die Versorgungslage weiterhin kritisch, was insbesondere für Rückkehrer gilt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2016, S. 21 ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 30.9.2016, S. 24 ff.). Afghanistan belegt trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und kontinuierlicher Fortschritte im Jahr 2015 im Human Development Index (HDI) den Platz 171 von 187. Rund 36 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Aufgrund des unaufhaltsamen Bevölkerungswachstums sieht sich der afghanische Staat bezogen auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung und der Gewährleistung eines Minimums an sozialen Dienstleistungen mit zusätzlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Für das Jahr 2015 ist von einem nur geringen Wirtschaftswachstum auszugehen. Die Arbeitslosenquote ist im Oktober 2015 auf 40 Prozent gestiegen. Die afghanische Regierung plant zwar, mittels Reformen Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen. Kurzfristige Erfolge dieser Maßnahmen sind jedoch unwahrscheinlich. Zahlreiche Naturkatastrophen erschweren gleichermaßen die Versorgung der Bevölkerung. Die medizinische (Grund-)Versorgung hat sich in den vergangenen zehn Jahren erheblich verbessert, fällt aber im regionalen Bereich weiterhin drastisch zurück. Festzustellen sind eine unzureichende Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung von Kliniken (umfassend Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2016, S. 23 f.). In Kabul stellt die Wohnungsknappheit eines der gravierendsten sozialen Probleme dar (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 30.9.2016, S. 24). Für Rückkehrer ist der Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen zum Teil erschwert. Weder dem afghanischen Staat noch humanitären Organisationen ist eine wirksame Unterstützung der Rückkehrer möglich (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan vom 30.9.2016, S. 26 ff.). Unter diesen Voraussetzungen wäre der Kläger in seiner spezifischen Situation weder in seiner Heimatprovinz noch an einem anderen Ort befähigt, den für sich notwendigen Unterhalt zu erwirtschaften.
Ein anderes rechtliches Ergebnis können auch nicht eventuelle Hilfen für den Kläger aus den Rückkehrprogrammen REAG/GARP bzw. ERIN begründen. Beim humanitären Rückkehrprogramm REAG handelt es sich lediglich um eine Reisebeihilfe. Das GARP-Programm sieht Starthilfen im Umfang von 500,00 EUR für Erwachsene vor. Nach dem ERIN-Programm wird freiwilligen Rückkehrern eine Sachleistungsbeihilfe im Umfang von bis zu 2.000,00 EUR gewährt. In Anbetracht der Schwierigkeiten, die der Kläger haben dürfte, überhaupt eine adäquate Unterbringung in Kabul zu finden bzw. als ungelernte Kraft auf dem hart umkämpften afghanischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, lassen auch diese Rückkehrbeihilfen, auf die überdies kein Rechtsanspruch besteht (Bundesamt, Auskunft gegenüber VG Augsburg vom 12. August 2016; vgl. VG Augsburg, B.v. 30.11.2017 – Au 5 K 17.32431 – juris) als nicht ausreichend erscheinen, um dauerhaft ein Überleben des Klägers in Afghanistan ohne familiären Rückhalt und Unterstützung zu gewährleisten.
Da somit die Voraussetzungen für die Gewährung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, war die Prüfung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG entbehrlich. Das national begründete Abschiebungsverbot stellt einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand dar (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140, 319, Rn. 16 f.).
4. Die unter Ziffer 5 des Bescheids vom 18. August 2016 ausgesprochene Abschiebungsandrohung war ebenso wie die unter Ziffer 6 vorgenommene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots aufzuheben, weil diese Maßgaben aufgrund des bestehenden Abschiebungsverbots rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.


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