Verwaltungsrecht

Abweichung von der Rechtsprechung eines anderen Einzelrichters derselben Kammer

Aktenzeichen  M 25 S7 17.47981

Datum:
25.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143170
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 80 Abs. 7
AsylG § 36 Abs. 4 Satz 1
AsylG § 76 Abs. 4 Satz 2

 

Leitsatz

Die Abweichung von der Rechtsprechung eines anderen Einzelrichters derselben Kammer rechtfertigt nicht die Rückübertragung des Verfahrens auf die Kammer. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
Wegen der Einzelheiten wird auf die bisher ergangenen Beschlüsse vom 25. Juli 2017 (M 25 S 17.42397) und vom 17. August 2017 (M 25 S7 17.46578) verwiesen.
Mit dem vorliegenden Antrag begehren die Antragsteller unter Abänderung des zuletzt ergangenen Beschlusses vom 17. August 2017 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.
Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass eine Rückübertragung an die Kammer angezeigt sei. Mit Beschluss eines anderen Einzelrichters derselben Kammer vom 17. Juli 2017 sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2017 (1 C 26.16) die aufschiebende Wirkung angeordnet worden, während in dem vorliegenden vergleichbaren Verfahren dies abgelehnt worden sei. Der Rechtsstreit bereite damit besondere Schwierigkeiten und es müsse sich erst eine Kammerrechtsprechung bilden im Sinne des § 6 Abs. 3 VwGO.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung eines nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschlusses wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Solche Umstände sind in erster Linie bei der Änderung der Sach- und Rechtslage, der Prozesslage durch neue Fakten oder eine Änderung der Beweislage gegeben (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Auflg. § 80 Rn. 103). Unabhängig davon kann das Gericht der Hauptsache jederzeit Beschlüsse nach § 80 Abs. 5 VwGO ändern oder aufheben.
1. Es liegen schon keine veränderten Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO vor. Sowohl der Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts als auch der von der Antragstellerseite angesprochene Beschluss vom … Juli 2017 sind vor dem zur Abänderung beantragten Beschluss vom … Juli 2017 ergangen.
2. Unabhängig davon ist die Abänderung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt.
Es ist schon zweifelhaft, ob ein Fall, in dem eine Rückübertragung nach § 76 Abs. 4 S. 2 AsylG, der hier lex specialis zu dem von der Antragstellerseite angeführten § 6 VwGO ist, angezeigt ist, überhaupt einen Abänderungsgrund liefern kann. Denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs. 4 S. 2 AsylG nicht vor.
Die Abweichung von der Rechtsprechung eines anderen Einzelrichters derselben Kammer rechtfertigt die Rückübertragung auf die Kammer nicht. Hiervon ging der Gesetzgeber bei Einführung des § 76 Abs. 4 AsylG ausweislich der Gesetzesbegründung ausdrücklich aus (BT-Drs. 12/4450, S. 28).
Sie würde – gerade im vorliegenden Fall – auch dem Sinn und Zweck der Norm widersprechen. Im vorliegenden Fall geht es nämlich um eine Konstellation, die sich nur im Eilrechtsschutz stellen kann. In dieser Situation kann es schon keine Kammerrechtsprechung iSd § 76 Abs. 4 S. 2 AsylG geben, weil der Gesetzgeber gerade den originären Einzelrichter zur Entscheidung berufen hat. Anders als etwa die Frage, ob in einem Land oder in einer Region eines Landes ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vorliegt, stellt sich die vorliegende Frage auch nicht als Sache mit grundsätzlicher Bedeutung dar. Im Beschluss vom … August 2017 wurde – unter Verweis auf die hierzu herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung – ausführlich dargelegt, dass die Vorlageentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durchaus im Rahmen der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu berücksichtigen war und auch berücksichtigt wurde, das Gericht aber auch unter Berücksichtigung des Vorlagebeschlusses zur Ablehnung des Antrags kam, da es angesichts der Einhaltung der hohen Anforderungen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wie auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 36 Abs. 4 S. 1 AsylG erkennen konnte.
Bezieht man die mittlerweile verfügbaren Entscheidungsgründe zum Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts mit ein, so bestätigt sich dieses Ergebnis, da das Bundesverwaltungsgericht zwar von einer Vorlagepflicht ausging, in seinem Beschluss aber selbst zum Ausdruck bringt, dass es der Ansicht ist, dass die Rechtsfragen wohl nicht wie im Sinne der Vorlage zu beantworten sind (Beschluss vom … Juni 2017 – 1 C 26.16 – Rn. 32).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


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