Verwaltungsrecht

Änderung des Familiennamens in Adelsnamen nur mit Zurückhaltung

Aktenzeichen  M 7 K 15.2736

Datum:
20.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
StAZ – 2017, 145
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
NamÄndG NamÄndG § 3
WRV Art. 109 Abs. 3 S. 2
GG GG Art. 123

 

Leitsatz

1 Ein Familienname kann nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Dies ist der Fall, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden schutzwürdigen Belange ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Gewährung von Adelsnamen ist Zurückhaltung geboten, denn Adelsbezeichnungen gelten nach der fortgeltenden Weimarer Reichsverfassung nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten; sie haben keinen Anspruch auf die beantragte Namensänderung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 3 Abs. 1 NamÄndG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Dies ist nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung dann der Fall, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden schutzwürdigen Belange auch etwa im Hinblick auf schutzwürdige Interessen anderer Beteiligter ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt (BVerwG, U. v. 20.2.2002 – 6 C 18/01 – juris Rn. 29 m. w. N.; vgl. Nr. 28 NamÄndVwV). Die Entscheidung der Behörde darüber, ob ein wichtiger Grund die Änderung des Familiennamens rechtfertigt, kann dabei von den Verwaltungsgerichten in vollem Umfang nachgeprüft werden. Es besteht kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum der Behörde (vgl. BVerwG, U. v. 29.9.1972 – VII C 77.70 – juris Rn. 20 ff.; BayVGH, B. v. 15.2.1995 – 5 B 94. 2487 – juris Rn. 25).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist konkret bei der Gewährung von Adelsnamen mit Blick auf Art. 109 Abs. 3 Satz 2 WRV i. V. m. Art. 123 GG Zurückhaltung geboten. Adelsbezeichnungen gelten nach der als einfaches Gesetzesrecht fortgeltenden Regelung der Weimarer Reichsverfassung nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden (Nr. 53 Abs. 4 NamÄndVwV). Daher dürfen auch im Wege der Namensänderung Namen mit Adelsbezeichnungen nur ausnahmsweise gewährt werden (BVerwG, U. v. 11.12.1996 – 6 C 2.96 juris Rn. 13; BVerwG, B. v. 17.5.1993 – 6 B 13/93 – juris Rn. 2; BVerwG, U. v. 11.3.1966 – VII C 85.63 – juris Rn. 15 ff.; BayVGH, B. v. 15.2.1995 – 5 B 94.2487 – juris Rn. 21).
Im vorliegenden Fall liegt ein wichtiger Grund i. S. d. § 3 NamÄndG für die Änderung des Familiennamens der Kläger in einen Familiennamen mit Adelsbezeichnung nicht vor. Die Kläger stützen sich zur Begründung ihres Namensänderungsantrags auf eine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der tatsächlich geführte Name jedenfalls dann vom Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst ist, wenn er über einen nicht unbedeutenden Zeitraum die Persönlichkeit des Trägers tatsächlich mitbestimmt hat und ein entsprechender Vertrauenstatbestand vorliegt (BVerfG, B. v. 11.4.2001 – 1 BvR 1646/97 – juris Ls. 1c, Rn. 12). Dazu tragen sie vor, dass sie den Namen „von …“ aufgrund der Abstammung vom Vater des Klägers zu 2 langjährig in gutem Glauben geführt hätten.
Dem ist nicht zu folgen. Der gutgläubigen Namensführung steht bereits entgegen, dass es – im Unterschied zu dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall – an einem hoheitlichen Handeln fehlt, das einen Vertrauenstatbestand hätte schaffen können. Dem Heiratsbuch der Kläger zu 1 und 2 ist zu entnehmen, dass sie anlässlich ihrer Eheschließung am … 1991 erklärt haben, als gemeinsamen Ehenamen den Geburtsname des Mannes (Kläger zu 2) führen zu wollen. Aus der Urkunde ergibt sich, dass dieser Name „…“ lautet. Auch die standesamtlichen Geburtseinträge der Kläger zu 3 und 4 weisen diesen Namen als Familiennamen aus, weiter sind die von den Klägern in Kopie vorgelegten Passdokumente auf diesen Namen ausgestellt. Damit haben diejenigen Behörden, die im Rahmen ihrer Aufgaben auf die richtige Namensführung des Bürgers besonders zu achten haben, wie Standesämter, Melde- und Passbehörden (vgl. BVerwG, U. v. 1.10.1980 – VII C 38.75 – juris Rn. 40; OVG NRW, B. v. 17.9.2012 – 16 A 1453/12 – juris Rn. 4) keine Eintragungen vorgenommen, aus denen sich für die Kläger ein Vertrauenstatbestand zur Führung des Namens „von …“ ergeben könnte. Soweit sich die Kläger auf Dokumente stützen, aus denen sich der Name „von …“ ergibt (u. a. Dokumente von Versicherungen, Banken, Finanzamt, Nachlassgericht) können sie einen berechtigten Vertrauenstatbestand daraus nicht herleiten. Denn bei diesen Stellen handelt es sich nicht um solche, die – anders als die oben genannten Behörden – im Rahmen ihrer Aufgaben auf eine richtige Namensführung besonders achten. Wenn diese Dokumente, wie beispielsweise Bankkarten und Versicherungsschreiben, den Namen mit der Adelsbezeichnung enthalten, beruht dies auf dem eigenmächtigen klägerischen Gebrauch eines von den Personalpapieren abweichenden Namens und kann einen Vertrauenstatbestand nicht begründen (vgl. OLG München, B. v. 25.11.2014 – 31 Wx 373/24 – juris Rn.13).
Soweit die Kläger sich darauf stützen, dass in der Geburts- und Sterbeurkunde des Vaters des Klägers zu 2 der Name „von …“ angegeben ist, können sie daraus keinen schützenswerten Vertrauenstatbestand für sich herleiten. Der 1918 geborene Vater des Klägers war österreichischer Staatsangehöriger und fiel damit unter die österreichische Adelsaufhebungsgesetzgebung vom 3. April 1919. Demnach sind der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger aufgehoben (§ 1) und die Führung dieser Adelsbezeichnungen, Titel und Würden untersagt (§ 2). In der nach § 4 dieses Gesetzes ergangenen Vollzugsanweisung vom 18. April 1919 wird angeordnet, dass die Aufhebung des Adels und der damit verbundenen Vorzüge alle österreichischen Staatsbürger trifft und zwar gleichviel, ob es sich im Inland erworbene oder um ausländische Vorzüge handelt (§ 1). Somit war der Vater des Klägers zu 2 ab diesem Zeitpunkt zur Führung des Namens mit Adelsprädikat nicht mehr berechtigt. Daran vermochte auch ein etwa nachträglicher Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nichts mehr zu ändern. Dass in der Sterbeurkunde des Vaters des Klägers zu 2 vom … 1993 der Name „von …“ angegeben ist, liegt daran, dass insoweit der Eintrag der Geburtsurkunde ungeprüft übernommen wurde. Die Beklagte hat angekündigt, in den Urkunden betreffend den Vater des Klägers zu 2 auf berichtigende Folgebeurkundungen hinzuwirken. Im Heiratseintrag des Vaters des Klägers zu 2 aus dem Jahr 1955 findet sich richtigerweise lediglich der Name „…“; dieser Name ist auf den Kläger zu 2 übergegangen und wurde zum gemeinsamen Ehenamen. In allen relevanten, die Kläger unmittelbar selbst betreffenden behördlichen Dokumenten (Heirats- und Geburtsurkunden; Pässe) findet sich der Familienname durchgehend ohne Adelsprädikat. Die Namensangabe in einer Urkunde betreffend einen Vorfahren kann vorliegend keinen Vertrauenstatbestand schaffen, da die maßgeblicheren und die Kläger unmittelbar persönlich betreffenden Dokumente eindeutig sind.
Im Übrigen ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Kläger erst im Jahr 2015 einen Antrag auf Namensänderung gestellt haben. Der Vater des Klägers zu 2 ist gemäß der Sterbeurkunde vom … 1993 am … 1993 verstorben. Die Kläger zu 3 und 4 wurden erst nach diesem Zeitpunkt geboren (1993 und 1996) und haben laut der Geburtseintragung den Namen „…“. Wenn die Kläger, wie sie vortragen, ihren Vertrauensschutz (unter anderem) aus den Angaben in der Geburts- und Sterbeurkunde des Vaters des Klägers zu 2 herleiten, hätte es nahe gelegen, zu einem viel früheren Zeitpunkt auf eine Berichtigung bzw. Änderung hinzuwirken. Anlass dazu hätte beispielsweise bestanden, als bei der Geburt der Kinder deutlich wurde, dass die Behörden von dem Familiennamen ohne Adelszusatz ausgehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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