Verwaltungsrecht

Androhung eines erneuten Zwangsgeldes zur Durchsetzung der Vorlage bautechnischer Nachweise

Aktenzeichen  AN 9 S 17.02461

Datum:
1.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 1631
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwZVG Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Art. 36, Art. 37, Art. 38

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten
des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 6.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt Rechtsschutz gegen eine mit Bescheid der Stadt … vom 23. Oktober 2017 verfügte Androhung eines weiteren Zwangsgeldes zur Durchsetzung einer bestandskräftigen Anordnung zur Vorlage von baurechtlichen Unterlagen.
Die streitgegenständlichen Grundstücke in der …, FlNrn. … und … der Gemarkung … in der Stadt …, stehen jeweils im Eigentum einer Wohnungseigentumsgemeinschaft, bestehend aus mehreren Parteien, deren Mitglied die Antragstellerin ist. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der beiden Wohnungen im Dachgeschoss. Bebaut sind die an der Ecke … liegenden Grundstücke mit einem Wohngebäude, welches über vier Vollgeschosse und ein entlang der … in Ost-West-Richtung, entlang der … in Nord-Süd-Richtung verlaufendes, ausgebautes Satteldach, verfügt.
Mit Bescheid der Stadt … vom 22. Dezember 2000, …, wurde der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, Frau …, für das Bauvorhaben „Einbau von zwei Wohnungen in das Dachgeschoss mit Errichtung von Dachgauben und Dachloggien“ die Baugenehmigung erteilt. Der Bauantrag wurde nach Art. 73 BayBO a.F. im vereinfachten Genehmigungsverfahren behandelt, da man damals von einem Vorhaben mittlerer Schwierigkeit nach Art. 2 Abs. 4 Satz 3 BayBO a.F. ausging. Die den Genehmigungsstempel der Stadt … vom 22. Dezember 2000 tragenden Baupläne sahen auf der zur … liegenden Ostseite die Errichtung von vier Dachgauben und auf der gegenüberliegenden, zur Hofseite schauenden Westseite die Errichtung von zwei Dachgauben sowie einer Dachloggia vor. Auf der zur … liegenden Nordseite sollten drei Dachgauben errichtet werden, auf der gegenüberliegenden, nach Süden blickenden Hofseite eine Dachloggia. Auf die genehmigten Pläne wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Meldung vom 16. Januar 2008 teilte Frau … der Stadt … die Fertigstellung des Rohbaus mit. Bei einer Ortseinsicht am 22. Januar 2008 wurde festgestellt, dass die Dachgauben zum Teil planabweichend ausgeführt worden waren. Anstelle eines Flachdachs waren alle Gauben mit einem abfallenden Dach errichtet worden. Anstelle einer Dachgaube und einer Dachloggia wurde auf der Westseite eine durchgehende Dachgaube errichtet. Auch an der Südseite wurde anstelle der geplanten Dachloggia eine Dachgaube sowie zusätzlich eine kleine Dachgaube in zweiter Reihe errichtet. Auf die Lichtbilder vom 22. Januar 2008 wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2008 forderte die Bauordnungsbehörde der Stadt … Frau … daher auf, entsprechende Tekturpläne binnen vier Wochen einzureichen. Da dieser Aufforderung nicht Folge geleistet wurde, erging am 2. April 2008 ein Bescheid, mit dem Frau … verpflichtet wurde, für die planabweichende Bauausführung einen entsprechenden Bauantrag innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids zu stellen. Ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro wurde angedroht. In der Folgezeit teilte Frau … der Stadt … mit, dass sie finanziell nicht mehr in der Lage sei, den Bau fortzuführen. Mit notariellem Kaufvertrag vom 15. Februar 2011 wurden die beiden Dachgeschosswohnungen in der … an Frau … verkauft, die sich in der Folgezeit als Bauherrin anzeigte. Sie legte ein Schreiben des Herrn … vom 14. Oktober 2011 vor, in dem dieser die ordnungsgemäße Ausführung der Sanierung der Dachkonstruktion in Bezug auf die Standsicherheit mitteilte, sowie einen Prüfbericht des Diplomingenieurs … vom 28. August 2011 (Bl. 130 ff. der Bauakte).
Mit E-Mail vom 19. November 2012 teilte die Antragstellerin der Stadt … mit, dass sie nunmehr Bauherrin des Vorhabens … sei und so schnell wie möglich Tekturpläne einreichen werde.
Am 21. Juli 2013 reichte die Antragstellerin zunächst einen unvollständigen Tekturantrag ein, den sie in der Folgezeit nicht ergänzte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Bauakte Bezug genommen.
Am 25. März 2015 ging bei der Stadt … ein neuer Antrag auf Erteilung einer Tekturbaugenehmigung des Entwurfsverfassers Herrn … für das streitgegenständliche Bauvorhaben ein. Mit Änderungsbescheid der Stadt … vom 21. April 2015 wurde dieser Antrag in Abänderung des Baugenehmigungsbescheids vom 22. Dezember 2000, Az.: …, genehmigt. Mit dem Bescheid wurden Abweichungen von den Abstandsflächen zugelassen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diesen Bescheid Bezug genommen.
Bei einer Kontrolle am 30. Juli 2015 stellte die Bauordnungsbehörde der Stadt … fest, dass die Nutzung der nordöstlichen Wohnung bereits aufgenommen worden war.
Mit Schreiben der Stadt … vom 3. August 2015 wurde die Antragstellerin dazu aufgefordert, bis zum 18. August 2015 die Baubeginnsanzeige nach Art. 68 Abs. 7, Art. 58, Art. 57 Abs. 5 BayBO, den Standsicherheitsnachweis I nach Art. 62 Abs. 4 BayBO in Verbindung mit § 13 PrüfVBau, den Standsicherheitsnachweis II nach Art. 77 Abs. 2 BayBO in Verbindung mit § 13 Abs. 4 PrüfVBau, die Bestätigung des Nachweiserstellers über die mit dem Brandschutznachweis übereinstimmenden Bauausführung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 2 BayBO und die Anzeige der Nutzungsaufnahme nach Art. 78 Abs. 2 BayBO vorzulegen. Fristverlängerung wurde im Nachgang bis einschließlich 31. August 2015 gewährt.
Nach erfolglosem Fristablauf erließ die Stadt … am 15. September 2015 gegenüber der Antragstellerin einen Bescheid, in welchem diese unter Ziffer 1 zur Vorlage folgender Unterlagen innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids verpflichtet wurde:
a) Baubeginnsanzeige (vollständig ausgefüllt),
b) Anzeige über die Aufnahme der Nutzung (vollständig ausgefüllt),
c) Bescheinigung Standsicherheit I (Vollständigkeit und Richtigkeit des Standsicherheitsnachweises nach Art. 62 Abs. 3 und 4 BayBO in Verbindung mit § 13 Abs. 4 PrüfVBau),
d) Bescheinigung Standsicherheit II (ordnungsgemäße Bauausführung nach Art. 77 Abs. 2 BayBO in Verbindung mit § 13 Abs. 5 PrüfVBau),
e) Bestätigung eines Nachweisberechtigten über die mit dem Brandschutznachweis übereinstimmenden Bauausführung.
Unter Ziffer 2 wurde ein nach den einzelnen Anordnung aufgegliedertes Zwangsgeld von insgesamt 4.000 00 Euro wurde angedroht. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine Baubeginnsanzeige sei nur für das Vorhaben aus der Baugenehmigung vom 22. Dezember 2000 (Az.: …) vorgelegt worden, diese sei jedoch nicht vollständig, da die hierfür notwendigen Unterschriften der Nachweisberechtigten für Standsicherheit und Brandschutz fehlten. Bei dem Vorhaben handle es sich um ein Gebäude der Gebäudeklasse 4 nach Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BayBO, für das gemäß Art. 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayBO ein Standsicherheitsnachweis durch den Prüfsachverständigen bescheinigt sein müsse. Dieser sei zusammen mit der Baubeginnsanzeige vor Bauausführung vorzulegen (Art. 68 Abs. 5 Nr. 2 BayBO). Nach Art. 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 77 Abs. 2 Satz 2 BayBO sei mit der Anzeige der Nutzungsaufnahme die Bescheinigung des Prüfsachverständigen über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich der Standsicherheit (Standsicherheitsnachweis II) und eine formlose Bestätigung des Nachweiserstellers oder eines anderen Nachweisberechtigten über die mit dem Brandschutznachweis übereinstimmenden Bauausführung mindestens zwei Wochen vor der beabsichtigten Aufnahme der Nutzung vorzulegen. Dies sei nicht geschehen, weshalb der Bescheid erlassen werden dürfe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen. Ausweislich Postzustellungsurkunde wurde dieser Bescheid der Antragstellerin am 18. September 2015 zugestellt. Soweit ersichtlich hat sie gegen ihn kein Rechtsmittel eingelegt.
Nachdem die Antragstellerin dagegen kein Rechtsmittel eingelegt hatte, erging am 4. Januar 2016 ein erneuter Bescheid gegenüber der Antragstellerin, ausweislich Postzustellungsurkunde am 7. Januar 2016 zugestellt, mit dem sie verpflichtet wurde, binnen einer Nachfrist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids die Anordnungen aus dem Bescheid vom 15. September 2015 zu erfüllen. Ein weiteres – nach den einzelnen Anordnungen aufgegliedertes – Zwangsgeld in Höhe von 6.000,00 Euro wurde angedroht. In dem Bescheid wurde auch darauf hingewiesen, dass bei Nichtbefolgung eine Nutzungsuntersagung gemäß Art. 76 BayBO in Erwägung gezogen werde. Wegen Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Am 11. Mai 2016 legte die Antragstellerin eine Baubeginnsanzeige bei der Stadt … vor; auf dem in der Bauakte befindlichen ursprünglichen Anordnungsbescheid vom 15. September 2015 wurde daraufhin am 17. Mai 2016 der Vermerk angebracht, dass die Anordnung Nr. 1 a) erledigt sei und das hierfür angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro abgesetzt werde.
Am 23. Juni 2017 erging ein erneuter Bescheid der Stadt …, ausweislich Postzustellungsurkunde am 28. Juni 2017 zugestellt, in dem die Antragstellerin verpflichtet wurde, die Anordnungen des Bescheids vom 15. September 2015 (mit Ausnahme der Vorlage der Baubeginnsanzeige) binnen einer erneuten Nachfrist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids vorzulegen. Ein – nach den einzelnen Anordnungen aufgegliedertes – Zwangsgeld in Höhe von 8.000,00 Euro wurde angedroht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Mit E-Mail vom 5. Juli 2017 teilte die Antragstellerin mit, dass sie bis 15. Juli 2017 im Ausland sei und bat um weitere Fristverlängerung. Mit einem am 6. Juli 2017 bei der Stadt … eingegangenen Schreiben legte die Antragstellerin eine Prüfbescheinigung Nr. 1 des Entwurfsverfassers Diplom-Ingenieur … vom 25. April 2017 vor, auf die Bezug genommen wird. Aus ihr geht hervor, dass es sich nur um eine Teilbescheinigung handelt.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2017, Az.: …, setzte die Stadt … der Antragstellerin zur Erfüllung der Anordnungen Nr. 1 b) bis e) des Bescheids vom 15. September 2015 eine erneute Nachfrist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids und drohte im Falle der Nichteinhaltung dieser Fristen ein Zwangsgeld von insgesamt 12.000,00 Euro an. Dieses gliedert sich wie folgt auf:
Anzeige über die Nutzungsaufnahme 1.875,00 Euro
– Bescheinigung Standsicherheit I 3.375,00 Euro
– Bescheinigung Standsicherheit II 3.375,00 Euro
– Bestätigung über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich des Brandschutzes
3.375,00 Euro.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die im vorangegangenen Bescheid gesetzte Nachfrist sei erneut ungenutzt verstrichen. Zugestellt wurde der Antragstellerin dieser Bescheid ausweislich Postzustellungsurkunde am 27. Oktober 2017.
Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27. November 2017, bei Gericht am selben Tag eingegangen, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Klage erhoben (AN 9 K 17.02462) und mit Schriftsatz vom selben Tag Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Zur Begründung lässt sie mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2017 im Wesentlichen vortragen, der Eilantrag sei zulässig und begründet, da ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts vom 23. Oktober 2017 bestünden. Die Androhung des Zwangsgeldes verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß Art. 29 Abs. 3 BayVwZVG, da dieses in keinem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehe. Der Zweck, die Antragstellerin zur Vorlage der geforderten Unterlagen zu bewegen, könne durch das Zwangsgeld nicht erreicht werden, da die Erstellung der Unterlagen nicht in ihrem Machtbereich, sondern in der des Statikers, Herrn …, liege, was der Antragsgegnerin bekannt sei. Herr … sei von der Antragstellerin im März 2015 zur Erstellung der geforderten Unterlagen beauftragt worden. Er habe damit zwar begonnen, seine Arbeit jedoch – zunächst aufgrund von Krankheit, im weiteren Verlauf ohne ausreichende Begründung – nicht mehr fortgesetzt. Die Antragstellerin habe mehrfach erfolglos auf Fertigstellung gedrängt und schließlich nach anderen Statikern gesucht, die jedoch alle nicht bereit gewesen wären, einen bereits begonnenen Auftrag zu übernehmen, zumal Herr … trotz Nachfrage die benötigten Unterlagen nicht vorgelegt habe. Von diesen Komplikationen habe sie die Antragsgegnerin in Kenntnis gesetzt. Ein daraufhin von der Antragsgegnerin selbst unternommener Versuch, einen Statiker zu finden, sei ebenfalls erfolglos geblieben. Was die Höhe des Zwangsgeldes anbelange, so sei nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen nach Art. 31 BayVwZVG ausgeübt habe. Die Höhe des Zwangsgeldes stelle darüber hinaus für die Antragstellerin eine unzumutbare Härte dar, da sie erst vor einiger Zeit ein Haus erworben und ein Kind zur Welt gebracht habe. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass Zwangsmittel Beugemittel seien, um einen entgegenstehenden Willen des konkret Pflichtigen auszuschalten. Im vorliegenden Fall sei ein solcher entgegenstehender Wille indes gar nicht gegeben. Vorgelegt werden ein weiterer Abdruck der Teilbescheinigung Standsicherheit I vom 27. April 2017, handschriftliche Aufzeichnungen sowie eine Prüfbescheinigung des Dr. Ing. …, Prüfingenieur für Bautechnik, vom 25. April 2017, aus der hervorgeht, dass die vorgelegten Unterlagen nur teilweise den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen und das vor Bauausführung weitere statische Nachweise zur Prüfung vorzulegen sind. In den Anlagen befindet sich auch ein Chat-Verlauf, in dem Herr … mitteilt, dass die Bearbeitung infolge eines Herzinfarkts liegen geblieben sei.
Die Antragstellerin beantragt im Klageverfahren die Aufhebung des Bescheids vom 23. Oktober 2017 und im vorliegenden Verfahren sinngemäß:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid … der Stadt … vom 23. Oktober 2017 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Antragstellerin habe am 12. Dezember 2017 nochmals den Prüfbericht über die Erstellung des Standsicherheitsnachweises vom 28. August 2001 sowie die Bestätigung des Tragwerkplaners vom 14. November 2011 vorgelegt. Diese könnten jedoch nicht für die damals noch nicht genehmigte planabweichende Ausführung anerkannt werden. Dem Prüfbericht vom 28. August 2001 liege die damals genehmigte Ausführung zu Grunde, nicht jedoch die planabweichende. Für letztere sei die Baugenehmigung erst mit Bescheid vom 21. April 2015 erteilt worden. Es sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Stadt … großzügig Fristen zugestanden habe. Die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes sei rechtmäßig, da die Antragstellerin ihre Verpflichtung nicht innerhalb der Frist erfüllt habe und der Ausgangsbescheid vollziehbar gewesen sei (unter Verweis auf Art. 19 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwZVG). Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 29 ff. BayVwZVG, insbesondere Art. 31 Abs. 1 und Art. 36 BayVwZVG seien gegeben und lägen weiterhin vor. Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG sei beachtet worden. Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder habe sich nach der beim Sachverständigen für die Ausstellung der erforderlichen Bescheinigungen und Bestätigungen voraussichtlich zu leistenden Gebühr bemessen. Die Steigerung des Zwangsgeldes sei im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Sowohl die Anordnung über die Höhe des Zwangsgeldes, als auch die festgesetzten Fristen seien rechtmäßig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (AN 9 K 17.02462) gegen den kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Bescheid der Stadt … vom 23. Oktober 2017.
1. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, wobei es unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Grundentscheidung für den Sofortvollzug eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der getroffenen Anordnung vornimmt.
Maßgebend hierfür sind vor allem die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt eine dem Charakter des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Anfechtungsklage voraussichtlich erfolglos sein wird, ist das ein starkes Indiz dafür, dass das behördliche Vollzugsinteresse Vorrang gegenüber dem privaten Aussetzungsinteresse hat (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535). Erweist sich der angefochtene Bescheid hingegen nach summarischer Prüfung als rechtswidrig, und wird die Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben, so tritt das öffentliche Interesse zurück, da es kein schutzwürdiges Interesse am Sofortvollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes geben kann.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft, da im vorliegenden Fall die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Stadt Nürnberg vom 23. Oktober 2017 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 VwGO in Verbindung mit Art. 21 a BayVwZVG entfällt. Sowohl die Setzung von Nachfristen in den Ziffern 1 bis 4 des Bescheids als auch die Androhung weiterer Zwangsgelder in Ziffer 5 stellen nämlich Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung dar.
Der Antrag ist aber unbegründet. Die von der Kammer vorgenommene Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus. Der von ihr eingelegte Rechtsbehelf hat nach summarischer Prüfung in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, weil der Bescheid der Stadt … vom 23. Oktober 2017 voraussichtlich rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der streitgegenständliche Bescheid hat die isolierte, nicht mit dem zugrundeliegenden, unanfechtbaren Grundverwaltungsakt vom 15. September 2015 verbundene Androhung eines erneuten Zwangsgeldes für den Fall, dass die Antragstellerin den Verpflichtungen aus diesem Bescheid nicht nachkommt, zum Gegenstand – wobei die Verpflichtung unter Ziffer 1 a) dieses Bescheids zur Vorlage der Baubeginnsanzeige zwischenzeitlich erfüllt und dementsprechend auch nicht mehr Gegenstand des streitgegenständlichen Bescheids ist. Eine solche isolierte Zwangsgeldandrohung kann nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 BayVwZVG mit der Anfechtungsklage nur insoweit angegriffen werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung v. 25.1.2007 – Vf.50-VI-05 – Rn. 53, juris). Dementsprechend ist die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 15. September 2015, mit dem die Antragstellerin ursprünglich zur Vorlage der dort genannten Unterlagen und Bescheinigungen verpflichtet wurde, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Durch die Zwangsgeldandrohung selbst wird die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Insbesondere sind die Vollstreckungsvoraussetzungen für die erneute Zwangsgeldandrohung, die ihre Grundlage in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, 31, 36 und 37 BayVwZVG findet, erfüllt.
Der der Vollstreckung zugrunde liegende Verwaltungsakt, der Anordnungsbescheid der Stadt … vom 15. September 2015, ist seit dem 20. Oktober 2015 unanfechtbar im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 BayVwZVG. Er ist auch nach wie vor wirksam, Anhaltspunkte für seine Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit im Sinne von Art. 44 BayVwVfG wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Die Pflicht zur Vorlage der genannten Nachweise und Bescheinigungen stellt eine Pflicht zur Vornahme einer Handlung dar, sodass das Zwangsgeld gemäß Art. 31 Abs. 1 BayVwZVG das richtige und auch das mildeste Zwangsmittel darstellt.
Dessen Höhe wurde von der Antragstellerin nicht substantiiert angegriffen. Sie bewegt sich mit 12.000,00 Euro im Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG und erscheint angesichts dessen, dass die geforderten Nachweise (insbesondere die Standsicherheitsnachweise I und II sowie der Brandschutznachweis) für die Bausicherheit von eminenter Bedeutung sind, angemessen. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, inwiefern sie durch den Erwerb eines Hauses und die Geburt eines Kindes an der Erfüllung der aufgegebenen Pflichten gehindert wird. Zu beachten ist aber auch, dass es sich bei dem angegriffenen Bescheid bereits um den dritten Bescheid handelt, mit dem die Antragsgegnerin die Durchsetzung des Ausgangsbescheids vom 15. September 2015 verfolgt. In diesem wurde erstmals ein Zwangsgeld von insgesamt 4.000,00 Euro angedroht, nach erfolglosem Fristablauf wurde mit Bescheid vom 4. Januar 2016 ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 6.000,00 Euro angedroht, nach wiederum erfolglosem Fristablauf wurde mit Bescheid vom 23. Juni 2017 ein Zwangsgeld von insgesamt 8.000,00 Euro angedroht, der streitgegenständliche Bescheid droht 12.000,00 Euro an. Die mit dieser Steigerung verbundene Erhöhung des Drucks auf die Antragstellerin entspricht gängiger Verwaltungspraxis, Ermessensfehler können – auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Ausführungen zur Höhe des Zwangsgeldes in der Antragserwiderung – nicht erkannt werden.
Führt man sich vor Augen, dass die Antragsgegnerin seit September 2015 der Antragstellerin immer wieder durch großzügige ausdrückliche und konkludente Fristverlängerungen entgegengekommen ist und mit der Androhung erneuter Zwangsgelder jeweils weit über die verstrichenen Monatsfristen der Bescheide vom 15. September 2015, vom 4. Januar 2016 und vom 23. Juni 2017 hinaus zugewartet hat, ergeben sich auch gegen die nunmehr gesetzte Nachfrist von einem Monat keine rechtlichen Bedenken (Art. 36 Abs. 1 BayVwZVG). Dem Vortrag, die Vorlage der genannten Unterlagen läge nicht im Machtbereich der Antragstellerin, kann nicht gefolgt werden. Die Vorlage der Nachweise und dementsprechend die Beauftragung entsprechender Nachweisersteller ist allein ihre Aufgabe.
Gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG können Zwangsmittel solange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Gemäß Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG ist eine erneute Androhung eines Zwangsmittels erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Antragstellerin hat ihre Verpflichtungen aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 15. September 2015 bis zum jetzigen Zeitpunkt, jedenfalls aber nach Ablauf der Monatsfrist des vorangegangenen Bescheids vom 23. Juni 2017, nicht erfüllt. Die vorgelegten Unterlagen beziehen sich entweder nur auf das ursprünglich genehmigte, so aber nie umgesetzte Bauvorhaben oder stellen nur eine Teilbescheinigung dar. Gemäß Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG durfte eine erneute Zwangsgeldandrohung unter Fristsetzung erfolgen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Dabei wurde entsprechend gängiger Praxis für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hälfte des Betrags festgesetzt, der der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstands für die Antragstellerin entspricht.


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