Verwaltungsrecht

Anfechtungsklage, Ersatzvornahme, Klagebefugnis, Obdachlosenunterkunft, Obdachlosigkeit, Verwaltungsakt, Unterkunft

Aktenzeichen  W 5 K 19.1435

Datum:
5.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 30656
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LStVG Art. 6, Art. 7
BayVwVfG Art. 39 Abs. 1 S. 3, Art. 48 Abs. 1 S. 1, Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
VwGO § 42 Abs. 2, § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 88, § 113 Abs. 1 S. 1, § 154 Abs. 1, § 167
VwZVG Art. 32 S. 2, Art. 36 Abs. 1 S. 1
GKG § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 11, § 711

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die gegen den Umsetzungsbescheid der Beklagten vom 26. September 2019 gerichtete Anfechtungsklage ist unbegründet, da dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Vorliegend wendet sich der Kläger gegen den von der Beklagten verfügten Wechsel der Notunterkunft während eines laufenden Einweisungszeitraums (sog. „Umsetzung“ oder „Umquartierung“ – vgl. Ehmann, Obdachlosigkeit in den Kommunen, 3. Aufl. 2019, S. 114 ff.; Henke, PdK Bay K-10a, Das Obdachlosenrecht in Bayern, Stand Sept. 2019, Nr. 9.3.)
Das Rechtsschutzbegehren des Klägers war nach § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass nur die Ziffer 3 (Räumung der bisherigen Unterkunft in Zimmer Nr. …*) und die Ziffer 4 (Zwangsmittelandrohung) des Bescheides der Beklagten vom 26. September 2019 vom Klageantrag umfasst sind, nicht hingegen die Ziffer 2 (Zuweisung einer neuen Unterkunft in Zimmer …1) und Ziffer 1 (Rücknahme des Widerrufsbescheids vom 25.10.2018).
Bei der Zuweisung einer neuen Obdachlosenwohnung handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Der Kläger kann von diesem Verwaltungsakt nach Belieben Gebrauch machen. Es besteht hingegen keine Pflicht, tatsächlich in die zur Verfügung gestellte Unterkunft einzuziehen (vgl. VGH Mannheim, B.v. 2.11.1994 – 1 S 2439/94; VG München, B.v. 24.10.2002 – M 22 E 02.2459; VG Ansbach, B.v. 12.8.2004 – AN 5 S 04.01448; alle juris). Dementsprechend besteht auch keine Verpflichtung, die zwangsweise durchgesetzt werden könnte (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand 38. Erg.Lief. Okt. 2019, Art. 7 Rn. 189 m.w.N.). Somit wäre die Klage mangels Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig, da bei einer reinen Begünstigung eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten nicht ersichtlich ist.
Gleiches gilt für die Rücknahme des Widerrufsbescheids der Stadt S. betreffend die alleinige Nutzung des Zimmers Nr. … Die Rücknahme auf der Rechtsgrundlage des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG stellt einen den Kläger begünstigenden Verwaltungsakt dar, gegen den mangels Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO die Anfechtungsklage unzulässig wäre.
Der Kläger begehrt dementsprechend mit seiner Klage allein die Aufhebung der Räumungsanordnung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides und die Aufhebung der Zwangsmittelandrohung in Ziffer 4 des Bescheides.
2. Der Umsetzungsbescheid der Beklagten (Ziffer 3) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Kläger, der mit Ziffer 3 des Bescheides vom 26. September 2019 mit Wirkung von zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheides in das Zimmer Nr. … der Obdachlosenunterkunft E. Straße … umgesetzt wurde, hat keinen Anspruch darauf, in der bisherigen Obdachlosenwohnung Nr. … zu verbleiben und kann von der Beklagten nicht die weitere Einweisung in diese Unterkunft verlangen.
2.1. Rechtsgrundlage für die Umsetzung des Klägers ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Art. 6 LStVG, Art. 57 Abs. 1 GO, Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG i.V.m. § 9 der Satzung über die Benutzung der Obdachlosenunterkunft der Stadt S. vom 7. Dezember 2018 (SWTB vom 31.12.2018, S. 19 – nachfolgend: Obdachlosenunterkunftssatzung).
Gemäß Art. 57 Abs. 1 GO gehört die Unterbringung von Obdachlosen zu der von den Gemeinden im allgemeinen Wirkungskreis zu vollziehenden Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten (BayVGH, B.v. 10.8.1983 – 21 CS 83A.593 – BayVBl 1984, 116). Dabei haben die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten, die nach den örtlichen Verhältnissen für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlich sind. Hierzu zählt auch – soweit erforderlich – das Vorhalten von kommunalen Notquartieren bzw. Obdachlosenunterkünften.
Nach Art. 6 und Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG sind die Gemeinden als untere Sicherheitsbehörden verpflichtet, Gefahren abzuwehren und Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen bedrohen oder verletzen. Dazu gehört die Unterbringung unfreiwillig Obdachloser.
Bei der Auswahl unter den geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten verfügt die Gemeinde allerdings über ein sehr weites Ermessen, das nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände eingeschränkt ist. Die Anforderungen an die zur Verfügung zu stellende Unterkunft richten sich danach, was zur Abwendung der infolge der Obdachlosigkeit drohenden Gefahr erforderlich ist. Die zur Verfügung gestellte Unterkunft muss nicht den an eine Wohnung zu stellenden Anforderungen genügen, es besteht auch kein Anspruch des Obdachlosen auf Einweisung in eine bestimmte Unterkunft oder auf Einweisung in eine Pension. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B.v. 19.2.2010 – 4 C 09.3073 und B.v. 10.10.2008 – 4 CE 08.2647 – beide juris) ist es auch unter Berücksichtigung der humanitären Zielsetzung des Grundgesetzes ausreichend, wenn obdachlosen Personen eine Unterkunft zugewiesen wird, die vorübergehend Schutz vor den Unbilden des Wetters bietet und Raum für die notwendigen Lebensbedürfnisse lässt. Da Obdachlosigkeit eine Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, ist die Gemeinde als Sicherheitsbehörde verpflichtet, diese Störung zu beseitigen (Art. 57 Abs. 1 GO, Art. 6 LStVG). Die Unterbringung kann dabei immer nur eine Notlösung sein, so dass ein Obdachloser auch eine weitgehende Einschränkung seiner Wohnansprüche hinnehmen muss (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 7 Rn. 184). Die Grenzen zumutbarer Einschränkungen liegen erst dort, wo die Anforderungen an eine menschenwürdige, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit achtende Unterbringung nicht mehr eingehalten sind (BayVGH, B.v. 10.10.2008 – 4 CE 08.2647 und B.v. 26.4.1993 – 21 B 91.1461; beide juris).
Einen Anspruch auf Wieder- oder weitere Einweisung in eine bestimmte Unterkunft auf Wunsch des Betroffenen gewährt das Obdachlosenrecht nicht. Die vorübergehende Einweisung in eine Notunterkunft zur Vermeidung unfreiwilliger Obdachlosigkeit begründet nämlich keinen Besitzstand und keinen Rechtsanspruch des Eingewiesenen, in der Unterkunft belassen zu werden (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.1998 – 4 ZS 98.1164; B.v. 4.10.1994 – 4 CS 94.3112; VG Würzburg, B.v. 21.7.2011 – W 5 S 11.502; alle juris). Die Beklagte ist vielmehr in Ausübung ihres Nutzungsrechts befugt, den Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen aus – schlüssig und nachvollziehbar angeführten – sachlichen Gründen in eine andere, den Mindestanforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung genügende Unterkunft umzusetzen.
Diesen Anforderungen wird die mit Ziffer 3 des Bescheids der Beklagten vom 26. September 2019 verfügte Umsetzung des Klägers in das Zimmer Nr. … gerecht.
2.2. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Zimmer Nr. … der Obdachlosenunterkunft E. Straße den o.g. Anforderungen an eine menschenwürdige, das Recht auf körperliche Unversehrtheit achtende Unterbringung nicht genügen würde.
Ein Auswahlrecht unter mehreren diesen Voraussetzungen genügenden Unterkünften steht dem Obdachlosen dabei nicht zu. Die zugewiesene Unterkunft muss – selbst wenn diese nachgewiesenermaßen bestehen – nicht allen Unterbringungs- und Sorgebedürfnissen, die eine Person hat, gerecht werden. Den Ansprüchen an eine Obdachlosenunterkunft genügen nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. B.v. 27.4.2001 – W 5 E 01.408 und B.v. 28.3.1996 – W 5 S 96.373 – beide juris) deshalb auch sog. Wohncontainer, wenn diese angemessenen Schutz vor der Witterung bieten (insbesondere also beheizbar sind) und die notwendigsten Bedürfnisse befriedigen, insbesondere die unerlässlichen Einrichtungen für die Körperhygiene vorhalten. Ausreichend zur Beseitigung der infolge Obdachlosigkeit drohenden konkreten Gefahren ist aber grundsätzlich auch die Unterbringung in einem Mehrbettzimmer (vgl. VG München, B.v. 10.5.2015 – M 22 E 15.1818 und B.v. 10.11.2006 – M 22 E 06.4221 – beide juris; Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 7 Rn. 185; Ehmann, Obdachlosigkeit in Kommunen, S. 133). So hat auch das OVG Münster die Unterbringung von Einzelpersonen in Sammelunterkünften mit Schlaf- und Tagesräumen für mehrere Personen für zumutbar erklärt (vgl. B.v. 7.3.2018 – 9 E 129/18 – juris) und der VGH Mannheim die Unterbringung in einem Hochbunker in Gemeinschaftszimmern mit sechs bis acht Betten (B.v. 24.12.1993 – 1 S 279/93 – juris) ebenso für ausreichend erachtet wie die gemeinsame Unterbringung von 13 Einzelpersonen in einer aus insgesamt fünf Zimmern bestehenden Unterkunft im Souterraingeschoss einer ehemaligen Schule (B.v. 3.1.1994 – 1 S 3066/93 – juris).
Bei der Obdachlosenunterbringung sind zwangsläufig auch Einschränkungen hinsichtlich der Größe der zur Verfügung gestellten Räume gegen-über einer wohnungsmäßigen Versorgung hinzunehmen. So fanden auf die vorübergehende Unterbringung von Obdachlosen auch während ihrer Geltung die Vorschriften des (zum 31.12.2004 aufgehobenen) Wohnungsaufsichtsgesetzes mit der Forderung einer Wohnfläche von 10 m² für jeden erwachsenen Bewohner keine Anwendung (vgl. Art. 9 des Wohnungsaufsichtsgesetzes; so auch Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 7 Rn. 185; BayVGH, B.v. 14.8.1990 – 21 B 90.00335 – BayVBl 1991, 114).
Gemessen an diesem Maßstab ist die Zuweisungsentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Es ist nichts Stichhaltiges dafür ersichtlich, dass das nun zugewiesene Zimmer in Einzelbelegung mit einer Wohn- und Nutzfläche von 18,20 m² den oben genannten Mindestanforderungen an eine Obdachlosenunterkunft nicht genügt. Die Kammer sieht im vorliegenden Fall selbst bei einer Orientierung an den Mindestwohnflächen des Wohnungsaufsichtsgesetzes die Größenordnung des dem Kläger zur Unterbringung zur Verfügung gestellten Zimmers deutlich als ausreichend an.
Der Kläger hat zur Stützung seines Anspruchs auf das bisherige, ca. 6 m² größere Zimmer Nr. … in Alleinbenutzung nichts vorgebracht, was dafür sprechen würde, dass die Unterbringung im Zimmer Nr. … für ihn in einem so erheblichen Maße belastend wäre, dass im Hinblick auf Menschenwürde, das Recht auf Privatsphäre sowie auf körperliche Unversehrtheit die Grenze zumutbarer Einschränkungen überschritten wäre. Soweit der Kläger vorbringt, dass ihm der Umzug in das etwas kleinere Zimmer nicht zumutbar sei, weil dort seine persönliche Habe nicht (vollständig) untergebracht werden könne und so sein Grundrecht auf Eigentum verletzt werde, bleibt darauf zu verweisen, dass die Gemeinde – wie hier geschehen – die obdachlose Person unterbringen muss, nicht aber deren Besitz. Möbel und andere Gegenstände kann der Obdachlose nur insoweit unterbringen, wie das die Fläche erlaubt, auf die er ohnehin Anspruch hat (VG Würzburg, B.v. 29.4.2020 – W 5 E 20.592 – juris; Ehmann, Obdachlosigkeit in Kommunen, S. 141). Es ist dann vielmehr Sache des Obdachlosen (bzw. ggf. des Sozialhilfeträgers), für die Unterbringung des Hausrats bzw. der persönlichen Gegenstände des Obdachlosen zu sorgen; die Gemeinde ist hier in keiner Weise in der Pflicht (VG Würzburg, B.v. 29.4.2000 – W 5 E 20.592 – juris; VG München, B.v. 19.9.2007 – M 22 E 07.4075, best. durch BayVGH, B.v. 23.1.2008 – 4 CE 07.2893; beide juris; Huttner, Die Unterbringung Obdachloser, Nr. 4.7; Ehmann, Obdachlosigkeit in Kommunen, S. 141; Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 7 Rn. 186).
Soweit der Kläger Mängel des Zimmers Nr. … dergestalt geltend macht, dass eine Steckdose beschädigt und die Deckenlampe defekt sei, der Fußboden Schäden aufweise, der Backofen verschmutzt sei und die Wände Flecken mit Schimmelbildung aufwiesen, kann dies nicht zu einem Erfolg der Klage führen. Insoweit hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2019 zugesagt, kurzfristig einen eventuellen Schimmelbefall zu behandeln, die Elektroinstallation (Lampe und Steckdose) instand zu setzen und eine Reinigung des Backofens zu prüfen. Darüber hinaus lässt sich den vom Kläger vorgelegten Lichtbildern zwar entnehmen, dass der Fußboden Schäden aufweist. Für die Kammer ist aber nicht ersichtlich, dass hierdurch die Situation als bedenklich anzusehen oder gar eine Gesundheitsgefährdung zu befürchten wäre.
2.3. Die Umsetzung entspricht auch den Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BayVwVfG i.V.m. § 9 der Satzung über die Benutzung der Obdachlosenunterkunft der Stadt S. vom 7. Dezember 2018. Darüber hinaus hat die Beklagte auch ihr Ermessen bei der Entscheidung, den Kläger in eine andere Unterkunft umzusetzen, fehlerfrei ausgeübt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht ersichtlich. Im Einzelnen:
Nach § 9 der Obdachlosenunterkunftssatzung können die Benutzer auch während der noch laufenden Dauer der Zuweisung in andere Räume der Obdachlosenunterkunft umquartiert werden, wenn dies notwendig oder zweckmäßig erscheint.
Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Bescheid (vgl. S. 3 f., Bl. 59 f. der Behördenakte) schlüssig dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Umsetzung aus den Gründen des § 9 der Obdachlosenunterkunftssatzung gegeben sind. Die Umquartierung des Klägers, der derzeit das Doppelzimmer mit der Nr. … alleine bewohne, in einen Raum, der von seiner Größe nur von einer Person bewohnt werden könne, habe den Zweck, die der Stadt S. für obdachlose Menschen zur Verfügung stehenden Plätze zu erhöhen. Die Beklagte hat hierzu in ihrer Klageerwiderung ergänzt, dass sie sich in den vergangenen Jahren insbesondere in den Wintermonaten einer stetig steigenden Nachfrage nach Unterbringungsplätzen in der Obdachlosenunterkunft ausgesetzt gesehen habe. Hätten zu der Zeit, als der Kläger eingewiesen worden sei, noch ausreichend Plätze zur Verfügung gestanden, sei heute das Raumkontingent in S. nahezu ausgeschöpft, so dass es sich die Beklagte nicht mehr erlauben könne, Unterkunftsplätze ungenutzt zu lassen. Es sei in der aktuellen Situation notwendig, den Kläger auf einen einzelnen Unterbringungsplatz zu beschränken. Nach allem erweist sich die Umquartierung des Klägers vom Zimmer Nr. … in das Zimmer Nr. … als zweckmäßig i.S.d. § 9 der Obdachlosenunterkunftssatzung.
Die Umsetzung des Klägers erweist sich auch als ermessensfehlerfrei. Die Begründung der Ermessensentscheidung lässt auch die Gesichtspunkte erkennen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG). Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Bescheid nämlich ausgeführt, dass die Umsetzung geeignet und erforderlich sei, um zwei weitere Plätze für die Belegung mit Hilfesuchenden zu schaffen. Hierfür werde der Kläger auch geringstmöglich belastet, da er auch nach der Umquartierung noch eine Grundfläche von 18,20 m² zur alleinigen Nutzung zur Verfügung habe, während gemäß Literaturmeinung der Richtwert für die Unterkunftsgröße einer alleinstehenden erwachsenen Person bei 10,00 m² liege. Die Stadt S. hätte auch die Möglichkeit gehabt, dem Kläger eine weitere Person zur gemeinsamen Unterbringung im Zimmer Nr. … zuzuweisen oder den Kläger in ein geringfügig kleineres Zimmer einzuweisen. Weitere Optionen hätten nicht zur Verfügung gestanden. Sie habe sich für die letztere Variante, also die Zuweisung eines kleineren Einzelzimmers, entschieden. Die Beklagte habe also unter mehreren möglichen, das geeignete, erforderliche und mildeste Mittel ausgewählt, um das Ziel zu erreichen. Die persönlichen Belange des Klägers, auch zukünftig ein Doppelzimmer alleine benutzen zu können, hätten vor dem öffentlichen Auftrag der Stadt S., möglichst viele Personen vor Obdachlosigkeit zu bewahren, zurückzustehen. Die Entscheidung der Stadt S. sei deshalb auch angemessen und insgesamt verhältnismäßig. In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten, dass der Kläger mehrere Monate Zeit gehabt habe, selbst tätig zu werden oder etwa notwendige Unterstellmöglichkeiten für seine Habseligkeiten zu generieren. Die dauerhafte Belegung von zwei Unterkunftsplätzen durch den Kläger könne die Stadt S. jedenfalls nicht hinnehmen.
All dies lässt Ermessensfehler und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht erkennen. Insbesondere ist ein milderes Mittel als die streitgegenständliche Umsetzung des Klägers (wiederum in ein Zimmer in Einzelbelegung und nicht in Doppelbelegung), um weitere Unterbringungsmöglichkeiten in der Obdachlosenunterkunft der Beklagten zu schaffen, nicht ersichtlich. All dem hat der Kläger nichts Substanzielles entgegen zu setzen.
3. Rechtliche Bedenken bestehen auch nicht gegen die in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides angedrohte Ersatzvornahme für den Fall, dass der Kläger die Räumung der bisherigen Unterkunft nicht rechtzeitig oder nicht vollständig durchführt (Art. 32 Satz 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG). Die Voraussetzungen des Art. 32 VwZVG liegen vor. Die Ersatzvornahme ist zulässig, weil ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt (Art. 32 Satz 2 VwZVG).
4. Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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