Verwaltungsrecht

Anordnung einer stationären Behandlung zur Alkoholentwöhnung bei Beamtem

Aktenzeichen  M 5 E 19.2937

Datum:
29.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21955
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 5
BeamtStG § 34, § 35
VwGO § 123 Abs. S. 1
BayVwVfG Art. 35 S. 1

 

Leitsatz

1. Bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich zur Gesunderhaltung einer stationären Alkoholentwöhnungsbehandlung in einer geeigneten Suchtfachklinik zu unterziehen, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, da diese Anordnung keine unmittelbare Außenwirkung iSv Art. 35 SS. 1 BayVwVfG entfaltet; vielmehr entspricht es der Befugnis des Dienstherrn, gesetzlich allgemein ausgesprochene Pflichten des Beamten – wie die Pflicht zur Dienstleistung und die daraus folgende Pflicht zur Gesunderhaltung (§ 34 BeamtStG) – durch dienstliche Weisung (§ 35 BeamtStG) zu konkretisieren . (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Pflicht zur Gesunderhaltung kann aus der Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf hergeleitet werden. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei Eintritt einer Alkoholabhängigkeit mit Auswirkungen auf die dienstliche Leistungsfähigkeit ist der Beamte verpflichtet, alles ihm Mögliche und Zumutbare zu unternehmen, damit die volle Dienstfähigkeit wiederhergestellt und eine durch Trunksucht bedingte vorzeitige Dienstunfähigkeit vermieden wird. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
4. Falls es dem Beamten nicht gelingt, durch konsequentes Verhalten aus eigener Kraft von der Alkoholabhängigkeit loszukommen, muss er einer aus ärztlicher Sicht vom Dienstherrn empfohlenen Therapie – einschließlich einer Entziehungskur – nachkommen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am 27. September 1965 geborene Antragsteller steht als Polizeihauptkommissar (A12) in den Diensten des Antragsgegners; er ist beim Bayerischen Landeskriminalamt im Innendienst tätig.
Der Antragsteller erschien am 1. Februar 2019 alkoholisiert im Dienst, was durch einen am gleichen Tag durchgeführten Atemalkoholtest nachgewiesen wurde. Es wurde ein Atemalkoholgehalt von 0,08 mg/l festgestellt. Daraufhin ordnete der Antragsgegner mit Schreiben vom 15. Februar 2019 die polizeiärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit an. Zugleich leitete er mit Verfügung vom 18. Februar 2019 ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller wegen des Verstoßes gegen die Gesunderhaltungspflicht ein. Der Ausgang des Disziplinarverfahrens ist nach den vorgelegten Akten nicht bekannt.
Nach der polizeiärztlichen Untersuchung am 11. März 2019 diagnostizierte der Ärztliche Dienst der Polizei mit polizeiärztlichem Gutachten vom 12. April 2019 eine Alkoholabhängigkeit mit gegenwärtigem Substanzgebrauch. Im Gesundheitszeugnis vom 12. April 2019 wird in der Beurteilung eine Alkoholerkrankung mit zuletzt mehrmonatiger Alkoholrückfälligkeit beschrieben. Zur Behebung der Alkoholproblematik und zur Wiederherstellung und langfristigen Aufrechterhaltung von Alkoholabstinenz sei die Durchführung einer stationären Alkoholentwöhnungsbehandlung von mehrmonatiger Dauer erforderlich.
Mit Schreiben vom 24. April 2019 wurde dem Antragsteller unter Wiedergabe der wesentlichen Passagen des Gesundheitszeugnisses die Weisung erteilt, die polizeiärztlicherseits für erforderlich gehaltene mehrmonatige stationäre Alkoholentwöhnungsbehandlung in einer geeigneten Suchtfachklinik durchzuführen und dem Sachgebiet 122 bis spätestens 31. Mai 2019 schriftlich mitzuteilen, in welcher Einrichtung die Behandlung durchgeführt werden solle.
Der Antragsteller bestreitet gegenüber dem Bayerischen Landeskriminalamt den Grund der Behandlungsanordnung. Er sei zum Zeitpunkt der polizeiärztlichen Untersuchung am 11. März 2019 dienstfähig gewesen. Der erhobene Alkoholwert sei nicht aussagekräftig. Des Weiteren bestehe keine dienstliche Verpflichtung, eine Aufnahmebescheinigung für eine Alkoholentzugsklinik vorzulegen. Insbesondere sei es dem Antragsteller nicht zumutbar, die Kosten für die Behandlung zu übernehmen, nachdem seine private Krankenversicherung eine Kostenübernahme abgelehnt habe. Das Landeskriminalamt erklärte, dass keine Zweifel an der polizeiärztlichen Diagnose bestünden, da diese insbesondere auf den Angaben des Antragstellers beruhten. Die dienstliche Verpflichtung zur Durchführung des Alkoholentzugs ergebe sich aus der Pflicht zur Gesunderhaltung. Mit Schreiben vom 24. April 2019 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Übernahme der Kosten durch den Dienstherrn möglich sei, soweit die Kosten nicht anderweitig übernommen werden könnten.
Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2019, eingegangen bei Gericht am 19. Juni 2019, hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit folgendem Inhalt beantragt,
Der Antragsteller wird vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung einer stationären Alkoholentwöhnungsbehandlung aufgrund der Anordnung des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 24. April 2019 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens über die Feststellung der Verpflichtung des Antragstellers, die Anordnung des Antragsgegners vom 24. April 2019 zu befolgen, freigestellt.
Die Feststellung der Polizeiärztin, der Antragsteller sei aufgrund eines Alkoholrückfalls derzeit dienstunfähig und die Dienstunfähigkeit könne nur durch eine mehrmonatige stationäre Maßnahme wiederhergestellt werden, sei nicht plausibel. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Polizeiärztin von einer Alkoholabhängigkeit ausgehe. Der Grund für den Alkoholkonsum sei die von der behandelnden Ärztin festgestellte mittelgradige Depression des Antragstellers. Der Antragsteller sei nicht alkoholabhängig. Vielmehr habe die Depression dazu geführt, dass der Antragsteller Alkohol als eine Art Anti-Depressivum konsumiert habe. Zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit sei daher eine fachgerechte Behandlung der Depression notwendig. Bei der angeordneten Alkoholentwöhnungsbehandlung sei nicht sichergestellt, dass die Depression des Antragstellers adäquat behandelt werde.
Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2019, eingegangen bei Gericht am 12. Juli 2019, hat das Bayerische Landeskriminalamt für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Anordnung sei rechtmäßig. Die Alkoholabhängigkeit des Antragstellers stehe fest aufgrund der Beobachtungen aus dem Kollegenkreis, des durchgeführten Atemalkoholtests und der Einlassungen des Antragstellers im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchung. Bereits im Jahr 2008 seien durch polizeiärztliche Untersuchung vom 21. Juli 2008 Anzeichen für einen seit 1997 bestehenden erhöhten Alkoholkonsum festgestellt worden. Auch sei der Antragsteller in der Vergangenheit mehrfach über die Notwendigkeit einer vollständigen dauerhaften Alkoholabstinenz und langfristigen ambulanten Nachsorge belehrt worden. Die zusätzlich bestehende depressive Episode mittelschweren Grades hebe die Alkoholabhängigkeit nicht auf; vielmehr lasse sie erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass es dem Antragsteller gelinge, aus eigenem Antrieb abstinent zu werden und zu bleiben. Die angeordnete stationäre Alkoholentwöhnungsbehandlung stehe der fachgerechten Behandlung der Depression nicht zwangsläufig entgegen. Eine koordinierte therapeutische Behandlung könne im Rahmen der Alkoholentwöhnungsbehandlung erfolgen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch, das heißt, die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache, voraus. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen.
2. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig, insbesondere statthaft. Bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich zur Gesunderhaltung einer stationären Alkoholentwöhnungsbehandlung in einer geeigneten Suchtfachklinik zu unterziehen, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, da diese Anordnung keine unmittelbare Außenwirkung i.S.v. Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) entfaltet (BayVGH, B.v. 8.1.2013 – 3 CE 11.2345 – juris Rn. 19 m.w.N.). Vielmehr entspricht es der Befugnis des Dienstherrn, gesetzlich allgemein ausgesprochene Pflichten des Beamten – wie hier die Pflicht zur Dienstleistung und die daraus folgende Pflicht zur Gesunderhaltung (§ 34 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern – Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) – durch dienstliche Weisung (§ 35 BeamtStG) zu konkretisieren (BVerwG v. 9.5.1990 – 2 B 48/90 – ZBR 1990, 261). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann folglich nur im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO in Betracht kommen. § 44a VwGO steht nicht entgegen (ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 14. März 2019 – 2 VR 5/18 -, Rn. 38, juris).
3. Der Antrag ist jedoch unbegründet, da der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Die Anordnung der stationären Alkoholentwöhnungsbehandlung ist rechtmäßig.
a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, dass die durch Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) verfassungsrechtlich verankerten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten des Beamten zum Inhalt haben, und dass hierzu insbesondere die grundlegende Pflicht des Beamten zählt, sich ganz für den Dienstherrn einzusetzen und diesem – grundsätzlich auf Lebenszeit – seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Nach § 34 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) haben sich Beamtinnen und Beamte mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Die Pflicht zur Gesunderhaltung ist nicht ausdrücklich im Beamtenstatusgesetz geregelt. Sie kann jedoch aus der Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf hergeleitet werden (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Mai 2019, § 34 BeamtStG Rn. 83 mit weiteren Nachweisen; BVerfG, B.v. 19.2.2003 – 2 BvR 1413/01 – NVwZ 2003, 1504 – juris Rn. 34). Die Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf umfasst das Bemühen, die Gesundheit so weit zu bewahren, dass die Fähigkeit zur Dienstleistung nicht schuldhaft eingeschränkt oder aufgehoben wird. Der gesunde Beamte ist danach verpflichtet, seine volle Dienstfähigkeit und damit seine Arbeitskraft im Interesse des Dienstherrn nach Möglichkeit zu bewahren und, soweit sie eingeschränkt oder aufgehoben ist, nach Möglichkeit wieder zu erlangen (vgl. BVerwG, U.v. 10.1.1980 – 1 D 56/79 – BVerwGE 63, 327 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 20.4.2005 – 16a D 04.531 – juris Rn. 34). Dies setzt gegebenenfalls auch voraus, sich zur Erhaltung oder Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit einer zumutbaren Heilbehandlung zu unterziehen (BayVGH, U.v. 14.10.2015 – 16a D 14.351 – juris Rn. 57 ff.; B.v. 8.1.2013 – 3 CE 11.2345 – juris Rn. 24 ff. m.w.N.; BVerwG, B.v. 9.5.1990 – 2 B 48/90 – ZBR 1990, 261). Wenn eine ambulante Behandlung durch den Polizeiarzt als nicht ausreichend angesehen wird, kann der Dienstherr den Beamten auch zur Durchführung einer längeren stationären Behandlung verpflichten. Dies stellt keinen unzulässigen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 8.1.2013 – 3 CE 11.2345 – juris Rn. 25 f. m.w.N.).
Bei Eintritt einer Alkoholabhängigkeit mit Auswirkungen auf die dienstliche Leistungsfähigkeit ist der Beamte verpflichtet, alles ihm Mögliche und Zumutbare zu unternehmen, damit die volle Dienstfähigkeit wiederhergestellt und eine durch Trunksucht bedingte vorzeitige Dienstunfähigkeit vermieden wird. Die Pflicht setzt ein, sobald der Beamte über die gesundheitlichen und dienstlichen Risiken informiert ist. Falls es dem Beamten nicht gelingt, durch konsequentes Verhalten aus eigener Kraft von der Alkoholabhängigkeit loszukommen, muss er einer aus ärztlicher Sicht vom Dienstherrn empfohlenen Therapie – einschließlich einer Entziehungskur – nachkommen (vgl. BayVGH, Urteil vom 25.10.2017, 16a D 15.1110, Rn. 40 ff.; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Mai 2019, § 34 BeamtStG Rn. 104 mit weiteren Nachweisen). Vor diesem Hintergrund ist die Anordnung der stationären Alkoholentwöhnungsbehandlung rechtmäßig.
b) Der Antragsteller ist bereits in der Vergangenheit wiederholt aufgrund seines Alkoholkonsums aufgefallen und polizeiärztlich untersucht worden. Er wurde mehrfach auf die Notwendigkeit einer vollständigen dauerhaften Alkoholabstinenz und langfristiger ambulanter Nachsorge hingewiesen und über die Folgen eines regelmäßigen oder übermäßigen Alkoholgenusses belehrt. Auch besteht bei der Bayerischen Polizei ein generelles absolutes Alkoholverbot, wonach es allen Beschäftigten der Polizei untersagt ist, in angemessener Zeit vor Dienstantritt alkoholische Getränke zu sich zu nehmen, wenn der Restalkohol nicht rechtzeitig zum Dienstbeginn abgebaut werden kann (IMS Nr. IC 5-0142.1-11 vom 4. Mai 2000 und ARdS-F1-1614 vom 18. März 2016). Trotz der Anweisung, Alkoholabstinenz einzuhalten, erschien der Antragsteller am 1. Februar 2019 nachweislich alkoholisiert im Dienst. Damit hat er gezeigt, dass es ihm aus eigener Kraft nicht gelingt, von der Alkoholerkrankung loszukommen. Durch das Ergebnis der Messung des Atemalkohols am 1. Februar 2019 ist jedenfalls erwiesen, dass der Beamte alkoholisiert zum Dienst erschienen ist.
Des Weiteren ist der Antragsteller aufgrund der Alkoholabhängigkeit dienstunfähig. Die Alkoholabhängigkeit des Antragstellers steht fest aufgrund des Polizeiärztlichen Gutachtens vom 11. Februar 2019, dessen Ergebnis maßgeblich auf den Angaben des Antragstellers, an einer Alkoholerkrankung mit zuletzt mehrmonatiger Alkoholrückfälligkeit zu leiden, beruht. Im Übrigen bestätigen die Beobachtungen der Kollegen des Antragstellers sowie der am 1. Februar 2019 durchgeführte freiwillige Atemalkoholtest die Alkoholerkrankung. Mit Blick auf die Vorgeschichte des Antragstellers ist von einem Rückfall in die Alkoholabhängigkeit auszugehen. Im Jahr 2008 konnte dem Antragsteller ein regelmäßiger hoher Alkoholkonsum im Sinne einer massiven Alkoholproblematik durch die Analyse von Haar- und Urinproben nachgewiesen werden.
Gegen die Diagnose der Polizeiärztin ist rechtlich nichts einzuwenden. Sie wurde von einer Fachärztin für Psychiatrie erstellt und beruht auf einem ausführlichen Gespräch mit dem Beamten. Es ist schlüssig und überzeugend, wenn die Amtsärztin aus der früheren behandlungsbedürftigen Alkoholauffälligkeit in Zusammenschau mit der aktuell wieder aufgetretenen Alkoholisierung im Dienst zu der Diagnose einer Alkoholabhängigkeit gelangt. Wenn die Antragstellerpartei angibt, dass dieser Befund nicht schlüssig sei, so werden keine konkreten Umstände angegeben, aus denen dies abgeleitet werden soll. Insbesondere wurden keine anderslautenden (fach-)ärztlichen Atteste vorgelegt, die diese Diagnose in Zweifel ziehen könnten.
Die zur Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit notwendige Einhaltung vollständiger und dauerhafter Alkoholabstinenz, hat der Antragsteller nachweislich nicht eingehalten, da ihm zumindest am 1. Februar 2019 eine Alkoholisierung nachgewiesen werden konnte. Der Antragsteller hat nichts dazu vorgetragen, ob therapeutische Maßnahmen zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit ergriffen wurden. Die bloße Behauptung der Alkoholabstinenz seit 1. Februar 2019 ist nicht glaubhaft, da keine entsprechenden Abstinenznachweise vorgelegt wurden. Es ist dem Antragsteller daher bisher nicht gelungen, aus eigener Kraft von der Alkoholabhängigkeit loszukommen, sodass er der angeordneten Alkoholentwöhnungsbehandlung nachkommen muss.
Ob der Antragsteller nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, ist für die Bewertung der Dienstfähigkeit unerheblich.
Die Anordnung der stationären Entzugsbehandlung ist auch verhältnismäßig. Die Anordnung ist geeignet, die volle Dienstfähigkeit des Antragstellers wiederherzustellen. Die beim Antragsteller diagnostizierte Depression steht der Anordnung nicht entgegen; vielmehr ist eine koordinierte therapeutische Behandlung beider Krankheitsbilder im Rahmen der Entzugsbehandlung möglich. Die Wahl der Therapieeinrichtung sowie des Therapieansatzes stehen dem Antragsteller frei. Die Anordnung der mehrmonatigen stationären Entzugsbehandlung ist auch erforderlich, da kein milderes Mittel ersichtlich ist. Die im Jahr 2008 durchgeführte dreiwöchige Therapie war langfristig nicht erfolgreich. Denn die Problematik trat im Jahr 2019 wieder auf, als der Antragsteller alkoholisiert im Dienst erschienen ist. Der Antragsteller hat weder vorgetragen noch ist es ersichtlich, dass er seit dem Rückfall im Februar 2019 Maßnahmen ergriffen hätte, um die Alkoholabhängigkeit und/oder die Depression zu behandeln. Im Übrigen ist die Anordnung auch zumutbar, da sie zwar mit einer vorübergehenden Einschränkung der privaten Lebensführung verbunden ist, darüber hinaus aber zu keinen weiteren Einschränkungen oder Risiken führt. Eine niederschwelligere Maßnahme verspricht keine Aussicht auf Erfolg, da ein Rückfall in den Alkoholkonsum bei einer ärztlich diagnostizierten Alkoholabhängigkeit vorliegt. Das bedingt eine entsprechende Behandlungsintensität.
Die Frage der Kostentragung wurde zwischenzeitlich durch die Zusage des Antragsgegners, die Kosten vollständig zu übernehmen, geklärt.
Auch die vom Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 28. August 2019 nochmals dargelegten Argumente ändern nichts an der rechtlichen Würdigung.
4. Vor diesem Hintergrund kann die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes offen bleiben.
5. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Wertes des Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.


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