Verwaltungsrecht

Anspruch auf Freihaltung eines Dienstposten bei der Bundespolizei

Aktenzeichen  B 5 E 16.281

Datum:
8.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 33 Abs. 2
VwGO VwGO § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

Kann ein streitbefangener Dienstposten  – insbesondere bei einer großen Behörde wie der Bundespolizei – jederzeit durch Versetzung oder Umsetzung des ausgewählten Beamten wieder freigemacht werden, besteht kein Anordnungsgrund, weil bis zur Hauptsacheentscheidung kein irreversibler Zustand geschaffen wird und kein Anspruch auf ein bestimmtes Amt im konkret-funktionellen Sinn besteht. Ein Anordnungsgrund ergibt sich auch nicht aus einem Bewährungs-vorsprung des Ausgewählten auf dem streibefangenen Dienstposten, wenn die Bewerber sich bereits im selben Statusamt befinden (Polizeihauptmeister – Besoldungsgruppe A 9 mZ). (redaktioneller Leitsatz)
Die Anmerkung in einer Stellenausschreibung zur vorrangigen Berücksichtigung von Umsetzungs-bewerbern ist nicht als Anforderungsprofil mit Bindungswirkung zu verstehen. (redaktioneller Leitsatz)
Ein mit der einstweiligen Anordnung zu sichernder Bewerbungsverfahrensanspruch setzt voraus, dass bei einer erneuten Auswahlentscheidung eine realistische Chance besteht, ausgewählt zu werden. Dies ist nicht der Fall, wenn mehrere Mitbewerber besser beurteilt wurden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Stelle eines Bearbeiters Organisationsbüro mit dem Beigeladenen zu besetzen.
Der am … 1979 geborene Antragsteller steht als Polizeivollzugsbeamter im Statusamt eines Polizeihauptmeisters (PHM), Besoldungsgruppe A 9 der Bundesbesoldungsordnung (BBesO), im Dienst der Antragsgegnerin. Er ist Angehöriger der Bundespolizeiabteilung B. im Zuständigkeitsbereich der Direktion Bundesbereitschaftspolizei und wird als Polizeivollzugsbeamter auf einem nach A 7-9mZ bewerteten Dienstposten eingesetzt. Er trat am 2. Oktober 1995 in den Bundespolizeidienst ein und schloss die Laufbahnprüfung am 27. März 1998 ab. Seitdem ist er der Bundespolizeiabteilung B. zugeordnet. Die letzte Beförderung zum PHM erfolgte mit Wirkung vom 28. April 2015. In seinem aktuellen Leistungsnachweis vom 11. Januar 2016, der den Beurteilungszeitraum 1. Oktober 2014 bis 30. September 2015 abdeckt, erhielt er die Gesamtnote 6 auf einer neunstufigen Notenskala.
Mit Formblattantrag vom 21. Dezember 2015 bewarb sich der Antragsteller unter anderem um einen mit Funktionsausschreibung bei der Bundespolizeiakademie vom 21. Dezember 2015 Nr. BPOLAK … ausgeschriebenen Dienstposten eines Bearbeiters Organisationsbüro (BesGr. A 7-9mZ) im mittleren Polizeivollzugsdienst bei der Bundespolizeiakademie Lübeck, Bundesaus- und fortbildungszentrum O. Dienstort B. In den Anmerkungen der Stellenausschreibung heißt es unter anderem: „Eine vorrangige Berücksichtigung von Umsetzungsbewerbern gem. Ziffer 7.4 Personalentwicklungskonzept erfolgt nach mindestens 10 Jahren in der Erstverwendung, wenn diese durchgängig auf einem Dienstposten in der gleichen Dienststelle erfolgte. Abordnungen, vorübergehende Umsetzungen, Beauftragungen und eine inhaltlich gleiche Übertragung eines Dienstpostens z. B. als Kontroll-/Streifenbeamter oder als Polizeivollzugsbeamter in Einsatzeinheiten oder im Rahmen der Neuorganisation unterbrechen die Erstverwendung nicht.
Der Beigeladene ist als Ermittlungsbeamter im Statusamt eines Polizeihauptmeisters (Besoldungsgruppe A 9mZ BBesO) bei der Bundespolizeidirektion M., Bundespolizeiinspektion F. zur Bundespolizeiinspektion K.abgeordnet. Er erzielte in seiner letzten dienstlichen Beurteilung ein Gesamtergebnis von 9 Punkten.
Dem Stellenbesetzungsvermerk der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2016 ist zu entnehmen: Die ausgeschriebene Funktion „Bearbeiter Auswahldienst“ sei keine erste Folgeverwendung im Sinne der Ziffer 9.1.1.2 des Personalentwicklungskonzeptes (PEK), welches in der Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes nach einer Erstverwendung in der Bundesbereitschaftspolizei grundsätzlich eine Folgeverwendung als Kontroll- und Streifenbeamtin/-beamter bzw. als Polizeivollzugsbeamtin/-beamter bei einer Mobilen Kontroll- und Überwachungseinheit vorsehe. Im Sinne des PEK seien daher Umsetzungsbewerber, die sich zehn oder mehr Jahre in ihrer Erstverwendung befänden, nicht vorrangig für Stabsverwendungen zu berücksichtigen. Insoweit handele es sich bei der unter „Anmerkungen“ eingefügten Formulierung in der Stellenausschreibung um ein redaktionelles Versehen. Die Auswahlentscheidung sei ausschließlich nach Eignung, Leistung und Befähigung auf Grundlage der persönlichen Voraussetzungen der Bewerber im Abgleich mit dem Anforderungsprofil sowie der aktuellen Leistungsnachweise zum Stichtag 1. Oktober 2015 getroffen worden.
Für die in Rede stehenden vier Funktionen hätten sich 197 Beamte des mittleren Polizeivollzugsdienstes, darunter auch der Antragsteller sowie die – letztlich ausgewählten – Beigeladenen, beworben. Von den 191 Bewerbern, welche zu berücksichtigen seien und die obligatorischen Anforderungsmerkmale erfüllten, erfolge die Auswahl anhand der Gesamturteile der aktuellen Beurteilungsnoten. Der Antragsteller gehört dabei zu einer Gruppe von 188 Bewerbern, welche im gleichen statusrechtlichen Amt ungünstiger beurteilt worden seien oder im niedrigeren Statusamt allenfalls dieselbe Note erreicht hätten wie eine Gruppe von 3 Bewerbern, aus welcher nach einer erfolgten Binnendifferenzierung anhand der Kriterien „Qualität und Verwertbarkeit“, „Fachkenntnisse“, „Zuverlässigkeit“ und „Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln“ sowie unter Berücksichtigung der Gesamtnote der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2014 der Beigeladene als bestgeeigneter Bewerber ausgewählt wurde.
Mit Schreiben vom 18. März 2016 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung bei der Besetzung der ausgeschriebenen Funktionen nicht habe berücksichtigt werden können. Es sei beabsichtigt, die Funktion mit dem Beigeladenen zu besetzen.
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 12. April 2016 ließ der Antragsteller hiergegen Widerspruch einlegen und mit Telefax seiner Bevollmächtigten vom gleichen Tag beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth beantragen,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, die in der Funktionsausschreibung BPOLAK … ausgeschriebene Stelle als Bearbeiter Organisationsbüro Besoldungsgruppe A 7-9mZ an der Bundespolizeiakademie Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum O. Dienstort B. zu besetzen oder einem anderen Bewerber zu übertragen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund der bevorstehenden Stellenübertragung, die – insbesondere auch im Fall einer zwischenzeitlich erfolgten Beförderung – nicht mehr rückgängig zu machen sei bzw. die dem ausgewählten Bewerber jedenfalls die Erlangung eines Bewährungsvorsprungs ermöglichen würde, Eilbedürftigkeit und mithin ein Anordnungsgrund gegeben sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stelle bei gebündelten Dienstposten ein im Bündelbereich dem Statusamt des Bewerbers entsprechender Dienstposten zwar keinen höheren Dienstposten dar, die Antragsgegnerin habe sich jedoch ausweislich des derzeit bekannten Sachverhalts auf die Anwendung des Leistungsgrundsatzes festgelegt. Ein Anordnungsanspruch folge aus der Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers. Die Ausschreibung verweise auf Ziffer 7.4 des Personalentwicklungskonzepts der Antragsgegnerin, wonach eine vorrangige Berücksichtigung von Umsetzungsbewerbern bei mehr als zehnjähriger Erstverwendung zwingend erfolge. Der Antragsteller erfülle dieses Kriterium, so dass er vorrangig zu berücksichtigen gewesen wäre. Auch wenn es sich vorliegend bei der Stellenbesetzung im Rahmen der Neugründung einer Behörde nicht um eine Umsetzung im Rechtssinne handele, führe die Antragsgegnerin Ziffer 7.4 des Personalentwicklungskonzepts in der Ausschreibung auf und wende sie offenbar auch bei Versetzungsentscheidungen an. Die Antragsgegnerin habe sich somit auf das Verfahren der zwingenden vorrangigen Berücksichtigung festgelegt. Es sei nicht bekannt, inwieweit es sich bei den ausgewählten Bewerbern um Umsetzungsbewerber mit mindestens zehnjähriger Erstverwendung handele. Bei korrekter Anwendung der aufgezeigten Grundsätze könne auch zwischen solchen eine Auswahlentscheidung nach Leistungskriterien zu treffen sein. Es sei davon auszugehen, dass bei einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung von Ziffer 7.4 des Personalentwicklungskonzepts eine Auswahl des Antragstellers wahrscheinlich gewesen wäre. Im Übrigen werde die ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung bestritten.
Mit Beschluss des Vorsitzenden vom 12. April 2016 wurde der Beigeladene zum Verfahren beigeladen.
Die Antragsgegnerin erwiderte unter dem 21. April 2016 und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Es könne dahinstehen, ob der Antragsteller angesichts der Funktionsausschreibung einen Anordnungsgrund geltend machen könne, da ihm jedenfalls kein Anordnungsanspruch zustehe. Nach Ziffern 9.1.1 ff. des Personalentwicklungskonzepts in der Bundespolizei sei für die berufliche Entwicklung im mittleren Polizeivollzugsdienst nach einer Erstverwendung bei der Bundespolizeidirektion Bundesbereitschaftspolizei grundsätzlich eine Folgeverwendung als Kontroll-/Streifenbeamtin/-beamter oder Polizeivollzugsbeamtin/-beamter in einer mobilen Kontroll- und Überwachungseinheit vorgesehen, so dass eine Verwendung als Bearbeiter/-in im Lehrbereich eines Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrums als erste Folgeverwendung nicht in Betracht komme. Im Ausschreibungstext handele es sich insoweit um ein redaktionelles Versehen, was im Rahmen der Auswahlentscheidung entsprechend berücksichtigt worden sei. Die Auswahlentscheidung sei ausschließlich nach Eignung, Leistung und Befähigung der Bewerber erfolgt. Der Antragsteller werde in dem anhand der aktuellen Beurteilungen durchgeführten Ranking auf Rang 107 geführt, die Beigeladenen seien mit höheren Gesamtnoten deutlich besser beurteilt worden. Der Personalrat, die Gleichstellungsbeauftragte und der Schwerbehindertenvertreter seien ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Gleichstellungsbeauftragte habe mit Schreiben vom 9. März 2016 keine Einwände erhoben, der Gesamtpersonalrat bei der Bundespolizeiakademie habe seine Zustimmung zu der Auswahlentscheidung mit Schreiben vom 18. März 2016 erteilt. Auch der Schwerbehindertenvertreter habe mit E-Mail vom 21. März 2016 keine Einwendungen erhoben.
Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2016 nahmen die Bevollmächtigten des Beigeladenen Stellung und führten aus, sowohl der Beigeladene als auch der Antragsteller erfüllten das zwingende Anforderungsprofil der Stellenausschreibung. Der Beigeladene sei in der zugrunde gelegten letzten dienstlichen Beurteilung mit 9 Punkten bewertet worden und sei deshalb als bestgeeigneter Bewerber aus der Bewerberauswahl hervorgegangen. Der Antragsteller sei lediglich mit 6 Punkten bewertet worden und werde auf der Auswahlliste daher auf Rang 93 geführt. Entgegen der Vermutung des Antragstellers handele es sich nicht um eine Versetzungs-/Umsetzungsentscheidung.
Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2016 trugen die Bevollmächtigten des Antragstellers vor, es sei unerheblich, ob es sich bei dem Kriterium der vorrangigen Berücksichtigung von Umsetzungsbewerbern um ein redaktionelles Versehen gehandelt habe und dieses wegen Fehlens des Merkmals der Folgeverwendung im Fall des Antragstellers für diesen nicht gelte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Inhalt und Bindungswirkung des in einer Stellenausschreibung enthaltenen Anforderungsprofils durch eine am Empfängerhorizont potenzieller Bewerber orientierte Auslegung zu ermitteln. Der Antragssteller erfülle unstreitig das Kriterium der zehnjährigen Erstverwendung. Unter Auslegung nach dem Empfängerhorizont sei der Antragsteller nach dem Kriterium „Umsetzungsbewerber“ aufgrund des Personalentwicklungskonzepts der Antragsgegnerin auszuwählen. Eine Einschränkung, wie sie die Antragsgegnerin nunmehr verstehe, enthalte die Ausschreibung nicht. Die Antragsgegnerin sei an das aufgestellte Anforderungsprofil gebunden.
Die Antragsgegnerin nahm hierzu unter dem 20. Mai 2016 Stellung. Es sei bereits fraglich, ob die vom Antragsteller bemühte Anmerkung als Anforderungsprofil im Sinne der genannten Rechtsprechung anzusehen sei. Diese dem Personalentwicklungskonzept der Antragsgegnerin entnommene Bevorzugung von Umsetzungsbewerbern sei nicht bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt worden. Selbst für den Fall, dass dies erfolgt wäre, sei es sehr unwahrscheinlich, dass der Antragsteller, welcher auf Platz 93 des Rankings liege, ausgewählt worden wäre. Zu zahlreichen Bewerbern enthalte die Gesamtübersicht keine Eintragung, ob es sich um Umsetzungsbewerber handele. Um eine Bewerberauswahl nach dem Prinzip der Bestenauslese unter Umsetzungsbewerbern durchzuführen, müssten nochmals sämtliche Stammdaten erhoben und ausgewertet werden. Da dieses Kriterium jedoch nicht zugrunde gelegt worden sei, habe eine entsprechende Datenerhebung entfallen können.
Der Beigeladene schloss sich mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016 den Ausführungen der Antragsgegnerin an.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
a) Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Vorliegend begehrt er die Freihaltung der ausgeschriebenen und mit dem Beigeladenen zu besetzenden Stelle. Dabei handelt es sich um einen sogenannten gebündelten Dienstposten, der mit A 7-9mZ bewertet ist. Der Antragsteller selbst befindet sich im Statusamt eines Polizeihauptmeisters in der Besoldungsgruppe A 9. Er wird derzeit auf einem ebenfalls mit A7-9mz bewerteten Dienstposten eingesetzt. Der streitbefangene Dienstposten kann somit – insbesondere bei einer derart großen Behörde wie der Bundespolizei – jederzeit durch Versetzung oder Umsetzung des Beigeladenen wieder freigemacht werden. Dieser hat seinerseits keinen Anspruch auf ein bestimmtes Amt im konkret-funktionellen Sinn. Ebenso kann der Antragsteller jederzeit auf einen der streitbefangenen Dienstposten umgesetzt werden (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2014 – 3 CE 13.2202 – juris Rn. 21; B.v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris Rn. 32). Insoweit erweist sich die Besetzung der ausgeschriebenen Stellen mit dem Beigeladenen nicht als irreversibel, so dass dem Antragsteller kein Rechtsverlust droht, sollte sich in einem Hauptsacheverfahren die Rechtsfehlerhaftigkeit der getroffenen Auswahl- und Besetzungsentscheidung herausstellen.
Ein Anordnungsgrund lässt sich – entgegen der Ansicht des Antragstellers – darüber hinaus auch nicht mit der Erlangung eines etwaigen Bewährungsvorsprungs des Beigeladenen auf dem in Rede stehenden Dienstposten begründen, da es insoweit bereits an der dafür erforderlichen Konkurrenzsituation zwischen Beförderungsbewerbern fehlt (vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2008 – 3 CE 08.2643 – juris Rn. 29; SächsOVG, B.v. 13.11.2013 – 2 B 347/13 – juris Rn. 10 ff.). Zwar ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin sich – wie von ihr selbst vorgetragen – vorliegend auf die unterschiedslose Anwendung des Maßstabs des Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) und des damit einhergehenden Grundsatzes der Bestenauslese auf sämtliche Bewerber festgelegt hat, die Verwendung des Beigeladenen auf einem dem streitgegenständlichen Dienstposten kann diesem jedoch im Verhältnis zum Antragsteller keinen Vorteil in Bezug auf eine mögliche zukünftige Beförderung vermitteln. Der Beigeladene befinde sich bereits im Statusamt eines Polizeihauptmeisters mit der Besoldungsgruppe A 9mZ und damit im höchsten von der Bündelung des in Streit stehenden Dienstpostens erfassten Statusamt. Einen Erfahrungs- bzw. Bewährungsvorsprung zulasten des Antragstellers kann der Beigeladene somit nicht erlangen.
b) Darüber hinaus fehlt es auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Insbesondere kann der Antragsteller keine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs geltend machen.
aa) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Jeder Bewerber hat damit einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung des dargelegten Grundsatzes trifft und nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194).
Die für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind dabei regelmäßig auf aussagekräftige, also hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen zu stützen (vgl. BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11; B.v. 5.9.2007 – 2 BvR 1855/07, NVwZ-RR 2008, 433; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09, a. a. O.; BayVGH, B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771). Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (vgl. BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 – 2 C 16/09, a. a. O.; Urteil vom 17.8.2005 – 2 C 37/04, a. a. O.), denen für die Frage der Eignung und Befähigung eines Beamten besondere Bedeutung zukommt. Sie dienen vornehmlich dem Zweck, Grundlage für am Leistungsgrundsatz orientierte Entscheidungen über die Verwendung der Beamten, insbesondere auf Beförderungsdienstposten, zu sein. Sie sind deshalb besonders gut geeignet, weil sie auf einheitlichen Richtlinien beruhen (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2000 – 3 CE 99.3309, BayVBl 2001, 214; B.v. 24.9.1996 – 3 CE 96.2023). Die somit im Stellenbesetzungsverfahren grundsätzlich heranzuziehenden dienstlichen Beurteilungen müssen den zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (noch) aktuellen Zustand wiedergeben.
Eine Verletzung dieser Grundsätze liegt offensichtlich bereits deshalb nicht vor, weil der Antragsteller in seiner letzten dienstlichen Beurteilung mit einem Gesamturteil von 6 Punkten bewertet wurde, während der Beigeladene mit 9 Punkten bewertet wurde. Der Beigeladene weist damit einen erheblichen Leistungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller auf, so dass – auch vor dem Hintergrund, dass eine große Zahl weiterer Bewerber ebenfalls wesentlich besser als der Antragsteller beurteilt wurden – eine Auswahl des Antragstellers unter Leistungsgesichtspunkten nicht in Betracht kommt. Fehler in der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Auswahlentscheidung nach Leistungsgesichtspunkten sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
bb) Auch, soweit der Antragsteller geltend macht, dass eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darin liege, dass die Antragsgegnerin ihn entgegen der diesbezüglichen Aussage in der Stellenausschreibung nicht gem. Ziff. 7.4 des Personalentwicklungskonzepts für die Bundespolizei (PEK) nicht vorrangig berücksichtigt habe, kann er damit nicht durchdringen. Es ist aus Sicht der Kammer bereits zweifelhaft, ob es sich bei dem Verweis auf Ziff. 7.4 PEK in der Funktionsausschreibung um ein Anforderungsprofil handelt, das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer am objektiven Empfängerhorizont orientierten Auslegung aus Sicht potentieller Bewerber zugänglich ist und insoweit eine Bindungswirkung entfaltet (siehe hierzu etwa BVerwG, B.v. 19.12.2014 – 2 VR 1/14 – IÖD 2015, 38 – juris Rn. 27 ff.). Hiergegen spricht schon die Stellung der den Verweis enthaltenden Passage des Ausschreibungstexts unter der Rubrik „Anmerkungen“. Überdies ergibt sich das der Stellenausschreibung zugrunde liegende Anforderungsprofil aus den insoweit ausdrücklich als solchen bezeichneten konstitutiven (obligatorischen) Anforderungen sowie den nicht konstitutiven (fakultativen) Anforderungen, welche unter diesen Rubriken mit a) bis e) angegeben sind. Eine Bindungswirkung kommt den Hinweisen zur vorrangigen Berücksichtigung von Umsetzungsbewerbern damit nicht zu. Im Übrigen würde dies, wie von der Antragsgegnerin dargelegt, anderen Regelungen des PEK (insbesondere Ziff. 9.1.1 und der dort vorgesehenen beruflichen Entwicklung im mittleren Polizeivollzugsdienst) widersprechen. Schließlich bestehen zumindest auch gewisse daran, dass er auch bei einem – nach seinen Vorstellungen ordnungsgemäßen – Auswahlverfahren unter Berücksichtigung von Ziff. 7.4 PEK eine realistische Auswahlchance gehabt hätte. Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann nach herrschender Rechtsprechung eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris Rn. 32). Auch wenn die vorgelegte Auswahlakte lediglich bei einem von 197 Bewerbern eine Angabe dazu enthält, ob es sich um einen „Umsetzungsbewerber“ im oben dargestellten Sinne handelt, erscheint es mit Blick auf den Rang des Antragstellers (Platz 93) nicht sehr wahrscheinlich, dass er bei einer wiederholten Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung von Ziff. 7.4 PEK für den streitgegenständlichen Dienstposten ausgewählt würde.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da sich der Beigeladene keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
3. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Streitwert nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 16.4.2013 -6 C 13.284 – juris; B.v. 22.4.2013 – 3 C 13.298 – juris) auch im Eilverfahren mit dem vollen Regelstreitwert zu bemessen ist.


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