Verwaltungsrecht

Antrag auf Zulassung einer Berufung- Planstelleneinweisung und Schadlosstellung

Aktenzeichen  6 ZB 18.2341

Datum:
7.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13805
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG § 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2
WBO § 6 Abs. 1, § 17 Abs. 3
BGB § 839 Abs. 3
VwGO § 86 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Der soldatenrechtliche Schadensersatzanspruch hat seinen Rechtsgrund im Soldatenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Soldatenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Referenzgruppenbildung, mit der der Anspruch von beurlaubten Soldaten auf leistungsgerechte Einbeziehung in anstehende Auswahlentscheidungen erfüllt werden soll, ist eine (anfechtbare und anzufechtende) truppendienstliche Maßnahme i.S.d. § 17 Abs. 3 WBO. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Bestandskraft soldatenrechtlicher Maßnahmen, die sämtlich mit fristgebundenen Rechtsbehelfen nach der Wehrbeschwerdeordnung angefochten werden können, darf nicht durch ihre inzidente Prüfung im Rahmen anderer Rechtsbehelfsverfahren unterlaufen werden. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4 Ein Soldat verstößt gegen § 839 Abs. 3 BGB analog, wenn er untätig bleibt, obwohl er etwa aufgrund des Zeitablaufs Zweifel daran hegte, dass die Beklagte ein tragfähiges System zur Nachzeichnung seiner Laufbahn bereitgestellt hat, das Referenzgruppenmodell fehlerhaft angewandt haben oder die Umsetzung des maßgeblichen Zentralerlasses nicht zutreffend gehandhabt haben könnte. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 21 K 16.5461 2018-09-17 Ent VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 17. September 2018 – M 21 K 16.5461 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 36.324,60 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg.
Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist‚ greifen nicht durch (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Der Kläger, ein seit dem 1. April 2016 im Ruhestand befindlicher Oberstleutnant (Besoldungsgruppe A14), begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass er während der Zeit seiner Beurlaubung im dienstlichen Interesse (Wahrnehmung einer hauptberuflichen Tätigkeit bei der „NETMA“ (NATO Eurofighter 2000 and Tornado Management Agency)) einen Anspruch auf eine förderliche Versetzung und die entsprechende Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A15 gehabt hätte. Darüber hinaus erstrebt mit seiner Klage, im Wege des Schadensersatzes status-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt vor seiner Antragstellung am 11. September 2015 auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A15 förderlich versetzt und in eine Planstelle dieser Besoldungsgruppe eingewiesen worden. Er macht geltend, die Beklagte habe seinen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die in dieser Zeit erfolgten Verwendungsentscheidungen verletzt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und abgewiesen. An der Zulässigkeit der Feststellungsanträge bestünden Bedenken, da es am erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehle. Der Streit um eine fiktive förderliche Versetzung und Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A15 habe sich bereits vor Klageerhebung durch die Ruhestandsversetzung des Klägers zum 31. März 2016 erledigt. Ein Präjudizinteresse sei nicht gegeben, da der Kläger einen Schadensersatzprozess nicht mehr beabsichtige, sondern bereits betreibe. Die Frage könne jedoch dahinstehen, weil die Klage jedenfalls unbegründet sei. Zum Einen hätte der Kläger schon weit vor dem 11. September 2015 eine förderliche Versetzung auf eine Planstelle der Besoldungsgruppe A15 geltend machen müssen, um dem Vorrang des Primärrechtsschutzes nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB Genüge zu tun. Im Übrigen fehle es für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch bereits an einer (schuldhaften) Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers. Denn das im vorliegenden Fall anzuwendende Referenzgruppenmodell, mit dem der Anspruch von beurlaubten Soldaten auf leistungsgerechte Einbeziehung in anstehende Auswahlentscheidungen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich erfüllt werde, sei fehlerfrei angewendet worden. Darüber hinaus müsse sich der Kläger, selbst wenn man eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers annehmen würde, ein anspruchsausschließendes Mitverschulden gemäß § 254 BGB anrechnen lassen, da er an seiner Dienstzeitverkürzung durch Zustimmung zu seiner vorzeitigen Ruhestandsversetzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SKPersStruktAnpG zum eigenen Schaden mitgewirkt habe.
2. Ist die erstinstanzliche Entscheidung demnach selbständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, ist eine Zulassung der Berufung nur gerechtfertigt, wenn im Hinblick auf jeden der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund dargelegt wird und gegeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2018 – 6 ZB 17.956 – juris Rn. 3 m.w.N.). Daran fehlt es. Denn hinsichtlich des zweiten Begründungsstrangs (keine schuldhafte Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs) zeigt der Kläger keinen Zulassungsgrund auf.
a) An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch darauf hat, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als ob er bereits ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt vor seiner Antragstellung am 11. September 2015 auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A15 fiktiv förderlich versetzt und in eine entsprechende Planstelle eingewiesen worden wäre. Der Kläger hält den Erwägungen des Verwaltungsgerichts nichts Stichhaltiges entgegen, das weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte.
Rechtsgrundlage für das vom Kläger geltend gemachte Begehren ist der soldatenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieser findet seinen Rechtsgrund im Soldatenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Soldatenverhältnis folgenden Pflichten entstehen (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 12.14 – juris Rn. 9 zum Beamtenrecht). Ein Soldat kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Soldaten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Soldaten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7.09 – juris Rn. 15; U.v. 19.3.2015 – 2 C 12.14 – juris Rn. 12).
Gemessen an diesem Maßstab ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zusteht. Denn die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl gemäß Art. 33 Abs. 2 GG nicht verletzt.
Ohne Erfolg bleibt die Rüge, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Referenzgruppenmodell fehlerfrei angewendet worden sei. Der Kläger legt zwar ausführlich dar, dass das Verwaltungsgericht aus seiner Sicht eine fehlerfreie Anwendung der Verfahrenserlasse nicht habe feststellen können, da es sich die entsprechenden Unterlagen über Bildung und Zusammensetzung der für den Kläger gebildeten Referenzgruppe nicht habe vorlegen lassen. Daraus ergeben sich jedoch keine ernstlichen Zweifel an der gerichtlichen Entscheidung, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre. Der Kläger übersieht insoweit, dass die Referenzgruppenbildung in Bestandskraft erwachsen und eine inzidente Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit durch das Verwaltungsgericht damit vorliegend ausgeschlossen ist. Etwaige Fehler bei der Bildung der Referenzgruppe können vom Kläger daher nicht mehr geltend gemacht werden (s.a. BVerwG, B.v. 7.11.1991 – 1 WB 160.90 – juris Rn. 11).
Die Bildung einer Referenzgruppe und die Zuteilung eines Rangplatzes hierin ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein bloß vorbereitendes Element innerdienstlicher Willensbildung, sondern die für die Rechtsposition des freigestellten/beurlaubten Soldaten maßgebliche Entscheidung, die seine künftige berufliche Entwicklung und seine Chancen auf eine höherwertige Verwendung und Beförderung weitgehend determinieren. Sobald und solange die Betrachtung auf der Grundlage der Referenzgruppe erfolgt, ist das Fortkommen des freigestellten/beurlaubten Soldaten nicht mehr von eigenen Leistungen, sondern allein davon abhängig, dass die Anzahl der Auswahlentscheidungen zugunsten anderer Angehöriger der Referenzgruppe seinen Rangplatz erreicht. Die wesentliche und vorentscheidende Weichenstellung für die Verwirklichung des Rechts des freigestellten/ beurlaubten Soldaten auf ein Fortkommen nach Eignung, Befähigung und Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) erfolgt damit über die Referenzgruppenbildung, während das nachfolgende Verfahren der Umsetzung nur noch gleichsam automatisch die Konsequenz zieht, die sich für ihn aus den Auswahlentscheidungen zugunsten anderer Angehöriger der Referenzgruppe ergeben.
Daher stellt die Bildung der Referenzgruppe eine (anfechtbare und anzufechtende) truppendienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 WBO dar (vgl. BVerwG, B.v. 3.8.2017 – 1 WB 28.16 – juris Rn. 18 ff.; B.v. 4.5.2017 – 1 WB 5.16 – juris Rn. 21 ff.; B.v. 14.12.2018 – 1 WB 32.18 – juris Rn. 10). Mit der Anfechtbarkeit der Referenzgruppenbildung kann der freigestellte/beurlaubte Soldat die wesentliche materielle Vorentscheidung für seine berufliche Entwicklung während der Freistellung/ Beurlaubung zu einem frühen Zeitpunkt einer Überprüfung unterziehen, in dem sich mögliche Fehler in der Regel noch folgenlos beheben lassen (vgl. zur Verwirkung auch BVerwG, B.v. 25.6.2014 – 2 B 1.13 – juris Rn. 27). Zugleich werden spätere Streitigkeiten um die fiktive Versetzung oder die Beförderung vermieden oder jedenfalls deutlich entlastet, weil es sich insoweit nur noch um Fragen der korrekten Umsetzung nach Maßgabe der Referenzgruppe handeln kann.
Kennzeichnend für den Rechtsschutz der Soldaten ist, dass sämtliche Rechtsbehelfe nach der für sie maßgeblichen Wehrbeschwerdeordnung einer Frist unterliegen. Wird innerhalb dieser Frist kein Rechtsbehelf eingelegt, wird die Maßnahme unanfechtbar und damit bestandskräftig. Die Bestandskraft kann auch nicht durch eine inzidente Überprüfung in anderen Rechtsbehelfsverfahren etwa vor dem Verwaltungsgericht (§ 23 Abs. 1 WBO) unterlaufen werden (vgl. BVerwG, B.v. 23.2.2010 – 1 WB 36.09 – juris Rn. 58 zur dienstlichen Beurteilung der Soldaten). Nach § 6 Abs. 1 WBO muss die Beschwerde innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Ist für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe vorgeschrieben, beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.2013 – 1 WB 43.12 – juris Rn. 30). Die Förderung von im öffentlichen Interesse beurlaubten Soldatinnen und Soldaten ist gemäß Zentralerlass B-1336/2 in sinngemäßer Anwendung des Zentralerlasses B-1336/2 (Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten) vorzunehmen. Nr. 605 Satz 5 Zentralerlass B-1336/2 bestimmt, dass die beurlaubte Person über die Bildung bzw. Änderung der Referenzgruppe, deren Größe und ihre Platzierung aktenkundig zu informieren ist.
Der Kläger wurde mit Schreiben des Personalamtes der Bundeswehr vom 29. Juni 2011 auf die für ihn geltenden Grundlagen der Förderung für die Zeit seiner Beurlaubung hingewiesen. Das Schreiben schließt mit dem Absatz: „Der Amtschef des Personalamtes hat am 13.05.2011 die Referenzgruppe für Sie gebilligt. In dieser befinden sich außer Ihnen noch neun weitere Soldatinnen/Soldaten. Sie belegen in dieser Referenzgruppe den 1. Rangplatz.“ Das Schreiben wurde dem Kläger am 6. Juli 2011 durch seinen P-Referenten im persönlichen Gespräch eröffnet.
Damit hat der Kläger an diesem Tag in der von der maßgeblichen Verwaltungsvorschrift vorgeschriebenen Form im Sinn von § 6 Abs. 1 WBO Kenntnis vom Beschwerdeanlass erhalten. Dem steht nicht entgegen, dass – wie der Kläger rügt – die Mitglieder der Referenzgruppe nicht namentlich mitgeteilt worden sind und ihm deshalb eine vollständige Überprüfung, ob die Gruppe ordnungsgemäß gebildet wurde, ohne weitere Informationen nicht möglich war. In solchen Fällen ist ein Soldat, der sich die Möglichkeit der Überprüfung in einem Rechtsbehelfsverfahren offenhalten möchte, gehalten, zunächst ohne Information über die näheren Gründe der Maßnahme fristwahrend Beschwerde einzulegen. Darin liegt keine unzumutbare Erschwerung des Rechtsschutzes, weil die Beschwerde auch ohne Begründung wirksam eingelegt werden kann und mit ihr – im Fall des Misserfolgs oder der Rücknahme – keine Kostenrisiken verbunden sind (vgl. BVerwG, B.v. 4.5.2017 – 1 WB 5.16 – juris Rn. 34 m.w.N.).
Da der Kläger innerhalb der Monatsfrist keine Beschwerde eingelegt hat, ist die Referenzgruppenbildung in Bestandskraft erwachsen (BVerwG, B.v. 11.12.2014 – 1 WB 6.13 – juris Rn. 47). Die Wirkung der Bestandskraft ist nicht nur die formelle Unanfechtbarkeit der Referenzgruppenbildung mit Rechtsbehelfen. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestandskraft der insoweit durchaus vergleichbaren dienstlichen Beurteilungen der Soldaten kommt die materielle (Tatbestands-)Wirkung dazu, dass das von der Bestandskraft erfasste Ergebnis der Referenzgruppenbildung, wie hier insbesondere die personelle Zusammensetzung der Gruppe, die Anzahl der darin aufgenommenen Offiziere und deren Reihung, ohne inzidente Überprüfung zur Grundlage für andere Entscheidungen, insbesondere im Rahmen von Auswahlverfahren, genommen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 23.2.2010 – 1 WB 36.09 – juris Rn. 49, 58). Dafür sprechen auch materielle Erwägungen. Das Rechtsschutzsystem der Wehrbeschwerdeordnung gewährt dem Soldaten umfassenden Rechtsschutz innerhalb des Wehrdienstverhältnisses. Zugleich ist es auf eine zügige Klärung und Befriedigung und auf die baldmögliche Herstellung von Rechtssicherheit angelegt (vgl. BVerwG, B.v. 23.2.2010 – 1 WB 36.09 – juris Rn. 62).
Hiervon ausgehend blieb lediglich die Frage zu klären, ob der Kläger nach Maßgabe der maßgeblichen Erlasse B 1336/1 und B 1336/2 verfahrensfehlerfrei in die erfolgten Bewerberauswahlverfahren einbezogen worden ist. Diese Frage hat das Verwaltungsgericht zu Recht bejaht. Die Praxis der Beklagten, eine Referenzgruppe zu bilden und den Zeitpunkt der förderlichen Verwendung eines freigestellten/beurlaubten Soldaten nach dessen Rang und der Zahl der innerhalb der Referenzgruppe erfolgenden Verwendungsentscheidungen zu bestimmen, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. OVG RP, U.v. 15.11.2013 – 10 A 10545/13 – juris Rn. 41). Nach Mitteilung der Beklagten, an deren Richtigkeit weder das Verwaltungsgericht noch der erkennende Senat Anlass zu Zweifeln hatte und die durch die ergänzenden Ausführungen der Beklagten im Zulassungsverfahren bestätigt wurde, ist im maßgeblichen Zeitraum kein Mitglied der den Kläger betreffenden Referenzgruppe in die Ebene A15 befördert worden. Nach der geltenden Erlasslage (Zentralerlasse B-1336/1 und B-1336/2) wäre aber – was der Kläger einräumt – die Beförderung wenigstens eines der neben dem Kläger in der Referenzgruppe befindlichen Offiziers Voraussetzung für eine (fiktive) Versetzung des Klägers auf einen Dienstposten der Dotierung A15 gewesen (Nrn. 601 u. 602 ZE B 1336/2). Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht festgestellt, dass dem Kläger bereits mangels einer schuldhaften Verletzung einer ihm gegenüber zu erfüllenden Dienstherrenpflicht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zusteht.
b) Es liegt auch kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung, es fehle an der erforderlichen Verletzung einer Dienstherrenpflicht, beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Dem Verwaltungsgericht musste sich – unabhängig von der eingetretenen Bestandskraft -eine Beweiserhebung weder zur Frage der Rechtmäßigkeit der im Jahr 2011 gebildeten Referenzgruppe des Klägers noch im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten aufdrängen, es sei im maßgeblichen Zeitraum kein Mitglied dieser Gruppe auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A15 eingewiesen bzw. befördert worden.
Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, B.v. 16.4.2012 – 4 B 29.11 – BayVBl 2012, 640; BayVGH, B.v. 9.3.2016 – 6 ZB 15.622 – juris Rn. 15). Der anwaltlich vertretene Kläger hätte in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) zu Protokoll stellen können (vgl. § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO); das ist jedoch ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 17. September 2018 nicht geschehen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 5.12.2018 – 5 B 30.18 – juris Rn. 7 m.w.N.).
Die Tatsache‚ dass ein Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde‚ wäre nur dann unerheblich‚ wenn sich dem Gericht auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist jedoch nur dann erfolgreich‚ wenn sie schlüssig aufzeigt‚ dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen. Das ist hier nicht der Fall.
3. Ist demnach für eine der tragenden (Haupt-)Erwägungen des Verwaltungsgerichts (keine schuldhafte Verletzung einer Dienstherrenpflicht) kein Zulassungsgrund dargelegt, können die übrigen Rügen von vornherein die Zulassung der Berufung nicht rechtfertigen. Abgesehen davon würden die Einwände der Klägerin gegen die weiteren Begründungsstränge des Verwaltungsgerichts (keine rechtzeitige Geltendmachung des vermeintlichen Anspruchs auf fiktive Versetzung/Gedanke des § 839 Abs. 3 BGB bzw. Mitverschulden des Klägers) ebenfalls nicht durchgreifen.
Nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und in zumutbarem Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat (BVerwG, B.v. 3.11.2014 – 2 B 24.14 – juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 26.6.2018 – 6 ZB 17.2287 – juris Rn. 5; 12.9.2017 – 6 ZB 17.587 – juris Rn. 14). In Anwendung dieses Grundsatzes hat das Verwaltungsgericht zu Recht den geltend gemachten Anspruch auch deshalb verneint, weil der Kläger bis zum 11. September 2015, also ein halbes Jahr vor seinem vorzeitigen Ruhestand, überhaupt keine Anstrengungen unternommen hat, um gegen die etwaig rechtswidrig unterbliebene Beförderung die erforderlichen Schritte einzuleiten und die dafür zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Es wäre ihm möglich und zumutbar gewesen, einen entsprechenden Antrag bei seinem Dienstherrn deutlich früher zu stellen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger aufgrund der Wirkung des Referenzgruppenmodells grundsätzlich davon ausgehen durfte, ohne weiteres fiktiv versetzt zu werden, sobald die Zahl der Verwendungsentscheidungen seinen Rangplatz erreichte, d. h. sobald auch nur einer der in der Gruppe befindlichen Offiziere zur förderlichen Versetzung heranstehen würde. Denn er hätte ungeachtet dessen jedenfalls dann Anlass gehabt, von sich aus tätig zu werden und einen entsprechenden Antrag zu stellen, wenn er etwa aufgrund des Zeitablaufs Zweifel daran hegte, dass die Beklagte ein tragfähiges System zur Nachzeichnung seiner Laufbahn bereitgestellt hat, das Referenzgruppenmodell fehlerhaft angewandt haben oder die Umsetzung des maßgeblichen Zentralerlasses nicht zutreffend gehandhabt haben könnte. Auf die Frage eines Mitverschuldens des Klägers durch Zustimmung zur vorzeitigen Ruhestandsversetzung kommt es nicht mehr an.
4. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht gegeben. Es liegt weder ein besonders unübersichtlicher noch ein besonders schwierig zu ermittelnder Sachverhalt vor. Auf die mit dem Zulassungsgrund angesprochenen Gesichtspunkte hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Referenzgruppenbildung kommt es aus den oben genannten Gründen nicht an. Die mit dem weiteren Vortrag aufgeworfenen Fragen lassen sich ohne weiteres aufgrund der gesetzliche Regelungen und der dazu vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten und bedürfen nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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