Verwaltungsrecht

Asylrecht, Herkunftsland: Irak, Ablehnung als offensichtlich unbegründet, Medizinische Behandlung

Aktenzeichen  M 4 S 21.32479

Datum:
4.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2309
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 30
AsylG § 36 Abs. 3
§ 60a Abs. 2c AufenthG.

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 19. November 2021 gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge als offensichtlich unbegründet mit Bescheid vom 10. November 2021.
Die Antragsteller sind irakische Staatsangehörige kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit. Die Antragsteller zu 1) und 2) sind die Eltern der minderjährigen Antragsteller zu 3) bis 5), die sieben, fünf und zwei Jahre alt sind. Die Antragsteller stammen aus der Provinz …
Die Antragsteller reisten am … … 2020 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am … … 2021 Asylanträge. Die Anhörungen der Antragsteller zu 1) und 2) fanden am … … 2021 statt.
Der Antragsteller zu 1) gab an, er sei Kurde und stamme aus dem Dorf …, im Bezirk … in der Provinz … und habe dort bis zu seiner Ausreise im September 2020 mit seiner Frau und seinen Kindern in einem eigenen Haus gelebt. Er sei als Automechaniker tätig gewesen. Am … … 2020 seien sie aus Österreich kommend ins Bundesgebiet eingereist. Die Reise habe 30.000 Dollar gekostet und er habe sein Haus verkauft, um die Reise zu finanzieren. Seine Eltern hätten noch im Dorf … gelebt, aber er gehe davon aus, dass sie mittlerweile auch Richtung Europa unterwegs seien. Er habe noch Geschwister im Irak: zwei Schwestern und zwei Brüder und einen Onkel väterlicherseits. Ein weiterer Bruder lebe in Belgien. Er habe wegen der Krankheit seiner Tochter, der Antragstellerin zu 5) die ihn immer beschäftige, nur noch ganz selten Kontakt mit seinen Verwandten im Irak. Diese lebten alle im Dorf … Er habe acht Jahre lang die Schule besucht, sei angelernter Automechaniker und habe zuletzt zwar angestellt, aber auf eigene Rechnung gearbeitet. Ihre wirtschaftliche Situation im Heimatland sei gut gewesen. Seine jüngere Tochter, die Antragstellerin zu 5), habe HNO-Probleme und Probleme mit dem Fuß. Sie sei stationär im Krankenhaus in … und solle am nächsten Tag in … operiert werden. Kein Familienmitglied sei auf die dauerhafte Einnahme von Medikamenten angewiesen; seine jüngere Tochter nehme ausschließlich ein Abführmittel. Der Antragsteller zu 1) legte für die Antragstellerin zu 5) folgende medizinische Unterlagen vor: Ambulanzbrief vom … … 2021 der … …, Klinik für Kinderorthopädie und Neuroorthopädie in …, ein Arztbrief vom … … 2021 für die Antragstellerin zu 5) des Universitätsklinikums … vor. Des Weiteren einen Arztbrief vom … … 2021 der … … … … … Im Rahmen der Anhörung zum Verfolgungsschicksal gab der Antragsteller zu 1) an, der Hauptgrund seiner Ausreise aus dem Irak sei, dass er zur yezidischen Gemeinde gehöre. Für die Yeziden sei das Leben unerträglich geworden. Sie hätten immer Angst, dass sich die Situation von 2014 wiederholen werde. Auch wenn die IS-Kämpfer nicht in ihre Richtung marschiert seien, sei ihr Leben sehr brutal gewesen. Er sei immer tief besorgt gewesen um seine Frau und seine Kinder. Im Jahr 2014 habe er nicht genug Geld für die Reise gehabt. Aufgrund der Flucht aller Yeziden habe er sein Haus nicht verkaufen können, um die Reise zu finanzieren. Deshalb habe er sich entschlossen, aus dem Irak nach Deutschland zu kommen. Als Beispiel wolle er noch benennen, dass seine Tochter im Irak dreimal operiert worden sei, und alle drei Mal seien sie im Krankenhaus schlecht behandelt worden, weil sie Yeziden seien. Wenn die Kinder im Irak geblieben wären, hätten sie eine dunkle Zukunft bekommen. Die Frage, ob er jemals direkt vom IS bedroht worden sei, verneinte der Antragsteller zu 1). Auf den Hinweis, dass der IS bereits seit längerer Zeit nicht mehr in Kurdistan aktiv sei, und die Frage, was genau er befürchte, führte der Antragsteller zu 1) aus, er habe immer noch Angst, dass sich die Situation wiederhole. Die Yeziden seien eine Minderheit und bereits mehrmals Kampf und Vernichtung ausgesetzt gewesen. Mit der schlechten Behandlung in Krankenhaus meine er, dass er trotz Termins immer als letzter untersucht worden sei. Seine Tochter sei wegen ihrer kurzen Achillessehne operiert worden. Die OP sei nicht erfolgreich gewesen, der Arzt habe aber gesagt, dass die Tochter zu 100% geheilt werde. Der Arzt habe ihn angelogen. Er habe seine Tochter im Iran untersuchen lassen. Danach habe derselbe irakische Arzt gesagt, dass sie unverzüglich wieder operiert werden solle, damit die Operation erfolgreich werde. In der Operation sei dann etwas anderes als das, was geplant gewesen sei, operiert worden. Der Arzt habe ihm nicht zugehört und sei einfach weggegangen. Ein konkretes Ereignis, das zur Ausreise geführt habe, habe es nicht gegeben. Er habe als Yezide Angst, immer wieder schlecht behandelt zu werden. In der Stadt … habe er versucht, eine Metzgerei zu eröffnen. Weil er Yezide sei, sei er nicht zugelassen worden. Bei einer Rückkehr in den Irak habe er keine persönlichen Befürchtungen. Aber als Yezide fürchte er, irgendwann von Terroristen entführt oder getötet zu werden. Die medizinische Versorgung im Irak sei sehr schlecht. Er habe Angst, die muslimischen Gebiete zu besuchen und sich dort frei zu bewegen. Seine Asylgründe gälten auch für seine Kinder. In der Bundesrepublik lebten neben seiner Frau und seinen Kindern Cousins und Onkel väterlicherseits, Schwiegereltern und Brüder seiner Frau. Die Anhörung dauerte einschließlich der Rückübersetzung 83 Minuten.
Die Antragstellerin zu 2) gab in ihrer Anhörung an, sie sei schwanger und legte einen Mutterpass vor. Sie sei Kurdin und stamme aus dem Dorf … im Bezirk … in der Provinz … Dort habe sie die ganze Zeit gelebt, zuletzt mit ihrem Ehemann und ihren Kindern. Sie seien am … … 2020 aus dem Irak aus- und am 7* … 2020 aus Österreich kommend ins Bundesgebiet eingereist. Die Reise habe 30.000 Dollar oder Euro gekostet, und sie hätten dafür ihr Haus verkauft. Ihre Eltern lebten in … Ihr Vater seit etwa vier Jahren, ihre Mutter sei zusammen mit ihrer Familie ausgereist. Fünf Brüder lebten auch in … Im Irak habe sie noch eine Schwester und einige Verwandte. Letztere und die Verwandten ihres Ehemanns lebten in …, ihre Schwester mit ihrer Familie in … Ab und zu hätten sie noch Kontakt. Sie sei Analphabetin und habe keine Schule besucht. Einen Beruf habe sie nicht erlernt, ihre wirtschaftliche Situation im Irak sei gut gewesen. In Bezug auf ihr Verfolgungsschicksal trug die Antragstellerin zu 2) vor, die Yeziden seien mehrmals einem Todesbefehl ausgesetzt gewesen. Sie sei generell vor dem IS und den bewaffneten, terroristischen Gruppierungen geflohen. Vor Angst sei sie psychisch belastet gewesen, ohne ihren Mann habe sie sich nirgends aufhalten können. Der zweite Grund sei die Erkrankung ihrer Tochter. Sie sei drei Mal ohne Erfolg operiert worden. Die Yeziden würden schlecht behandelt. Alle Yeziden versuchten zu fliehen, das Leben sei für sie unerträglich. Dass Yeziden in Deutschland gut behandelt würden, sei bekannt. Deshalb habe sie sich entschlossen, an einen sicheren Ort zu gehen für eine gute Entwicklung ihrer Kinder in Deutschland. Sie wolle mit ihren Kindern hier in Frieden leben, damit sie eine sichere und gute Zukunft hätten. Aus diesen Gründen seien sie nach Deutschland gekommen. Einen Auslöser oder ein Ereignis für die Ausreise im September 2020 habe es nicht gegeben. Auf den Hinweis, dass der IS in Kurdistan besiegt und nicht mehr aktiv sei und die Frage, was sie genau befürchte, antwortete die Antragstellerin zu 2), dass sie zugebe, dass der IS dort nicht mehr aktiv sei. Aber generell sei das Leben für Yeziden im Irak vor allem in den von Muslimen beherrschten Gebieten unerträglich. Selbst sei sie vom IS nie bedroht worden. Unter schlechter Behandlung der Yeziden verstehe sie, dass die Muslime und die Kurden keine Yeziden mögen würden. Beim Arzt würden sie als letzte reingelassen. Die kurdischen Muslime vertrauten den Yeziden nicht. Obwohl ihnen bei der Operation ihrer Tochter versichert worden sei, dass sie gut behandelt und geheilt werde, sei das nicht eingetreten. Sie hätten sich aber nicht beschweren oder bei der Polizei Anzeige stellen können, weil sie Yeziden seien. Im Alltag äußere sich das darin, dass Muslime ihr Essen nicht essen würden und behaupteten, die Yeziden seien schmutzig. Bei einer Rückkehr in den Irak habe sie keine speziellen oder sonstigen Befürchtungen. Sie sei nach Deutschland gekommen, um ein sicheres Leben und eine sichere Zukunft für ihre Kinder zu haben. Weitere Asylgründe habe sie nicht. Ihre Hoffnung sei, dass ihre Tochter behandelt werde. Im Irak sei ihnen gesagt worden, dass ihre Tochter nur in Deutschland behandelt werden könne. Ihre Asylgründe gälten auch für ihre Kinder. In der Bundesrepublik hielten sich ihre Eltern, fünf Brüder samt Familien ein weiterer Teil der Großfamilie auf. Die Anhörung dauerte einschließlich der Rückübersetzung 60 Minuten.
Mit Bescheid vom 10. November 2021 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab, verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Nr. 4), forderte die Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen und drohte die Abschiebung in den Irak oder einen anderen aufnahmebereiten oder zur Rückübernahme verpflichteten Staat an. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist wurden unter bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und als Asylberechtigte lägen nicht vor. Eine konkret begründete Furcht bei einer Rückkehr in den Irak hätten die Antragsteller zu 1) und 2) verneint und sich im Übrigen im Wesentlichen auf ihre bloße Zugehörigkeit zur yezidischen Religionsgemeinschaft berufen. Allein diese Zugehörigkeit begründe nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, insbesondere nicht in den angestammten Gebieten der Yeziden im Kurdistan-Irak, die sich unter Kontrolle und Verwaltungshoheit der kurdischen Regionalregierung befänden. Die Antragsteller stammten aus der Provinz … und damit aus den kurdisch kontrollierten Gebieten des Nordirak. Dem Bundesamt lägen keine Erkenntnisse darüber vor, dass den Antragstellern im kurdisch-kontrollierten Gebiet und insbesondere nicht in Kurdistan-Irak eine Verfolgung aufgrund ihrer yezidischen Religionszugehörigkeit drohen könnte. In der Region Kurdistan-Irak wie auch in weiteren Gebieten, die unter Kontrolle der kurdischen Regionalregierung stehen, seien Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt. Hier hätten viele Angehörige von Minderheiten Zuflucht gefunden. Tausende Yeziden seien dorthin geflohen, als der IS im Jahr 2014 Teile des Irak besetzt habe, und hätten wirksamen Schutz erhalten. Eine systematische Diskriminierung und Verfolgung religiöser und ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden finde nicht statt. Die vorgebrachte vermeintliche Diskriminierung von Yeziden reiche nicht aus. Das Vorbringen erfülle, als wahr unterstellt, nicht die erforderliche Intensität, um als Verfolgungshandlung betrachtet zu werden. Es stelle keine Verfolgungshandlung dar, wenn man im Krankenhaus zuletzt drangenommen werde, sich hieraus aber keine erheblichen Konsequenzen ergäben. Auch vermeintliche Beleidigungen oder die Verweigerung, ein Geschäft eröffnen zu dürfen, reichten nicht aus, um als Verfolgung im Sinne des AsylG gewertet zu werden. Die Antragsteller zu 1) und 2) hätten übereinstimmend angegeben, es sei ihnen wirtschaftlich gut gegangen. Die pauschale Angabe, als Yeziden erheblich benachteiligt zu werden, widerspreche den Informationen des Bundesamts. Die Antragsteller seien in der Lage gewesen, ins schiitische Ausland zu reisen. Aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass die Tochter der Antragsteller zu 1) und 2), die Antragstellerin zu 5) bereits über längere Zeit intensiv medizinische Behandlung erhalten habe. Die Atteste ließen auch nicht den Schluss zu, dass die mehreren Operationen im Heimatland nicht der üblichen Therapie entsprochen hätten oder das Krankheitsbild auf falscher oder gar vorsätzlich falscher Behandlung beruhe. Eine Garantie zur Genesung hätten auch etablierte Therapien nicht. Wenn ein Arzt den Antragstellern falsche Hoffnungen gemacht haben sollte, stelle dies keine Verfolgung dar. Die Befürchtung, in Zukunft wegen der Religionszugehörigkeit verfolgt zu werden, sei rein spekulativ. Die Antragsteller hätten sogar 2014 keine Verfolgung befürchtet. Aus dem Sachvortrag ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller persönlich bei einer Rückkehr mit staatlicher oder nichtstaatlicher Verfolgung rechnen müssten. Die Antragsteller zu 1) und 2) hätten sogar angegeben, keine konkreten Befürchtungen zu haben und auch in der Vergangenheit keine Gewalt oder konkrete Bedrohungen erfahren zu haben. Der Sachverhalt lasse nur den Schluss zu, dass die Antragsteller in der Hoffnung auf eine bessere medizinische Behandlung der Antragstellerin zu 5) nach Deutschland gekommen seien. Dies sei menschlich nachvollziehbar, asylrechtlich aber offensichtlich nicht von Belang. Daher komme die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht in Betracht. Den Antragstellern drohe auch kein ernsthafter Schaden in ihrem Herkunftsland gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. In Bezug auf die Sicherheitslage stelle sich die Situation so dar, dass diese sich seit der Befreiung der irakischen Stadt Mosul und anderer ehemaliger IS-Stellungen verändert habe. Vormals vom IS beherrschte Gebiete hätten zurückerobert werden können. Die Bedrohung durch den IS gehe derzeit weitestgehend von einzelnen terroristischen Zellen aus. Am 9. Dezember 2017 habe der Premierminister Abadi den militärischen Sieg über den IS verkündet. Die Antragsteller stammten aus dem Provinz … und damit aus einer Region, die vergleichsweise friedlich gewesen sei und gegenwärtig sei, nicht vom IS bedroht worden sei und in der insbesondere nicht von einem innerstaatlichen Konflikt auszugehen sei. Der Sachverhalt ergebe keine Hinweise für drohende konfliktbedingte Gefahren für die Antragsteller. Auch der subsidiäre Schutz sei offensichtlich nicht zuzuerkennen. Nachdem bereits die weiteren Voraussetzungen des internationalen Schutzes nicht vorlägen, gelte dies erst Recht für die Voraussetzungen der Anerkennung als Asylberechtigte. Auch die Asylanträge würden als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG sei ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unzulässig abzulehnen, wenn das Vorbringen des Ausländers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich sei, offenkundig nicht den Tatsachen entspreche oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt werde. Die Antragsteller hätten eine konkrete Verfolgung weder in der Vergangenheit noch die Furcht davor geltend gemacht. Der wiederholte kurze und allgemeine Hinweis auf eine potenzielle Gefahr wegen Zugehörigkeit zur yezidischen Glaubensgemeinschaft sei pauschal vorgetragen worden. Auch auf Nachfrage seien die Angaben hierzu rein spekulativ geblieben. Abgesehen davon widerspreche das Vorbringen den Informationen des Bundesamts über die Lage der Yeziden im Nordirak. Es sei auch anzumerken, dass die persönliche Situation der Antragsteller weit besser gewesen sein müsse als die vieler anderer Yeziden im Nordirak: Die Antragsteller zu 1) und 2) hätten übereinstimmend angegeben, dass es ihnen wirtschaftlich gut gegangen sei, sie über Vermögen verfügt hätten und ihre angestammten Gebiete bisher nicht hätten verlassen müssen. Sie seien offensichtlich auch in der Lage gewesen, eine intensiv-medizinische Behandlung für ihre Tochter zu finanzieren und zu erhalten. Das Vorbringen habe daher nur als nicht substantiiert und widersprüchlich gewertet können. Ein Recht auf eine potentiell bessere medizinische Behandlung der Tochter in Deutschland sei offensichtlich kein Asylgrund im Sinne des AsylG. Die Ablehnung habe sich daher geradezu aufgedrängt. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Irak führten nicht zu der Annahme, dass bei der Abschiebung der Antragsteller eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die Antragsteller selbst hätten keine wirtschaftlichen Gründe geltend gemacht, sondern sogar angegeben, in guten wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt zu haben. Der Antragsteller zu 1) sei offensichtlich auch bisher in der Lage gewesen, den Lebensunterhalt seiner Familie durch Arbeit zu sichern. Außerdem hätten die Antragsteller noch zahlreiche Verwandte im Heimatdorf. Daher wäre, selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Antragsteller ihr Haus und ihren Hausstand tatsächlich verkauft haben sollten, davon auszugehen, dass sie bei einer Rückkehr wieder ausreichend Obdach finden würden. Die Antragsteller zu 1) und 2) seien auch beide gesund und weiterhin arbeitsfähig. Es sei auch durchaus zu erwarten, dass ihre in Deutschland lebenden Verwandten sie unterstützen werden. Die Gesamtbetrachtung lasse nur den Schluss zu, dass die Antragsteller wieder in der Lage sein werden, sich ihren Lebensunterhalt, zumindest auf niedrigem Niveau, zu sichern. Es drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Im Hinblick auf den geltend gemachten Behandlungsbedarf für die Antragstellerin zu 5) sei festzustellen, dass keine schwerwiegende Folge ersichtlich sei, sofern die Antragsteller jetzt zurückkehrten. Es werde nicht verkannt, dass eine ausbleibende Behandlung gesundheitliche Folgen haben könnte, wie bspw. eine bleibende Gehbehinderung der Antragstellerin zu 5). Eine schwerwiegende Folge würde sich aus der Nichtbehandlung jedoch nicht ergeben. Weder die vorgelegten Atteste noch der normalerweise anzunehmende Verlauf derartiger Erkrankungen ließen diesen Schluss zu. Eine erhebliche konkrete Gefahr i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liege nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Dass sich die Situation der Antragstellerin zu 5) wesentlich verschlechtern werde, sei den vorgelegten Attesten nicht zu entnehmen. Bei der Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) handele es sich nicht um ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot. Auf die Begründung des Bescheids im Übrigen wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ein Zustellungsnachweis oder Aktenvermerk über den Versand befindet sich nicht in der vorgelegten Behördenakte.
Mit Schriftsatz vom 19. November 2021, bei Gericht am selben Tag per Telefax eingegangen, ließen die Antragsteller durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. November 2021 (M 4 K 21.32478) erheben und unter Ankündigung einer Begründung mit gesondertem Schriftsatz nach Akteneinsicht beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin legte mit Schriftsatz vom 24. November 2021 die Behördenakte in Papierform vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 legte die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller am 16. Dezember 2021 eine ärztliche Bescheinigung für die Antragstellerin zu 5) vor. Nach der ärztlichen Bescheinigung des Klinikums der … … vom … … 2021 leidet die Antragstellerin zu 5) an einer schweren angeborenen Stoffwechselstörung. Die Antragstellerin zu 5) benötige eine diätetische Therapie (fettarme Spezialnahrung) und eine medikamentöse Therapie (Riboflavin, L-Carnitin), die nach dortigem Kenntnisstand im Irak nicht verfügbar seien. Es liege „daher“ eine Reiseunfähigkeit vor.
Die Antragsgegnerin nahm hierzu mit Schriftsätzen vom 21. Dezember 2021 und vom 12. Januar 2022 dahingehend Stellung, dass auch im Hinblick auf die Antragstellerin zu 5) die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nicht in Betracht komme. Zunächst werde vollumfänglich auf die Begründung des Bescheids verwiesen. Die Erkrankungen der Antragstellerin zu 5) seien bereits Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gewesen und hinreichend gewürdigt worden. Auch die aktuelle ärztliche Bescheinigung … … … 2021 lasse keine andere Beurteilung zu. Dieses Attest sei nicht belastbar. Das ärztliche Attest entspreche nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung. Es werde zwar eine Diagnose gestellt, die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt sei sowie wie die Methode der Tatsachenerhebung würden hingegen nicht benannt. Es fehlten auch Angaben und Ausführungen zum Schweregrad der Erkrankung. Auch würden die zur Behandlung erforderlichen Medikamente zwar aufgeführt, es gebe aber keine Angaben zu den Wirkstoffen und der Dosierung. Die ärztliche Bescheinigung vom 9. Dezember 2021 enthalte somit nur eine Diagnose und allgemeine Ausführungen zur Erkrankung Multipler-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel und deren Folgen. Unabhängig davon wäre die Erkrankung der Antragstellerin zu 5) im Herkunftsland Irak behandelbar; sowohl die fettarme Spezialnahrung als auch die medikamentöse Therapie mit Riboflavin und L-Carnitin seien verfügbar. Riboflavin sei auch als Vitamin B2 bekannt. Zwar liege der Antragsgegnerin zu Riboflavin aktuell keine Verfügbarkeitsinformation vor. Aus einer MedCOI-Verfügbarkeitsauskunft gehe jedoch hervor, dass im Irak ein Vitamin B Komplex-Präparat (inkl. Vitamin B2 = Riboflavin) verfügbar sei. Die Kosten zweier beispielhafter Präparate könnten der MedCOI-Zugänglichkeitsauskunft ACC 7441 entnommen werden. Das Medikament Levocarnitin (L-Carnitin) sei im Irak ebenfalls verfügbar. Aktuelle Kosteninformationen seien hingegen nicht vorhanden. Zur diätetischen Therapie habe die Recherche ergeben, dass das Präparat Maltodextrin im Irak erhältlich sei. Maltodextrin gehöre zu den wichtigsten Stoffen, die zur Erhöhung der Kalorienzufuhr eingesetzt würden. Eine Recherche habe ergeben, dass kalorienreiche Nahrung im Irak verfügbar sei. Aktuelle Kosteninformationen lägen nicht vor. Die Erkrankung der Antragstellerin zu 5) sei im Irak behandelbar. Die Familie der Antragstellerin zu 5) könne die Kosten der Behandlung aufbringen. Nach eigenen Angaben in der Anhörung habe sich die Familie in einer wirtschaftlich komfortablen Situation befunden. Der Antragsteller zu 1) sei gesund und arbeitsfähig und verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Außerdem könne die Familie ausweislich der Angaben in der Anhörung auf ein umfassendes familiäres Netzwerk zurückgreifen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakte, auch im Hauptsacheverfahren M 4 K 21.32478, und die vorgelegten Behördenakten.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg, weil er unbegründet ist.
I. Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylG statthafte und im Übrigen zulässige Antrag, über den gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG die Berichterstatterin als Einzelrichterin zu entscheiden hat, ist unbegründet.
Im Fall einer durch das Bundesamt verfügten Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ordnet das Gericht gemäß § 36 Abs. 1, Abs. 3 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung gegen die sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung (§§ 36, 75 AsylG) an, wenn das persönliche Interesse des Asylbewerbers, von der sofortigen Aufenthaltsbeendigung vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Durchsetzung überwiegt. Die Aussetzung der Abschiebung darf gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nur dann angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Solche ernstlichen Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme – die der sofortigen Aufenthaltsbeendigung zugrunde liegende Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet – einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Eilantrag keinen Erfolg.
1. Es bestehen zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamts, die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte (Art. 16a Abs. 1 GG), die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylG) bzw. des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) als unbegründet abzulehnen.
Die Antragsteller haben keine die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigende Verfolgung geschildert. Ebenso wenig sind Gründe für eine Asylanerkennung im Sinne des Art. 16a GG dargetan. Den Antragstellern droht im Irak auch kein die Zuerkennung subsidiären Schutzes rechtfertigender Schaden i.S.v. § 4 AsylG. Zur Begründung wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesamts im angefochtenen Bescheid verwiesen, denen die Antragsteller nicht entgegengetreten sind, und denen das Gericht folgt.
2. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ebenfalls zu Recht erfolgt ist.
Auch wenn aus der Begründung des Bescheids letztlich nicht eindeutig zu erkennen ist, ob das Bundesamt sein Offensichtlichkeitsurteil nur in Bezug auf § 4 Abs. 1 AsylG auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG und im Übrigen, also in Bezug auf Art. 16a Abs. 1 GG und § 3 Abs. 1 AsylG, in der Sache ohne ausdrückliche Benennung der Rechtsgrundlage nur auf § 30 Abs. 1 AsylG, stützt, ist die Ablehnung als offensichtlich unbegründet im Ergebnis zu Recht erfolgt (2.1.). Denn selbst ein „Austausch“ der Offensichtlichkeitsgründe begegnet nach Auffassung der Kammer keinen überwiegenden rechtlichen Bedenken (vgl. BeckOK AuslR/Heusch AsylG § 30 Rn. 63; VG Berlin, B.v. 30.1.2020 – VG 38 L 549.19 A – BeckRS 2020, 10395 Rn. 12 m.w.N.) (2.2.).
2.1. Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet begegnet jedenfalls im Ergebnis keinen ernstlichen Zweifeln.
Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag u.a. dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn das Vorbringen des Ausländers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert ist. Es obliegt dem Asylbewerber, die tatsächlichen, seiner Sphäre zugehörigen Geschehnisse und Umstände, die seine Furcht vor Verfolgung begründen schlüssig vorzutragen. Daran fehlt es vorliegend.
Eigene, individuelle Verfolgungsgründe haben die Antragsteller schon nicht geltend gemacht. Gleiches gilt für eine Gruppenverfolgung als Yeziden. Reine Spekulationen in Bezug auf eine Zukunft möglicherweise stattfindende Gruppenverfolgung als Yeziden genügen der Darlegungsobliegenheit nicht. Bei der geltend gemachten Schlechtbehandlung durch Ärzte bzw. Krankenhausmitarbeiter handelt es sich bereits nicht um relevante Verfolgungshandlung. Auch ist das diesbezügliche Vorbringen unsubstantiiert i.S.v. § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG.
Unabhängig davon ist dieses Vorbringen aber auch dahin zu werten, das die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigte i.S.v. § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht vorliegen.
Offensichtlichkeit in diesem Sinn liegt vor, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vernünftigerweise kein Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts bestehen kann und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung, d.h. nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre, sich die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt (BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris Rn. 27). Auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesamts wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Antragsteller sind ohne konkreten Anlass aus dem Irak ausgereist, als sie sich nach dem Verkauf ihres Hauses die Reise finanzieren konnten. Ihr Motiv war es, für die Antragstellerin zu 5) eine bessere medizinische Behandlung und für ihre Kinder eine bessere Zukunft zu erhalten. Bei einem solchen Sachverhalt drängt sich nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung des Antrags geradezu auf.
2.2. Ob das Offensichtlichkeitsurteil auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG gestützt werden kann, oder ob § 30 Abs. 1 AsylG insoweit maßgeblich ist, spielt für die Entscheidung keine Rolle. Die Klärung dieser Frage kann dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Denn jedenfalls begründet dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Offensichtlichkeitsurteils des Bundesamts. Erweist sich die Feststellung, dass der Asylantrag offensichtlich unbegründet ist, im Ergebnis für das Gericht als rechtmäßig, so kann es die Feststellung nicht als rechtswidrig ansehen. Die Heranziehung einer anderen als der im Bescheid genannten Rechtsgrundlage wäre dem Gericht nur dann verwehrt, wenn es um eine Ermessensentscheidung des Bundesamts ginge, wovon im Asylrechtsstreit keine Rede sein kann. Mithin erfolgt bei der Prüfung des Gerichts, ob die Offensichtlichkeitsentscheidung des Bundesamts ernstlichen Zweifeln begegnet, eine selbstständige Rechtsprüfung, für die dem Bundesamt weder ein Einschätzungsspielraum noch Ermessen zusteht. Auch dass § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG an die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG weitergehende Rechtsfolgen knüpft als an die einfache Ablehnung als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1, Abs. 2 AsylG, verhilft dem Eilantrag nicht zum Erfolg. Es bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten zu klären, auf welche Norm die Ablehnung als offensichtlich unbegründet gestützt werden kann. Eine vorherige Anhörung der Beteiligten zur Auswechslung der Begründung war nicht erforderlich, weil das asylrechtliche Eilverfahren besonders eilbedürftig ist (vgl. VG Lüneburg, B.v. 27.1.2005 – 3 B 9/05 – juris Ls. 1). Im Übrigen bezieht sich das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, auf Tatsachen und Beweisergebnisse und nur ausnahmsweise auf Rechtsfragen. Die Frage, ob sich die Offensichtlichkeitsentscheidung auf § 30 Abs. 3 oder auf § 30 Abs. 1 AsylG stützt, ist eine Rechts- und keine Tatsachenfrage (VG Lüneburg, B.v. 27.1.2005, a.a.O., Ls. 2).
3. Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG.
3.1. Das Bundesamt ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Hinblick auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG für die Antragsteller keine tatsächliche Gefahr besteht, bei einer Abschiebung in den Irak einem Verstoß gegen die EMRK ausgesetzt zu sein. Denn es steht – selbst wenn man davon ausgeht, dass die Familie weiter gewachsen ist – nicht zu befürchten, dass die Antragsteller für den Fall ihrer Abschiebung in den Irak nicht mehr in der Lage wären, ihre Grundbedürfnisse im Hinblick auf Unterkunft, Lebensunterhalt und Hygiene zu decken. Der Antragsteller zu 1) ist wie die Antragstellerin zu 2) gesund und arbeitsfähig. Der Antragsteller zu 1) hat bereits in der Vergangenheit den Lebensunterhalt für seine Familie durch seine Arbeit derart sichern können, dass er sich in einer guten wirtschaftlichen Situation im Irak befunden hat. Außerdem haben die Antragsteller noch Familie im Irak und verfügen auch in Deutschland über ein Familiennetzwerk, die sie bei Bedarf unterstützen können. Auch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfen kommt ggf. in Betracht. Auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesamts wird verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.
3.2. Ebenso zutreffend hat das Bundesamt ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG verneint. Weder aus den bereits im Verfahren beim Bundesamt vorgelegten Unterlagen noch aus dem im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Attest ergibt sich, dass den Antragstellern, insbesondere der Antragstellerin zu 5), bei einer Abschiebung in den Irak eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht.
Gemäß § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet, dass gesundheitliche Gründe der Abschiebung nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Dies ist vorliegend nicht geschehen.
Ausweislich der jüngsten ärztlichen Bescheinigung der Assistenzärztin … … vom … … 2021 des Klinikums der … … wurden bei der Antragstellerin diagnostiziert: Multipler-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (MAD), motorische Entwicklungsverzögerung mit globaler muskulärer Hypotonie, Meningomyelocele mit lumbalem Lähmungsniveau, Kongenitaler Klumpfuß rechts, mehrfach voroperiert, Neurogener Schaukelfuß links, eingeschränkte Rumpfkontrolle. Die Therapie des MAD-Mangels bedinge die Einhaltung einer eiweiß- und fettreduzierten Diät. Für eine dennoch ausreichende Kalorienzufuhr sei eine fettfreie Formelnahrung und die Anreicherung mit Maltodextrin erforderlich. Ebenso eine medikamentöse Therapie in Form von Riboflavin und L-Carnitin. Es müssten engmaschige Verlaufsuntersuchungen zur Organdiagnostik, Monitoring der Gewichtszunahme und des Längenwachstums unter der restriktiven Diät und ggf. Therapie-Anpassung in einem spezialisierten Stoffwechselzentrum erfolgen. Im Fall einer metabolischen Entgleisung müsse die rasche Erreichbarkeit eines Stoffwechselzentrums gewährleistet sein. Aufgrund der MAD, einer schweren angeborenen Stoffwechselstörung, bestehe im Rahmen von verlängerten Fastenperioden oder anderen katabolen Situationen (Fieber, Erbrechen/Durchfall, Nahrungsverweigerung, Narkosen, Operationen) das erhöhte Risiko einer rasant verlaufenden Stoffwechselentgleisung mit Laktatazidose, Hyperammonämie, Hypoglykämie und Lethargie bis hin zum Koma, welche ohne rasche und adäquate Therapie lebensbedrohlich verlaufen könne. Die Antragstellerin zu 5) sei durch ihre Meningomyelocelebedingte Parese auf eine stabile Basis angewiesen. Bei ihr sei von hoher Wichtigkeit, eine planigrade Fußstellung zu erreichen. Es sei die Etappengipsbehandlung erfolgt und im Anschluss die perkutane Achillotenotomie beidseits. Weitere orthopädische Therapien und Kontrollen seien notwendig. Auch regelmäßige physiotherapeutische Anwendungen und eine Orthesenversorgung seien erforderlich. Da nach dortigem Kenntnisstand die Erkrankung im Irak nicht behandelbar sei, liege Reiseunfähigkeit vor. Dieses Attest genügt nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG: Es fehlen die Angaben der tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, der Methode der Tatsachenerhebung, des Schweregrads der Erkrankung sowie der Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Ausweislich des Arztbriefs vom … … 2021 war die Antragstellerin zu 5) vom … … 2021 bis zum … … 2021 dort in stationärer Behandlung. Die Diagnose lautete auf Multiple Acyl CoA Dehydrogenase Mangel. Es sei zu einer Verschlechterung und daraufhin zu einer Vorstellung in der … … … … gekommen. Es sei der genannte Mangel festgestellt worden. Zur Therapie wurde bei Verschlechterung Aufnahme und Glukosezufuhr sowie eine Vorstellung in der … am … … 2021 vorgeschlagen. Weiter eine HNOärztliche Kontrolle wegen Adenoiden in vier Wochen. Auch dieser Arztbrief genügt ersichtlich nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG. Der Arztbrief der Assistenzärztin … vom … … 2021 der Tagesklinik des Universitätsklinikums … diagnostiziert einen kontrakten Rezidiv-Klumpfuß rechts, Talus vertikalis mit Schaukelfuß links, Genu recurvatum rechts > links und motorische Entwicklungsverzögerung mit globaler muskulärer Hypotonie. Eine erstmalige Vorstellung sei im März 2021 erfolgt. Die Antragstellerin könne mit Unterstützung für ein paar Minuten stehen, laufen sei aufgrund der Fußfehlstellung weiterhin nicht möglich. Die Vorstellung sei zur weiteren Abklärung hinsichtlich einer zugrundeliegenden strukturell-neurologischen Erkrankung erfolgt. Weitere Diagnostik und Therapie nach Maßgaben der kinderorthopädischen Kollegen der … Die nächste neuropädiatrische Vorstellung im Ambulanzzentrum sei für den 26. Mai 2021 terminiert. Die HNOärztliche Abklärung einer Verschattung werde empfohlen. Dieser Arztbrief enthält keine Angaben zum Schweregrad der Erkrankung sowie den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben und stellt somit keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung i.S.v. § 60a Abs. 2c AufenthG dar. Der älteste Ambulanzbrief des Facharztes … … vom … … 2021 der … … … … … diagnostiziert einen voroperierten kontrakten Klumpfuß rechts, Talus vertikalis mit Schaukelfuß, Genu recurvatum, V.a. auf neurologische Störung, z.B. Tethered-Cord, DD motorische Entwicklungsverzögerung. Vor Einleitung einer Therapie gelte es, die Diagnose zu sichern, um die Prognose von therapeutischen Maßnahmen besser abschätzen und einordnen zu können. Es bestehe der dringende Verdacht auf eine neurologische Störung bei voroperiertem Rezidiv-Klumpfuß. Bis zur Klärung der Diagnose werde Physiotherapie empfohlen. Auch dieser Arztbrief enthält keine Angaben zum Schweregrad der Erkrankung sowie zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben und stellt somit ebenfalls keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung i.S.v. § 60a Abs. 2c AufenthG dar.
Damit gilt die gesetzliche Vermutung des § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen.
4. Auch die Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Der Antrag war danach abzulehnen.
II. Die Antragsteller tragen als unterliegender Teil die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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