Verwaltungsrecht

Ausgleichspflicht des Bundes für Aufwendungen zur Erhaltung und zum Betrieb höhengleicher Kreuzungen von Eisenbahnen mit Bundesstraßen – erfolgloser Berufungszulassungsantrag

Aktenzeichen  8 ZB 21.1285

Datum:
30.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36700
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AEG § 16
FStrG § 5 Abs. 2
VwGO § 124
EKrG § 14

 

Leitsatz

1. Die Pflicht zur Gewährung der Ausgleichsleistung nach § 16 Abs. 1a AEG für Aufwendungen nichtbundeseigener öffentlicher Eisenbahnen für die Erhaltung und den Betrieb von höhengleichen Kreuzungen (Bahnübergängen) obliegt gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG auch dann dem Bund, wenn die Eisenbahn eine Bundesstraße kreuzt, für die nach § 5 Abs. 2 FStrG die Gemeinde straßenbaulastpflichtig ist. (Rn. 25)
2. Eine Auslegung der Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG dahingehend, dass nicht der Bund, sondern das jeweilige Land ausgleichspflichtig ist, ist rechtlich nicht zulässig. (Rn. 11 und 17)
1. Die Ausgleichspflicht des Bundes nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 lit. a AEG ist mit Art. 104a Abs. 1 GG vereinbar. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Erhaltung und den Betrieb von Anlagen im Bereich von Kreuzungen von Schienen und Straßen gilt – auch im innerörtlichen Bereich – die gegenüber § 5 Abs. 2 S. 1 FStrG speziellere Regelung des § 14 Abs. 1 S. 1 EKrG, an die auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1a AEG anknüpft. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 20.1030 2021-03-17 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 100.477,08 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten finanzielle Ausgleichsleistungen für entstandene Aufwendungen aus dem Betrieb und der Unterhaltung höhengleicher Kreuzungen von Eisenbahnschienen mit Bundesstraßen.
Die Klägerin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das im Stadtgebiet von A. eine nichtbundeseigene öffentliche Eisenbahn betreibt. Mit Bescheid vom 14. Januar 2020 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 3. Juli 2019 auf Ausgleich von im Jahr 2018 entstandenen betriebsfremden Aufwendungen zum Erhalt und Betrieb von fünf höhengleichen Kreuzungen (Bahnübergängen) im Stadtgebiet von A. ab. Zur Begründung ist in dem Bescheid angegeben, bei den fünf Bahnübergängen handle es sich um Kreuzungen in der Baulast der Stadt A., die für die Unterhaltskosten der Bundesstraße nach § 5 Abs. 2 FStrG aufzukommen habe. Ausgleichsleistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 3 AEG seien nur dann gerechtfertigt, wenn der Schienenweg einer nichtbundeseigenen Eisenbahn eine Bundesstraße kreuze, die in der Baulast des Bundes stehe.
Der Klage der Klägerin vom 14. Februar 2020 hat das Verwaltungsgericht Augsburg nach Verweisung des Rechtsstreits durch das Verwaltungsgericht Berlin (Beschluss vom 16.6.2020 Az. VG 13 K 48/20) mit Urteil vom 17. März 2021 stattgegeben. Es hat die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 14. Januar 2020 verpflichtet, der Klägerin die mit Schreiben vom 3. Juli 2019 beantragten Ausgleichsleistungen für Aufwendungen für die Unterhaltung und den Betrieb höhengleicher Kreuzungen mit Bundesstraßen in Höhe von 100.477,08 € zu leisten.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
Der Zulassungsantrag der Beklagten hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
A. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Ausgleich der Aufwendungen für die Erhaltung und den Betrieb höhengleicher Kreuzungen ihrer Eisenbahnen mit Bundesstraßen im Jahr 2017 in Höhe von 100.477,08 € zu Recht bejaht hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nach der vorliegend maßgeblichen Bestimmung des § 16 Abs. 1a, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG in der seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung (vgl. Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 29.6.2020, BGBl. I S. 1531) richtiger Anspruchsgegner des – dem Grunde und der Höhe nach nicht infrage gestellten – Ausgleichsanspruchs nicht der beigeladene Freistaat Bayern, sondern die beklagte Bundesrepublik Deutschland.
Das gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO maßgebliche Vorbringen der Beklagten im Zulassungsantrag rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine Auslegung des § 16 AEG dahingehend, dass das jeweilige Land und nicht der Bund ausgleichspflichtig ist, ist weder einfachgesetzlich (dazu unten 1.) noch im Wege einer verfassungskonformen Auslegung im Lichte des Art. 104a Abs. 1 GG (dazu unten 2.) zulässig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des § 5 Abs. 2 FStrG (dazu unten 3.).
1. Für den Anspruch ist gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG einfachgesetzlich die Beklagte ausgleichspflichtig.
a) Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung. Nach § 16 Abs. 1a AEG sind – unbeschadet des vorliegend nicht einschlägigen § 15 AEG – den öffentlichen Eisenbahnen Belastungen und Nachteile auszugleichen, die sich aus Aufwendungen für die Erhaltung und den Betrieb von höhengleichen Kreuzungen ergeben, wenn die Eisenbahn für mehr als die Hälfte der Aufwendungen aufkommt. Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG gewährt den Ausgleich der Bund, wenn es sich – wie bei den streitgegenständlichen fünf Bahnübergängen – um höhengleiche Kreuzungen mit Bundesstraßen handelt, soweit nichtbundeseigene, d.h. nicht im Eigentum des Bundes stehende (vgl. NdsOVG, U.v. 10.7.2017 – 7 LB 56/15 – juris Rn. 56 ff.), öffentliche Eisenbahnen – wie die von der Klägerin betriebene Eisenbahn – betroffen sind. Das Land, in dessen Gebiet die Kreuzung liegt, ist nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b AEG in allen anderen Fällen ausgleichspflichtig, nicht aber für Belastungen und Nachteile im Zusammenhang mit höhengleichen Kreuzungen mit Bundesstraßen.
b) Eine andere Auslegung ergibt sich nicht aus dem gesetzgeberischen Willen, wie er der Entstehungsgeschichte der Norm zu entnehmen ist.
Maßgebend für die Auslegung einer Norm ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. BVerfG, U.v. 30.3.2004 – 2 BvR 1520/01 u.a. – BVerfGE 110, 226 – juris Rn. 91; BVerwG, U.v. 25.1.2017 – 9 C 30.15 – BVerwGE 157, 203 – juris Rn. 14). Für die Erfassung des objektiven Willens des Normgebers sind alle anerkannten Auslegungsmethoden heranzuziehen, d.h. die grammatikalische, systematische, teleologische und historische Auslegung. Diese Methoden ergänzen sich gegenseitig, wobei keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen hat (vgl. BVerfG, B.v. 31.3.2016 – 2 BvR 1576/13 – NVwZ-RR 2016, 521 – juris Rn. 63 m.w.N.). Ausgangspunkt der Auslegung ist aber der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich der Richter nicht entgegenstellen darf (vgl. BVerfG, B.v. 26.8.2014 – 2 BvR 2172/13 – EuGRZ 2014, 646 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 17.2.2020 – 8 ZB 19.2200 – NVwZ-RR 2020, 991 = juris Rn. 14; B.v. 7.12.2020 – 8 CS 20.1973 – ZfB 2021, 34 = juris Rn. 20).
Im vorliegenden Fall stützt der Wille des Gesetzgebers indessen den Wortlaut des Gesetzes, dass der Bund und nicht die Länder ausgleichspflichtig sind.
aa) Der Ausgleich für betriebsfremde Aufwendungen (bundeseigener und nichtbundeseigener) Eisenbahnen für die Erhaltung und den Betrieb von höhengleichen Kreuzungen, wenn die Eisenbahn für mehr als die Hälfte der Aufwendungen aufkommt, wurde einfachgesetzlich erstmals durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 24. August 1976 (BGBl. I 2441) in § 6 b Nr. 3 AEG 1976 festgelegt. In die umfassenden Ausgleichsregelungen sollten zum Ausgleich der schlechten Wirtschaftslage der nichtbundeseigenen Eisenbahnen sowie der daraus drohenden Verschlechterung des Verkehrsangebots einerseits und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen andererseits ausdrücklich auch Eisenbahnunternehmen einbezogen werden, die nicht Staatsbahnen waren (vgl. BT-Drs. 7/2017 S. 6 unter Bezugnahme auf den Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Ergänzung der Verordnung (EWG) Nr. 1192/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über gemeinsame Regeln für die Normalisierung der Konten der Eisenbahnunternehmen, BT-Drs. 7/59). Als Ausgleichspflichtiger wurde durch § 6 c Satz 1 Halbs. 1 AEG 1976 das Land bestimmt, in dessen Gebiet der Verkehr betrieben wird. Die Bundesregierung vertrat in der Gesetzesbegründung die Auffassung, die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für die Regelung ergebe sich aus Art. 74 Nr. 23 GG. Die nach dem Entwurf zu erbringenden Ausgleichszahlungen hätten die Länder zu tragen. Das folge aus Art. 104a Abs. 1 GG, wonach die Ausgabenverantwortung der Aufgabenverantwortung entspreche. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juli 1969 – 2 BvF 1/64 – sei bei der Entscheidung der Frage, ob eine Aufgabe des Bundes oder der Länder im Sinne des Art. 104a Abs. 1 GG vorliege, an die Verwaltungskompetenz anzuknüpfen. Diese liege für die nichtbundeseigenen Eisenbahnen nach der Regelung im Allgemeinen Eisenbahngesetz und in den Landeseisenbahngesetzen bei den Ländern (vgl. BT-Drs. 7/2017 S. 7). Abweichend davon hat der Bundesgesetzgeber allerdings eine Ausgleichspflicht der Länder für höhengleiche Kreuzungen mit Bundesstraßen durch § 6 b Nr. 3 Halbs. 2 AEG 1976 ausdrücklich ausgenommen („ein Ausgleich für höhengleiche Kreuzungen mit Bundesstraßen scheidet aus“). Der Ausschluss, der zunächst im Gesetzentwurf der Bundesregierung noch nicht enthalten war (vgl. BT-Drs. 7/2017 S. 4 zum Entwurf eines § 6 b Buchst. c), erfolgte auf Anregung des Bundesrates unter Hinweis auf die bis zum damaligen Zeitpunkt bereits freiwillig und ohne Rechtspflicht geleisteten Ausgleichszahlungen des Bundes (vgl. BT-Drs. 7/2017 S. 10). Die Bestrebungen der Bundesregierung, den vorgeschlagenen Ausschluss der Ausgleichspflicht abzuwenden (vgl. BT-Drs. 7/2017 S. 12 f.), sind im Vermittlungsausschuss gescheitert (vgl. BT-Drs. 7/5195 S. 2). Hieraus ergibt sich klar, dass der Bundesgesetzgeber bereits damals die Ausgleichspflicht für höhengleiche Kreuzungen mit Bundesstraßen nicht den Ländern, sondern dem Bund zuweisen wollte.
bb) Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) wurde die Ausgleichspflicht des Bundes für höhengleiche Kreuzungen gegenüber nichtbundeseigenen Eisenbahnen in § 16 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 3 AEG 1993 in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung im AEG 1993 positiv festgeschrieben („Den Ausgleich nach Abs. 1 Nr. 3 gewährt der Bund“). Diese ausdrückliche Ausgleichspflicht des Bundes hat der Gesetzgeber auf Empfehlung des Ausschusses für Verkehr (BT-Drs. 12/6269 S. 60, 140) in das Gesetz aufgenommen, nachdem im Gesetzgebungsverfahren zunächst nur die Ausschlussregelung des früheren § 6 b Nr. 3 Halbs. 2 AEG 1976 in den Entwurf eines § 14 übernommen worden war (vgl. BT-Drs. 12/4609 (neu) S. 28 f., 100). Auch wenn die positive Normierung der Ausgleichspflicht des Bundes in den Gesetzesmaterialien nicht gesondert begründet wurde (es ist lediglich davon die Rede, dass die nichtbundeseigenen Eisenbahnen (weiterhin) einen Ausgleich für höhengleiche Kreuzungen erhalten sollten, vgl. BT-Drs. 12/6269 S. 140), ergibt sich hieraus ohne Zweifel, dass der Ausschluss der Länder von der Ausgleichspflicht aufrechterhalten werden sollte und die Zuweisung der Ausgleichspflicht an den Bund vom gesetzgeberischen Willen getragen war.
cc) Durch das geltende Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und weiterer eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S. 1531), mit dem die Regelung des § 16 AEG grundlegend umgestaltet wurde, ist insoweit keine Änderung erfolgt. Die aufgehobene Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 AEG 1993 wurde wortgleich durch den geltenden § 16 Abs. 1a AEG 2020 ersetzt und zugleich die ausdrückliche Ausgleichspflicht des Bundes nach § 16 Abs. 2 Satz 3 AEG 1993 in den § 16 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a AEG 2020 überführt. Ziel des Gesetzgebers war es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass (weiterhin) Ausgleichszahlungen für betriebsfremde Aufwendungen an alle öffentlichen (bundeseigenen und nichtbundeseigenen) Eisenbahnen geleistet werden können. Zugleich sollte die Gewährung von Ausgleichleistungen an bundeseigene öffentliche Eisenbahnen für die Erhaltung und den Betrieb höhengleicher Kreuzungen nach erfolgter Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1192/69 des Rates vom 26. Juni 1969 durch die Verordnung (EU) 2016/2337 vom 14. Dezember 2016 zulässig bleiben (vgl. BT-Drs. 19/17289 S. 8). Eine inhaltliche Änderung der vorliegend inmitten stehenden Regelungen in Bezug auf die Ausgleichspflicht des Bundes für Aufwendungen zur Erhaltung und zum Betrieb höhengleicher Kreuzungen mit Bundesstraßen war damit nicht verbunden.
2. Entgegen dem Einwand der Beklagten kann eine Ausgleichspflicht der Länder auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG im Lichte des Art. 104a GG angenommen werden.
a) Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Eine Norm ist daher nur dann verfassungswidrig, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf aber der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch tritt. Anderenfalls könnten die Gerichte der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vorgreifen oder diese unterlaufen. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Er fordert mithin eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.2018 – 2 C 14.17 – NVwZ 2018, 1570 = juris Rn. 20; B.v. 20.5.2021 – 5 C 11/18 – juris Rn. 60 f., jeweils m.w.N.).
Nach diesem Maßstab ist eine verfassungskonforme Gesetzesauslegung dahingehend, dass für Aufwendungen zur Erhaltung und zum Betrieb höhengleicher Kreuzungen mit Bundesstraßen nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG die Länder ausgleichspflichtig sind, nicht möglich. Der klare Wortlaut des Gesetzes und der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des historischen Gesetzgebers sprechen offensichtlich und eindeutig für eine Ausgleichspflicht des Bundes und lassen insoweit keinen Spielraumraum für eine anderweitige Deutung zu.
b) Unabhängig davon ist nicht erkennbar, dass die Ausgleichspflicht des Bundes nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a AEG mit Art. 104a Abs. 1 GG nicht vereinbar wäre.
Art. 104a Abs. 1 GG beinhaltet eine allgemeine, das Bund-Länder-Verhältnis bestimmende Lastenverteilungsregel. Er verbietet, dass der Bund in ausschließlich den Ländern zugewiesenen Kompetenzbereichen die Erfüllung von Aufgaben (mit-) finanziert und dass umgekehrt die Länder in Bereichen ausschließlicher Verwaltungskompetenz des Bundes die Aufgabenwahrnehmung (mit-)finanzieren, wobei Gemeinden insoweit dem jeweiligen Land zugerechnet werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.1989 – 7 C 42.87 – BVerwGE 81, 312 = juris Rn. 8; U. v. 14.6.2016 – 10 C 7.15 – BVerwGE 155, 230 = juris Rn. 19 m.w.N.). Soweit Aufgabenbereiche von Bund und Ländern verschränkt sind, wie beim Bau von Verkehrswegekreuzungen durch die Beteiligung verschiedener Baulastträger, hat nach Art. 104a Abs. 1 GG jeder diejenigen Kosten zu tragen, die dem Anteil seiner Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung entsprechen (vgl. Kube in Epping/Hillgruber, GG, Stand 15.8.2021, Art. 104a Rn. 13; Jarass/Pieroth, GG, 16. Aufl. 2020, Art. 104a Rn. 6; VGH BW, U.v. 21.4.2015 – 1 S 1949/13 – DVBl 2015, 843 = juris Rn. 100).
Wem im Bund-Länder-Verhältnis eine „Aufgabe“ im Sinn des Art. 104a Abs. 1 GG zugewiesen ist, bestimmt sich grundsätzlich nach den Verwaltungskompetenzen gemäß Art. 30, 83 ff. GG (vgl. BVerwG, U.v. 11.6.1991 – 7 C 1.91 – NVwZ 1992, 264 = juris Rn. 17; U.v. 14.6.2016 – 10 C 7.15 – BVerwGE 155, 230 = juris Rn. 20; Kienemund in Hömig/Wolff, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 12. Aufl. 2018, Art. 104a Rn. 2; Schwarz in Maunz/Dürig, GG, Stand Jan. 2021, Art. 104a Rn. 42). Nach Art. 83 GG führen die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Nach Art. 30 GG ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Unter einer staatlichen Aufgabe im Sinn des Art. 30 GG sind alle Sach- und Tätigkeitsbereiche zu verstehen, die vom Staat gegenüber dem Bürger in dessen Interesse und zum Wohl der Allgemeinheit zu erledigen sind (vgl. Wolff in Hömig/Wolff, a.a.O., Art. 30 Rn. 1 m.w.N.). Von Art. 30 GG wird die Gesamtheit der staatlichen Tätigkeit erfasst, die der Staat sich selbst zulässigerweise zur Aufgabe macht (vgl. Korioth in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand Juli 2021, Art. 30 Rn. 9 m.w.N.). Sie betrifft die gesamte hoheitliche Verwaltung, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnimmt, einschließlich schlicht-hoheitlicher Tätigkeit, wie etwa den Bau von Straßen (vgl. Gubelt/Hanschel in von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 30 Rn. 35; BVerwG, U.v. 14.6.2016 – 10 C 7.15 – BVerwGE 155, 230 = juris Rn. 20; a.A. wohl BVerfG, B.v. 15.7.1969 – 2 BvF 1/64 – BVerfGE 26, 338 = juris Rn. 181; vgl. dazu Heintzen in von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 104a Rn. 25). Der Bestimmung unterfallen sowohl Eingriffs- als auch Leistungsverwaltung (vgl. Gubelt/Hanschel in v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 30 Rn. 30), wozu auch die Wahrnehmung staatlicher Förderungsmaßnahmen fallen kann (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1967 – 2 BvF 3/62 u.a. – BVerfGE 22, 180 = juris Rn. 115 ff.; BVerwG, U.v. 28.10.1999 – 7 A 1.98 – BVerwGE 110, 9 = juris Rn. 12). Der Vorbehalt in Art. 30 GG, wonach die Zuständigkeit der Länder nur besteht, „soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt“, ist als Ermächtigung des Grundgesetzes für ein Tätigwerden des Bundes zu verstehen. Solche Ermächtigungen sind auch die Regelungen über die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz nach Art. 72, 74 GG (vgl. Kment in Jarass/Pieroth, GG, 16. Aufl. 2020, Art. 30 Rn. 4 f.; März in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 30 Rn. 51, 57 m.w.N.; Hellermann in Epping/Hillgruber, GG, Stand 15.8.2021, Art. 30 Rn. 13 ff.; vgl. auch BVerfG, U.v. 30.10.1962 – 2 BvF 2/60 – BVerfGE 15, 1 = juris Rn. 61).
Nach diesen Maßstäben dürfte § 16 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a AEG dem Verbot der Finanzierung von Länderaufgaben durch den Bund nach Art. 104a Abs. 1 GG nicht widersprechen. Denn entgegen der Annahme der Beklagten ist weder die Unterhaltungslast für höhengleiche Kreuzungen mit Bundesstraßen noch die Finanzierung der Erhaltung und des Betriebs höhengleicher Kreuzungen mit Bundesstraßen Aufgabe der Länder. Vielmehr hat der Bundesgesetzgeber die Pflicht zur Erhaltung und den Betrieb von Anlagen an höhengleichen Kreuzungen mit Bundesstraßen einschließlich der Kostentragung in Ausübung seiner Ermächtigung zur konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 23 GG für Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, in § 14 EKrG den Eisenbahnunternehmen auferlegt. Handelt es sich bei der infrage stehenden Eisenbahn – wie hier – um eine nichtbundeseigene Eisenbahn, obliegt die Pflicht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG dem privaten Eisenbahnunternehmen. Insoweit dürfte deshalb schon keine staatliche Aufgabe im Sinn von Art. 30 und Art. 104a GG vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1999 – 7 A 1.98 – BVerwGE 110, 9 = juris Rn. 12; U.v. 14.6.2016 – 10 C 7.15 – BVerwGE 155, 230 = juris Rn. 22).
Von der Kostentragung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG zu trennen ist die Frage der Finanzierung von Ausgleichsleistungen für die Aufwendungen nichtbundeseigener öffentlicher Eisenbahnen für die Erhaltung und den Betrieb von höhengleichen Kreuzungen mit Bundesstraßen. Es handelt sich hierbei um eine staatliche Förderleistung gegenüber privaten Infrastrukturunternehmen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen (vgl. BT-Drs. 7/2017 S. 6 f.), die der Bundesgesetzgeber – in Ausübung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und Nr. 23 GG – in § 16 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a AEG dem Bund zugewiesen hat. Insoweit liegt keine dem Verbot des Art. 104a Abs. 1 GG unterliegende Finanzierung einer Länderaufgabe vor.
3. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Bahnübergänge im Stadtgebiet von A. liegen und es sich deshalb bei den die Schienen kreuzenden Straßen um Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen handelt, für die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 FStrG die Stadt A. straßenbaulastpflichtig ist. Dies gilt auch dann, wenn Ortsdurchfahrten grundsätzlich in die originäre Verwaltungszuständigkeit von Gemeinden fallen sollten, wie die Beklagte unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorträgt (vgl. BVerwG, U.v. 9.3.1979 – IV C 100.77 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 28 = juris Rn. 16). Denn für die Erhaltung und den Betrieb von Anlagen im Bereich von Kreuzungen von Schienen und Straßen gilt – auch im innerörtlichen Bereich – die gegenüber § 5 Abs. 2 Satz 1 FStrG speziellere Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG, an die auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1a AEG anknüpft. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG hat die Anlagen an Kreuzungen, soweit sie Eisenbahnanlagen sind, der Eisenbahnunternehmer, soweit sie Straßenanlagen sind, der Träger der Straßenbaulast auf seine Kosten zu erhalten und bei Bahnübergängen auch in Betrieb zu halten (§ 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG). Nach § 14 Abs. 2 EKrG gehören an Bahnübergängen zu den Eisenbahnanlagen das sowohl dem Eisenbahnverkehr als auch dem Straßenverkehr dienende Kreuzungsstück, begrenzt durch einen Abstand von 2,25 m jeweils von der äußeren Schiene und parallel zu ihr verlaufend, ferner die Schranken, Warnkreuze (Andreaskreuze) und Blinklichter sowie andere der Sicherung des sich kreuzenden Verkehrs dienende Eisenbahnzeichen und -einrichtungen. Demgegenüber werden den Straßenanlagen die Sichtflächen, die Warnzeichen und Merktafeln (Baken) sowie andere der Sicherung des sich kreuzenden Verkehrs dienende Straßenverkehrszeichen und -einrichtungen zugeordnet. Damit ist die Frage der Zugehörigkeit des eigentlichen Kreuzungsstücks normativ dahin entschieden, dass dieses zur Eisenbahn- und nicht zur Straßenanlage zählt (vgl. BVerwG, U.v. 11.6.1991 – 7 C 1.91 – NVwZ 1992, 264 = juris Rn. 13). Die Aufgabe der Unterhaltungslast für dieses Kreuzungsstück hat der Gesetzgeber demnach, wenn – wie hier – eine nichtbundeseigene Eisenbahn inmitten stehen, nicht dem Land, sondern dem privaten Eisenbahnunternehmen zugewiesen.
B. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten in diesem Sinn liegen vor, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 8 ZB 21.23 – juris Rn. 22 m.w.N.).
Das ist hier nicht der Fall. Besondere rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere nicht in Bezug auf die sich aus Art. 104a GG ergebenden Vorgaben für die Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG, wie die Beklagte meint. Die sich stellenden Fragen lassen sich vielmehr, wie oben (unter II. A.) ausgeführt, auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts und der Entstehungsgeschichte der Norm ohne Weiteres beantworten. Auch die Frage des Verhältnisses von § 16 AEG zu § 14 EKrG und § 5 Abs. 2 FStrG bereitet keine überdurchschnittlichen Schwierigkeiten. Soweit die Beklagte geltend macht, dass „die Beurteilung der Verwaltungszuständigkeit für Ortsdurchfahrten als Teile von Bundesfernstraßen überdurchschnittlich schwierig (sei), an die Art. 104a GG anknüpft“, und diese „auf der Grundlage des Art. 90 Abs. 3 GG nicht unmittelbar beantwortet werden (könne)“, kann sie damit schon deshalb nicht durchdringen, weil es auf diese Frage nicht ankommt. Ob Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen nach § 5 Abs. 2 FStrG der Bundesauftragsverwaltung gemäß Art. 90 Abs. 3 GG unterliegen, ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht bedeutsam, zumal die Zuständigkeit für die Erhaltung und den Betrieb von Anlagen im Bereich von Bahnübergängen auch innerhalb geschlossener Ortslage (§ 1 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 4 FStrG) durch die Spezialvorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG geregelt ist.
C. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 = juris Rn. 33; BVerwG, B.v. 4.8.2017 – 6 B 34.17 – juris Rn. 3). Die grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn sich eine Rechtsfrage ohne Weiteres aus der Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – NVwZ 2010, 1482 = juris Rn. 62; BayVGH, B.v. 29.7.2021 – 8 ZB 21.812 – juris Rn. 25).
Ausgehend davon hat die Beklagte eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht aufgezeigt. Die Frage,
„ob bei höhengleichen Kreuzungen zwischen einem Schienenweg einer nicht bundeseigenen Eisenbahn und einer Ortsdurchfahrt, die Teil einer Bundesfern straße ist, die Pflicht zur Zahlung der Ausgleichsleistung nach § 16 Abs. 1a AEG den Bund oder aber die Länder jedenfalls dann trifft, wenn die Straßenbaulast gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 FStrG bei den Gemeinden liegt“,
kann auf der Grundlage des § 16 AEG unter Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden, namentlich des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte des § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG, einfach auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens geklärt werden. Sie ist dahingehend zu beantworten, dass die Pflicht zur Gewährung der Ausgleichsleistung nach § 16 Abs. 1a AEG dem Bund obliegt.
D. Die Berufung ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensmangels infolge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 2 VwGO).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht braucht dabei zwar nicht jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden; es hat vielmehr bei der Abfassung seiner Entscheidungsgründe eine gewisse Freiheit und kann sich auf die für den Entscheidungsausgang wesentlichen Aspekte beschränken. Es müssen in den Gründen aber die wesentlichen Ausführungen der Verfahrensbeteiligten verarbeitet werden. Das gilt nicht nur für tatsächliches Vorbringen, sondern auch für Rechtsausführungen. Geht ein Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags eines Verfahrensbeteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstanziiert war (vgl. BVerfG, B.v. 13.3.2017 – 1 BvR 563/12 – NJW 2017, 1939 = juris Rn. 19; B.v. 27.2. 2018 – 2 BvR 2821/14 – NJW-RR 2018, 694 = juris, Rn. 18; B.v. 12.3.2019 – 1 BvR 2721/16 – juris Rn. 17).
Vorliegend kann offen bleiben, ob das Verwaltungsgericht den Gehörsanspruch deswegen verletzt hat, weil es in den Entscheidungsgründen auf das zentrale Vorbringen der Beklagten, vor dem Hintergrund der klaren finanzverfassungsrechtlichen Grenzen des Art. 104a GG sei eine verfassungskonforme Auslegung des § 16 AEG dahingehend geboten, dass die Länder für den Bereich der nichtbundeseigenen Eisenbahnen unabhängig von der Klassifizierung der kreuzenden Straße auf der Grundlage ihrer Aufgabenverantwortung nach Art. 30, 83 GG den Ausgleich aus den Landeshaushalten bestreiten müssten, nur äußerst knapp eingegangen ist. Es hat die mehr als zwei Seiten umfassende Argumentation zu dieser Frage im Schriftsatz der Beklagten vom 12. Juni 2020 lediglich mit den Worten gewürdigt, „ein Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Finanzverfassung nach Art. 104a ff. GG als Grundlage einer etwa teleologisch reduzierenden Auslegung der Norm (sei) nicht erkennbar“.
Denn die Berufung ist auch dann nicht zuzulassen, wenn der Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs insoweit berechtigt wäre. Wie sich aus den obigen Ausführungen (vgl. A. II. Nr. 2 a) ergibt, kommt es nämlich auf den Vortrag der Beklagten insoweit nicht an, weil eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend, dass für Aufwendungen zur Erhaltung und zum Betrieb höhengleicher Kreuzungen mit Bundesstraßen nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AEG die Länder ausgleichspflichtig sind, schon wegen des klar entgegen stehenden Wortlauts des Gesetzes und des im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers, dass der Bund den Ausgleich gewährt, wenn es sich um höhengleiche Kreuzungen mit Bundesstraßen handelt, offensichtlich nicht zulässig ist.
Ist ein gerügter Verfahrensmangel der erstinstanzlichen Entscheidung für den Ausgang des Berufungsverfahrens aber ersichtlich nicht von Bedeutung, kann die Berufung schon aus diesem Grund nicht zugelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 – 1 ZB 13.92 – juris Rn. 3; B.v. 12.7.2016 – 15 ZB 14.1108 – juris Rn. 15; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 219, 221 ff., 224). Dies gilt auch für einen Gehörsverstoß, wenn sich – wie hier – die Verletzung nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern auf einzelne Feststellungen bezieht, auf die es für die Entscheidung nicht ankommt (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2016 – 15 ZB 15.469 – juris Rn. 20 m.w.N.). Es wäre bloße Förmelei, ein Berufungsverfahren durchzuführen, obwohl sich der Senat unter Berücksichtigung des erstinstanzlich übergangenen Vortrags zu der vorliegenden Rechtsfrage der Auslegung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a AEG eine abschließende Meinung gebildet hat und klar ist, dass eine für die Beklagte günstigere Lösung ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 188/09 – juris Rn. 15 zur Anhörungsrüge).
E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, erscheint billig, weil er keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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