Verwaltungsrecht

Ausschluss vom Seminarprogramm LMU-Plus für ein Semester

Aktenzeichen  M 3 K 17.2241

Datum:
17.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 30942
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42, § 100, § 108 Abs. 1, § 113 Abs. 1 S. 4, § 124, § 124a Abs. 4, § 154 Abs. 1, § 167
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft aber unzulässig. Der zugrundeliegende Verwaltungsakt, der Ausschluss des Klägers von einem Seminar im Sommersemester 2017, hat sich durch Zeitablauf erledigt, da die mit der Klage bekämpfte Beschwer nachträglich weggefallen ist (BVerwG, 8.8.2007 – 1 WB 52/06).  (Rn. 19 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das berechtigte rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme fehlt. (Rn. 24 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Befürchtung, dass der Kläger oder andere Studierende ggf. erneut vom Seminarprogramm ausgeschlossen werden könnten, genügt nicht für eine Wiederholungsgefahr. Gleiches gilt für den von der Seminarleiterin aufgestellte „Code of Conduct“. Ein Seminarausschluss ist grundsätzlich zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Lehrbetriebs in einer Lehrveranstaltung zulässig (BeckRS 2013, 57452).  (Rn. 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch ein Rehabilitationsinteresse besteht nicht. Bei einer vernünftigen Würdigung des Einzelfalles ist das Interesse des Klägers nicht als schutzwürdig anzusehen. Es genügt nicht, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme als diskriminierend empfunden hat (NVwZ 2000, 574). Auch eine Stigmatisierung des Betroffenen, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen, liegt mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht vor. Da diese Außenwirkung erlangt haben und noch andauern muss (BeckRS 2013, 54296). (Rn. 32 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein Rehabilitierungsinteresse liegt auch deshalb nicht vor, da die beklagte Behörde eine Verfügung mit der Begründung zurücknimmt, diese werde aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse über den unverändert gebliebenen Sachverhalt aufgehoben (NJW 1977, 2228). (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
6. Der Seminarausschluss greift auch nicht derart in einen grundrechtlich geschützten Bereich ein, dass, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, ein Feststellungsinteresse anzuerkennen wäre (FHOeffR Nr. 6624).  (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig.
1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist vorliegend die statthafte Klageart gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.
Mit Zeitablauf des Sommersemesters 2017 hat sich der den Ausschluss verfügende Verwaltungsakt vom 24. März 2017 erledigt, da die sich aus ihm ergebende und mit der Klage bekämpfte Beschwer nachträglich weggefallen ist (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.2007 -1 WB 52/06 – juris). Der Verwaltungsakt war nicht mehr geeignet, rechtliche Wirkungen zu erzeugen, sodass die zunächst auf Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 24. März 2017 erhobene Anfechtungsklage gegenstandslos geworden ist.
Der Ausschluss des Klägers an der Teilnahme der LMU-Plus-Seminare bezog sich allein auf das Sommersemester 2017. Aus dem Wortlaut des Bescheids der Beklagten vom 24. März 2017, der zwar einerseits ausführte, dass „Anmeldungen für das Sommersemester 2017 nicht berücksichtigt werden“ und andererseits den Ausschluss der „Teilnahme an allen LMU-Plus-Seminaren ab sofort“ verfügte, ging diese Befristung zwar nicht zweifelsfrei hervor. Die Klarstellung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 21. November 2018 beseitigte jedoch bestehende Zweifel. Jedenfalls hierdurch steht fest, dass sich der Ausschluss von den LMU-Plus-Seminaren allein auf das betroffene Sommersemester 2017 beziehen sollte. Die Befristung des Ausschlusses auf das Sommersemester 2017 wird auch dadurch bestätigt, dass die Beklagte den Kläger im Wintersemester 2018/2019 zu einem zweitägigen LMU-Plus-Seminar (7. und 14. Dezember 2018) zugelassen hatte und somit offenkundig nicht von einem weiteren Ausschluss des Klägers von der Seminarreihe ausging. Auch wenn man davon ausginge, die Befristung sei nachträglich erfolgt, bestehen gegen eine solche nachträgliche Befristung keine rechtlichen Bedenken, da die Befristung den eingreifenden Regelungsgehalt des Verwaltungsakts reduzierte und sich ausschließlich positiv für den Betroffenen auswirkte.
Die Erledigung durch Ablauf des Sommersemesters trat nach der bereits im Mai 2017 erfolgten Klageerhebung ein, so dass der Kläger gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO seinen anfänglich auf Aufhebung des Verwaltungsakts gerichteten Antrag, in einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts (Fortsetzungsfeststellungsklage) umgestellt hat.
2. Dem Kläger fehlt jedoch das gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO für die Feststellung der Rechtswidrigkeit erforderliche berechtigte Interesse an dieser Feststellung.
2.1 Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können (BVerwG, U.v. 16.5.13 – 8 C 14/12 – Rn. 30). Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer kann der Kläger – ebenso wie die Beklagtenseite – nur bei Vorliegen eines besonderen Interesses eine Sachentscheidung beanspruchen. Maßgeblich ist stets, ob die Inanspruchnahme des Gerichts dem Kläger noch etwas „nützt“, also zur Verbesserung seiner Position geeignet ist. Nach Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur dann zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (s. Eyermann/Schübel-Pfister, 15. Aufl. 2019, VwGO § 113 Rn. 108 mit Nachweisen zur stRspr. des Bundesverwaltungsgerichts).
Bereits ohne näheres Eingehen auf die von der Rechtsprechung zum Feststellungsinteresse entwickelten Fallgruppen, bestehen Zweifel daran, welchen Nutzen der Kläger an der begehrten Rechtswidrigkeitsfeststellung haben könnte. Das Ziel, die Veranstaltungsreihe der LMU-Plus-Seminare weiter zu besuchen, ist bereits durch den Zeitablauf des auf ein Semester beschränkten Ausschlusses erfolgt. Das vom Kläger genannte Ziel, die Vorwürfe, er sei mit der Propagierung rechter Parolen oder der Tendenz zu Diffamierung und Diskriminierung bestimmter Gesellschaftsgruppen in Verbindung zu bringen, öffentlichkeitswirksam aus der Welt zu schaffen, ist mit der Rechtswidrigkeitsfeststellung des erledigten Verwaltungsakts nicht zu erreichen. Denn in dem Bescheid vom 24. März 2017 ist von diesen Vorwürfen nicht die Rede. Der Verwaltungsakt begründet den Ausschluss allein mit einer „bewussten Störung des Seminarablaufs etwa durch wiederholte Unterbrechungen der Diskussion“ und der „Missachtung solcher eigentlich selbstverständlichen Grundsätze“. Dementsprechend beziehen sich die Darlegungen des Klägers zum Bestehen seines Feststellungsinteresses auch nicht auf den Bescheid vom 24. März 2017, sondern allein auf andere von ihm vorgetragene Umstände in Zusammenhang mit diesem, die seine Person in Verruf gebracht haben sollen.
Auch aus den von der Rechtsprechung zum Feststellungsinteresse entwickelten Fallgruppen lässt sich ein solches für den Kläger nicht herleiten, im Einzelnen:
2.2. Eine Wiederholungsgefahr scheidet aus; diese setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen bzw. eine gleichartige behördliche Entscheidung getroffen wird (BVerwG, B.v. 16.10.1989 – 7 B 108.89 – m.w.N., BayVGH, B.v. 26.2.2015 – 5 ZB 14.2742 – Rn. 6 f., beide juris). Die vom Kläger vorgetragene Befürchtung, dass die Beklagte ihn erneut vom LMU-Plus Seminarprogramm ausschließen werde, reicht hierfür nicht aus.
Sein Vortrag, die Beklagte habe ihn willkürlich von dem Seminar am 2. November 2018 im Wintersemester 2018/2019 ausgeschlossen begründet keine Wiederholungsgefahr. Die Beklagte legte dar, dass der Ausschluss des Klägers von diesem Seminar nicht darauf beruhte, dass er als Person von dieser Veranstaltung habe ferngehalten werden sollen, sondern dass mehr Anmeldungen als freie Plätze für das Seminar vorlagen und aufgrund von Kriterien wie paritätische Platzvergabe, Windhundprinzip, Teilnahme von Studierenden möglichst unterschiedlicher Fakultäten, vorrangige Berücksichtigung von Bewerbern, die an keinem anderen Seminar teilnehmen würden, er nicht zu diesem Seminar, sondern zu dem aus Sicht der Beklagten „höherwertigen“, nämlich 2-tägigen Seminar im Dezember 2018 zugelassen wurde. Der Umstand, dass der Kläger aus terminlichen Gründen nicht an dem Dezemberseminar teilnahm, ist für die Frage eines etwa willkürlichen Ausschlusses vom Seminar im November 2018 unerheblich.
Der weitere Vortrag, die Beklagte habe andere Studierende vom LMU-Plus-Seminar ausgeschlossen, ist nicht geeignet, eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Klägers zu begründen. Jeder Ausschluss ist individuell hinsichtlich der betreffenden Person zu prüfen, sodass der Ausschluss anderer Bewerbungen nicht zu prüfen war.
Schließlich führt auch der von der Frauenbeauftragten der Beklagten aufgestellte „Code of Conduct“ (s. Bl. 25 f. der Gerichtsakte) zu keiner Wiederholungsgefahr. Ein Seminarausschluss ist grundsätzlich zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Lehrbetriebs in einer Lehrveranstaltung zulässig (s. Rechtsprechung zum vergleichbaren Fall des Hausverbots, für das zwar eine spezielle gesetzliche Ermächtigung fehlt, das sich aber aus einer der Beklagten obliegenden Ordnungsgewalt bzw. einer sich aus der öffentlich-rechtlichen Aufgabenzuständigkeit ergebenden Annexkompetenz herleiten lässt, z.B. OVG Hamburg, B.v. 17.10. 2013 – 3 So 119/13 -, juris). Der sog. „Code of Conduct“ beschreibt allgemeine Voraussetzungen für den ordnungsgemäßen Ablauf einer Lehrveranstaltung. Dass eine Äußerung des Klägers in einer künftigen Seminarveranstaltung möglicherweise vom Dozenten als Verstoß gegen diese nun als „Code of Conduct“ formulierten, jedoch ohnehin zu beachtenden grundlegenden Verhaltensregeln gewertet wird, ist derzeit nicht absehbar und rein spekulativ, zumal sich der Kläger von den in den beiden Seminaren gefallenen Äußerungen und Verhaltensweisen, die solche Regelverstöße beinhaltet hätten (z.B. bewusste Störung des Seminarablaufs) ausdrücklich distanziert hat.
2.3 Das erforderliche Feststellungsinteresse kann auch nicht aus einem Rehabilitationsinteresse des Klägers hergeleitet werden. Ein Rehabilitationsinteresse begründet ein Feststellungsinteresse dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalles als schutzwürdig anzusehen ist (stRspr. und allgM. vgl. BVerwG, U.v. 9.2.1967 – I C 49.64 -; BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6/12 – juris, Rn. 15; Kopp/Schenke, VwGO § 113, Rn. 142). Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise „abträgliche Nachwirkungen der Maßnahme“ fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 21.3.2013, a.a.O; U.v. 11.11.99 – 2 A 5/98 – juris, Rn. 16 f.). Mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG besteht ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich „aus der angegriffenen Maßnahme“ eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, U.v. 16.5.13 – 8 C 14/12 – juris, Rn. 25 m.w.N.; BayVGH, U.v. 20.3.2015 – 10 B 12.2280 – juris; Eyermann/Schübel-Pfister, 15. Aufl. 2019, VwGO § 113 Rn. 119-121).
Diese Voraussetzungen sind im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht erfüllt.
In der Feststellung, der Kläger habe bewusst den Ablauf eines Seminares gestört und sich nicht an grundsätzliche Verhaltensregeln gehalten, liegt noch keine „Stigmatisierung“. Der Ausschluss vom Seminarprogramm des Sommersemesters ging allein dem Kläger zu. Anders als in den von der Rechtsprechung bejahten Fällen eines Rehabilitationsinteresse wie z.B. publikumswirksam erfolgten polizeilichen Maßnahmen, eine Nichtversetzung eines Schülers oder eine Gewerbeuntersagung (vgl. Liste von Einzelfällen unter Kopp/Schenke, § 123, Rn. 142), ist eine Übersendung einer E-Mail an eine einzelne Person nicht geeignet, den Empfänger in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Aus dem im Anschluss an den Ausschluss zwischen dem Kläger und der Frauenbeauftragten geführten Schriftverkehr geht vielmehr hervor, dass der Kläger selbst den Präsidenten der Beklagten und das Rechtsdezernat der Beklagten von seinem Ausschluss durch die Frauenbeauftragte der Beklagten in Kenntnis gesetzt hat (Schreiben v. 8. Mai 2017, Bl. 15 der Gerichtsakte). Somit ist eine etwaige Außenwirkung der erledigten Maßnahme nicht durch die Beklagte veranlasst worden.
Ebenso ist ein in einem Gerichtsverfahren von einer Partei vorgelegter Schriftsatz, wie hier der vom Kläger angeführte Schriftsatz der Beklagten vom 11. August 2017, ein bloßes Internum und nicht geeignet, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Die Gerichtsakten und dem Gericht vorgelegte Verfahrensakten bleiben ausschließlich den Verfahrensparteien vorbehalten (vgl. § 100 VwGO). Der besagte Schriftsatz enthält zwar die Vorwürfe, gegen die sich der Kläger verwahrt. Allerdings bestehen weder Hinweise darauf, dass die Beklagte den Schriftsatz vom 11. August 2017 veröffentlicht habe, noch wurde dies von dem Kläger vorgetragen.
Die weiteren Einwendungen des Klägers betreffen ebenfalls nicht den Ausschluss an sich, sondern von ihm vorgetragene, weitere Maßnahmen der Beklagten, die seine Stigmatisierung in der Öffentlichkeit begründet haben sollen, hier aber nicht Streitgegenstand sind. Diese vom Kläger vorgetragenen Einwendungen, können auch nicht als Begleitumstände mit diskriminierendem Charakter eingestuft werden (vgl. dazu BVerwG, U.v. 21.11.1980 – 7 C 18.79 – juris; BeckOK VwGO/Decker, 50. Ed. 1.7.2019, VwGO § 113 Rn. 87.1, m.w.N.), im Einzelnen:
In dem Schreiben der Frauenbeauftragten der Beklagten vom 9. März 2017 (Bl. 5- 11 der Verwaltungsakte) an den Dekan der Juristischen Fakultät und die Studiendekanin der Juristischen Fakultät, wird die Störung und Beeinträchtigung von Seminaren des Programms LMU-Plus durch Studierende der Juristischen Fakultät und anderer Fakultäten thematisiert. In diesem Schreiben wird allerdings nicht der Name des Klägers erwähnt. Dem Schreiben nach stamme der Hauptstörer zweier LMU-Plus-Seminare aus der juristischen Fakultät. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass hieraus zwingend auf ihn zu schließen war. Auch die von der Frauenbeauftragten verfassten Anlagen des Schreibens (s. Auflistung auf Seite 2 des Schreibens: 1. Vorstellung der Seminare, 2. Berichte der Seminarleiter, 3. Anonymisierte Zusammenstellung der Beschwerden, 4. Zusammenfassung), erwähnen nicht den Namen des Klägers. In den auf Seiten 4 bis 7 des Schreibens abgedruckten Auszügen der E-Mails zu den beiden Seminaren, wurden alle genannten Namen gelöscht. Anders als der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorträgt, wurden die Beschwerde-E-Mails der Seminarteilnehmer und somit auch die den Namen des Klägers nennende E-Mail vom 7. Februar 2017 (Bl. 17 der Verwaltungsakte), nicht als Anlage beigelegt. Es stellt sich auch nicht als plausibel dar, dass die Beschwerde-E-Mails zusätzlich zu dem 7-seitigen Schreiben übersandt wurden. Hiergegen spricht nicht nur formal die deutliche Benennung aller Anlagen und deren klare Nummerierung, sondern auch inhaltlich die Tatsache, dass im Schreiben unter Anlage 3, die Berichte anderer Teilnehmer auszugsweise zusammengestellt wurden – dies wäre bei Übermittlung der Berichte in Gänze entbehrlich gewesen. Der weitere Einwand des Klägers, der Dekan/die Studiendekanin habe mündlich von der Frauenbeauftragten seinen Namen erfahren, wurde behauptet ohne dies näher dazulegen. Unabhängig davon, dass keine Nennung des Klägers erfolgte, bestand dieser Schriftverkehr zwischen verschiedenen Funktionsstellen der Beklagten, sodass auch aus diesem Grund eine mit ihm verbundene Außenwirkung zu verneinen wäre.
Soweit der Kläger sein Rehabilitierungsinteresse auf ein von der Frauenbeauftragten geführtes Gespräch mit dem Direktor des H … G … stützt, in dem die Frauenbeauftragte Erkundigungen über einen dortigen Seminaristen und dessen Verhältnis zum Kläger eingeholt haben soll, steht ein solches Gespräch, für das organisatorische Fragen der Inanspruchnahme von Räumen des H … G … Anlass waren, nicht in irgendeinem Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt oder dem Verhalten des Klägers. Abgesehen davon konnte das Gericht nach der gemäß § 108 Abs. 1 VwGO zugrunde zulegenden freien Beweiswürdigung nicht die Überzeugung gewinnen, dass dieser Vorgang zu einer Stigmatisierung des Klägers in der Öffentlichkeit geführt hätte; schon nach dem Vortrag des Klägers, hat die Frauenbeauftragte nur seinen Namen fallen lassen, nicht aber verletzende Vorwürfe gegen seine Person getroffen.
Die weitere, nicht näher konkretisierte allgemeine Herleitung des Rehabilitierungsinteresses aus einem Bekanntwerden seines Ausschlusses in einer breiteren Universitätsöffentlichkeit, reicht hierfür nicht aus. Der Kläger trägt dazu selbst vor, er könne sich die Gründe für ein Bekanntwerden nicht erschließen. Hinweise darauf, dass das Bekanntwerden durch die Beklagte veranlasst worden ist, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat, zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2019, ausdrücklich versichert, den gegenüber dem Kläger verfügten Ausschluss nicht bekannt gemacht zu haben. Gleiches gilt bezüglich der vom Kläger monierten Anwesenheit zweier ihm bekannter Mitarbeiter an Lehrstühlen des Studiengangs Rechtswissenschaft in der ersten mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2018 und der vom Kläger behaupteten Diskussion seines Ausschlusses in dem sozialen Medium Jodl. Auch insoweit konnte der Kläger eine Bekanntgabe des Termins durch die Beklagte nicht plausibel erklären; es ist eine Vielzahl anderer Möglichkeiten denkbar.
Im Übrigen hat die Beklagte durch ihre Erklärung in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass nach dem Erkenntnisstand der mündlichen Verhandlung, in diesem Sinne ist „zum jetzigen Zeitpunkt“ zu verstehen, dem Kläger kein Verhalten zurechenbar ist, das einen Ausschluss begründen könnte. Insofern kommt zu dem allein aufgrund des Zeitablaufs erledigenden Moments des Verwaltungsakts, auch ein begründendes Element hinzu, weshalb an dem Ausschluss auch inhaltlich nicht weiter festgehalten werden konnte. Die Rechtsprechung, wonach ein Rehabilitierungsinteresse zu verneinen ist, wenn die Behörde eine Verfügung mit der Begründung zurücknimmt, diese werde aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse über den unverändert gebliebenen Sachverhalt aufgehoben (BVerwG, U.v. 15.3.77 – I c 27.75 – juris, Rn. 27; BayVGH, B.v. 26.2.15 – 5 ZB 14.2742 – juris, Rn. 10; Eyermann/Schmidt, 14. Aufl. 2014, VwGO § 113 Rn. 94), ist vorliegend entsprechend heranzuziehen. Denn nach der erfolgten Erklärung der Beklagten, wonach ein Bezug der Störungen auf den Kläger gerade nicht mehr aufrecht erhalten wird, kann nicht mehr von der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses ausgegangen werden (vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, § 113, Rn. 144). Eine Rücknahme der Verfügung war dagegen aufgrund der vorher eingetretenen Erledigung entbehrlich.
2.4 Der verfügte Seminarausschluss greift auch nicht derart in einen grundrechtlich geschützten Bereich ein, dass, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, ein Feststellungsinteresse anzuerkennen wäre (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.80 – 7 C 1879 – unter Bezugnahme auf BVerfG‚ B.v. 13.6.79 – 1 BvR 699/77 -). Der Ausschluss von dem LMU-Plus-Seminar beeinträchtigte zwar zweifellos den Anspruch des Klägers als Studierender, die von der Hochschule angebotenen Veranstaltungen besuchen zu dürfen. Vor dem Hintergrund, dass der Ausschluss auf ein Semester begrenzt war und nur „eine“ Veranstaltungsreihe betraf, die noch dazu außerhalb des Studiengangs des Klägers stattfand, kann weder eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 146) noch eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung erkannt werden.
3. Aus den dargestellten Gründen war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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