Verwaltungsrecht

Außerbetriebsetzung eines Kraftfahrzeugs, Anzeige fehlenden Haftpflichtversicherungsschutzes, Maßgeblichkeit der zuletzt eingegangenen Versicherungsbestätigung, Nachforschungspflicht der Zulassungsbehörde (verneint)

Aktenzeichen  11 ZB 21.1335

Datum:
27.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 20901
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 6a Abs. 1 Nr. 3
GebOSt § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1
FZV § 24 Abs. 1 Nr. 3, § 25 Abs. 1 S. 1, Abs. 4
VwKostG § 14 Abs. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 3 K 19.1818 2021-03-31 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheids zur Stilllegung des klägerischen Kraftfahrzeugs.
Das Fahrzeug des Klägers war ursprünglich bei der B … … Versicherungsaktiengesellschaft (im Folgenden: B. AG) haftpflichtversichert. Am 9. November 2018 ging bei der Zulassungsbehörde der Beklagten elektronisch eine Versicherungsbestätigung der A Versicherung AG (nachfolgend: A. AG) ein, dass dort für dieses Fahrzeug ab dem 1. Januar 2019 Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsschutz bestehe. Am 14. Januar 2019 übermittelte die A. AG eine weitere Versicherungsbestätigung für dieses Fahrzeug, in dem als Versicherungsbeginn der 19. Juni 2019 genannt wird.
Am 11. Februar 2019 erhielt die Zulassungsbehörde eine Versicherungsbestätigung der B. AG, dass dort für das Fahrzeug des Klägers eine Haftpflichtversicherung bestehe. Als „Geschäftsvorfall“ wird dabei ein Versicherungswechsel am 11. Februar 2019 genannt, als Versicherungsbeginn der 20. Juni 2017. Unter der Rubrik „Versicherungsende“ findet sich keine Eintragung.
Am 18. September 2019 zeigte die B. AG der Zulassungsbehörde elektronisch an, dass das Fahrzeug des Klägers seit dem 20. Juni 2019 ohne Versicherungsschutz sei.
Aufgrund dieser Mitteilung forderte die Beklagte den Kläger durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 18. September 2019 auf, innerhalb von drei Tagen nach Zustellung des Bescheids entweder eine neue gültige Versicherungsbestätigung durch sein Versicherungsunternehmen im Online-Verfahren übertragen zu lassen oder sein Fahrzeug bei der Beklagten unter Vorlage des Kennzeichens, des Fahrzeugbriefs/Zulassungsbescheinigung Teil II und des Fahrzeugscheins/Zulassungsbescheinigung Teil I außer Betrieb setzen zu lassen (Nr. 1 des Bescheidstenors). Für den Fall, dass der Kläger dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkomme, wurde unmittelbarer Zwang angedroht (Nr. 2 des Tenors). Unter der Nummer 4 sprach die Beklagte aus, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, und setzte eine Gebühr in Höhe von 36,00 Euro fest. Zur Begründung heißt es, nach der Versicherungsanzeige der B. AG vom 18. September 2019 sei das Fahrzeug des Klägers nicht oder nicht ausreichend haftpflichtversichert. Nachdem der Kläger keine neue, gültige Haftpflichtversicherungsbestätigung vorgelegt oder das Fahrzeug außer Betrieb gesetzt habe, müsse die Beklagte es stilllegen.
Am 30. September 2019 ging bei der Beklagten elektronisch eine weitere Versicherungsbestätigung der A. AG ein, der zufolge dort seit dem 19. Juni 2019 Haftpflichtversicherungsschutz für das klägerische Fahrzeug besteht.
Am 9. Oktober 2019 erhob der Kläger Klage auf Feststellung, dass die Nummern 1 und 2 des angegriffenen Bescheids rechtswidrig gewesen seien, sowie auf Aufhebung der Gebührenforderung in dessen Nummer 4. Mit Urteil vom 31. März 2021 hat das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger sich gegen die Nummern 1 und 2 des angegriffenen Bescheids wende, sei die Fortsetzungsfeststellungsklage in Ermangelung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses bereits unzulässig. Die Anfechtungsklage gegen die Auferlegung von Verwaltungskosten in Nummer 4 des Bescheids sei unbegründet. Die Beklagte habe die B. AG, die zuletzt eine Versicherungsbestätigung übermittelt habe, als Versicherer des Klägers ansehen und deren Erlöschensanzeige ohne Rückfragen zum Anlass für die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs nehmen dürfen. Eine Verpflichtung zu weiteren Ermittlungen folge auch nicht daraus, dass in der Versicherungsanzeige der B. AG vom 11. Februar 2019 Versicherungsschutz ab dem 20. Juni 2017, also rückwirkend, bestätigt worden sei. Dies hätte seine Erklärung ohne Weiteres darin finden können, dass der Kläger zwischenzeitlich von einem Widerrufsrecht hinsichtlich des Versicherungsvertrags mit der A. AG Gebrauch gemacht habe oder der Vertrag aus sonstigen Gründen nicht zustande gekommen sei und stattdessen weiterhin ein Versicherungsvertragsverhältnis mit dem bisherigen Versicherungsunternehmen des Klägers, der B. AG, bestehe.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt, macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie einen Verfahrensmangel geltend. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts hätte die Beklagte die Richtigkeit der Erlöschensanzeige der B. AG hier ausnahmsweise prüfen müssen, weil sie eine offensichtliche Unrichtigkeit vermuten lasse. Die Zulassungsbehörde habe aufgrund der zuvor eingegangenen Versicherungsbestätigungen erkennen können, dass ab dem 19. Juni 2019 Versicherungsschutz bei der A. AG bestehe und die B. AG mit ihrer Versicherungsanzeige vom 11. Februar 2019 lediglich auf die Versicherungsanzeige der A. AG vom 9. November 2018 habe reagieren wollen, da das Versicherungsverhältnis bei ihr noch bis zum 19. Juni 2019 bestanden habe. Dass die Versicherungsanzeige der B. AG vom 11. Februar 2019 auf einen Widerruf des Vertrags gegenüber der A. AG und ein Zurückwechseln zur B. AG zurückzuführen sein könnte, habe fern gelegen. Denn in diesem Fall hätte ein neuer Versicherungsvertrag mit der B. AG geschlossen werden müssen und diese keinen Versicherungsbeginn am 20. Juni 2017, dem Tag der Zulassung des Fahrzeugs, angegeben, sondern vielmehr einen neuen, zeitlich näheren Versicherungsbeginn. Die Beklagte habe im Übrigen selbst zu der irrigen Mitteilung der B. AG beigetragen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass sie ihrer Pflicht aus § 24 Abs. 1 Nr. 3 FZV nachgekommen sei, die A. AG über die Versicherungsanzeige der B. AG vom 11. Februar 2019 zu informieren. Wäre der A. AG diese bekannt gewesen, hätte sie durch erneute Anzeige des Versicherungsbeginns zum 19. Juni 2019 reagiert, so dass die A. AG wieder – in der Sache zutreffend – als maßgeblicher Versicherer anzusehen gewesen und die Erlöschensanzeige der B. AG vom 18. September 2019 jedenfalls unbeachtlich gewesen wäre. Weiterhin habe das Verwaltungsgericht gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, indem es dieser Frage, ob die Beklagte die Anzeige der B. AG vom 11. Februar 2019 der A. AG mitgeteilt habe, nicht nachgegangen sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
1. Soweit sich der ohne Einschränkung gestellte Antrag gegen die Abweisung der Fortsetzungsfeststellungsklage richtet, ist er bereits unzulässig. Wird die Berufung, wie hier, nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Zu der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Fortsetzungsfeststellungsklage hinsichtlich der Nummern 1 und 2 des Bescheids sei in Ermangelung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig, verhält die Antragsbegründung sich jedoch nicht. Nachdem die Begründungsfrist abgelaufen ist, kann dies auch nicht mehr geheilt werden.
2. Soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Auferlegung von Verwaltungskosten in Nummer 4 des Bescheids abgewiesen hat, ist der Antrag auf Zulassung der Berufung unbegründet, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
a) Aus dem Vorbringen des Klägers, auf das sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), da er weder einen tragenden Rechtssatz des angefochtenen Urteils noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.).
aa) Ohne Erfolg wendet sich der Zulassungsantrag gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Heranziehung des Klägers zu Gebühren auf der Grundlage des § 6a Abs. 1 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310, 919), vor Erlass des Bescheids vom 18. September 2019 zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. April 2019 (BGBl I S. 430), i.V.m. der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.01.2011 (BGBl I S. 98), vor Bescheiderlass zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. März 2019 (BGBl I S. 218), sei nicht deswegen rechtswidrig, weil die Verfügung in Nummer 1 des Bescheids rechtswidrig sei.
(1) Nach § 25 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) in der Fassung vom 3. Februar 2011 (BGBl I S. 139), vor Bescheiderlass zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. Juni 2019 (BGBl I S. 756), hat die Zulassungsbehörde, wenn sie durch eine Anzeige nach Absatz 1 oder auf andere Weise davon erfährt, dass für das Fahrzeug keine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung besteht, das Fahrzeug unverzüglich außer Betrieb zu setzen. Der in dieser Bestimmung in Bezug genommene § 25 Abs. 1 Satz 1 FZV regelt, dass der Versicherer zur Beendigung seiner Haftung nach § 117 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes der zuständigen Zulassungsbehörde Anzeige erstatten kann, wenn eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Versicherung nicht oder nicht mehr besteht.
(2) Davon ausgehend begegnet die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die Verpflichtung des Klägers zur Außerbetriebsetzung seines Kraftfahrzeugs erweise sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses als rechtmäßig, keinen Bedenken.
(a) § 25 Abs. 4 FZV knüpft nach seinem Wortlaut sowie Sinn und Zweck formal an die Erlöschensanzeige des Versicherers an, nicht an das tatsächliche Nichtbestehen der Haftpflichtversicherung. Die Vorschrift soll soweit möglich sicherstellen, dass Kraftfahrzeuge, für die eine Haftpflichtversicherung nicht abgeschlossen ist, nicht am Straßenverkehr teilnehmen und dass Verkehrsteilnehmer, die bei Unfällen geschädigt werden, auf jeden Fall Versicherungsschutz genießen. Dieses Ziel wäre nicht erreichbar, wenn die Zulassungsbehörde nach Eingang der Anzeige des Versicherers durch Rückfrage beim Versicherer oder beim Fahrzeughalter nachzuprüfen hätte, ob die Erlöschensanzeige zu Recht erstattet worden ist. Ein Abwarten oder unter Umständen zeitraubendes inhaltliches Überprüfen der Richtigkeit der Angabe verbietet sich daher in der Regel (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 3 C 3.15 – BVerwGE 153, 321 Rn. 20 ff.).
Eine der in Betracht zu ziehenden Ausnahmen, dass nämlich die Erlöschensanzeige selbst – etwa bei erkennbaren Schreibfehlern o.ä. – offensichtliche Unrichtigkeiten enthält oder vermuten lässt, liegt hier nicht vor. Wenn der Kläger einen solchen Fehler aus einer Zusammenschau der Anzeige der B. AG vom 18. September 2019, die ein Fehlen ausreichender Haftpflichtversicherung ab dem 20. Juni 2019 angebe, mit der Versicherungsbestätigung der A. AG vom 14. Januar 2019, dass das klägerische Fahrzeug ab dem 19. Juni 2019 dort versichert sei, herleiten möchte, zielt dies bereits nicht auf derartige greifbare Ungereimtheiten oder Mängel dieser Anzeige vom 18. September 2019 selbst. Im Übrigen verpflichtet eine Erlöschensanzeige des Versicherers, von dem die letzte Bestätigung stammt, die Zulassungsbehörde nach der Rechtsprechung des Senats auch dann zur Außerbetriebsetzung, wenn aus den Akten – so wie hier – ersichtlich ist, dass zuvor ein anderer Versicherer ebenfalls Haftpflichtversicherungsschutz zugesagt hatte (BayVGH, B.v. 31.7.2008 – 11 ZB 08.188 – juris Rn. 27).
(b) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte sich nach der letzten bei ihr eingegangenen Versicherungsbestätigung der B. AG vom 11. Februar 2019 richten und das darin angezeigte Haftpflichtversicherungsverhältnis als maßgeblich ansehen durfte, wogegen der vorgenannte klägerische Einwand der Sache nach gerichtet ist. Denn auch diese Versicherungsbestätigung weist keine offensichtlichen Mängel auf.
Dass die Zulassungsbehörde grundsätzlich von der letzten bei ihr eingegangenen Versicherungsbestätigung als maßgeblich auszugehen hat, folgt aus dem Gesamtsystem der Regelungen in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung und im Versicherungsvertragsgesetz. Bei der Überwachung, inwieweit die am Verkehr teilnehmenden Fahrzeuge über den gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungsschutz verfügen, handelt es sich um ein Massenverfahren, das eine Systematisierung und Standardisierung der Nachweise erfordert. Der Verordnungsgeber hat deshalb in § 23 FZV standardisierte Versicherungsbestätigungen vorgesehen und in § 24 Abs. 1 Nr. 3 FZV das Vorgehen der Zulassungsbehörde beim Eingang einer solchen Versicherungsbestätigung sowie in § 25 Abs. 4 FZV bei einer Erlöschensanzeige formal vom Eingang einer entsprechenden Erklärung des Versicherers abhängig gemacht. Diesem Regelungssystem entspricht, dass die Zulassungsbehörde von der ihr zeitlich zuletzt übermittelten Versicherungsbestätigung als maßgeblich auszugehen hat. Dass eine ältere durch eine zeitlich danach bei der Zulassungsbehörde eingegangene Versicherungsbestätigung „überschrieben“ wird, wird insbesondere darin deutlich, dass § 24 Abs. 1 Nr. 3 FZV der Zulassungsbehörde eine Benachrichtigungspflicht gegenüber der „Altversicherung“ auferlegt. Ist eine solche Benachrichtigung durch die Zulassungsbehörde erfolgt, hat der „Altversicherer“ nach § 25 Abs. 1 Satz 6 FZV eine Erlöschensanzeige zu unterlassen und löst nach § 25 Abs. 4 Satz 2 FZV auch eine Erlöschensanzeige des „Altversicherers“ keine Stilllegungsanordnung der Zulassungsbehörde mehr aus. Das setzt die Annahme voraus, dass die bisherige Haftpflichtversicherung durch eine neue ersetzt wurde. Eine Ausnahme davon gilt allein, sofern die später eingegangene Versicherungsbestätigung offensichtlich mangelhaft ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015, a.a.O. Rn. 33 f., 23, 40).
Derartige Mängel oder Ungereimtheiten hat das Verwaltungsgericht hier auch mit Blick auf die Versicherungsanzeige der B. AG vom 11. Februar 2019 zu Recht verneint. Anders als der Kläger meint, war es keineswegs offensichtlich, dass die B. AG damit lediglich auf die erste Versicherungsanzeige der A. AG vom 9. November 2018 reagieren und anzeigen wollte, dass das Versicherungsverhältnis bei ihr – der B. AG – noch bis zum 19. Juni 2019 bestehe. Diese Deutung erscheint rein spekulativ, umso mehr als zwischen diesen beiden Anzeigen ein zeitlicher Abstand von drei Monaten liegt und die Versicherungsbestätigung der B. AG vom 11. Februar 2019 unter der Rubrik „Versicherungsende“ keine Eintragung enthält. Dass dort als Versicherungsbeginn der 20. Juni 2017 genannt und damit rückwirkend Versicherungsschutz bestätigt wurde, musste die Beklagte ebenfalls nicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung veranlassen. Denn diese Mitteilung hätte ihre Erklärung, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ohne Weiteres darin finden können, dass der Kläger zwischenzeitlich von einem Widerrufsrecht hinsichtlich des Vertrags mit der A. AG Gebrauch gemacht hat (vgl. auch BVerwG, U.v. 10.12.2015, a.a.O. Rn. 41) und das Versicherungsverhältnis mit der B. AG fortbesteht. Dass in einem solchen Fall nicht das in der Vergangenheit liegende Datum des Vertragsbeginns angezeigt wird, erschließt sich nicht und ist jedenfalls nicht offensichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Folgen einer Kündigung nach allgemeinen Grundsätzen durch übereinstimmende Vereinbarung der Vertragsparteien rückgängig gemacht werden können und das frühere Versicherungsverhältnis in diesem Fall fortgesetzt wird (vgl. Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl. 2019, § 11 Rn. 12).
(c) Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass der Aufforderung in Nummer 1 des Bescheids nicht entgegengehalten werden kann, die Anzeige der B. AG vom 18. September 2019 stelle allein die Anzeige eines „Altversicherers“ dar, die nach § 25 Abs. 4 Satz 2 FZV keine Maßnahmen zur Stilllegung rechtfertigen könne. Danach löst eine Anzeige zu einer Versicherung, für die bereits eine Mitteilung nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 FZV abgesandt wurde, keine Maßnahmen der Zulassungsbehörde nach § 25 Abs. 4 Satz 1 FZV aus.
Hier scheint § 25 Abs. 4 Satz 2 FZV auf den ersten Blick zwar einschlägig, da die A. AG der Beklagten am 14. Januar 2019 eine Bestätigung über den Abschluss einer neuen Versicherung übermittelt hat und anzunehmen ist, dass die B. AG darüber auch unterrichtet wurde. Nach seinem Sinn und Zweck sowie der vorgenannten Konzeption des Verordnungsgebers zielt § 25 Abs. 4 Satz 2 FZV jedoch allein auf Erlöschensanzeigen eines „Altversicherers“, dessen Versicherungsbestätigung durch eine neuere Bestätigung überschrieben wurde (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 34). Hier hat die B. AG den Status des „Altversicherers“, wie ausgeführt, aber durch die Übermittlung der neuen, zeitlich als letzte bei der Beklagten eingegangenen Versicherungsbestätigung vom 11. Februar 2019 verloren.
bb) Als Halter des Kraftfahrzeugs hat der Kläger die gegen ihn ergangene Anordnung veranlasst und ist damit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt zur Zahlung der dafür entstandenen Verwaltungskosten verpflichtet.
Gebührenrechtlicher Veranlasser ist nicht nur, wer die Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat, sondern auch, in wessen Pflichtenkreis sie erfolgt. Die Pflicht, für den ununterbrochenen Nachweis eines Haftpflichtversicherungsschutzes bei der Zulassungsbehörde Sorge zu tragen, trifft aber den Kraftfahrzeughalter (vgl. § 1 des Pflichtversicherungsgesetzes). Im Hinblick darauf steht die Haftpflichtversicherung gewissermaßen auf Seiten des Kraftfahrzeughalters. Für fehlerhaftes Verhalten „seines“ Versicherers hat mithin nicht die Zulassungsstelle einzustehen, die aufgrund der materiell-rechtlichen Vorgaben nicht zu einer Überprüfung der Richtigkeit der Mitteilung des Versicherers verpflichtet ist. Vielmehr sind die Folgen solcher Fehler dem Kraftfahrzeughalter aufzubürden, der Schadensersatz im Rahmen des privatrechtlichen Versicherungsverhältnisses geltend machen kann (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015, a.a.O. Rn. 25 f.; U.v. 22.10.1992 – BverwGE 91, 109 = juris Rn. 17).
So liegt es auch hier. Ein Sonderfall, in dem der Halter dem Versicherer keinerlei Anlass für die Übermittlung von Versicherungsbestätigung und Erlöschensanzeige gegeben, ja noch nicht einmal in Kontakt zu ihm getreten war und in dem eine Ausnahme von diesem Grundsatz in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015, a.a.O. Rn. 27), ist nicht gegeben.
cc) Schließlich wendet der Kläger ohne Erfolg ein, dass die Beklagte ihre Pflicht aus § 24 Abs. 1 Nr. 3 FZV zur Unterrichtung der A. AG über den Zugang der Bestätigung der B. AG vom 11. Februar 2019 verletzt habe.
(1) Nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 FZV hat die Zulassungsbehörde, wie bereits erwähnt, den Versicherer zwar über den Zugang einer Bestätigung über den Abschluss einer neuen Versicherung zu unterrichten. Dieser Verpflichtung kommt auch eine wichtige Funktion im Gesamtsystem zu. Der Verordnungsgeber geht erkennbar davon aus, dass sich der „Altversicherer“ bei der Zulassungsbehörde oder dem Fahrzeughalter melden werde, wenn das Haftpflichtversicherungsverhältnis bei ihm entgegen dem sich aus der neuen Versicherungsbestätigung ergebenden Anschein fortbestehen sollte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015, a.a.O. Rn. 41 mit dem Hinweis, dass auch dies gegen eine der Behörde insoweit obliegende Sachaufklärungspflicht spreche). Somit kann die Unterrichtung dazu beitragen, fehlerhafte Versicherungsanzeigen rechtzeitig aufzudecken. Daher könnte im Falle der Verletzung der Unterrichtungspflicht nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 FZV erwogen werden, ob die Gebührenerhebung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG i.V.m. § 6 Abs. 1 GebOst wegen unrichtiger Sachbehandlung ausscheidet (vgl. dazu auch OVG NW, B.v. 9.7.2014 – 9 E 562/14 – juris Rn. 18 f.).
(2) Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Versicherungsanzeige der B. AG vom 11. Februar 2019 nicht ordnungsgemäß übermittelt hat.
Die Beklagte hat dazu auf Anfrage des Senats ausgeführt, Versicherungsbestätigungen würden seit 2008 vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft an das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt, das sie den zuständigen Zulassungsbehörden zum Abruf im automatisierten Verfahren bereitstelle (vgl. dazu auch § 23 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 FZV). Die von der Zulassungsbehörde verarbeiteten Meldungen würden einmal täglich in dem gleichen Online-Verfahren über das Kraftfahrt-Bundesamt an den genannten Dachverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zurückgemeldet, der sie an die betroffenen Versicherungsunternehmen verteile. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass die A. AG hier über die genannte Anzeige der B. AG vom 11. Februar 2019 unterrichtet worden sei, auch wenn Fehler in diesem „Massengeschäft“ nicht auszuschließen seien und kein Nachweis für die konkrete Meldung geführt werden könne. Dazu legte die Beklagte ein Datenblatt vor, das eine Auflistung von Arbeitsvorgängen der Zulassungsbehörde am 11. Februar 2019 enthält und aus dem ersichtlich ist, dass auch an diesem Tag Meldung an die Versicherungswirtschaft erstattet wurde.
Die Beklagte hat somit generell und in Einklang mit § 24 Abs. 2, § 35 Abs. 3 FZV organisatorische Vorkehrungen getroffen, um ihrer Verpflichtung zur Unterrichtung über den Zugang von Versicherungsanzeigen zu genügen, und ist grundsätzlich auch am 11. Februar 2019 danach vorgegangen. Folglich kann angenommen werden, dass auch die Unterrichtung der B. AG an jenem Tage ordnungsgemäß an die A. AG übermittelt wurde, und obläge es dem Kläger, eine Abweichung von diesem System in seinem Einzelfall substantiiert dazulegen, etwa durch eine Auskunft seiner Versicherung. Daran fehlt es hier.
(3) Damit kann offen bleiben, ob die Gebührenerhebung im Falle einer Verletzung der Unterrichtungspflicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG i.V.m. § 6 Abs. 1 GebOst tatsächlich ausgeschlossen wäre, was einen hinreichend gesicherten Kausalzusammenhang zwischen der unrichtigen Sachbehandlung und der Entstehung der Kosten voraussetzte. Bei wertender Betrachtung könnte zudem zu berücksichtigen sein, dass der wesentliche Grund für die Irritationen im vorliegenden Fall in der Versicherungsbestätigung der B. AG vom 11. Februar 2019 liegt. Der Versicherer steht aber, wie ausgeführt, auf Seiten des Klägers.
b) Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen. Ohne ausdrücklichen Antrag musste das Verwaltungsgericht der Frage, ob die Beklagte der A. AG die Anzeige der B. AG vom 11. Februar 2019 mitgeteilt hat, nicht nachgehen. Vielmehr durfte es davon ausgehen, dass diese Versicherungsbestätigung im automatisierten Verfahren weitergeleitet wurde, zumal die Beklagte auf Nachfrage belegt hatte, dass auch am 9. November 2018 und 14. Januar 2019 Mitteilung an die Versicherungen erstattet worden war.
3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.3, 46.16 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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