Verwaltungsrecht

Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung

Aktenzeichen  16a DS 19.2142

Datum:
10.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 1245
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 61 Abs. 3
StGB § 266 Abs. 1, § 298 Abs. 1
VwGO § 80 Abs. 7 S. 2

 

Leitsatz

1. Ist ein Antrag auf Aussetzung einer vorläufigen Dienstenthebung unanfechtbar abgelehnt worden, so kann ein erneuter Antrag als Abänderungsantrag ausgelegt werden, der ausschließlich auf der Grundlage von Art. 61 Abs. 3 BayDG i.V.m. § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO zum Erfolg führen kann. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Verlauf eines zuwendungsrechtlichen Klageverfahrens, dass lediglich auf die Höhe des durch das angeschuldigte Dienstvergehen verursachten Schadens Einfluss hat, vermag keine für die vorläufige Dienstenthebung maßgebliche Änderung darzustellen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die lange Dauer der Anhängigkeit einer Disziplinarklage führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 10A DS 19.1669 2019-10-08 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Oktober 2019 bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
1. Aus dem Beschwerdeantrag vom 11. November 2019 ergibt sich, dass der Antragsteller – unter Aufhebung des entgegenstehenden Beschlusses vom 8. Oktober 2019 – weiterhin die Aussetzung seiner mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 11. Juli 2017 (nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG) angeordneten vorläufigen Dienstenthebung begehrt. Einen ersten, gleichlautenden Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung hatte das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 24. Oktober 2017 (RN 10A DS 17.1159), auf dessen Inhalt vollumfänglich Bezug genommen wird, abgelehnt. Hiergegen hat der Antragsteller keine Beschwerde eingelegt.
In dieser Situation ergibt eine am Rechtsschutzziel orientierte Auslegung des streitgegenständlichen (erneuten) Antrags auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung vom 12. September 2019, dass letztlich die Abänderung des unanfechtbaren Beschlusses vom 24. Oktober 2017 für die Zukunft begehrt wird. Ein derartiger Abänderungsantrag kann ausschließlich auf der Grundlage von Art. 61 Abs. 3 BayDG i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zum Erfolg führen. Bereits aus dem systematischen Zusammenhang von Art. 61 Abs. 1 mit Abs. 3 BayDG und seinem Verweis auf § 80 Abs. 7 VwGO folgt, dass nach einem formell rechtskräftigen Beschluss (zur Bindungswirkung eines unanfechtbaren Beschlusses: Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 125), mit dem das Aussetzungsverfahren abgeschlossen wurde, nicht beliebig oft weitere Aussetzungsanträge gestellt werden können. Vielmehr setzt im Hinblick auf das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ein Anspruch auf erneute Entscheidung über ein Abänderungsgesuch voraus, dass der Eintritt neuer Umstände oder eine Änderung derjenigen Umstände geltend gemacht wird, die maßgeblich für die vorangegangene rechtskräftige Entscheidung waren (Conrad in Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand August 2019, Art. 61 Rn. 8). Denn das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist ein selbstständiges, vom vorangegangenen Aussetzungsverfahren gelöstes Verfahren, das allein der Möglichkeit dient, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Somit ist zwar der Streitgegenstand – hier: die Vollziehbarkeit der vorläufigen Dienstenthebung – identisch mit dem des bereits abgeschlossenen Verfahrens, jedoch ein abweichender Prüfungsmaßstab anzulegen, ob nämlich nach der aktuellen Sach- und Rechtslage die (“zukunftsorientierte”) Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung geboten ist (stRspr BVerwG, B.v. 10.3.2011 – 8 VR 2.11 – juris Rn. 8; B.v. 25.8.2008 – 2 VR 1.08 – juris Rn. 5; B.v. 4.7.1988 – 7 C 88.87 – juris Rn. 5; Hoppe in Eyermann, a.a.O., Rn. 129).
2. Der demnach als Abänderungsantrag gemäß Art. 61 Abs. 3 BayDG i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auszulegende Antrag vom 12. September 2019 ist zulässig.
Als veränderten Umstand im Sinn von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO bezeichnet der Antragsteller den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. März 2019 (vgl. Antragsschreiben v. 12.9.2019, S. 2, 3 u. Beschwerdebegründung v. 11.11.2019, S. 7 c). Mit diesem Beschluss (13a ZB 17.2514) wurde die Berufung der Gemeinde K., dessen erster Bürgermeister der Antragsteller ist, gegen das ihre Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. November 2017 (RN 5 K 17.210 – juris) zugelassen; diese Klage richtet sich gegen den (Widerrufs) Bescheid des Antragsgegners vom 10. Januar 2017, mit dem die mit Bescheid vom 15. Februar 2013 vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regen für das Projekt “Dorfladen K.” bewilligte, aber bislang nicht ausgezahlte Förderung in Höhe von 54.843 Euro (Fördersatz von 25% für zuschussfähige Ausgaben bis zu ca. 219.000 Euro) in vollem Umfang widerrufen wurde. Zuvor war der Antragsteller mit seit 28. Juni 2016 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Regensburg vom 3. Juni 2016 zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung wegen Untreue und zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 270 Tagessätzen wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen bei Ausschreibungen verurteilt worden. Auf den Widerrufsbescheid vom 10. Januar 2017 nimmt sowohl die einstweilige Dienstenthebung vom 11. Juli 2017 (S. 9) als auch der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2017 (BA S. 5, 6) Bezug, der unter Hinweis auf den Zuwendungswiderruf “einen Schaden für die Gemeinde in Höhe von mehr als 50.000 Euro” annimmt (BA S. 15). Aus diesem Zusammenhang zwischen Schadenshöhe und Disziplinarmaßnahme ergibt sich nach dem insoweit schlüssigen Vortrag des Antragstellers, dass der Zulassungsbeschluss vom 29. März 2019, der im gegen den Zuwendungswiderruf gerichteten Klageverfahren der Gemeinde K. ergangen ist, eine Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Oktober 2017 zumindest möglich erscheinen lässt (vgl. zu diesem Erfordernis: Hoppe in Eyermann, a.a.O., Rn. 133; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, VwGO § 80 Rn. 575, 576; OVG Berlin-Bbg, B.v. 30.11.2006 – 2 S 20/06 – juris). Der Antrag auf Abänderung der vorläufigen Dienstenthebung ist daher zulässig.
3. Er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Eine nach Erlass des Beschlusses vom 24. Oktober 2017 eingetretene Änderung der Sach- oder Rechtslage, die sich entscheidungserheblich auf die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung auswirkt, hat sich nicht ergeben.
3.1 Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Antragsteller mit Blick auf die noch nicht rechtskräftig entschiedene subventionsrechtliche Problematik an, es stehe nicht fest, ob überhaupt und ggf. in welcher Höhe ein Schaden entstanden sei; schon aus diesem Grunde könne die Prognose über die zu erwartende Entfernung des Antragstellers aus dem Dienst nicht aufrechterhalten werden. Das klageabweisende Urteil vom 2. November 2017 habe noch angenommen, dass ein vollständiger Widerruf der bewilligten Zuwendung rechtmäßig gewesen sei, während der Zulassungsbeschluss vom 29. März 2019 ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Rechtsauffassung habe. Das Verwaltungsgericht habe nicht hinterfragt, ob der im Strafbefehl festgestellte Sachverhalt zutreffend und ob er ggf. überhaupt strafbar sei. Dennoch stelle das Verwaltungsgericht ausschließlich auf den Strafbefehl ab, ohne hierzu eigene Überlegungen anzustellen. Die vergaberechtlichen Schlussfolgerungen im Strafbefehl seien rechtsfehlerhaft. Nicht jeder Verstoß gegen Vergaberecht erfülle zugleich den Straftatbestand der Untreue. Hier sei schon das objektive Vorliegen eines Vermögensschadens ungeklärt. Eine bloße Vermögensgefährdung könne die Prognose der Entfernung aus dem Dienst nicht rechtfertigen. Es fehle schon an einem vorsätzlichen Handeln hinsichtlich des Vermögensnachteils. Das Gericht habe weiter offen gelassen, welches Disziplinarvergehen konkret dem Antragsteller angelastet werde. Im Übrigen habe die vorläufige Suspendierung inzwischen dauerhafte Wirkungen, weil sie bis zum Ende der Amtsperiode des Antragstellers laufen solle und damit seinen Wahlkampf für die Wiederwahl im Frühjahr 2020 erheblich beeinträchtige.
Mit diesem Vorbringen macht der Antragsteller jedoch keine maßgebliche Änderung von tatsächlichen oder rechtlichen Umständen gegenüber der Situation im Zeitpunkt des Beschlusses vom 24. Oktober 2017 geltend.
3.2 Allerdings ist das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss über den im Abänderungsverfahren heranzuziehenden Prüfungsmaßstab hinausgegangen und hat eine (erneute) vollumfängliche Prüfung der angefochtenen vorläufigen Dienstenthebung vom 11. Juli 2017 im Hinblick auf ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit (Art. 61 Abs. 2 BayDG) durchgeführt, ohne sich auf den durch die Geltendmachung neuer oder veränderter Umstände – wie dargestellt – begrenzten Prüfungsmaßstab zu beschränken. Liegt aber keine Änderung derjenigen Umstände vor, auf die die frühere Entscheidung maßgeblich gestützt war, liefe eine Entscheidung des Gerichts in der Sache auf eine unzulässige Rechtsmittelentscheidung hinaus (BVerwG, B.v. 25.8.2008 – 2 VR 1.08 – juris Rn. 6).
Daraus folgt, dass im Rahmen des Beschwerdeverfahrens derjenige Vortrag des Antragstellers außer Acht zu bleiben hat, der sich auf Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss bezieht, die denjenigen im Beschluss vom 24. Oktober 2017 entsprechen und hinsichtlich derer eine Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Umstände weder geltend gemacht noch ersichtlich ist.
3.3 Gegenüber der Sach- und Rechtslage, wie sie sich dem Verwaltungsgericht zum Zeitpunkt seines Beschlusses vom 24. Oktober 2017 dargestellt hat, haben sich keine entscheidungserheblichen neuen oder veränderten Umstände ergeben, die geeignet wären, im Hinblick auf das Fehlen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung im Sinn von Art. 61 Abs. 2 BayDG der Interessenabwägung einen anderen Ausgang zu geben und damit zur Änderung dieses Beschlusses für die Zukunft zu führen (BayVGH, B.v. 4.12.2019 – 16a DS 19.2159; Hoppe in Eyermann, a.a.O. Rn. 134). Keinen Anlass hierfür bietet das die Klage der Gemeinde K. abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. November 2017 (RN 5 K 17.210), das den Widerruf der gesamten Zuwendung wegen des Vorliegens von Vergabeverstößen (unzulässige Absprachen) für rechtmäßig hält. Denn auch die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts hat die Rechtmäßigkeit des vollständigen Widerrufs des Zuwendungsbescheids vom 5. Februar 2013 nach summarischer Prüfung bejaht. Eine maßgebliche Änderung der Rechtslage ergibt sich auch nicht aus dem in der Folge ergangenen Zulassungsbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. März 2019 (13a ZB 17.2514), der die Richtigkeit des vollständigen Widerrufs der zugesagten, jedoch nicht ausgezahlten Subvention als ernstlich zweifelhaft ansieht. Denn zur Begründung führt der zitierte Beschluss aus, der in Bezug genommene Strafbefehl gegen den Antragsteller vom 3. Juni 2016 beziehe sich lediglich auf drei Gewerke (“Fensterbau”, “Innenausbau” sowie “Außendämmung und Verputz”), während hinsichtlich näher bezeichneter weiterer Gewerke das Strafverfahren gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden sei; damit bestünden (lediglich) an der Annahme, bei allen Aufträgen im Rahmen der Gesamtmaßnahme sei es zu Vergabeverstößen mit einem Korrektursatz von jeweils 100% gekommen, ernstliche Zweifel.
3.3.1 Der Zulassungsbeschluss vom 29. März 2019 bezieht sich demnach auf das vorangegangene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 2. November 2017, das schon in zeitlicher Hinsicht nicht entscheidungstragend für den (ersten) Beschluss vom 24. Oktober 2017 sein konnte, dessen Abänderung im vorliegenden Verfahren begehrt wird. Spielt aber schon das Urteil vom 2. November 2017 keine für die Begründung des Beschlusses vom 24. Oktober 2017 maßgebliche Rolle, muss dies auch für eine spätere Zulassung der Berufung des Antragstellers gegen dieses Urteil gelten. Die rechtliche Situation stellt sich aus heutiger Sicht nicht anders dar, als dies zum Zeitpunkt des 24. Oktobers 2017 der Fall war, zu dem ebenfalls ein noch nicht bestandskräftiger Widerrufsbescheid vorlag, dessen weiteres rechtliches Schicksal vom Ausgang des entsprechenden Klageverfahrens abhängig war und ist. Das rechtliche Schicksal der vorläufigen Dienstenthebung ist nicht vom rechtlichen Fortbestand der Widerrufsverfügung abhängig.
Bereits die Verfügung der Disziplinarbehörde vom 11. Juli 2017 stellt zentral auf die schwerwiegenden Vergabeverstöße im Zusammenhang mit den drei mit Strafbefehl abgeurteilten “Gewerken” ab. In ihrer Verfügung (S. 9, 10) hat die Disziplinarbehörde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Widerrufsbescheid vom 10. Januar 2017 noch nicht bestandskräftig ist, und ihre Entscheidung – unabhängig vom weiteren Fortgang des den Widerrufsbescheid betreffenden Klageverfahrens – mit dem Vorliegen einer “schadensgleichen Vermögensgefährdung” begründet. Diesem Ansatz ist das Verwaltungsgericht nach Vornahme der gebotenen summarischen Prüfung gefolgt. Vor diesem Hintergrund vermag der weitere Verlauf des zuwendungsrechtlichen Klageverfahrens (Klageabweisung und Zulassung der Berufung mit einer nur auf einen Teilbereich bezogenen Begründung) keine für die vorläufige Dienstenthebung und die verwaltungsgerichtliche Ablehnung eines gegen sie gerichteten Antrags maßgebliche Änderung darzustellen. Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall die voraussichtlich zu verhängende Disziplinarmaßnahme (Entfernung aus dem Beamtenverhältnis) unabhängig von der Höhe des der Gemeinde entstandenen finanziellen Schadens und damit unabhängig von der bisher noch nicht abschließend geklärten subventionsrechtlichen Situation betrachtet (s. 3.3.2).
3.3.2 Zu Recht geht das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 24. Juli 2017 davon aus, dass der Schaden der Gemeinde schon allein in der Vermögensgefährdung begründet liegt, die sich daraus ergibt, dass die mit bestandskräftigen Bescheid bewilligte Zuwendung nach Bekanntwerden der Pflichtverletzungen des Antragstellers im Juli 2015 nicht mehr ausgezahlt wurde. Insoweit beanstandet die Beschwerdebegründung (S. 7) lediglich, dass “die bloße Vermögensgefährdung in nicht feststehender Höhe die Prognose einer Entlassung aus dem Dienst nicht rechtfertigen” könne; damit wird aber kein neuer rechtlicher Gesichtspunkt vorgetragen, der nicht schon im ersten Aussetzungsverfahren geltend gemacht werden konnte, sondern nur die Richtigkeit einer Annahme des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 24. Oktober 2017 (S. 15) zur Schadenshöhe bestritten. Auch das Vorbringen des Antragstellers, es sei ihm “neben der Errichtung des Dorfladens zu günstigen Preisen” gerade “auf die Erlangung einer Subvention” (Beschwerdebegründung, S. 8) und damit ihre Auszahlung angekommen, führt nicht weiter. Denn diese zweifelsfrei vorhandene Absicht hat den Eintritt des Schadens (Nichtauszahlung der Zuwendung) nicht abwenden können, den der Antragsteller durch die vorangegangenen wettbewerbsbeschränkenden Absprachen verursacht hatte. Demgegenüber spielte und spielt die weitere rechtliche Folge, dass der Zuwendungsbescheid widerrufen wurde, weder im bereits abgeschlossenen Strafverfahren noch im Disziplinarverfahren eine entscheidende Rolle.
Der Zulassungsbeschluss vom 29. März 2019 bezieht die aufgeworfenen ernstlichen Zweifel ausdrücklich nicht auf die im Strafbefehl vom 3. Juni 2016 genannten drei Gewerke (Fensterbau, Innenausbau sowie Außendämmung und Verputz), sondern ausschließlich auf andere Gewerke, hinsichtlich derer das strafrechtliche Verfahren gegen den Antragsteller eingestellt worden war. Daraus folgt, dass hinsichtlich der Annahme der Disziplinarkammer, der Antragsteller habe den Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB (jedenfalls) in drei tatmehrheitlichen Fällen verwirklicht, keine veränderten rechtlichen Umstände eingetreten sind. Die exakte Höhe des zulasten der Gemeinde eingetretenen Schadens konnte weder zum Zeitpunkt des Beschlusses vom 24. Oktober 2017 noch kann sie zum heutigen Tage beziffert werden. Selbst wenn es als Ergebnis des Klageverfahrens um den Zuwendungswiderruf noch zu einer teilweisen Auszahlung der Zuwendungen im Hinblick auf die Gewerke, die nicht Gegenstand des Strafbefehls waren, an die Gemeinde kommen sollte, würde damit der bereits in Folge der jahrelangen Nichtauszahlung der bereits bewilligten Zuwendungen eingetretene Schaden nicht wieder entfallen.
Das Verwaltungsgericht weist im angefochtenen Beschluss vom 9. Oktober 2019 zutreffend darauf hin, dass im Hinblick auf die Maßnahmebemessung die Höhe des entstandenen Schadens nicht das entscheidende Kriterium ist (BA S. 16, 17). Im Beschluss (BA S. 13-15) wird festgestellt, dass sich die tatsächlichen Erkenntnisse des (rechtskräftigen) Strafbefehls mit den Angaben des Antragstellers im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren decken; auf die von ihm eingeräumten vergaberechtlichen Manipulationen im Ausschreibungsverfahren zum Vorteil seiner Firma nimmt der Senat Bezug. Auf den vom Verwaltungsgericht hervorgehobenen Umstand, dass der Antragsteller die angeklagten Sachverhalte im Wesentlichen zugestanden und den Strafbefehl dementsprechend hingenommen hat, geht die Beschwerde nicht ein. Die dortigen Feststellungen zum Sachverhalt mussten schon deswegen nicht – wie der Antragsteller meint – vom Verwaltungsgericht erneut gewürdigt werden, weil insoweit keine veränderten maßgeblichen Umstände vorliegen, vielmehr die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen im Beschluss vom 24. Oktober 2017 weiterhin Gültigkeit beanspruchen. Entsprechendes gilt für die rechtliche Einordnung des Dienstvergehens und die hieraus disziplinarrechtlich zu ziehenden Folgerungen. Ihre Richtigkeit ist im Hinblick auf die vorläufige Dienstenthebung durch den Zulassungsbeschluss vom 29. März 2019 nicht infrage gestellt. Auch wenn der für die Gemeinde entstandene Schaden “geringer als ca. 50.000 Euro sein sollte” (B.v. 8.10.2019, S. 12, IV.), wäre die Prognose der voraussichtlichen Entfernung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis nach wie vor zutreffend.
3.3.3 Der Beschwerde vermag auch nicht das Vorbringen des Antragstellers zum Erfolg zu verhelfen, er werde durch die vorläufige Dienstenthebung in der Durchführung seines Wahlkampfs mit dem Ziel, als Bürgermeister wiedergewählt zu werden, erheblich beeinträchtigt. Auch wenn zutrifft, dass er den Wahlkampf für die im Frühjahr 2020 stattfindende Kommunalwahl nicht als amtierender Bürgermeister bestreiten kann, ist er nicht an einer Kandidatur gehindert. Im Übrigen gelten die Vorschriften des Bayerischen Disziplinargesetzes für kommunale Wahlbeamte unabhängig davon, ob Kommunalwahlen unmittelbar bevorstehen oder nicht (BayVGH, B.v. 28.10.2019 – 16a DS 19.1720 – juris Rn. 21). Schließlich führt auch nicht die lange Dauer der Anhängigkeit der Disziplinarklage vom 7. Juli 2017 (RN 10a DK 19.32), über die bisher nicht entschieden wurde, zur Unverhältnismäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung; denn dieser Umstand ist ohne Bedeutung für die hier allein maßgebliche (zu bejahende) Frage, ob der Antragsteller aufgrund der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (Art. 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 BayDG). Im Übrigen kann auch bei einer vom Beamten nicht zu vertretenden langen Verfahrensdauer im Hinblick auf den bei schweren Dienstvergehen nicht mehr behebbaren Vertrauensverlust auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht verzichtet werden (Zängl in Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, a.a.O., MatR/I Rn. 82 m. Nachweisen aus der Rechtsprechung).
4. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (Art. 3 BayDG i.V.m. § 152 Abs. 1 VwGO).


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