Verwaltungsrecht

Beihilfefähigkeit von Parkgebühren

Aktenzeichen  24 ZB 21.1806

Datum:
1.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4452
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBhV § 26 S. 3 i.V.m. BayRKG Art. 6 Abs. 6 S. 1 Nr. 1
BayRKG Art. 12

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 1 K 20.2026 2021-05-20 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 26,50 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der beihilfeberechtigte Kläger begehrt Beihilfe für von ihm verauslagte Parkgebühren in Höhe von 26,50 Euro.
Der Antrag des Klägers vom 10. Juli 2020 u.a. auf Erstattung von Parkgebühren, die er im Zusammenhang mit ambulant bei ihm durchgeführten Augenoperationen und der entsprechenden Nachversorgung aufgewandt hat, lehnte das Landesamt für Finanzen mit Bescheid vom 14. Juli 2020 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2020 wies es den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers zurück. Für Parkgebühren könne mangels gesetzlicher Grundlage keine Beihilfe gewährt werden; diese seien nicht von den in § 26 BayBhV geregelten Fahrtkosten erfasst.
Seine hiergegen gerichtete Klage lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 20. Mai 2021 ab. Parkgebühren könnten nach dem Bayerischen Reisekostengesetz nur als Nebenkosten gemäß Art. 12 BayRKG erstattet werden. Auf diese Norm verweise § 26 BayBhV jedoch gerade nicht. Durch die Verweisung in § 26 Satz 3 BayBhV auf Art. 6 Abs. 6 BayRKG werde nur die sog. „kleine Wegstreckenentschädigung“ (Kilometersatz in Höhe von 0,25 €/km) gewährt. Dies schließe es aus, bei der Abrechnung von Fahrtkosten für die ambulante Behandlung zusätzlich triftige Gründe geltend zu machen, um so eine höhere Fahrtkostenerstattung bzw. zusätzlich die Erstattung von Parkgebühren als Nebenkosten zu erreichen. Über die Beihilfevorschriften hinausgehende Ansprüche auf Erstattung seiner Parkkosten stünden dem Kläger nicht zu.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel auf Erstattung der von ihm verauslagten Parkgebühren weiter. Er macht geltend, es lägen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Entscheidung weise Verfahrensmängel auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behörden- und die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGH 59,47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 VwGO) nicht.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Solche Zweifel können der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung nicht entnommen werden.
Soweit der Kläger ausführt, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da dieses verkenne, dass die Verweisung in § 26 Satz 3 BayBhV keine Rechtsfolgenverweisung auf Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayRKG sei, sondern lediglich auf den in dieser Vorschrift genannten abgesenkten Fahrtkostenerstattungsbetrag Bezug nehme, führt dies nicht zum Erfolg des Zulassungsantrages. Es fehlt insoweit bereits an einer ausreichenden Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Denn das Erstgericht hat – im Einklang mit den Ausführungen des Klägers – dargelegt, dass § 26 Satz 3 BayBhV nur auf den in Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayRKG genannten Betrag verweist. Bei der Berechnung von Fahrtkosten mit einem privaten Pkw für die ambulante Behandlung sei daher nicht mehr zu prüfen, ob „triftige Gründe“ i.S.d. Art. 6 Abs. 2 und Abs. 6 BayRKG vorlägen (UA S. 7). Nachdem das Gericht offenbar die Voraussetzungen des § 26 Satz 3 BayBhV als gegeben angesehen hat, ist es zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Rechtsfolge, also der Umfang der Kostenerstattung (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2009 – 3 ZB 08.135 – juris Rn. 4), aus Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayRKG ergibt, also nur der sogenannte „kleine Wegstreckentschädigungsbetrag“ (Kilometersatz in Höhe von 0,25 €/km) – und eben nicht der in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayRKG genannte Kilometersatz in Höhe von 0,35 Euro – beihilfefähig ist. Soweit der Kläger weiter ausführt (Seite 5 der Antragsbegründung), dass es ohne weiteres möglich sei, § 26 Satz 3 BayBhV nicht als „Rechtsfolgenverweisung“ zu lesen, sondern nur als „Bezugnahme auf den von Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. BayRKG in der jeweiligen Höhe genannten Fahrtkosten-Betrag“, übersieht er, dass das Verwaltungsgericht genau dies getan hat, da eine Rechtsfolgenverweisung der Bezugnahme auf den von Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayRKG genannten Betrag entspricht.
Soweit der Kläger ausführt, der mit „Fahrtkosten“ überschriebene § 26 BayBhV umfasse denknotwendig auch die darauf anfallenden Nebenkosten, vermag er ebenso nicht durchzudringen. Denn während andere Rechtsgrundlagen, die die Erstattung von Fahrtkosten zum Inhalt haben, ausdrücklich die Erstattung von Parkgebühren regeln (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 JVG i.d.F. vom 21.12.2020; § 28 Abs. 2 Nr. 1 BRAGebO i.d.F. vom 27.4.2001), ist weder in der Bayerischen Beihilfeverordnung noch im Bayerischen Reisekostengesetz ein gesonderter Auslagenersatz für Parkgebühren vorgesehen, sondern lediglich eine Übernahme der Fahrtkosten in Abhängigkeit vom benutzten Verkehrsmittel (§ 26 BayBhV, Art. 5 und 6 BayRKG). Dies zeigt, dass die Normgeber den Umfang der Reisekostenerstattung für die verschiedenen Regelungsbereiche bewusst unterschiedlich ausgestaltet haben. Weitere Ausführungen dazu, wieso der Verordnungsgeber im Beihilferecht die Parkgebühren als erstattungsfähig ansehen wollte, gleichwohl er dies – anders als in anderen Gesetzen – nicht ausdrücklich geregelt hat, bleibt der Kläger in seiner Zulassungsbegründung schuldig.
Schließlich dringt der Kläger auch mit seinen weiteren umfangreichen allgemeinen Ausführungen nicht durch. Soweit er die Notwendigkeit seiner Fahrten mit dem privaten Pkw darlegt, die tatsächlichen angefallenen Kosten des privaten Pkws mit den Kosten für die Benutzung von Taxidiensten vergleicht, die Kostenersparnis durch seine Wahl der ambulanten Operation statt einer stationären Operation zu bedenken gibt und ausführt, der Verordnungsgeber müsse bestrebt sein, die Haushaltsmittel wirtschaftlich einzusetzen, weshalb sich ein „Knausern an der falschen Stelle eindeutig verbiete“, vermag er ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen. Das Gericht hat in nicht zu beanstandender Weise geprüft, ob dem Kläger nach den derzeit geltenden beihilferechtlichen Vorschriften ein Anspruch auf Erstattung seiner verauslagten Parkgebühren zusteht und ist hierbei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass Parkgebühren weder nach den Beihilfevorschriften erstattet werden – § 26 BayBhV verweist nicht auf Art. 12 BayRKG, der die Erstattung von Nebenkosten, zu denen auch Parkgebühren rechnen, regelt (vgl. VG Ansbach, U.v. 7.5.2020 – AN 1 K 18.02169 – juris Rn. 208) – noch dem Kläger über die Beihilfevorschriften hinausgehende Ansprüche auf Erstattung seiner Parkkosten zustehen. Über den Gesetzeswortlaut hinausgehende allgemeine Erwägungen, wie sie der Kläger anstellt, sind dem Gericht jedenfalls verwehrt. Es obliegt allein dem Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit von Parkgebühren im Einzelfall zu regeln.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Weder hat der Kläger dargelegt, dass das Verfahren das normale Maß erheblich übersteigende rechtliche Schwierigkeiten aufweist (vgl. BayVGH, B.v. 18.4.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 37; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.573 – juris Rn. 42 m.w.N.), noch hat er vorgetragen, aus welchen Gründen hier ein besonders unübersichtlicher oder/und schwierig zu ermittelnder Sachverhalt gegeben ist (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 33). Nachdem der Sachverhalt geklärt ist und sich die Rechtslage ohne weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften beurteilen lässt, liegen keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor.
3. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Insoweit erfüllt das Vorbringen des Klägers bereits nicht die Darlegungsvoraussetzungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich und obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellungen bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer daher eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72).
Diese Anforderungen erfüllt die Zulassungsbegründung nicht. Bei den Ausführungen des Klägers, es sei zu entscheiden, ob unter den gegebenen Umständen an der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahre 2009 zur Nichterstattung von Parkgebühren im Beihilferecht (B.v. 30.9.2009, Az. 3 ZB 08.135) festzuhalten sei, fehlt es bereits an einer konkreten Formulierung einer entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Rechts- oder Tatsachenfrage.
4. Schließlich ist dem Verwaltungsgericht auch kein Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nrn. 5 VwGO unterlaufen, der zu einer Zulassung der Berufung führen könnte (§ 124 Abs. 2 Nrn. 5 VwGO).
Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die – wie vorliegend – ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Der bereits erstinstanzlich anwaltlich vertretene Kläger ließ ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 18. Mai 2021 weder Beweisanträge stellen, noch monierte er in der mündlichen Verhandlung eine unzulängliche Sachverhaltsermittlung. Aus welchen Gründen sich dem Gericht die Beweiserhebung aufgedrängt haben sollte, ist mit dem Zulassungsantrag weder hinreichend dargelegt noch ersichtlich.
Auch soweit der Kläger vorträgt, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, da das Verwaltungsgericht den zentralen Rechtsvortrag des Klägers in den Urteilsgründen unbeachtet gelassen habe, zeigt der Kläger keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG auf. Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenverantwortlich und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBVU 1/02 – BVerfGE 107, 395/409). Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, B.v. 21.4.1982 – 2 BvR 810/81 – BVerfGE 60,305). Die Gerichte brauchen sich jedoch nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas anderes gilt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerwG, B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D).
Gemessen hieran liegt ein Gehörsverstoß nicht vor. Wie oben dargelegt, hat das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen sehr wohl die Frage, wie die Verweisung in § 26 BayBhV zu verstehen ist, abgehandelt, auch wenn es hierbei nicht die vom Kläger angeführten Begrifflichkeiten (Rechtsfolgenverweis, Bezugnahme) verwendet hat.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 3 GKG.
6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.


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