Verwaltungsrecht

Berufungszulassung (abgelehnt), Drittanfechtungsklage, gehobene Erlaubnis zum Einleiten von Niederschlagswasser, wasserrechtliches Rücksichtnahmegebot, Vernässung landwirtschaftlicher Flächen

Aktenzeichen  8 ZB 21.1781

Datum:
4.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2026
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
WHG § 14 Abs. 3, 4, 15
WHG § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 60 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 9 K 20.741 2021-05-10 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte gehobene wasserrechtliche Erlaubnis zum Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer.
Mit Bescheid vom 26. März 2020 erteilte das Landratsamt D.-R. der Beigeladenen widerruflich die gehobene wasserrechtliche Erlaubnis zur Benutzung des M.s (Gewässer 3. Ordnung) auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung W. durch das Einleiten von Niederschlagswasser mit einem maximalen Abfluss von 209 l/s. Die erlaubte Gewässerbenutzung dient der Beseitigung von Niederschlagswasser aus dem Gewerbe- und Industriegebiet „S.“ über ein Regenrückhaltebecken der Beigeladenen; die Benutzung war zuvor mit Bescheid vom 6. Oktober 1992 mit einem maximalen Abfluss von 201 l/s gestattet worden.
Der M. verläuft westwärts im Süden des bebauten Stadtgebiets der Beigeladenen. Das landwirtschaftlich genutzte Grundstück des Klägers FlNr. … G. grenzt südlich an den M., der dort auf FlNr. … verläuft.
Die gegen den Bescheid vom 26. März 2020 erhobene Anfechtungsklage des Klägers hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 10. Mai 2021 abgewiesen. Es sei nicht zu erwarten, dass die erlaubte Einleitung des Niederschlagswassers landwirtschaftliche Flächen des Klägers mehr als geringfügig negativ beeinflusse.
Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung. Das Verwaltungsgericht habe eine fehlerhafte Berechnung des Wasserwirtschaftsamts zugrunde gelegt, mit der die Entwässerungsfunktion des Grabens evident verkannt werde. Die Drainagerohre des Klägers könnten nicht mehr ablaufen, wenn sich Wasser aus dem Gewerbegebiet im M. befinde. Der bauliche Zustand (Breite) des Grabens in der Natur sei ausgeblendet worden. Das Verwaltungsgericht hätte im Rahmen der Amtsermittlung ein Sachverständigengutachten einholen müssen.
II.
A. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger stellt keinen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Urteils durch schlüssige Gegenargumente infrage (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Solche sind nicht erst dann gegeben, wenn der Erfolg des Antrags auf Zulassung der Berufung wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (BVerfG, B.v. 16.4.2020 – 1 BvR 2705/16 – RdL 2021, 58 = juris Rn. 22). Bei der Beurteilung ist nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung abzustellen (BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 40; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
Das Verwaltungsgericht ist ohne Rechtsfehler zur Überzeugung gelangt, die der Beigeladenen erteilte gehobene Erlaubnis zum Einleiten von Niederschlagswasser in den M. verletze den Kläger nicht in rechtlich geschützten Interessen.
a) Der Zulassungsantrag greift die Maßstäbe, die das Erstgericht bei der Prüfung einer Verletzung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots angewandt hat (vgl. UA Rn. 22 ff.), nicht an (vgl. Schriftsatz vom 20.7.2021 S. 3). Diese stehen auch im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 – 8 B 19.1587 – KommJur 2021, 272 = juris Rn. 35, 38). Für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot reicht es nicht aus, dass eine Beeinträchtigung der Belange Dritter möglich erscheint; vielmehr bedarf es einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass rechtlich geschützte Interessen erheblich beeinträchtigt werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2020 – 8 ZB 19.1481 – ZfW 2020, 134 = juris Rn. 13 m.w.N.).
b) Der Kläger stützt seinen Zulassungsantrag nicht auf eine regelwidrige Bemessung der Regenwasserkanalisation (einschließlich Rückhaltebecken). Das Wasserwirtschaftsamt hatte die Planungen des Fachbeistands der Beigeladenen (vgl. Aktenheftung „Plansatz“) wasserwirtschaftlich geprüft und keinen Änderungs- oder Ergänzungsbedarf erkannt (vgl. Gutachten vom 25.4.2017 S. 4 Nr. 2.3.1). Die Berechnungen entsprechen hiernach dem Stand der Technik (vgl. Sitzungsprotokoll des VG vom 10.5.2021 S. 3; Niederschrift über den Erörterungstermin vom 20.11.2019 S. 3).
Soweit der Kläger einwendet, es handle sich um eine „Berechnung vom Tisch“, und eine Addition der gleichzeitig auftretenden Wassermengen (aus dem Gewerbegebiet und aus den drainierten landwirtschaftlichen Flächen) verlangt, will er vielmehr aufzeigen, dass die Behörden verkannt hätten, dass auch das Einleiten normgerechter Wassermengen seine Belange erheblich beeinträchtigen, weil sie die Funktionsfähigkeit seines landwirtschaftlichen Drainagesystems verringerten und seine Felder erheblich vernässten.
Auch das Zulassungsvorbringen, das Wasserwirtschaftsamt habe die geringere Breite („Nadelöhr“) des M.s im Bereich der landwirtschaftlichen Flächen des Klägers nicht berücksichtigt, ordnet der Senat demgemäß nicht als Rüge eines technischen Regelverstoßes ein. Aber selbst wenn man diesen Vorhalt so versteht, greift er nicht durch. Das Wasserwirtschaftsamt hat sich insoweit auf das Merkblatt DWA-M 153 (Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser August 2007; korrigierte Fassung: Stand Dezember 2020, vgl. dort S. 18 Nr. 6.3.2) gestützt, wonach die Verengung (Durchlass Brücke) außerhalb des Betrachtungsraumes liege (1.000-fache mittlere Wasserspiegelbreite, vgl. Stellungnahme vom 21.9.2021 S. 4 f.).
Die Frage, inwiefern technische Regeln (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, 60 Abs. 1 WHG), die bei Errichtung und Betrieb von Abwasserbehandlungsanlagen als Vorsorgeregeln dem Allgemeininteresse dienen, Nachbarschutz vermitteln können, stellt sich daher nicht (vgl. NdsOVG, B.v. 15.9.2021 – 1 ME 100/21 – ZfW 2022, 61 = juris Rn. 12; HessVGH, U.v. 1.9.2011 – 7 A 1736/10 – NuR 2012, 63 = juris Rn. 94; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 55 Rn. 13, § 57 Rn. 27; vgl. auch BVerwG, B.v. 20.12.2011 – 7 B 43.11 – RdL 2015, 164 = juris Rn. 9).
c) Soweit der Zulassungsantrag im Kern geltend macht, das Einleiten von Niederschlagswasser aus dem Gewerbegebiet erhöhe regelmäßig den Wasserstand im M. und erschwere dadurch den Abfluss von Wasser aus seinem landwirtschaftlichen Drainagesystems mit der Folge, dass ein Drittel seiner dortigen landwirtschaftlichen Nutzfläche vernässt werde, bleibt dies ebenfalls ohne Erfolg.
aa) Das Verwaltungsgericht hat keine Anhaltspunkte für eine vorhabenbedingte nachhaltige Beeinträchtigung des klägerischen Drainagesystems erkannt. Hinweise für einen dauerhaft erhöhten Wasserstand des M.s, der den Abfluss aus den Drainagen unmöglich mache, lägen nicht vor. Das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Bild vom 28. April 2021 belege das Gegenteil; die Drainage liege frei und ein Abfluss sei sichergestellt (vgl. UA Rn. 40). Im Hinblick auf nicht unerhebliche Regenereignisse in den Wochen vor der mündlichen Verhandlung wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger die behaupteten regelmäßigen Überschwemmungen mit aktuellen Bildern belege; dies habe er nicht getan (vgl. UA Rn. 42). Im Übrigen belegten die vom Wasserwirtschaftsamt in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vorgelegten historischen Karten, dass die Überschwemmungsproblematik zum größten Teil auf natürliche Gegebenheiten zurückzuführen sei (vgl. UA Rn. 41).
bb) Mit seinem Vortrag, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von der Funktionsfähigkeit seines Drainagesystems bei einer Wasserführung im M. ausgegangen, wendet sich der Kläger gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts. Solche Fehler sind im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 8 ZB 18.734 – NVwZ-RR 2018, 758 = juris Rn. 12.; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 19). Für einen darauf gestützten Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt nicht allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt bzw. das Ergebnis einer Beweisaufnahme sei anders zu bewerten (vgl. VGH BW, B.v. 11.2.2019 – 12 S 2789/18 – juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 21.6.2012 – 18 A 1459/11 – juris Rn. 9). Vielmehr müssen gute Gründe aufgezeigt werden, dass die tatsächlichen Feststellungen augenscheinlich nicht zutreffen oder z.B. wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Sachverhalts genügt dafür nicht (vgl. BVerwG, B.v. 26.9.2016 – 5 B 3.16 D – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – ZfW 2013, 176 = juris Rn. 17). Solche Mängel lassen sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen.
Zwar beantworten die im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Klageverfahren vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts die Frage, ob und inwieweit die Einleitung in den M. – ungeachtet ihrer Regelkonformität – die Funktionsfähigkeit des landwirtschaftlichen Drainagesystems des Klägers behindern kann, nicht ausdrücklich (vgl. insbesondere Stellungnahme vom 10.7.2018 zu den Einwendungen des Klägers). Der Zulassungsantrag zeigt aber nicht auf, dass die auf weitere Erwägungen gestützte Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zuträfe. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der Kläger seine Behauptung, das Drainagesystem sei bei einer Wasserführung des M.s nicht funktionsfähig, nicht nachprüfbar belegt hat. Auf dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Foto vom 28. April 2021 ist dies nicht zu erkennen. Das Foto soll zeigen, dass die Drainagen bei „normaler Schalenfüllung gut auslaufen“ (vgl. der Zusatz auf dem Ausdruck, VG-Akte S. 65); ob und inwieweit der Abfluss bei einem höheren Wasserstand im M. noch erfolgen kann, erschließt sich hieraus nicht. Die gerichtliche Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) findet aber dort ihre Grenzen, wo die Mitwirkungslast des Beteiligten beginnt, d.h. dieser selbst Aufklärung über für ihn günstige Tatsachen geben kann, die aus seiner Sphäre stammen (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 – 8 B 19.1587 – KommJur 2021, 272 = juris Rn. 54 m.w.N.). Dem Kläger war die Substanziierung seines Einwands auch nicht deshalb erschwert, weil das Einleiten neu gestattet worden wäre; vielmehr entsprach die mit Bescheid vom 6. Oktober 1992 erlaubte Abflussmenge (max. 201 l/s) in etwa der neu erteilten Erlaubnis (max. 209 l/s).
Auch im Zulassungsverfahren hat der Kläger seine Behauptung nicht näher belegt, sondern sich auf das Foto vom 28. April 2021 und seine dazu vor dem Verwaltungsgericht vorgebrachten Erläuterungen bezogen. Demgegenüber hat das Wasserwirtschaftsamt ergänzend klargestellt, dass sich durch die Entwässerung des Gewerbegebiets die natürlicherweise über dem Einzugsgebiet des M.s abregnende Regenwassermenge, die letztlich im Vorfluter abläuft, nicht verändere. Es hält es sogar für möglich, dass der Umstand, dass das Regenwasser aus der Fläche, die nun das Gewerbegebiet einnimmt und jetzt nicht mehr mit Drainagen abgeleitet wird, den Spitzenabfluss im M. entzerrt und drosselt (vgl. Stellungnahme vom 21.9.2021 S. 2). Ausgehend davon fehlt bereits der notwendige adäquate Kausalzusammenhang zwischen der erlaubten Gewässerbenutzung und einer ggf. nachteiligen Einwirkung beim Kläger (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2017 – 7 B 5.17 – juris Rn. 18; Knopp/Müller in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand Juli 2021, § 14 WHG Rn. 90).
Der Vorhalt, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der Amtsermittlung ein Sachverständigengutachten einholen müssen, ist sinngemäß als Geltendmachung eines Zulassungsgrunds nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu würdigen (vgl. unten Rn. 26 ff.).
2. Der Rechtsstreit weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Der Kläger sieht solche besonderen Schwierigkeiten darin, dass das Planungsbüro, das Wasserwirtschaftsamt und das Landratsamt möglicherweise von normgerechten Berechnungen ausgegangen sind, aber tatsächliche Gegebenheiten vor Ort (z.B. Drainagefunktion, unterschiedlicher Grabenaufbau) nicht beachtet hätten. Diese Fragen sind weder besonders komplex noch fehleranfällig (vgl. dazu BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147 = juris Rn. 28) und lassen sich – wie oben ausgeführt (vgl. Rn. 8 ff.) – ohne nennenswerten Aufwand im Zulassungsverfahren klären.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung bedarf (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 = juris Rn. 33; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20). Dies zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.
Die vom Kläger angeführte Rechtsfrage,
„ob der Entwässerungsgraben, wie er nach Flurbereinigungsrecht mit einer bestimmten Funktion genehmigt und versehen worden ist, Jahrzehnte später nach Wasserrecht für einen weiteren, anderen Zweck (Entwässerung eines Gewerbe- und Industriegebiets) genehmigt werden kann, wenn die ursprüngliche Funktion damit nicht mehr gewährleistet werden kann“,
betrifft in der Sache die einzelfallbezogene Anwendung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots, das eine Abwägung der widerstreitenden Belange der jeweils konkurrierenden Gewässerbenutzer erfordert (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2021 – 8 ZB 21.1100 – juris Rn. 12 m.w.N.); sie lässt sich fallübergreifend weder bejahen noch verneinen und ist damit einer allgemein gültigen Klärung in einem Berufungsverfahren nicht zugänglich (vgl. BVerwG, B.v. 11.7.2019 – 3 B 15.18 – juris Rn. 17).
4. Auch die sinngemäß begehrte Berufungszulassung wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Ersturteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), scheidet aus.
Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte ein Sachverständigengutachten zu den gerügten „Defiziten“ der Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts einholen müssen, rügte der Zulassungsantrag in der Sache einen Verstoß gegen die Amtsaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Anforderungen an eine erfolgreiche Aufklärungsrüge werden damit nicht erfüllt. Diese erfordert bei anwaltlich vertretenen Beteiligten insbesondere auch die Darlegung, dass ein Beweisantrag erstinstanzlich gestellt wurde oder dass sich dem Ausgangsgericht die weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.2016 – 2 B 57.15 – ZBR 2017, 41 = juris Rn. 13; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75). Daran fehlt es hier.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls (vgl. VG-Akte S. 66 ff.) keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Bei dem in der erstinstanzlichen Klagebegründung vom 15. Juni 2020 unterbreitete Angebot, ein Sachverständigengutachten einzuholen, handelt es sich lediglich um die Ankündigung eines Beweisantrags bzw. um eine Beweisanregung (vgl. BVerwG, B.v. 1.2.2017 – 10 B 24.16 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 7.3.2017 – 8 ZB 15.1005 – juris Rn. 21). Dem Zulassungsantrag ist auch nicht zu entnehmen, dass sich dem Erstgericht unabhängig von einem förmlichen Beweisantrag die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen. Soweit gutachterliche Aussagen des Wasserwirtschaftsamts vorlagen, hat der Kläger diese nicht erschüttert (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2020 – 7 BN 3.19 – NJW 2020, 3672 = juris Rn. 5 f.). Hinsichtlich der – im erstinstanzlichen Verfahren wohl nicht gutachterlich geklärten – Frage, ob das landwirtschaftliche Drainagesystem des Klägers bei einer normgerechten Niederschlagswassereinleitung seine Funktionsfähigkeit (teilweise) verliert, hat der Kläger – wie der Beklagte zutreffend erkennt (vgl. Schriftsatz vom 17.9.2021 S. 3) – die zu beweisenden Tatsachen nicht ausreichend konkretisiert, obwohl sie in seinen eigenen Erkenntnisbereich fallen (vgl. bereits oben Rn. 17; BVerwG, B.v. 30.4.2019 – 2 B 59.18 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 14.7.2021 – 19 ZB 21.719 – juris Rn. 13, jeweils m.w.N.).
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Erstgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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